Nakons Sohn Mistiwoj soll zwischen 965 und 967 die Herrschaft über die Heruler ausgeübt haben, spätestens 967 wäre er das obotritische Oberhaupt über die den Herulern hörigen Nachbarstämme. Unter Mistiwojs christlich-monarchischer Regentschaft erfolgte der Aufbau einer Kirchenorganisation bei den Herulern durch das um 972 eingerichtete Bistum Oldenburg in Holstein. Zu den Bischöfen sowie den Fürsten der benachbarten Sachsen und Dänen unterhielt Mistiwoj enge Beziehungen, die er durch dynastische Eheschließungen abzusichern suchte. Unübersichtlich wird es jedoch im Jahr 983, als Harald Blaiszahn Schleswig zurückeroberte und gleichzeitig die Heruler mit den Dänen zusammen das ostelbische Vindland wieder dem ottonischen Reich entrissen. Heute wird dieser Krieg fälschlich nur als "Slawenaufstand" bezeichnet, tatsächlich handelte es sich um einen dänischen Angriffskrieg zur Zurückgewinnung Schleswigs und des lange den Dänen unterstehenden Vindlands. Daran beteiligte sich auch Mistiwojs Herulerheer, dass in diesem bemerkenswerten Jahr Hamburg zerstörte.
Die Bindung der herulischen Heeresmacht im Westen nutzten gleichzeitig verfeindete ranische Clans an der Peene aus, die von Osten her, den Herulern ungeschütztes Gebiet entrissen. Diese Gruppierung wird heute gern als Liutizen (Lutizen) bezeichnet, was man getrost vom althochdeutschen "liut" hergeleitet, mit "Leute" zu übersetzen kann. Aus dem Nichts kommt diese Bezeichnung natürlich nicht, denn auch ihr kann man einen tieferen erhellenden Sinn nachweisen. Im Altnordischen ist dieser Begriff mit "lȳðr" identisch, was wieder mit "lȳðir" für Schlange verknüpft ist! Wir können also die "Lydr" als Liutizen auch als Schlangenvolk bezeichnen, was den Venetern entsprechend sie als Ahnenkulte ausübende Heidenstämme bezeichnet. Und so wird auch deutlich, dass das von den Obotriten beherrschte Herulerreich sich einer unversöhnlichen heidnischen Nachbarschaft gegenüber sah, obwohl die Heruler selbst noch lange nicht missioniert waren. Der Unterschied zu ihren östlichen Nachbarn lag jedoch in der herrschenden Obotritenkaste, die auf dem Balkan schon im 5. Jahrhundert unter den Byzantinern zum orthodoxen Glauben übertraten. Seitdem balancierten die ostherulischen Clans entstammenden Obotriten zwischen beiden Glaubensrichtungen, weshalb sie von den Dänen als "Vindr" (Wenden) bezeichnet wurden.
Davon war besonders Mistiwoj betroffen, der sich in einem sächsischen Kloster taufen lies und sich ab dieser Zeit Billug nannte, nach seinem beiwohnenden Taufpaten Hermann Billung. Die Taufe Mistiwojs erklärt auch den Sinn seines Namens, der eben nicht wie in der Wikipedia behauptet "altpolabischer" Herkunft wäre. Wie bei dem ostelbischen Begriff Wojewode als "Berufener Wodans" endet auch Mistiwojs Name auf das indogermanische *u̯oi für rufen, das vorstehende "misti" stammt jedoch aus dem Altnordischen von "mȳsteri" ab, was für Kloster oder Stiftkirche steht. Ein Berufener eines Klosters weist Mistiwoj auf jedenfalls als getauften christlichen Herrscher aus, was damals auch seine heidnischen Nachbarn an der Peene so wahrnahmen. Mistiwoj, der seinem Namen entsprechend die christlische Kirche in sein Land rief, trägt damit eine Art Ökelnamen, der ihn nach seiner damals einschneidenden politischen Handlung benannte. Es wundert auch nicht, dass auch Mistiwojs Sohn Mistislaw genannt wurde, womit dieser ebenfalls aussagt, dass er als "Sohn der Kirche" in ihr getauft wurde. Die obotritische Herrscherkaste hatte sich also weitgehend der römischen Reichskirche zugewendet, doch das Volk blieb weiterhin den heidnischen Göttern (=Asen) treu.
Anstelle des Schweriner Schlosses stand im 10. Jahrhundert eine herulische Wallburg auf dieser Insel. Der Name Schwerins wird heute vom altgermanischen "swaran" für verteidigen und schwören hergeleitet. Beides zusammen weist auch auf skandinavische Svear, die sich als Wikinger wohl im 8. und 9. Jahrhundert am Schweriner See festsetzen konnten und der See so zu seinem Namen kam.
Ab 967 herrschte Mistiwoj zunächst über alle obotritischen Clans (ehemals Ost-Heruler), die im Gebiet um das heutige Wismar und Schwerin siedelten. Mit einem Sieg über den Fürsten Selibur herrschte er auch über die in Ostholstein (Wagrien) siedelnden Alt-Heruler, die wesentlich länger den alten Ahnenkulten anhingen, als die zurückgekehrten Ost-Heruler. Verbunden mit der Oberhoheit über die immer an der Ostsee verbliebenen Alt-Heruler war zudem diejenige über die erst im 11. Jahrhundert als Teilstamm in Erscheinung tretenden "Polaben" beidseits des Ratzeburger Sees, die für diese Zeit noch ohne eigenes Fürstenhaus den Alt-Herulern zugerechnet werden. Damit sind jedoch nur herulische Clans an der unteren Elbe gemeint, die sich dank des Flusses ebenfalls lange einer Christianisierung widersetzen konnten.
Im Osten erstreckte sich die herulische Oberherrschaft auf den entlang der Warnow um Bützow und Rostock ansässigen Stamm der Kessiner, bei dem es sich um ehemalige Warnen handelte, die unter der Herrschaft eines Wikinger-Clans auf dem Primelberg standen. Auch wenn die Quellen hierzu keine Aussage treffen, geht man heute davon aus, dass Mistiwoj auch über die Zirzipanen ("die Umkreis der Peene wohnenden") beidseits der oberen Peene herrschte. Diese werden jedoch auch den Liutizen zugerechnet, weswegen dort noch lange Zeit den alten Ahnenkulten nachgegangen wurde.
Im Süden erstreckte sich die herulische Oberherrschaft entlang der Elbe auf den Teilstamm der Linonen, bei denen es sich um Nachfahren suebischer Semnonen handelte. Mistiwojs Herrschaft beschränkte sich dort auf die Einziehung von Tributen und die Berufung des Stammesaufgebotes im Krieg. Sein Herrschaftsanspruch bezog sich auf ein System aus untergeordneten Herrscherkasten der Clans und nicht auf ein fest umrissenes Territorium. Allerdings gliederte sich das aus Heruler-Clans zusammengesetzte Reich bereits in insgesamt 18 Burgbezirke. Den Burgbezirken standen außerhalb des Obotritengebietes einheimische Adelsfamilien vor, die ihre Macht nicht von Mistiwoj verliehen bekommen hatten, sondern sich auf das Stammeserbrecht beriefen. In noch älterer Zeit wurden die Clan-Oberhäupter nur gewählt, was sicher bei vielen heidnischen Clans noch der Fall war, wenn etwa im Kampf die herrschende Adelsfamilie ausgelöscht wurde.
Als zentraler Herrschaftssitz und Repräsentationsort diente Mistiwoj die Mecklenburg. Auf oder nahe der Burg befand sich neben einer dem Apostel Petrus als Namenspatron geweihten Kirche ein Nonnenkloster. Es diente der Zentrierung und Festigung der Herrschaftsbildung, als Grablege und durch das Gebetsgedenken der Identitätsfindung einer Familie und Sippe sowie der Repräsentation adeliger Herrschaft. Dort wurden die Töchter der Vornehmen der herulischen Clans aufgenommen, um so die einheimischen Adelsfamilien an den Ort der Herrschaftsausübung zu binden. Die Mecklenburg war nicht zum dauerhaften Aufenthalt des Fürsten bestimmt. So musste sich Mistiwoj anlässlich einer Visitation des Oldenburger Bischofs Wago erst gesondert dorthin begeben. Die Existenz eines Kaplans könnte auf einen Hof als Verwaltungseinrichtung und den Einzug der Schriftlichkeit hindeuten. Urkunden Mistiwojs sind allerdings nicht überliefert. Weitere Burgen befanden sich in Ilow und Schwerin.
Die Reste der Wallburg Ilow - Der Name stammt nicht aus dem "Slawischen", sondern leitet sich von Uller ab, nach dem sich die Heruler als sein Gefolge benannten! Niteshift, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0
Neben diesen Burgen bildeten gepanzerte Reiter einen zusätzlichen Rückhalt der fürstlichen Macht. Sie sollen unmittelbar dem Befehl Mistiwojs unterstanden haben. Für das Jahr 965 ist eine Bewaffnung der obotritischer Krieger mit Schwert, Helm und Kettenhemd belegt. Die beträchtlichen Mittel für Ausstattung und Unterhaltung dieser Streitmacht stammten neben den Erträgen aus fürstlichen Eigengut insbesondere aus Geldabgaben einer mit zwei Getreideaussaaten und bemerkenswerter Pferdezucht offenbar im Überfluss produzierenden Landwirtschaft. Darüber hinaus lassen Münzfunde arabischer Dirham auf Einnahmen aus dem Fernhandel schließen, wobei es sich um Sklavenhandel gehandelt haben könnte.
Der Name Mistiwojs als Mistives in Futhark eingraviert auf dem Runenstein 1 von Sønder Vissing. Das konnte sicher auch Mistiwoj selbst lesen, denn mittlerweile kann nachvollzogen werden, dass die angeblich schriftlosen "Slawen" in Böhmen die Runenschrift benutzten. Möglicherweise hatte man das schon früher festgestellt, aber wegen des "Slawen"-Irrweges immer falsch zugeordnet. Die Runensteine von Jelling hatte Harald Blauzahn errichten lassen, wobei die Benennung von Mistiwojs als Mistives sicher nicht erfolgt wäre, wenn er den Dänen gegenüber feindlich gesinnt wäre. Twid, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
Unter Mistiwojs Herrschaft - wurde seinem Namen entsprechend nicht nur die ostfränkische Kirche in sein Reich gerufen, sondern zugleich das Bistums Oldenburg in Holstein gegründet, dem ersten Bistum auf dem Gebiet des Heruler-Reiches. Die Initiative zur Gründung des Bistums ging vom römisch-deutscher Kaiser Otto I. aus und war getragen vom zeitgenössischen Leitbild einer Ausbreitung des christlichen Glaubens. Demgegenüber trat der Wille zu einer Eingliederung von Mistiwojs Herrschaftsgebiet in das Reich – soweit überhaupt vorhanden – völlig in den Hintergrund. Warum wird bis heute nicht erörtert, es lässt sich jedoch nicht allein damit begründen, dass dieses Gebiet, was nachweislich landwirtschaftliche Überschüsse produzierte und einen enormen Pferdereichtum besaß angeblich kaum erschlossen war. Und auch nicht, dass die Heruler unter den Obotriten als "schwieriges Volk" galten. Es dürfte vielmehr an der dänischen Machtpolitik gelegen haben, die das gesamte Vindland seit dem 9. Jahrhundert als Teil ihres Reiches betrachteten. Sobald also die Ostfranken zu expansiv auftraten, gab es Probleme mit den noch heidnischen Dänen, die geschickt Einfluss auf die Heruler nahmen. Während die herrschenden Obotriten mit den Sachsen Verbindungen knüpften und sich überwiegend taufen ließen, blieb innerhalb der meisten herulischen Clans noch allen beim Alten, man praktizierte weiter die alten Ahnenkulte aus der Asenzeit. Je mehr sich die herrschenden Obotriten dem christlichen Glauben zuwendeten, im so größer wurde die Kluft zu den eigenen heidnischen Clans. So weiß man heute, dass sich der niedere Stammesadel in Opposition zu den christlichen Obotriten stand, was wiederum den Dänen gestattete das bei Bedarf auszunutzen.
Das Herulerreich als "Abodritenreich" (fränkische Bezeichnung) - das angebliche Volk der "Wagrier" ist altnordisch mit "Seevolk" zu übersetzen und setzte sich im 10. Jahrhundert als neuer Name für die Altheruler durch. Dazu kommt noch, dass sich in Ostholstein noch weiter warnische Clans ("Waari") hielten.
Der einzige überlieferte Widerstand gegen die Einrichtung des Bistums kam dann auch nicht von Seiten Mistiwojs, sondern aus den Reihen der Kirche. Der Hamburg-Bremer Erzbischof Adaldag wandte sich aufgrund von ihm behaupteter „älterer Rechte“ gegen eine Unterstellung des Bistums Oldenburg als Suffragan des Erzbistums Magdeburg. Ursprünglich hatte der Kaiser Oldenburg nämlich wie alle anderen Missionsbistümer auf ostelbischen Gebiet im Erzbistum Magdeburg bündeln wollen. Schließlich musste Otto I. jedoch einwilligen und unterstellte das Bistum Oldenburg mit seiner Gründung dem Erzbistum Hamburg-Bremen.
Warum die Wahl des Bischofssitzes nicht auf die Mecklenburg als zentralen Herrschaftssitz Mistiwojs, sondern auf die wagrische Fürstenburg Starigard/Oldenburg fiel, ergibt sich aus den Quellen nicht. Zwar hatte auch das altherulische Fürstenhaus in Wagrien bereits vor der Bistumsgründung den christlichen Glauben angenommen. Grabungen auf der Oldenburg förderten christliche Körpergräber und Reste von Kirchengebäuden aus den 950er Jahren zu Tage. Die Mission des altherulischen Fürstenhauses war vermutlich durch den Schleswiger Bischof Marco auf Betreiben des Erzbistums Hamburg erfolgt. Die Bekehrung des ersten Obotritenherrschers reichte jedoch in das Jahr 931 zurück. Zudem hielten große Teile der Heruler und der niedere Adel in beiden Teilstammesgebieten gleichermaßen am Heidentum fest, so dass selbst an den Fürstenhöfen christliche Religion und heidnischer Stammesglaube nebeneinander ausgeübt wurden. Warum Oldenburg überhaupt als Bischofsitz gewählt wurde und nicht den Mecklenburg, dürfte sicher aus Sicht der Obotriten mit dem wesentlich heidnischeren Altherulern in Ostholstein zu tun haben, wo die Dänen sicher auch den größten Einfluss ausübten.
Der Aufbau der ins Land gerufenen Kirchenorganisation machte anfangs gute Fortschritte. Die Heruler haben sich zunächst nicht gegen diese Missionsarbeit gewehrt, obwohl sie zunehmend ihre alte Lebensweise bedrohte. Neben mehreren Männer- und Frauenklöstern entstand ein Pfarrkirchensystem, das sich an die obodritischen Verwaltungsbezirke mit ihren Adelsburgen anlehnte. In 15 von 18 dieser Verwaltungsbezirke sollen christliche Kirchen existiert haben. Als Ausstattung hatten Kirchen und Klöster in einer ersten Phase das Recht erhalten, von den Bauern innerhalb des Verwaltungsbezirkes Abgaben zu erheben, die nach dem Ertrag bemessen wurden. Diese Praxis scheint bald Anlass für Streitigkeiten gewesen zu sein, weil sie zu einer zusätzlichen Abgabenlast der Bauern führte. Mistiwoj vereinbarte daraufhin mit dem Oldenburger Bischof Wago, dass die Abgaben durch die Übertragung von Ländereien und Dörfern an die Kirchen abgelöst wurden, wobei unklar bleibt, ob diese Vereinbarung Allgemeingültigkeit haben sollte oder nur für ausgewählte Höfe galt. Auch diese Regelung scheint jedoch keine allgemeine Anerkennung gefunden zu haben, zumal sie das Vermögen des niederen Adels beschnitten haben dürfte. Jedenfalls kam es anschließend häufig zu Überfällen auf Kirchenbesitz. Und je gieriger die Kirche bei den Herulern wurde, umso größer wurde der Widerstand gegen sie.
Mistiwoj werden enge Beziehungen zum sächsischen Adelsgeschlecht der Billunger nachgesagt. Diese stellten während der Regentschaft Mistiwojs mit Hermann Billung und seinem Sohn Bernhard I. die herausragenden Führungspersönlichkeiten im nordöstlichen Sachsen, wobei zumindest Bernhard I. das Amt eines Herzoges in Sachsen ausübte. Zur konkreten Ausgestaltung der sächsisch-obotritischen Beziehungen berichten die Geschichtsschreiber Widukind von Corvey und Thietmar von Merseburg aus sächsischer Perspektive übereinstimmend, Mistiwoj sei den Billungern als Vasall zu Tributzahlungen und Heeresfolge verpflichtet gewesen. Mit der Belagerung der Burg Starigard 967, der Schlacht am Danewerk 974 und dem Italienfeldzug 982 lassen sich drei gemeinsame militärische Unternehmungen ausmachen. Sie alle zeigen zu dieser Zeit auf, dass die Dänen zu dieser Zeit ihre einstige Vorherrschaft über die Heruler verlorenen hatten.
Im Jahr 967 belagerten Mistiwoj und Hermann Billung mit ihren Aufgeboten gemeinsam eine auf herulischen Gebiet gelegene Burg. Dabei handelte es sich sehr wahrscheinlich um die wagrische Hauptburg Starigard (="Stierburg"), dem Machtzentrum der wesentlich heidnischeren Altheruler. Die Belagerung Starigards ging von Mistiwoj aus, der im eigenen Reich erneut eine heidnische Revolte gegen die obotritische Oberherrscht bekämpfen musste. Dort versuchte das herulische "Seevolk" (=Wagrier) unter ihrem Fürsten Selibur die Gunst der Stunde zu nutzen und sich der christlich-obotritischen Oberherrschaft zu entziehen. In diesem Zusammenhang verdient auch der angebliche Fürstenname eine nähere Betrachtung, der klar altnordisch-germanischer Herkunft ist. Sein Name wurde nur von sächsischen Annalisten aufgezeichnet, was wegen ähnlicher Beispiele nicht unbedingt heißt, dass es sein tatsächlicher Name war. Aus dem Germanischen von "sēli" und "buri" hergeleitet, ist er mit "glücklicher Sohn" zu übersetzen, was hier klar für einen überlieferten Eigennamen spricht.
Zur Unterbindung der Sezession marschierte Mistiwoj mit einem Heer vor Seliburs Burg auf. Nachdem Mistiwoj den Belagerungsring geschlossen hatte, traf auch Hermann Billung mit seinen Truppen dort ein und schloss sich der Belagerung auf Seiten Mistiwojs an, zumal sich Selibur mit Hermanns „Erzfeind“ Wichmann II. verbündet hatte. Die sächsischen Truppen mussten dabei durch den Limes Saxoniae durchqueren, jenes Gebiet, was seit Karl dem Großen, die Grenze zwischen Sachsen und Herulern bildete. Den Verlauf dieser Grenze hatte Adam von Bremen um 1075 in der von ihm verfassten „Hamburger Kirchengeschichte“ beschrieben. In der berichtigten Übersetzung, wo Adam von Bremen die Bewohner als "Sclavi" (die im Unglauben befangenen) bezeichnet, beschrieb er das Grenzland mit diesen Worten:
"Auch ich habe eine Festlegung der sächsischen Grenze jenseits der Elbe durch Karl den Großen und andere Kaiser gefunden; sie verläuft folgendermaßen: Vom Ostufer der Elbe bis zu dem Flüsschen, das die Sclavi Mescenreiza nennen. Oben trennt sich der Limes von ihm und verläuft im Delvenauwalde bis an die Delvenau. Von ihr kommt man an den Hornbeker Mühlenbach und an die Billequelle. Von da geht man weiter zum Liudwinestein, an die Weisebirken (Wispircon) und die Barnitz (Birznig). Dann läuft sie auf die Sumpfbeste bis zum Travewald und aufwärts durch diesen zur Blunkerbach-Niederung. Dann führt sie zum Ackerrandwald und steigt geradenwegs an bis zur Furt über den Ackerrandbach. Dort bestand Burwido einen Zweikampf gegen einen campionem Sclavorum (Sclavi-Kämpen), den er tötete. Hier steht ein Gedenkstein. Von diesem Gewässer weg läuft die Grenze oben und fällt in den Stocksee ab. Dann kommt man an das östliche Schwentinefeld und an die Schwentine selbst. An ihr läuft die Sachsengrenze aus in Skytenmeer und Ostsee"
Barnitz hätte nach heutiger Ansicht eine "slawische" Namensherkunft, doch vom angegebenen Birznig hergeleitet, kommt für ein Hydronym nur eine indogermanische Herleitung von "*neigᵘ̯" für waschen in Frage und der Bezug zu Bären als *bʰē̆ros. Christian Fischer, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
Während Wichmann II. mit seinen engsten Vertrauten die Flucht aus der Burg gelang, musste sich der auf eine Belagerung völlig unvorbereitete Selibur bereits nach kurzer Zeit ergeben. Die Burg wurde geplündert und Selibur entmachtet. Sein von Hermann aus Sachsen herbeigeschaffter Sohn Sederich übernahm die Herrschaft über das "Seevolk", erkannte aber die Oberhoheit Mistiwojs an. Hermann bestrafte die in der Burg verbliebenen sächsischen Gefährten Wichmanns II., ohne dass etwas über Sanktionen gegen die wagrischen Altheruler berichtet wird.
In Widukinds Sachsengeschichte richtete sich der Aufstand der Wagrier demgegenüber nicht gegen die Oberherrschaft Mistiwojs, sondern gegen diejenige Hermann Billungs. Dieser hätte zuvor als oberster Richter einen Streit zwischen Mistiwoj und Selibur zu Ungunsten Seliburs entschieden, woraufhin Selibur sich gegen Hermann Billung aufgelehnt habe. Diese Perspektive Widukinds gilt vielen Forschern jedoch als zu schräg, da die Belagerung der Burg Starigard selbst nach Widukinds eigenen Ausführungen von Mistiwoj begonnen wurde. Zudem habe es sich bei der Auseinandersetzung der beiden Herulerfürsten vorrangig um eine interne Angelegenheit gehandelt, die sich sicher gegen eine christliche Oberherrschaft gerichtet hatte.
Der Dänenkönig Harald Blauzahn hatte zunächst die Oberhoheit Ottos des Großen anerkennen müssen und war zum Christentum übergetreten. Gegenüber dem Vater von Otto II. hatte Harald alle seine Verpflichtungen erfüllt und Tribut entrichtet. Mittlerweile hatte er jedoch seine Herrschaft über Norwegen ausgedehnt. Angesichts seines Altersvorrangs und seiner gesteigerten Macht war er nicht bereit, dem jungen Herrscher wie einst dem Vater zu dienen. Möglicherweise wollte er seine Abhängigkeit vom Reich abschütteln. Im Sommer 974 fiel er in Nordalbingien ein. Von norwegischen Scharen unter Jarl Hakon unterstützt, drang er über den dänischen Schutzwall, das Danewerk, nach Süden vor.
Im Herbst 974 unternahm deshalb Kaiser Otto II. einen Feldzug gegen den dänischen Herrscher Harald Blauzahn, der im Sommer in Nordalbingien mittlerweile das Land mit Feuer und Schwert verwüstet hatte. Gemeinsam mit dem sächsischen Herzog Bernhard I. und Heinrich von Stade brach der Kaiser daraufhin an der Spitze eines Reichsheeres von Frohse nach Norden auf.
Dem Reichsheer gehörte neben Aufgeboten der Sachsen, Franken und Friesen auch eine Abteilung aus Sclavi an, womit nur Heruler aus Ostholstein oder Mecklenburg gemeint sind. In der Forschung wird wegen fehlender Quellen nur angenommen, dass diese Sclavi von Mistiwoj geführt wurden, was für eine herulische Heeresabteilung spricht. Mistiwojs Herrschaftsgebiet grenzte in Wagrien an das der Dänen als auch an das der sächsischen Nordalbingier. Zudem schuldete Mistiwoj dem sächsischen Herzog Bernhard I. Heeresfolge.
Das nördliche Danewerk Joachim Müllerchen, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-2.0
Schließlich kam es auf Seiten des Reiches zu einem kriegsentscheidenden Einsatz von Schiffen: Nachdem das Reichsheer den von dem norwegischen Jarl Håkon verteidigten dänischen Schutzwall, das Danewerk, zunächst erfolglos berannt hatte, setzten die Angreifer nach einem Plan Bernhards I. auf Schiffen über die Schlei und umgingen auf diese Weise die dänischen Verteidigungslinien. Da das Reichsheer auf dem Landweg keine Schiffe mit sich führte und die seekriegserfahrenen Friesen ihre Schiffe an der Nordseeküste liegen hatten, kamen für diesen Einsatz nur die Schiffe des herulischen Seevolkes in Frage.
Eine prestigeträchtige Symbolhandlung beendete die Kämpfe: Durch ein kastellartiges Tor im dänischen Befestigungswall hatte der Kaiser jederzeit Zugang zum Königreich Haralds. Doch ist Harald auf keinem Hoftag Ottos nachzuweisen. Die 974 in Dänemark errichteten Burgen wurden zwar nach der schweren Niederlage Ottos in Süditalien wieder zerstört, doch das in diesem Krieg verlorene Schleswig konnte Harald Blauzahn zunächst nicht zurückerobern.
Im Jahr 981 begann der ostfränkisch-deutsche König Otto II. in Italien mit seinen Vorbereitungen für einen Angriff gegen die Sarazenen, die unter Führung ihres Emirs Abu al-Qasim von Sizilien aus auf das süditalienische Festland vorgedrungen waren. Für diesen Feldzug forderte er im nordalpinen Reichsteil zusätzliche 2090 Panzerreiter zur Unterstützung an. Obwohl sächsische Adlige in dem schriftlich überlieferten Einberufungsbefehl nicht erwähnt werden, sollte offenbar auch Bernhard I. ein Aufgebot entsenden. Er scheint sich im Zuge der Aushebungen an Mistiwoj gewandt zu haben. Möglicherweise ging Berhards I. Verlangen über die geschuldete Heeresfolge hinaus, sei es aufgrund des Umfanges oder des Einsatzes in Süditalien. Denn Mistiwoj forderte als Gegenleistung für die Teilnahme seiner Krieger die Vermählung seines Sohnes Mistislaw mit einer Nichte Bernhards I. und damit eine dynastische Verbindung der beiden Fürstenhäuser. Bernhard I. versprach eine Eheschließung nach der Rückkehr aus Italien, woraufhin Mistiwoj angeblich eintausend Reiter unter der Führung seines Sohnes Mistislaw stellte.
Mögen die Größenverhältnisse auch maßlos übertrieben sein, so wird es sich doch um eine für mittelalterliche Verhältnisse bemerkenswerte Abordnung obotritischer Panzerreiter gehandelt haben, die an der Seite Bernhards I. über die Alpen nach Norditalien zog. Während Bernhard I. aufgrund eines Einfalls der Dänen schon frühzeitig in den Norden zurückkehren musste, fanden fast alle Obotriten in Italien den Tod. Auch wenn über ihr konkretes Schicksal nichts Genaues bekannt ist, liegt eine Teilnahme an der Schlacht am Kap Colonna nahe, in der das kaiserliche Heer vernichtend geschlagen wurde.
Mistiwojs Sohn Mistislaw kehrte mit den wenigen Überlebenden nach Mecklenburg zurück. Doch als er die Erfüllung des Eheversprechens einforderte wurde ihm die Braut durch den Grafen Dietrich von Haldensleben mit den Worten verwehrt, man dürfe die Blutsverwandte eines Herzogs nicht einem Hunde geben. Offenbar war Bernhard I. nicht zugegen, als diese Beleidigung ausgesprochen wurde, denn Helmold zufolge entsandte er zu einem späteren Zeitpunkt Boten zu Mistiwoj mit der Nachricht, er werde das gegebene Versprechen einlösen. Mistiwoj lehnte jedoch ab und soll erklärt haben, der Hund werde kräftig beißen wenn er groß sei.
Dietrich von Haldensleben Beweggründe für seinen Widerstand gegen eine dynastische Verbindung von Billungern und herulischen Obotriten waren wohl am ehesten machtpolitischer Natur. Sowohl mit Bernhard I. als auch mit Mistiwoj konkurrierte er als Markgraf der Nordmark um Einfluss bei den Herulern, deren Reich sich nach wie vor bis zu den ranischen Clans an die Peene erstreckte, die von allen sich am längsten gegen eine Missionierung wehren konnten.
Demgegenüber sind ethnisch-konvessionelle Vorbehalte Dietrich von Haldenslebens gegen eine Ehe zwischen dem getauften herulischen Fürstensohn und der sächsischen Prinzessin auszuschließen. Derartige Verbindungen waren nichts Ungewöhnliches. Dietrich selbst hatte 978 eine Vermählung seiner ältesten Tochter Oda mit dem Gnesener Herzog Dago Miseko gefördert, und seine weitere Tochter Matilde hatte den Fürsten Pribislaw (="Statthalter") im ehemals dänischen Havelland (zum Vindland/Wendenland gehörend) geehelicht. Mistiwoj war mit der Schwester des Oldenburger Bischofs Wago verheiratet, und eine Verwandte des sächsischen Herzogs Bernhard I., Weldrud, war dem herulischen Fürsten Sederich in Wagrien zur Frau gegeben worden.
983: Der dänisch-herulische Krieg gegen das ostfränkische Reich
Bis heute wird behauptet, dass im Jahr 983 ein großer "Slawenaufstand" im ostelbischen Raum losbrach, weil die Reichskirche unter den Ottonen die unterworfenen Stämme seit Jahrzehnten in Knechtschaft hielt. Dass sich in Ostelbien eine gehörige Wut gegen den ostfränkisch-sächsischen Missionierungseifer und die eingeführte Abgabenlast aufgebaut hatte, ist natürlich nicht zu bestreiten, doch warum geschah dieser angebliche Aufstand im gleichen Jahr, als Harald Blauzahn Schleswig zurückeroberte? Quasi im herulischen Hinterland befand sich inzwischen das dänische Jomsgau und die oft benannte Jomsburg entwickelte sich schnell zum dominierenden Machtzentrum im Vindland (Wendenland). Seit Nakon und Mistiwoj gehörte das vormals dänische Vindland bis zur Brendanburg (Brandenburg) nicht mehr direkt zum Dänischen Reich und doch hatten die Dänen ihre Ansprüche nie darauf aufgegeben. Und König Harald Blauzahn, dem Schleswig wesentlich wichtiger war als das schwer kontrollierbare Vindland, setzte seit 974 alles daran, dass Verlorene wieder zurückzuerobern.
Um den mit den Sachsen und Ottonen verbündeten Mistiwoj unter Druck zu setzen, mobilisierten die Wikinger-Clans an der Warnow die warnischen Kessiner und ranische Wikinger-Clans an der Peene die rugischen Clans in Vorpommern. Die entscheidenden Impulse dafür gingen sicher von der Jomsborg und Rethra aus, womit quasi für 983 ein konzertierter Krieg gegen das frühdeutsche Ostfrankenreich möglich wurde. Das äußerte sich auch in der Entsendung eines Jomswikingers mit Gefolge in das Havelland, um dort Havelberg und die Brendanburg zu erobern. Die Rechnung der Dänen war einfach: Schaltete man diese Machtzentren aus, brach die Herrschaft der Ottonen östlich der Elbe zusammen und das Vindland unterstand wieder über Jomsburg den Dänen unter Harald Blauzahn.
Die nächste Karte, die sicher auf dänischen Einfluss zurückging, war der erneute Abfall altherulischer Clans vom Christentum in Ostholstein (Wagrien), die Mistiwoj wohl aus reinem Machterhalt dazu zwangen die Seiten zu wechseln und zusammen mit allen herulischen Clans die ostelbischen Machtzentren der Ottonen anzugreifen. Zuerst fiel man in Nordalbingien und verwüstete es, danach wurde Hamburg einäschert und das Bistum Oldenburg vernichtete. Am Ende folgte noch weit südlich des herulischen Herrschaftsgebietes ein Einfall in die Altmark, wo die Heruler das Benediktinerkloster in Kalbe (Milde) zerstörten.
Calbe an der Milde, die Reste des zerstörten Klosters konnten bis heute nicht entdeckt werden.
Als Beleg für eine Teilnahme Mistiwojs am Krieg der Dänen und ranischer Wikinger-Clans beruft man sich auf die 200 Jahre später verfasste "Chronica Sclavorum" von Helmold von Bosau. Danach suchte Mistiwoj unmittelbar vor diesem Krieg das im Jomsgau befindliche Rethra auf, um der dort versammelten dänisch-ranischen Wikingerkoalition von der schweren Beleidigung durch Dietrich von Haldensleben zu berichten. Auf Verlangen der Anführer habe er den Sachsen abgeschworen. Daran anschließend schildert Helmold Mistiwojs Vernichtungsfeldzug.
Bisher sind in der Forschung zur Geschichte der Obotriten stets Bedenken gegen eine Beteiligung Mistiwojs am "Slawenaufstand" 983 geäußert worden, da eine solche sich nicht mit seiner Politik vor und nach dem Aufstand in Einklang bringen lässt. Letztlich gab es jedoch keinen "Slawenaufstand", sondern nur einen dänischen Revanchekrieg um Schleswig, wofür vom dänischen Jomsburg und Rethra aus mit Hilfe der Heruler noch Krieg um das Vindland (Wendenland) geführt wurde. Thietmar von Merseburg erzählte schon 40 Jahre nach dem Krieg in Ostelbien im Zusammenhang mit der Eroberung von Havelberg und Brandenburg, dass Mistiwoj im gleichen Jahr den Bischofssitz in Hamburg niedergebrannt und verwüstet hätte. Man hatte also schon frühzeitig erkennen können, dass der Verlust von Schleswig, Havelburg und die Brendanburg, sowie die Zerstörung Hamburgs innerhalb eines einzigen größeren Krieges geschah, bei dem alle Strippen von König Harald Blauzahn gezogen wurden. Doch das hatte man damals wohl nicht erkannt und ist heute noch von der verlogenen "Slawengeschichte" übertüncht.
Für Thietmar gab es wohl auch keinen "Slawenaufstand", er zählte nur die Angriffe gegen das Christentum auf, die seiner Meinung nach auf die rechtswidrige Auflösung des Bistums Merseburg im Jahr 981 erfolgt wären. Doch das spielte schon räumlich überhaupt keine Rolle. Mistiwoj soll sogar nach einer späteren Anmerkung Thietmars wegen seiner Taten wahnsinnig geworden sein, so dass er an einer Kette gehalten werden musste. Doch im Jahr 984 nahm Mistiwoj nach Thietmars Bericht am Osterhoftag Heinrich des Zänkers in Quedlinburg teil – und das offenbar gut bei Sinnen. Und in Hamburg setzte die bischöfliche Urkundstätigkeit erst um das Jahr 1014 aus, was bei einem wüst gelegten Bischofssitz früher zu erwarten gewesen wäre. In keiner der zeitgenössischen Annalen und Chroniken ist darüber hinaus ein obotritischer Überfall auf Hamburg für das Jahr 983 vermerkt.
Demgegenüber berichtet Adam von Bremen in seiner Hamburger Kirchengeschichte eindeutig von einer Verwüstung Nordalbingiens und einer Zerstörung Hamburgs durch die Obotriten, die nach dem Jahr 983 stattgefunden hat, möglicherweise sogar erst unter Mistiwojs Sohn Mistislaw im Jahr 1012. Möglicherweise wurde Hamburg auch mit einer weiteren Befestigung nahe der vormals von Wikingern zerstörten Hammaburg verwechselt, die nun von Mistiwoj zerstört wurde, womit der Hamburger Bischofsitz unberührt blieb. Auf der dänischen Wikipedia-Seite wird jedenfalls angegeben, dass Mistiwoj Hamburg zusammen mit den Dänen zerstört hätte und zwar nachdem Schleswig zurückerobert war!
Ebenfalls umstritten ist der Überfall Mistiwojs auf das dem Heiligen Laurentius geweihte Kloster Kalbe. Thietmar von Merseburg führt dazu lediglich aus, dass es einen Überfall auf das Kloster gab, aber nicht wer es überfallen hat. Wesentlich deutlicher werden die Magdeburger Erzbischofschronik aus dem 11. Jahrhundert und die Magdeburger Annalen aus dem 12. Jahrhundert. Beide benennen ausdrücklich Mistiwoj und die Obotriten als Angreifer. Da jedoch nicht auszuschließen ist, dass die Verfasser Thietmars Text als Vorlage benutzt und nach eigenen Vorstellungen bearbeitet haben, wird üblicherweise nur Thietmars Text als Beweis herangezogen. Darin klagt der dem Wahnsinn verfallene Mistiwoj, der Heilige Laurentius würde ihn verbrennen, was als Bestrafung durch den Heiligen für die Zerstörung des Laurentiusklosters in Kalbe interpretiert worden ist. Dass Laurentius zugleich auch der Schutzpatron des aufgelösten Bistums Merseburg war und Mistiwoj sich in unbekannter Weise gegen dieses versündigt haben könnte bleibt dabei unerwogen. Eine andere Verbindung zwischen Mistiwoj und dem Kloster Kalbe wird über Oda von Haldensleben hergestellt. Die Tochter des Markgrafen Dietrich von Haldensleben war nämlich bis zu ihrer Eheschließung mit Dago Miseko im Jahre 978 Nonne im Kloster Kalbe. Damit vermochte eine Zerstörung des Klosters fünf Jahre nach Odas Weggang Dietrich von Haldensleben aber nicht mehr zu treffen und scheidet deshalb als Ziel einer Vergeltungsmaßnahme Mistiwojs für die schwere Beleidigung seines Sohnes durch Dietrich von Haldensleben eher aus. Reste des angeblich zerstörten Klosters konnten jedenfalls bis heute nicht gefunden werden.
Ahnte man etwas 983 in Hamburg? Ausgerechnet in diesem Jahr wurde der sogenannte Heidenwall errichtet!
Wegen seiner Teilnahme am Hoftag von Quedlinburg im Jahre 984 bleibt die Beteiligung Mistiwojs am Krieg gegen Otto II. dubios. Man hätte ihn sicher nicht als erklärten Feind eingeladen. So dürfte naheliegend die Verwüstung Nordalbingiens eher auf abgefallene altherulische Clans aus Ostholstein zurückgehen, an der sich offensichtlich auch Harald Blauzahn nach der Eroberung Schleswigs beteiligte. Ob daran auch Mistiwoj beteiligt war, ist nicht völlig sicher. Am Ende gelangte dieses dänisch-herulische Heer wohl doch bis Hamburg, wo man im gleichen Jahr den sogenannten Heidenwall errichtet hatte. Deswegen diese These: Falls man es eroberte, verbrannte wohl alles nur so, dass der Bischofsitz nicht völlig vernichtet wurde.
Nachdem auch das Bistum Oldenburg im Jahre 990 von diesen Clans zerstört wurde, verlegten die mecklenburgischen Obotriten den Bischofssitz 992 an Mistiwojs zentralen Herrschaftssitz auf die Mecklenburg. Sollte Mistiwoj im Jahre 995 noch gelebt haben, galt der demonstrative Besuch des römisch-deutschen Kaisers Otto III. auf der Mecklenburg Anfang September 995 einer Stärkung von Mistiwojs labiler politischen Stellung. Falls nicht, diente er nur der Wiederaufnahme der frühdeutschen Einflussnahme auf das 983 verlorenen Wendenland (Vindland).
War kein Freund der Obotriten: Kaiser Heinrich II.
Als Mistislav nach dem Tod seines Vaters Mistiwoj zwischen 990 und 995 dessen Nachfolge antrat, versuchte er eine königsgleiche Herrschaft über die verbliebenen Teilstämme zu erlangen. Während er sich dazu der Unterstützung von Kirche und Reich versicherte, verbanden sich die heidnische Opposition mit den ranischen Wikinger-Clans an der Peene. Ab dem Jahr 1003 verlor Mistislav durch das Bündnis Heinrichs II. mit den Peene-Clans gegen den Gnesener Herzog Boleslaw Chrobry zunehmend an sächsischer Unterstützung, bis er sich schließlich nicht mehr zu behaupten vermochte. Im Februar 1018 fielen die ranischen Peene-Clans in den obotritischen Teil des Herulerreiches ein, wiegelten die Bevölkerung auf und zwangen Mistislaw zur Flucht in den sächsischen Bardengau.
Mistislav hatte zwei Schwestern, Tove und Hodica. Der Name Tove ist eine moderne Form der altnordischen Namen Tófa (weiblich) und Tófi (männlich), die Kurzform von Namen sind, die mit Thor beginnen. Hodica lässt sich vom altnordischen hodd für Schatz oder Gold ableiten und dyggr für treu und brav. Nach Helmold von Bosaus Chronica Sclavorum vermählte Mistislaw sie an einem Boleslaw, hinter dem sich sicher nicht der Gnesener Herzog Boleslaw Chrobry verbirgt. Dazu fehlt aus Gnesen jegliche Bestätigung.
Eine Eheschließung mit der Nichte des sächsischen Herzogs Bernhard I. scheiterte 983 am Widerstand Dietrichs von Haldensleben. Mit einer unbekannten Frau hatte Mistislav einen Sohn, Pribignew (="Stiefsohn des Statthalters"), der um 1020 mit dänischer und sächsischer Unterstützung die Herrschaft über den Stammesverband erlangte.
Nach dem fehlgeschlagenen Feldzug gegen die Sarazenen kehrte der teilgenommene Mistislav mit nur wenigen Überlebenden seiner vormals ca. 1000 zählenden Panzerreiter nach Mecklenburg zurück. Als er die Erfüllung des Eheversprechens einforderte, verweigerte ihm Graf Dietrich von Haldensleben die Braut mit den Worten, man dürfe die Blutsverwandte eines Herzogs nicht einem Hunde geben. Eine wohl damals gängige Abwertung für alle jene, die einen heidnischen Hintergrund hatten. Das könnte zugleich der Moment gewesen sein, wo Mistislav nach Helmold von Bosau zum "Christenhasser" wurde, obwohl vordergründig selbst bis zu seinem Lebensende Christ geblieben sein soll. Nachfolgend überfiel er christliche Einrichtungen und löste das Damenstift auf der Mecklenburg auf, wobei er die Nonnen mit seinen Kriegern vermählt hätte.
Obwohl es noch sächsische Bemühungen gab, den Eheschluss doch noch zu vollziehen, kam es auch deshalb nicht dazu, weil sich die Heruler mit den Dänen verbündeten und 983 in den Krieg gegen Otto II. eintraten. Danach herrschte Mistislav, wie sein Vater von der Mecklenburg aus über das ihm verbliebene Herulerreich. Nach Thietmar wurde Mistislav im Jahre 1018 in der Burg Schwerin eingeschlossen und belagert, was vielleicht auf eine zwischenzeitliche Verlagerung seines Herrschersitzes hindeutet. Über die heidnischen Clans an der Peene reichte seine Herrschaft jedoch nicht mehr. Stattdessen unterstützte er als Christ die Missionsbemühungen Bischof Bernhards im Obotritenreich.
Nach dem Tod Kaiser Ottos III. verlor Mistislav weiter an Bedeutung im ostfränkischen Reich. Gleiches widerfuhr seinen sächsischen Verbündeten, den Billungern, die mit dem Herrschaftsantritt Heinrichs II. keine königsnahe Stellung im Reich mehr besaßen. Grund dafür war insbesondere der im Sommer 1002 in Merseburg ausgebrochene Konflikt zwischen Heinrich II. und dem Gnesener Herzog Boleslav Chrobry, dem sowohl die Obotriten als auch Billunger nahe standen. Sodann schloss Heinrich II. Ostern 1003 in Quedlinburg ein Bündnis mit den ranischen Peene-Clans (Liutizen="Leute").
Die geänderten politischen Verhältnisse führten zu einer Lähmung der sächsischen Unterstützung Mistislavs gegen die Peene-Clans ("Lutizen") und dem heidnischen Widerstand innerhalb der Heruler. Im Februar 1018 wurde Mistislavs Stellung im Herulerreich schließlich unhaltbar. Mit dem Vorwurf, Mistislav habe ihnen im Herbst 1017 die Heeresfolge im Feldzug gegen die Daglinger unter Boleslaw Chrobry verweigert, drangen die Peene-Clans mit einem Heer in das Obotritenreich ein, wiegelten die Bevölkerung auf und belagerten Mistislav in der Burg Schwerin. Von dort aus gelang ihm und der fürstlichen Familie schließlich die Flucht in den Bardengau, also wahrscheinlich nach Lüneburg in die Residenz des sächsischen Herzogs Bernhards II. Unterdessen machten die Aufständischen die christlichen Einrichtungen im Herulerreich dem Erdboden gleich. Als Bischof Bernhard die Ereignisse in seiner Diözese vor Kaiser Heinrich II. beklagte, „seufzte der schwer, verschob aber eine Entscheidung bis Ostern, um nach wohlüberlegtem Plan das unselige Gewebe der Verschwörung zu lösen“. Ein Eingreifen des Kaisers zugunsten der Kirche blieb jedoch ebenso aus, wie eine Wiedereinsetzung Mistislavs. Bald nach 1018 verstarb Mistislav im sächsischen Exil.
Nach der Flucht Mistislavs teilte sich das Herulerreich in den wagrischen Teil in Ostholstein und einen obotritischen Teil in Mecklenburg auf. Die heidnischen Fürsten Anadrog und Gneus herrschten jetzt über die Altheruler von Stargard bis zur unteren Elbe und Mistislaws christlicher Sohn Priginew herrschte mit den Obotriten über die Heruler in Mecklenburg. Udo soll sein Taufname gewesen, benannt nach dem Grafen Udo I. von Stade, der wohl als Taufpate auftrat. Pribignew trat die Nachfolge von Mistislav um das Jahr 1020 an, wobei seine Herrschaft bei den Obotriten mit Hilfe der Sachsen und Dänen durchgesetzt wurde.
Priginew wurde Vater des wesentlich berühmteren Gottschalk sowie einer namentlich unbekannten Tochter. Um das Jahr 1028 wurde Pribignew „wegen seiner Grausamkeit“ von einem sächsischen Überläufer erschlagen. Adam bezeichnet ihn als „schlechten Christen“. 1036 wurde über Anadrog berichtet, dass er als angeblicher Vasall mit dem Fürsten Gneus bei Herzog Bernhard II. von Sachsen in Hamburg erschien. Weitere Informationen über ihn sind nicht überliefert. Eine Gleichsetzung von Gneus mit Priginew wäre jedoch so unwahrscheinlich, wie es Adam von Bremen festgehalten hatte.
Anadrogs Name lässt sich indogermanisch deuten und zwar von anə für Ase und *trok für drehen oder wenden, womit sein Name mit Wendenfürst zu übersetzen ist! Solche Synonyme belegen zu gleich das der Begriff Wenden eben kein Ethnonym war, sondern nur ein Begriff für missionierte Sclavi war, die immer wieder als Apostaten vom Glauben abfielen. Der Name Gneus ist hingegen nur eine Variante vom urgermanischen Knes für Fürst. Für beide Namen bedeutet das jedoch insgesamt, dass nur Fürstentitel überliefert sind und keine Eigennamen.
Ratzeburg ist nur unter Ratibor als Herrschersitz der Heruler belegt.
Erst mit dem auf der Ratzeburg residierenden Fürsten Ratibor wurden beide Herulerreiche wieder unter einer Herrschaft vereint. Ratibor wird heute gern als "slawischer" Name bezeichnet, tatsächlich ist er altnordisch-germanischer Herkunft und beschreibt ihn als Richtername und davon abgeleitete Namen als Richterorte. So etwa für das schlesische Ratibor oder Ratibors Sitz in Ratzeburg. Rahta oder Rehta werden mit Recht, Gerechtigkeit, Gebot und Pflicht übersetzt, was auch auf das gesuchte Rehtra für einen früheren Richterort übertragen werden kann. Das nachfolgende "bor" ist hingegen von "bura" abgeleitet, womit der gesamte Name mit Sohn eines Richters übersetzt werden kann. Das mehrdeutige bura steht jedoch auch für hoch (Hoher Richter) oder Haus und Kammer (Richterstätte). Die isländische Heimskringla-Saga aus dem 12. Jahrhundert berichtete ebenfalls über Kämpfe eines wendischen Herrschers Rettibur mit Dänen.
Ratibor fiel 1043 im Kampf gegen den dänischen König Magnus den Guten. Adam von Bremen berichtete: „Der Herzog der Slawen (dux Slavorum) Ratibor wurde von den Dänen erschlagen. Er war Christ und ein sehr mächtiger Herr unter den Barbaren. Er hatte acht Söhne, Fürsten der Slawen, die alle von den Dänen erschlagen wurden, als sie ihren Vater zu rächen suchten.“ Danach fiel das gesamt herulische Heer in Dänemark ein und plünderte das Land bis Ripen. Am 22. September 1043 kam es zur Schlacht auf der Lürschauer Heide, wo erneut die Dänen siegten. Nachfolger von Ratibor wurde Priginews Sohn Gottschalk.
Vergessen wir einmal die verfälschende slawistische Diktion, wonach Wenden, "Slawen" wären, dann erzählt dieser alte Ökelname des Herulerfürsten Gottschalk nur eines: Er herrschte über das dänische Vindland, als Wendenland, in demsich im 11. Jahrhundert nach wie vor die Heruler als stärkste Macht behaupten. Sein Name bedeutet "Gottesknecht" und spiegelt zu gleich das wieder, wie die Reichskirche Missionierte behandelte, die von ostelbischen Stämmen oder ranischen Wikinger-Clans abstammen. Die Wut über diese Knechtschaft erlebte die Kirche besonders 983, als ihr im vormals dänisch-herulischen Vindland ihr die Kirchen niedergebrannt wurden. Als sein Vater von einem Sachsen ermordet wurde, soll er nach Helmold von Bosau einen unchristlichen Rachefeldzug unternommen haben.
Gottschalk der Wende - Er heiratete in die dänische Königsfamilie von Sven Estridson ein
1030 geriet er in die Gefangenschaft des Billungers Bernhard II. Er wurde verbannt und ging nach England, wo er Gefolgsmann von König Knut dem Großen von England und Dänemark wurde. Nach dessen Tod 1035 wurde er Gefolgsmann von Sven Estridsson, dem späteren König von Dänemark (1047–1076), dessen Tochter Sigrid er heiratete. Mit dieser Ehe kehrte quasi das Wendenland politisch in das Dänische Reich zurück, als Gottschalk nach Ratibors in seine herulische Heimat zurückkehrte und dort neuer Herrscher wurde. Unter sich vereinte er auch wieder den wagrischen und mecklenburgischen Teil seines Stammes, womit er genügend Kampfkraft verfügte, um seinen Machtbereich auch über benachbarte Stammesgebiete auszudehnen.
Um sich als christlicher Obotrite gegenüber dem überwiegend heidnischen Stammesadel zu behaupten, lehnte sich Gottschalk ebenso wie seine nakonidischen Vorfahren an den Sachsenherzog Bernhard II. und den Erzbischof Adalbert von Bremen an und unterstützte deren Missionsbemühungen auf ostelbischen Gebiet. Dabei hoffte er wie die Ostfranken und Daglinger im Herzogtum Gnesen auf die Unterstützung der Kirche. Nachfolgend entstanden in seinen Ländern die Bistümer Oldenburg für das ostholsteinische Wagrien, Ratzeburg für das Elbegebiet und Mecklenburg für die Obotriten, sowie einige Klöster wie in Lenzen.
Gottschalk gestaltete das herulische Obotritenreich grundlegend um und errichtete unter Ausschaltung der betroffenen Stammesfürsten 18 burggestützte Verwaltungsbezirke, die alle seiner unmittelbaren Herrschaft unterstanden. Wie schwach das Christentum noch unter seiner Herrschaft blieb, zeigte sich 1066 als erneut ein heidnischer Aufstand unter den Herulern ausbrach. Es begann 1066 mit dem Sturz von Erzbischof Adalbert, danach brach ein von der heidnischen Adelsschicht getragener Aufstand aus, der von Gottschalks Schwager Blusso gehührt wurde. Im Verlauf dieses Aufstandes wurde Gottschalk am 7. Juni 1066 in Lenzen erschlagen. Seine Witwe Sigrid floh mit dem gemeinsamen Sohn, dem späteren Fürsten Heinrich, zu Sven Estridsson nach Dänemark. Auch der erste mecklenburgische Bischof Johannes wurde im weiteren Verlauf des Aufstands 1066 in Rethra ermordet. Gottschalks anderer Sohn Budivoj floh zum Billungerherzog Ordulf und wurde schließlich vom Haupt des heidnischen Adels Kruto in Plön in eine tödliche Falle gelockt. Danach wurde das christliche Missionswerk erneut im Herulerreich vernichtet.
Gottschalks Vision eines christlichen Herulerreiches nach dem Modell der Daglinger in Gnesen scheiterte vor allem an seiner Vorstellung, dass die überwiegend heidnischen Heruler eine christliche Herrscherkaste tolerieren würden.
Vor Ostholstein vorgelagert wird heute Fehmarn eine unselige "Slawenbesiedlung" angedichtet, die ausgerechnet auf Adam von Bremen zurückgehen soll, der niemals, mit keinem einzigen Wort über "Slawen" berichtet hat. Also auch nicht in seiner viel zitierten "Hamburger Kirchengeschichte". Wenn er im Zusammenhang mit der Missionsgeschichte ostelbischen Gebietes berichtet fallen nur die Begriffe Sclavi oder gentes Sclavorum. Das betroffene Gebiet wird damit als von Heiden bewohnt beschrieben, die noch im Unglauben befangen waren. Mit Adam von Bremen soll Fehmarn auch 1075 erstmals erwähnt worden sein, möglicherweise auch deshalb, weil die Insel früher noch mit dem Festland verbunden war. Nach heutiger Ansicht geschah das nach Mitte des 3. Jahrtausends v.Chr., wo sich die Insel durch den ansteigenden Meeresspiegel bildete. Zuvor siedelten um 5000 v. Chr. bereits erste Menschen auf Fehmarn, die man als Nachfahren von Rentierjäger ansieht und noch bevor die Insel sich vom Festland trennte, sollen sich dort schon erste Menschen als Ackerbauern befleißigt haben.
Fehmarn - Der Inselname geht auf "Fembula" einen Beinamen von Ymir als Urriese zurück!
Obwohl es überhaupt keine Belege dafür gibt, wird heute behauptet, dass bereits nach 400 bis 900 die Insel von "Slawen" besiedelt wurde, die man mit den Wagriern gleichsetzte, dessen altnordischer Name mit Seevolk zu übersetzen ist. Der Eigenname lautete jedoch Heruler und ist als Gefolge von Uller zu deuten. Es gibt also nichts zu hinterfragen, welcher "Slawenstamm" angeblich auf Fehmarn siedelte, wenn diese nur in den Köpfen von Slawisten existieren.
Der "Slawenwahnsinn" beginnt bereits mit Herleitungsversuchen des Inselnamens aus den erfundenen "Slawen"-Sprachen. Fehmarn soll deshalb denselben etymologischen Hintergrund wie Pommern haben. Letzteres soll sich von po mor ableiten für „am Meer“ und Fehmarn von fe more, was „im Meer“ heißt. Wikipedias Quellenlage geht auf keinen Wissenschaftler zurück, sondern auf den Text einer Fehmarnseite, denn irgendwer geschrieben hat, wiederum ohne Quellenangabe.
Nach den ältesten Erwähnungen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts ergibt sich nach Heinrich Kunstmann folgende Reihenfolge von Namensvarianten:
Ende 11. Jahrhundert: insulae.... quarum prima Fembre vocatur (Adam v. Br.); Ende 11. Jahrhundert Imbra (ders.);
Ende 12. Jahrhundert: insulae..âequarum una Vemere vocatur (Helmold v. Bosau); Fimbre (ders.; Wiener Hs., 16. Jhd.);
1231 Imbrae. Ymbrae. Ymbria; 1234 apud Ymbriam; 1249 Imbre (lat. Gen.); 1259 de Vemeren; 1278 Datum Ymbrie; 1264-1289 de Vemeren, de Femeren, de Ymbria; 1267 de Imbria; zu 1279 de Ymbria
Es lassen sich damit zwei Namensformen herauslesen und zwar als Fembre und Imbra oder Ymbria. Im Altnordischen kommt dafür *vembi für Wölbung oder Bauch und *fimbul für Zauberer in Frage. Im Germanischen kommt *fembula für Riese oder Gigant in Frage. Ymbria stellt sich als altnordisches Kompositum dar und dürfte sich aus den Schöpfungsriesen (Urriese) Ymir und brjā für glänzen und funkeln zusammensetzen. Damit wird überdeutlich, dass der Inselname der altnordischen Mythologie entstammt und ihre Entstehung auf Ymirs Wirken zurückgeführt hat. Wie dieser Ymir aussah wird ebenfalls vermittelt: riesig, glänzend, funkelnd, gewölbt und diente quasi als Bauch. Das alles lässt sich wieder mit einen Dilmun aus der Asenzeit vergleichen. Damit wird wiederum Bezug auf Dilmun-Standorte in der Ostsee genommen, die in der Vorzeit öfters zum Süßwassermeer wurde.
In dieser Richtung argumentierte schon W. Laur (I960. 1964. 1967), der bei begründeter Skepsis gegenüber den bisherigen Versuchen, letztlich die Vermutung äußerte Fehmarns Name erkläre sich aus dem germanischen Inselwort *Fimber, das als Bildung mit r-Sufflx zu altsächsisch fimba für "Haufe" gehöre. Im Altsächsischen gelingt die Herleitung wesentlich besser von fêmia, was für Weib oder Frau steht und auf das indogermanische *poimen für Muttermilch zurückgeht. Auch das weist auf einen Asen-Dilmun, denn die Muttermilch lässt sich mit dem Soma gleichsetzen, was den Mythen Indiens zufolge dort aus dem "Milchmeer" stammt.
Heinrich Kunstmann favorisierte hingegen eine Herleitung aus dem Griechischen ("Imbros"), die er durch seine "Balkanslawen" begründet. Mit der griechischen Sprache kamen jedoch auch die Ostheruler als Obotriten (Ostabotriten) in Kontakt, doch selbst, wenn einige diese Sprache noch beherrschten, hatte das nur geringe Auswirkungen, denn in ihrer alten Heimat siedelten nach wie vor germanischsprachige Heruler. Kunstmanns Ansicht konnte sich auch nicht durchsetzen, niemand konnte sich für seine "slawisch-griechische" Herleitung erwärmen.
Primärquelle: Wikipedia Kunstmann, Beiträge zur Besiedelung Nord- und Mitteldeutschlands durch Balkanslaven
Welche tatsächlichen Motive zur Ermordung von Gottschalk führten, auf jeden Fall sah es danach so aus, als ob Dänemark der große Verlierer war, wenn mit Gottschalk, einem Obotriten (Ostheruler, Ostabodriten) ihr wichtigster Verbündeter an der Südgrenze sein Leben verloren hatte. Und non folgte ausgerechnet mit Kruto, ein Angehöriger altherulischer Clans, die sich seit je her einer Christianisierung verwehrt haben. Das Herulerreich zerfiel wieder in einen obotritisch-christlichen Teil in Mecklenburg und einem heidnischen im ostholsteinischen Seeland (=Wagrien).
Unter Kruto gab es keine christliche Mission mehr, er dehnte sein Macht über Nordalbingien aus und war jetzt dem zunehmend christlich agierenden Dänemark feindlich gesinnt. Ausgerechnet das Heidentum unter Kruto störte Heinrichs IV. überhaupt nicht, der ihn ganz pragmatisch als Verbündeten gegen die sächsischen Billinger gewann.
Von Kruto berichtet ausschließlich die Chronica Sclavorum des Helmold von Bosau. Galt Krutos Herrschaft dem mecklenburger Historiker Beyer 1848 noch als „die glänzendste Periode in der ganzen Geschichte“ der Abodriten (=Heruler), reduzierte ihn die spätere Geschichtsschreibung auf einen grausamen Christenfeind. Lammers schließlich sah in ihm 1981 einen "wagrischen Separatisten", dessen heidnisch-nationalistische Staatsidee sich gegenüber den Nakoniden (christliche Obotriten) nicht durchzusetzen vermochte.
Kruto oder Crito gilt als Sohn eines Fürsten Grin, womit er einem altherulischen Adelsgeschlecht entstammte, welches seinen Stammsitz auf der Burg Starigard ("Stierburg") im heutigen Oldenburg in Holstein hatte. Seinen Namen will man heute gleich "in mehreren slawischen Sprachen" mit „grausam“ oder „gewaltig“ deuten. Altnordisch bedeutet Kruto von "krutr" hergeleitet nur der "Schreiende", was diesen Namen in die Nähe eines Odinsnamen als "Lärmender" rückt. Es steckt also null "slawisches" Sprachgut in diesen Namen.
Kruto war mit Slavina verheiratet, deren Name sich altnordisch aus "sla" für schlagen oder töten und "vina" für Freundin zusammensetzt. Aus dieser oder einer vorangegangenen Verbindung ging mindestens ein namentlich nicht näher bekannter Sohn hervor. Für die Jahre 1138 und 1150 sind mit Race und Rochel zwei Abkömmlinge Krutos genannt (de semine crutonis), bei denen es sich um Enkel Krutos handeln könnte. Races Sohn Nicolaus ist für das Jahr 1168 als dänischer Statthalter Schleswigs bezeugt. Ältere Versuche, Kruto mit dem ranischen Fürstenhaus in Verbindung zu bringen, gelten zwar heute als widerlegt und doch könnte sein Sohn Race mit Ratibor von Rügen identisch sein könnte, der dort als Ratze bekannt, eine riesige Invasion gegen einen dänischen Häfen anführte. James Westfall Thompson glaubte ebenfalls, dass schon Krutos Familie den Ranen auf Rügen angehörte.
Kruto profitierte vom Aufstand der heidnischen Reaktion unter Führung des Blusso gegen das christliche Obotritenoberhaupt Gottschalk. Als Folge dieses Aufstandes von 1066 und der Ermordung Gottschalks wurden Gottschalks Söhne und Erben Heinrich von Altlübeck und Budivoj aus dem Herulerreich vertrieben. Während Heinrich, der mütterlicherseits aus der dänischen Königsfamilie stammte, nach Dänemark entwich, floh Budivoj (=berufener Bote/Verkünder im Sinne der Christianisierung) zu den Sachsen. Mit deren Hilfe gelang es ihm kurzzeitig, die Macht über die Obotriten in Mecklenburg zu übernehmen. Sein Versuch, seine Herrschaft über Ostholstein ausdehnen und somit Kruto zu unterwerfen, scheiterte. Budivoj wurde von Kruto auf der Inselburg Plön in eine Falle gelockt und mit sämtlichen Gefährten unter Wortbruch erschlagen.
Modell von Krutos Burg Bucu Heinrich Wiechell, Wikimedia Commons, CC-BY-3.0
Kruto wurde nach der Ausschaltung der Gottschalksöhne zuerst zum Oberherrscher aller Heruler gewählt. Die Wahl Krutos bringt die ganze Tragweite der herulischen Clans zum Ausdruck, die entweder noch dem Heidentum anhingen oder schon eine christianisierte Oberschicht wie bei den Obotriten besaß. Die vormalige Machtposition der christlichen Obitritenherrscherkaste war jedenfalls dahin. Unter Krutos Herrschaft gerieten die nordelbischen Sachsen in eine tributäre Abhängigkeit von den Herulern. Kruto ließ zudem seinen Clans freie Hand bei Plünderungszügen ins Sachsengebiet und begann die Burg Bucu am Werder zwischen Trave und Wakenitz zu errichten, aus der sich das spätere Lübeck entwickeln sollte.
Im hohen Alter geriet Krutos Herrschaft durch den nach Dänemark entflohenen Heinrich von Alt-Lübeck in Gefahr. Kruto konnte zwar um 1090 zwar noch eine Invasion Heinrichs abwehren, der von seinen dänischen Verwandten militärisch unterstützt wurde. In der Folge vermochte Kruto aber nicht zu verhindern, dass Heinrich nach Wikingerart mehrfach sein Seeland (Wagrien) in Ostholstein überfiel und plünderte. Angesichts dieses Drucks fand sich Kruto zu einem Kompromiss bereit und willigte ein, Heinrich einen Teil Wagriens als Herrschaftsgebiet zu überlassen. Krutos Plan, Heinrich auf einem Gastmahl zu ermorden, wurde Heinrich von Krutos Gattin Slavina verraten. Daraufhin ließ Heinrich Kruto auf dieser Feier von einem aus Dänemark stammenden Gefolgsmann erschlagen, heiratete die frisch verwitwete Slavina, übernahm Land und Herrschaft über alle Heruler-Clans und „nahm Rache an seinen Feinden“.
Heinrich von Altlübeck - letzter offizieller Herrscher der Heruler (Heruli)
Die teilweise herulischer Herkunft des auf Kruto nachfolgenden Heinrich von Altlübeck wird heute wegen des "Slawen"-Dogmas verschwiegen, dazu auch sein offizieller Titel, als König der "Heruli". "Slawenpapst" J. Herrmann widmete ihm in seinem Buch "Der Wendenkreuzzug von 1147" ein eigenes Kapitel und es hat einen besonderen Reiz, dieses hier zu berichtigen.
Berichtigter Text: Nach dem Ende des Sachsenkrieges gingen die sächsischen Großen wieder daran, die Heruler zu unterwerfen. Heinrich, der Sohn des Herulerfürsten Gottschalk, kehrte aus dem dänischen Exil 1090 nach Wagrien in Ostholstein zurück, dem Machtzentrum der hier immer herrschenden Alt-Heruler. Dort residierte in Alt-Lübeck seit 1066 der heidnische Fürst Kruto. Er war seit 1066 gewählter Fürst der Heruler. Er stand in Rivalität zu den christlichen Nakoniden, der aus dem Balkan zurückgewanderten Herrscherkaste der Ost-Heruler (Obotriten). Im Jahr 1075 gelang es ihm, Buthue, den Sohn Gottschalks, zu stürzen. Kruto wurde dadurch alleiniger Herrscher über die Heruler und verhalf so dem Heidentum zur alleinigen Geltung.
Kruto und seine Getreuen wurden in der Schlacht bei Smilau 1093 von sächsischen Truppen besiegt. Kruto selbst wurde Opfer eines Komplotts, das vom aus Dänemark zurückgekehrten Heinrich initiiert wurde, um Fürst der Heruler zu werden. Es gelang Heinrich, mit dänischer und sächsischer Hilfe im Herulerreich die Herrschaft zu erlangen. Er leistete dem Sachsenherzog Magnus den Treueid. Helmold schreibt, dass es Heinrich gelang, die nord-ostelbischen Stämme zu unterwerfen: „von dem Tage an waren alle Stämme der östlichen Sclavi Heinrich zinspflichtig und unterworfen." (Helmold hat im Original niemals von "Slawen" geschrieben!) In vielen zeitgnössischen Quellen wird Heinrich als „rex Sclavorum" bezeichnet. So auch von Helmold, was man zum Beispiel in Richard Wagners Buch "Die Wendenzeit: Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen" nachlesen kann.
Das rekonstruierte Modell von Alt-Lübeck. Die älteste Namensform Liubice wird heute völlig verquer von einem angeblich "slawischen" Wort *l'ub für lieblich übersetzt und soll sich insgesamt vom Personennamen L'ub/L'ubomir ableiten. Das ist völliger Unsinn, zumal Lubomir ebenfalls bis heute falsch erklärt wird. Liubice und L'ubomir gehen beide auf das indogermanische lup für Wolf zurück, womit Lübeck nur Wolfshafen und Lubomir Wolfherrscher (omir von Ymir) bedeutet. Der Wolf bezieht sich im ostelbischen Raum fast immer auf Odins Wölfe, weshalb dort auch sehr viele Ortsnamen die gleiche Herkunft haben
Heinrich erhob - wie Kruto - Alt-Lübeck zu seiner Residenz, daher nannte man ihn auch Heinrich von Alt-Lübeck. Er ließ eigene Münzen prägen, förderte den Burgenbau und das Wirtschaftsleben. Heinrich von Alt-Lübeck war in religiösen Fragen „geschickt". So bestanden während seiner Regierungszeit Heidentum und Christentum nebeneinander. Gewarnt durch das Schicksal seines Vaters, förderte er die Christianisierung - obwohl er selbst Christ war - kaum. Er selbst hatte in seiner Burg in Alt-Lübeck eine kleine Kirche. Die Missionierungsbemühungen von Vizelin duldete Heinrich zwar, sie stellte jedoch eine Ausnahme dar. So blieb das Heidentum stets mächtig bei den Herulern. Mit seiner Ermordung 1127 ging das Herulerreich dann zu Grunde, denn auch seine Nachkommen erlitten das gleiche Schicksal wie er.
Helmold berichtet, dass Heinrich von Alt-Lübeck einen Feldzug gegen Havelberg unternahm, wahrscheinlich um das Jahr 1100. Zur gleichen Zeit wird uns in der Reichschronik des Annalista Saxo davon berichtet, dass Markgraf Udo von der Nordmark und sächsische Verbände die Liutizen angriffen und die Brandenburg (Brendanburg) nach viermonatiger Belagerung einnahmen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss den Zeitgenossen klar gewesen sein, dass der Liutizenbund schwächer und schwächer wurde. In diesem Kontext wurde im Jahr 1108 zum Kreuzzug gegen die Wenden aufgerufen. Brüske weist darüber hinaus treffend darauf hin, dass die beiden - noch immer von den Heiden gehaltenen - Bischofsstädte das Ziel der neuen Angriffe auf die Liutizen gewesen seien und das Netz um die liutizischen Lande sich begonnen hätte zusammen zu ziehen.
Im Jahr 1110 griffen ranische Peene-Clans das östliche Herulerreich an, dazu segelten sie die Trave hoch und belagerten Alt-Lübeck, die Burg von Heinrich von Alt-Lübeck. Doch Heinrich gelang es, aus der belagerten Burg zu entfliehen und schließlich, mit Hilfe eines Entsatzheeres, Lübeck von der Belagerung zu befreien. Heinrich von Alt-Lübeck konnte durch seinen Sieg über die ranischen Peene-Clans indes seine königsgleiche Position ausbauen. Helmold schreibt: „Und das Volk der Ranen diente Heinrich und zahlte ihm Zins, wie die Wagrier, die Polaben, die Abodriten, die Kessiner, die Zirzipanen, die Lutizen, die Pomeranen und alle Nationen der Sclavi, welche zwischen der Elbe und dem baltischen Meere wohnen und sich in werter Ausdehnung bis nach dem Lande der Polen hin erstrecken. Über diese alle gebot Heinrich und ward König genannt im ganzen Lande der Sclavi und Nordelbinger." Diesen letzten Satz hatte Herrmann angeblich aus Helmold zitiert, doch im Original lautete er nur so: „Super omnes hos imperavit Heinricus vocatusque est rex in omni Sclavorum Nordalbingorum provincia." Auch das kann man in Richard Wagners Buch nachlesen. Das hatte Herrmann ganz sicher auch so gelesen, doch er ließ nur "rex in omni Slavorum" drucken. Das nennt man willkürlich verfälscht!
Später griff Heinrich sogar die ranischen Peene-Clans direkt an (1123/24). Anlass für diesen Feldzug war die Ermordung seines Sohnes Woldemar durch die Ranen auf der Insel Rügen. "Rügenslawen", wie Herrmann an dieser Stelle schreib kannte kein einziger Annalista. Heinrich zog nach Rügen mit vielen verbündeten wendischen Stämmen und zwang die Ranen, gegen hohe Geldzahlungen, den Frieden zu erkaufen, Geiseln zu stellen und den Tempelschatz von Arkona zu übergeben. Als die Ranen ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkamen, rüstete Heinrich von Alt-Lübeck wieder zum Krieg, diesmal mit Hilfe des sächsischen Herzogs Lothar von Supplinburg. Im Winter 1124/1125 griffen die Truppen Heinrichs und Lothars Rügen an, wobei sie die Jahreszeit ausnutzten, indem sie das gefrorene Wasser überquerten. Doch plötzlich einsetzendes Tauwetter zwang die Angreifer, unverrichteter Dinge wieder abzuziehen.
Heinrich von Alt-Lübeck verstarb kurz nach diesem Feldzug am 22. März 1127. Vielleicht wurde er ermordet. Heinrichs Tod führte das Ende des Herulerreiches herbei, da seine Söhne und Enkel nacheinander Mordanschlägen zum Opfer fielen.
Primärquelle: Herrmann, Der Wendenkreuzzug von 1147 Wagner, Die Wendenzeit: Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen
Die Aviones oder Auiones werden bisher von *Awioniz hergeleitet, was "Inselvolk" bedeutet. Nach Tacitus sind sie ein germanischer Stamm des 1. Jahrhunderts gewesen und werden als Bewohner der südjütländischen Halbinsel oder auf Öland vermutet. Im Widsith sollen sie als Eowan erwähnt sein.
Tacitus schrieb über eine Stammesgruppe, die von Flüssen und Wäldern geschützt wurde: "Es folgen der Reihe nach die Reudignianer und Aviones und Angeln und Varinier und Eudosen und Suardones und Nuithones; alle werden von Flüssen oder Wäldern geschützt. In keinem dieser Völker geschieht etwas Bemerkenswertes, sondern nur, dass sie sich allgemein der Anbetung Herthums (Nerthus) anschließen; das heißt, die Mutter Erde." --Tacitus, Germania, 40, übersetzt 1877 von Church und Brodribb.
Typische Krieger der Heruler - die immer mit ihnen erwähnten "Avionen" bezeichnet sie nur als "Inselvolk", was als Eigenename ihre Herkunft von einer Götterinsel beschreibt. Einen eigenständigen Stamm der Avionen hat es sicher nie gegeben.
So lebten laut Tacitus die Aviones auf der Halbinsel Jütland, in der Nähe der Angeln. Falls ihr Name tatsächlich mit Inseln verbunden ist, lebten sie möglicherweise auf den Nordfriesischen Inseln. Laut Kendrick sollen sie jedoch auf Öland gelebt haben. Man schlussfolgerte bisher daraus, dass die Bedeutung für Inselbewohner, sie tatsächlich mit der Insel Öland, was "Inselland" bedeutet, verbindet, wobei der altenglische Name für diese Insel, Eowland (erwähnt von Wulfstan von Haithabu), lautete, was "das Land der Eowan", bedeuten würde.
Was bei der ganzen Diskussion jedoch unter dem Tisch fiel, ist die Frage, ob die Deutung "Inselbewohner" überhaupt für einen Eigenename stehen könnte. Fakt ist, von den Avionen sind Berichte überliefert, wie sie eng mit den Herulern verbündet, als Seeräuber die Küsten Galliens überfielen. Im Panegyrikus des römischen Konsuls Claudius Mamertin wurden für 291 oder 292 Überfälle germanischer Stämme erwähnt, denen auch Chavionen und Eruli in "enger Gemeinschaft" angehörten. In quasi jedem Bericht werden die "Chaviones Erulique" nebeneinander aufgeführt, was den Verdacht erhärtet, dass wenn Aviones "Inselbewohner" bedeutet, damit nur die Heruler als Inselbewohner beschrieben werden. Damit letztlich resümiert werden, dass es die Aviones nie gegeben hat. Das Germanische Wörterbuch verbindet sie heute mit dem gotischen auhjōn für lärmen oder schreien, doch früher wusste man noch, dass sie als gotische Aujans gedeutet, nach Fehmarn und der nordöstlichen Ecke von Holstein verortet wurden. Das ist jedoch zweifellos altes Herulerstammesgebiet, womit wir wieder bei der Inselbewohnerdeutung für die Heruler sind. Auf ihre Überfälle auf gallische Küstengebiete bezogen, kämen als ideale Ausgangsbasen eher die nordfriesischen Inseln als Fehmarn in Frage, war wohl nichts anderes bedeutet, als dass die Heruler ihr Gebiet im 3. Jahrhundert bis zu den nordfriesischen Inseln ausgedehnt hatten. Das germanische *awjō für Wasserland (Inseln) würde das ebenfalls bestätigen.
Und falls doch die Aviones für einen Eigennamen stehen? Dann ist mit *awjō der Schöpfungsort ihrer Ahnen auf einer Götterinsel gemeint, was vom germanischen *awe für Stammvater gestützt wird. In dieser Hinsicht stellen dann die Aviones nur einen Beinamen der Heruler dar, der von der Herkunft ihrer Ahnen erzählt.
Primärquelle: Wikipedia Forschungen zur deutschen Geschichte (1877)
Ahnenhalle
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13.05.2021 12:03 (zuletzt bearbeitet: 14.05.2021 10:58)
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