In Pommern wollte das Landvolk Anfang des 12. Jahrhunderts noch nichts vom Christentum wissen. Als 1102 der Daglinger-Erbe Herzog Boleslaus Schiefmund begann das Land mit Feuer und Schwert zu missionieren, strebte er danach dieses Land auch dem Herzogtum Gnesen anzuschließen. Obwohl seine Kriegszüge nach Pommern bis 1106 andauerten, hatte er noch keinen Erfolg. Dieser Krieg war nur eine Abfolge von Raubzügen nach Wikingerart, wo sich der gewaltätige Herzog mit seiner Dryzina-Leibgarde austoben konnte. Das ausgeraubte Pommern blieb wieder sich selbst überlassen und es dauerte eine Weile bis er erneut nach Pommern einfiel und diesmal dass im rugischen Hinterpommern befindliche Pommerellen für sein Herzogtum eroberte. Gesichert war das noch beileibe nicht, die Bevölkerung musste erst noch christianisiert werden.
Stettin 1920 - Bereits 1091 unterstand Stettin kurzzeitig den Daglingern unter Wladislaus Hermann
Noch während er in Pommerellen das Schwert führte, zog er zwischendurch zum Lebuser Land, was ihn Kaiser Heinrich V. 1109 abgenommen hatte und gliederte es erneut seinem Herzogtum Gnesen an. Weitere Kriegszüge gegen Pommern folgten 1119/21, wo er erneut das Land verheerte und nachfolgend die pommersche Hauptstadt Stettin eroberte. Der heidnische Herzog Wartislaw I. musste die Oberhoheit der Daglinger anerkennen, zahlte Tribut und musste sich der Heerfolge und Christianisierung seines Landes verpflichten. Dazu zählte auch Vorpommern bis nach Demmin an der Peene.
Das neueroberte Pommern sollte nach dem Willen von Boleslaus Schiefmund dem Heidentum entrissen werden, wofür er zunächst eigene Bischöfe aus Gnesen entsendete, die jedoch sämtlich scheiterten. Als nächstes folgte die Mission von Bischof Bernhard, der angeblich aus Spanien stammte, aber mit einem zeitgleich lebenden Bischof aus Leubus identisch sein könnte. Die einzige Überlieferung zu Bernhard ist in der 1151 bis 1159 von Ebo von Michelsberg verfassten Schrift Das Leben des Bischofs und Bekenners Otto enthalten.
Nach dieser Überlieferung stammte Bernhard ursprünglich aus Spanien, war in Rom zum Bischof geweiht worden und gehörte in Italien einem Einsiedlerorden an. Er reiste von dort nach Norden mit den Wunsch, die heidnischen Pomoranen zu missionieren. Den Daglinger-Herzog Boleslaus Schiefmund bat er um Unterstützung für seine Mission, denn dieser hatte zu dieser Zeit gerade Stettin erobert und 1121 die Pomoranen unterworfen. Obwohl dieser die Christianisierung Pommerns für gering schätzte, gab ihm einen Mann als Übersetzer und Führer mit. Mit Spanisch wäre er wohl nirgendwo verständlich gewesen.
Wie erwartet fand Bernhard in Pommern mit seinem ärmlichen und demütigen Auftreten keinen Anklang. Schließlich wurde er in Wollin, wo sich ein heidnisches Heiligtum befand, in einen Kahn gesetzt und mit der Empfehlung, er solle besser „den Fischen im Meer und den Vögeln am Himmel“ predigen, weggeschickt. Bernhard kehrte daraufhin zu Herzog Boleslaus Schiefmun zurück, der ihn darauf hinwies, dass er ihm die Erfolglosigkeit dieser Missionstätigkeit vorausgesagt habe.
Im November 1122 weilte Bernhard anlässlich eines Hoftags Kaiser Heinrichs V. in Bamberg. Dort erzählte er von seiner erfolglosen Missionsreise. Dadurch regte er Bischof Otto von Bamberg an, seinerseits Pommern zu missionieren.
Bereits zwei Jahre nach dem erfolglosen Versuch von Bischof Bernhard, brach Bischof Otto von Bamberg nach Pommern auf und begann östlich der Oder in Hinterpommern das Heidentum der Bewohner auszutreiben. Er taufte zahlreiche Menschen und zerstörte die Tempel der heidnischen Götter.
Otto von Bamberg - von 500 bewaffneten Rittern begleitet, versuchte er angeblich 1124 ohne "sein Schwert" zu ziehen das Christentum in Pommern zu verbreiten
Noch heute wird Otto als der Apostel der Pommern verehrt, vergessen wird jedoch, dass bereits zuvor das Land durch Boleslaus Schiefmunds Wikingerheer verheert wurde und dem entsprechend auch entvölkert war. Ein großer Teil wurde versklavt, dem anderen Rest fehlten jetzt die gefallenen wehrhaften Männer. Für Otto von Bamberg also ideale Voraussetzungen eine verängstige Bevölkerung für einen neuen Glauben zu gewinnen.
Otto prangerte in Pommern heidnische Bräuche an wie Vielweiberei, das Töten neugeborener Mädchen, Zauberei und Wahrsagerei, Götzendienst und den Bau von Götzentempeln. Seine Vorgehensweise in Stettin schildert sein Biograf Herbord: Der Bischof und seine Priester begannen zunächst, bewaffnet mit Äxten und Lanzen, die heiligen Stätten niederzureißen. Nachdem die Bevölkerung sah, dass sich ihre Götter nicht „wehrten“, schloss sie sich dem Angriff an. Nur eine heilige Eiche ließ Otto auf Bitten der Stettiner stehen mit der Auflage, keine Orakel mehr unter dem Baum zu praktizieren.
Gemessen am vergleichbaren Widerstand der Heruler um Rethra, dürfte das ist diese Beschreibung von Herbord kaum glaubhaft, hier wurde einfach ein heidnischer Tempel der Stettiner niedergerissen und man war froh, dass es kaum Widerstand gab. Und zwar nur, weil Boleslaus Schiefmund die Stadt Jahre zuvor für sein Herzogtum erobert hatte, wodurch er zugleich mit diesem Raubzug die eigenen Krieger zufrieden stellte.
Fürst Wartislaus empfing 1124 den Bischof an der Grenze seiner Gebiete in der Nähe von Zantoch bei Lebus. Er versprach ihm bei der Mission in pommersche Städte durch seine Anwesenheit zu helfen und ließ dabei die gesamte bischöfliche Karawane mit 500 bewaffneten Rittern beschützen!
Cammin in Pommern
Seine 11 Missionswerke ließ Otto in Pyritz errichten, gefolgt von Stargard in Pommern, Cammin, Wollin, Stettin, erneut Wollin und am Ende in Kolberg. In den letzten beiden Städten, war der Ahnenkult um heidnische Götter besonders präsent, weshalb es starken Widerstand von der Bevölkerung und der heidnischen Priesterkaste gab. Vier "Goths" als heidnische Tempel wurden abgerissen und an der gleichen Stelle christliche Kirchen erbaut. Der Tempelname "Goths" wird dabei noch an die gotische Landnahme Pommerns erinnern, die keineswegs sämtlich abgewandert wären. Angeführt von einer heidnischen Priesterkaste fanden 1127 bereits Aufstände gegen diese Zwangschristianisierung statt, die Fürst Wartislaus mit seinen Rittern niederschlagen konnte.
Die Gebiete Vorpommerns blieben jedoch weitgehend heidnisch. Die wenigen verfügbaren christlichen Priester konnte den Widerstand der heidnischen Priesterkaste nicht brechen und auch die Ahnenkulte der Bewohner nicht beseitigen. So blieb das Christentum in Pommern auch nach 1127 noch weiterhin schwach und oberflächlich. Otto von Bamberg veranlasste, dass Lothar III., der Nachfolger von Heinrich IV., Anspruch auf alle pommerschen Gebiete westlich der Oder erhob, um ihm so für eine zweite Missionsexpedition in das Gebiet zu unterstützen. Bereits 1127 unterstand dieses Gebiet deutscher Herrschaft, worauf Otto von Bamberg nur ein Jahr später erneut nach Pommern aufbrach.
Als 1128 Otto von Bamberg nach Vorpommern aufbrach, hatte er sich vorgenommen sein Schwert nicht zu gebrauchen, um ansässige Heiden zu missionieren. Ein Tross mit unzähligen Pferden und Wagen rumpelt über unbefestigte Wege, von Havelberg kommend in Richtung Demmin an der Peene, wo lange Zeit Wikinger-Kriegerkasten über das Umland herrschten. Demzufolge wurde die Nachfahren von Rugiern (Rugani) als unbezähmbare heidnische Meute angesehen, die es zu missionieren galt.
Von Demmin aus begann nun seine zweite Missionsreise, wo er zunächst den Greifenfürst Wartislaus I. begrüßte. Dieser war es auch gewesen, der Otto von Bamberg für die Missionierung in sein Land geholt hatte. Im Schloss Demmin ging es erst einmal ungemütlich zu. Man bekriegte sich gerade mit den heidnischen Liutizen. Unter herzöglichem Schutz eilte Otto schnell weiter nach Gützkow, während der größte Teil seines Gefolges mit dem Gepäck auf Schiffen die Peene abwärts nach Usedom fuhr.
Gützkow in Pommern
In Gützkow angekommen, errichtete er auf dem heutigen Kirchhügel eine Holzkirche. Und wiederum an einem Ort, wo zuvor ein neu errichteter Heidentempel stand. Die Gützkower sollen gebettelt haben, dass sie ihren Tempel als Kirche nehmen könnten. Doch Otto bestimmte, dass er abgerissen wurden wobei angeblich sein Schwert in der Scheide blieb. Größere Kämpfe blieben vermutlich aus, doch vor Ort könnte das völlig anders ausgesehen haben. Die zuvor in Gützkow herumziehende barfüßigen Bettelmönche, hatte man zuvor sämtlich totgeschlagen.
Von Gützkow ging es weiter nach Stolpe, wo an diesem Weg noch heute der Wartislaus-Gedenkstein an diese Mission erinnert. In Stolpe besitzt seit dieser Zeit den ältesten Klosterbau Pommerns, an dem heute nur noch eine Ruine daran erinnert. Such die Wartislaus- Gedächtniskirche aus dem 19. Jahrhundert ist der Missionungsreise von 1128. gewidmet. Weiter ging es zum pommerschen Hauptort Usedom, was damals eine der größten Städte, vergleichbar mit Wollin, oder Vineta mit Jomsburg (=Jumneta) war. Der Hügel selbst trug die Burg. Zu Pfingsten 1128 traten hier heidnische Edle rugischer Abstammung zusammen. Wartislaus stellte Bischof Otto als einen Sendboten des Papstes vor und forderte die Versammlung auf, die Annahme des Christentums zu beschließen. Und so geschah es.
Wolgast an der Peene - Den Stadtnamen möchte man bisher aus der Glagoliza-Kunstsprache "Altpolabisch" herleiten, doch der älteste belegbare Name Hologast von 1127 - also noch vor der zweiten Missionsreise Otto von Bambergs - weist wegen einer früheren Deutung als „Heiliger Hain“ nicht unbedingt auf einen heidnisch-missionarischen Hintergrund.
Schließlich kam Otto von Bamberg auch nach Wolgast, einem weiteren Herrschaftssitz eines Edlen. Er ließ einen heidnischen Tempel abreißen, an dessen Stelle die heutige St. Petri- Kirche steht. Überlieferungen zu Folge wurde zuvor dort den Göttern Gerovit (Jarovit) und Barovit geopfert, die rein namentlich Odin nahestanden und vielleicht für weitere Manifestationen von ihm stehen. In ihrem Mauerwerk wurden ein Stein des heidnischen Tempels mit einem Abbild dieser Gottheit gefunden und auch das Innere soll noch an eine Kultstätte erinnern. Danach war die zweite Mission beendet. Das östliche Hinterpommern blieb unberührt und unterstand erstmal weiter dem Daglinger-Herzog Boleslaus Schiefmund.
"Heidnischer Hain" wurde Wolgast schon früher gedeutet, doch wenn wir den Hintergrund des Ortes betrachten, muss "gast" vom germanischen "gasti" für Fremder oder Gast hergeleitet werden, womit Hologost (Wolgast) für einen Ort steht, wo wohl lange Zeit eine bekannte Gästehalle stand. Oder auf die Wikingerzeit im Jomsgau bezogen, eine typische Trinkerhalle stand. Diese Halle dürfte Otto von Bamberg auf seiner Pilgerreise in Pommern eher weniger in Hologost (Wolgast) interessiert haben, sondern die weithin bekannten Tempel heidnischer Gottheiten, die ein Hindernis seiner Missionierungspläne darstellten.
Dort, wo heute die St. Petri-Kirche steht, befand sich in vorchristlicher Zeit einer der größten Haupttempel heidnischen Götter, wo man Gerovit (Jarovit), dem Gott des Krieges opferte. Wie beim Kriegsgott Rugievit auf Rügen, weist auch Gerovit namentlich auf die Odinsnamen Viðhrimnir oder Viðrir, weshalb Gerovit nur eine weitere Manifestation Odins in und um Wolgast darstellte. Mit wem sie sich noch verknüpft, konnte bis heute nicht ermittelt werden. Und diese Gegend kann mittlerweile recht gut dem ehemaligen Jomsgau in Pommern zugeordnet werden, denn nur einen Tagesmarsch entfernt, soll sich die Jomsburg in der Gegend von Spiekenhagen befunden haben, womit Hologost (an. hǫll = Halle) zum Hinterland gehörte. Für Otto von Bambergs Mission bedeutet das nichts anderes, als dass er mitten in einem berüchtigten Wikingergebiet christianisieren wollte, wofür ihn auch berechtigterweise ca. 500 Ritter des Pommernherzogs begleideten
Das Standbild von Gerovit (Jarowit), der Gott des Krieges wurde eine stolze Kolossal-Statue beschrieben, die aus grobem Holz geschnitzt und mit einem Schwert umgürtet war. Ein goldenes Heerschild von ungewöhnlicher Größe hing an der Wand. Kein Sterblicher durfte dieses je berühren. Nur der Oberpriester trug ihn voran, wenn es in den Kampf ging. Das gab den Kriegern die Zuversicht des Sieges. Legenden sagen, dass Haithabu die größte Handelsstadt der Wikinger zweimal von Heiden aus Vorpommern niedergebrannt und geplündert wurde, für die zeitlich nur die Jomswikinger in Frage kamen.
Als zweiter Hauptgott wurde Barovit, als Gott des Friedens und der Fruchtbarkeit geopfert, der als Holzfigur mit fünf Gesichtern im gleichen Tempel, wie Gerovit stand. Außer diesen beiden Gottheiten verehrte man noch in einem kleinen Tempel auf dem Ziesaberg die Göttin Ziese (Ziesa), die Beschützerin der Seefahrer und Fischer. Auch sie war aus Holz gefertigt und mit einer hellblauen Gewandung versehen. Auf ihrem Haupt thronte ein silberner Halbmond, ein weißer Schleier umhüllte die Gestalt, an der eine Riesenharfe lehnte. Ihre rechte Hand hielt ein Füllhorn, ihre linke ein Schiff. Ziese könnte deshalb auch als Mondgöttin gedeutet werden, die mit Füllhorn dargestellt sie auch als Fruchtbarkeitsgöttin ausweist.
Mit zäher Standhaftigkeit hingen die heidnischen Wolgaster an ihre Gottheiten, und ihre Priester waren eifrig bemüht, sie im Glauben zu erhalten und dem eindringenden Christentum größten Widerstand entgegen zubringen. Bischof Otto von Bamberg soll jedoch ein raffinierter Zeitgenosse gewesen sein und ahnte was ihm in Hologost (Wolgast) bevorstand. Bevor er dort eintraf hatte er schon zwei Priester, Namens Ulrich und Albinus, voraus geschickt, die sich in die Burg des Wolgaster Fürsten auf der heutigen Schlossinsel schlichen. Der Fürst selbst befand sich vermutlich zu diesem Zeitpunkt auf dem Landtag zu Usedom, wo man später die Annahme des Christentums für den gesamten Jomsgau beschloss. Ausgenommen waren jedoch Jomsburg und einige weitere Orte an der Küste, wo man sich zu dieser Zeit noch weiter der Seeräuberei betätigte.
Odin mit seinen Wölfen Geri und Freki
In diesem Sinne lässt sich deshalb Gerovit auch als wölfische Gottheit deuten, wenn der germanische Name "gerō" mit Wolf übersetzt wird. Ursprünglich dürfte er sich auf auf Odins Wolf "Geri", der "Räuberische" beziehen, was ihn praktisch als Kriegsgott der Jomswikinger ausweist. Diese haben sich besonders im 11. und 12. Jahrhundert als Seeräuber betätigt und die Küsten benachbarter Reiche heimgesucht.
Und Barovit? Funktionell weist er als Fruchtbarkeitsgott eher auf Freyr, wobei sein Name von Baruha für einen kastrierten Eber hergeleitet werden kann. Die Nähe zu einer Odinsvariante erklärt sich ebenfalls, denn beide Asen wurden meistens auch örtlich zusammen verehrt. In Hologost war das nicht anders, beide Gottheiten standen im gleichen Tempel auf einen Hügel. Ob ein Priester Otto von Bambergs in diesen Tempel vor seiner Ankunft eindringen konnte und wieder mit der goldenen Rüstung von Gerovit herausrennen konnte, dürfte wohl eher eine übertriebene Legende gewesen sein, denn die Priesterkaste der dänisch-rugischen Jomswikinger hat dieses Heiligtum wohl niemals unbeaufsichtigt gelassen.
Ahnenhalle
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28.01.2021 21:12
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