In einem Wald im westlichen Hinterpommern befinden sich mehrere Steinkreise, teils mit ein bis drei Zentralsteinen, sowie künstliche Hügel, einige von ihnen mit einem aufgerichteten kleinen Megalithen auf dem Gipfel. Die verwendeten Steine haben Kopf- bis max. Kleinkindgröße, womit die Anlage nicht so eindrucksvoll wie die großen Megalithkreise in Großbritannien oder Frankreich ist. Die Kreise und Hügel überschneiden sich teilweise und erstrecken sich insgesamt über einige hundert Meter. Die megalithischen Anlagen befinden sich nahe von Wensiorry und werden von Gotland stammende Goten zugerechnet, die im 2. Jahrhundert in Hinterpommern siedelten.
Die gotischen Steinkreise in Wensiorry
“Die Steinkreise und Kurgane wurden in Wensiorry hauptsächlichim 2. Jahrhundert genutzt und wurden dann ziemlich schnell verlassen. Seit Anfang des 3. Jahrhunderts gibt es bereits keine Anzeichen ihrer Nutzung mehr. Ich sage das nur zum Vergleich zu dem, was man in der Literatur finden kann, nämlich, dass Wensiorry schneller verlassen wurde, als Odri, mit dem man den Ort oft vergleicht, weil sich an beiden Orten Steinkreise befinden. Der Idee von Steinkreisen selbst kommt wahrscheinlich aus Skandinavien. Wir sprechen hier hauptsächlich über das 2. Jahrhundert. Kurgane kamen hingegen in Pommern bereits zum Ende der Steinzeit vor und wurden stets mit kleinen Unterbrechungen bis zum Mittelalter gebraucht”, erklärt Piotr Fudziński vom Archäologischen Museum in Danzig.
Dazu sei schon einmal angemerkt, dass die Idee Steinkreise anzulegen nicht explizit aus Skandinavien stammt, sondern wesentlich älter, wie in Hinterpommern auch auf den Britischen Inseln und in Westeuropa existieren. Das Wissen über Steinkreise ist dürftig, doch das Thema noch so interessant, dass in den Medien der Begriff von einem "polnischen Stonehenge" geboren wurde, über den selbst polnische Forscher lachen müssen. Die Steinkreise und Hügel werden insgesamt nicht immer den Goten zugeschrieben, die das Gebiet vom 1. bis zum 3. Jh. n. Chr. besiedelten. Es gibt dazu Quellen, die die Kreise und Hügel früher, auf eine Zeit zwischen 4000 und 1800 v. Chr. datiert wissen wollen. Die Hügel wurden zwar als Gräber identifiziert, doch das geschah erst in einer späten Nutzungsphase.
“Auf dem Gelände der Steinkreise befinden sich fast keine Gräber und wenn sie mal vorkommen, dann sind es spätere Begräbnisse und sehr bescheiden ausgestattet. Das heißt, dass wenn diese Menschen begraben wurden, war die Bestimmung dieses Ortes bereits erloschen, und markierte das Ende der Steinkreise. Erst dann hat man diesen Ort als ein Friedhof benutzt. Doch man nimmt an, dass früher hier Stammestreffen stattgefunden haben”, kommentiert Fudziński. Heute befinden sich dort drei Kreise. Doch der Angestellte des Archäologischen Museums findet, dass es ursprünglich auch vier sein könnten.
Die gotischen Steinkreise bei Odri - Die Steinkreise haben einen Durchmesser von 15 bis 33 m. In jedem Steinkreis sind 16 bis 29 Steine, die 20 bis 70 cm aus der Erde ragen. Außer den Steinkreisen befinden sich auf dem Gelände des Reservates auch Hügelgräber. In Steinkreisen und Grabhügeln wurden etwa 600 Gräber freigelegt. Przykuta, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
Das Gebiet befindet sich in der Kaschubischen Seenplatte, in der wie vergleichsweise in Mecklenburg zahlreiche frühmittelalterische Wallburgen errichtet wurden. “Man nimmt an, dass die Goten auf der Kaschubischen Seenplatte am Anfang unserer Ära lebten und dass sie die Steinkreise und Kurgane erbaut haben. Wahrscheinlich kamen sie im 1. Jahrhundert aus Skandinavien und lebten eine Zeit lang in Pommern. Doch bereits zum Ende des 2. und Anfang des 3. Jahrhunderts sind die Gruppen allmählich nach Südosten in Richtung Masowien, der Region um Lublin, durch Wolhynien zum Schwarzen Meer umgesiedelt”.
Für die Bevölkerung vor Ort bedeutet das jedoch nicht, dass die Gotengebiete in Hinterpommern menschenleer wurden, es wanderte nur der Menschenüberschuss ab, der mit den damaligen Methoden im noch weitgehend unerschlossenen Pommern sich auf Dauer nicht mehr ernähren konnte. Wissenschaftler fanden im Umfeld der Steinkreise viele Skelette und Verbrennungsgräber (ganze 110!) und im Gräberfeld typische Frauengegenstände, vor allem verschiedener Schmuck, wie Spangen, Armbänder oder Gürtelelemente.
Trotz zahlreicher Untersuchungen seit dem Entdeckungsjahr 1938, wurde dieser Ort nur wegen seiner Legenden und der angeblichen Kraft der Steine bekannt. Manche bringen dabei die mythischen kaschubischen Riesen ins Spiel, die Stolemowie genannt in verschiedenen Geschichten und Legenden als Schöpfer der Landschaft Pommerns überliefert sind.
Ahnenhalle
Thema drucken
20.01.2021 18:03
Antworten