Missionierung und Unterwerfung der Altsachsen


Karl der Große (748 - 814)

Karl der Große ging nach den brutalen Sachsenkriegen als Prediger mit der "Eisernen Zunge" oder auch nur als "Sachsenschlächter" ein. Von allen Kriegen Karls des Großen haben die Sachsenkriege sowohl in den Quellen als auch in der Forschung die meiste Beachtung gefunden, die mit der gewaltsamen Missionierung dieses bedeutenden Stammesverbandes einhergingen. Deswegen und wegen der äußerst grausam geführten Auseinandersetzung differiert das Urteil über diese Taten des Frankenherrschers deutlich. In der modernen Forschung steht die Kritik an Karls gewaltsamen Vorgehen im Vordergrund, auch wenn konzidiert wird, dass die Maßstäbe der Zeit andere waren als heute. Naturgemäß beurteilten die zeitgenössischen fränkischen Geschichtsschreiber das Vorgehen ihres Königs ausgesprochen positiv, zumindest die militärische Seite. Der Verbindung von Gewalt und Mission standen einige von ihnen allenfalls neutral gegenüber.


Dies gilt auch für Einhard, den Biographen Karls des Großen, der über seine Sachsenkriege urteilte:

„Kein anderer Krieg ist von den Franken mit ähnlicher Ausdauer, Erbitterung und Mühe geführt worden wie dieser. Denn die Sachsen waren - wie fast alle Stämme Germaniens - ein wildes Volk, das Götzen anbetete und dem Christentum feindlich gesinnt war; auch empfanden sie es nicht als ehrlos, alle göttlichen und menschlichen Gesetze zu verletzen und zu übertreten. Dazu kamen noch weitere Umstände, die dazu beitrugen, den Frieden täglich zu gefährden: die Grenzen zwischen unserem und ihrem Gebiet verliefen fast ausschließlich durch flaches Land. Nur an einigen Stellen bildeten große Wälder oder dazwischenliegende Berge deutliche Grenzlinien. Mord, Raub und Brandstiftungen nahmen daher auf beiden Seiten kein Ende. Schließlich waren die Franken derart verbittert, dass sie es für richtig hielten, nicht länger Gleiches mit Gleichem zu vergelten, sondern mit den Sachsen in offenen Kampf einzutreten."

Diese Einschätzung dürfte der Realität sehr nahe gekommen sein, denn vor allem die fränkischen Krieger hatten den Kampf zu bestehen, und nur ihrem unermüdlichen Einsatz in einem - mit Unterbrechungen - rund dreißig Jahre währenden Krieg war es zu verdanken, dass Karl der Große am Ende siegreich blieb. Fast noch mehr verwundert, dass Einhard zwar das Heidentum der Sachsen nennt, um sie als Feinde des Christentums zu stigmatisieren, dass er aber am Ende einen pragmatischen Kriegsgrund anführt: die ständigen Raubzüge auf beiden Seiten. Dies ist bemerkenswert angesichts der Tatsache, dass dieser Krieg ganz eindeutig ein Missionskrieg gewesen ist - darin ist sich die Forschung einig. Dennoch setzte ein gut informierter Zeitgenosse wie Einhard einen ganz anderen Akzent: Er schätzte den Stellenwert der Mission in diesem militärischen Ringen gering ein und setzte den Glaubenswechsel der Sachsen mit der Unterwerfung unter den König gleich:

„Es lässt sich kaum beschreiben, wie oft sie besiegt wurden und sich flehentlich dem König unterwarfen, wie oft sie Gehorsam versprachen, sofort die geforderten Geiseln stellten und die Boten des Königs willig aufnahmen. Einige Male waren sie schon so unterwürfig und schwach gemacht worden, dass sie gelobten, den Götzendienst aufzugeben und das Christentum anzunehmen. Doch obwohl sie mehrmals bereit gewesen waren, alle gestellten Bedingungen zu erfüllen, hatten sie es meist auch ebenso eilig, das Versprochene nicht zu halten."

Für Einhard handelte es sich also vor allem um einen Eroberungskrieg. Die Christianisierung war in seinen Augen nur ein Aspekt im Rahmen dieser militärischen Auseinandersetzung gewesen. Der Ende des 9. Jahrhunderts schreibende Paderborner Hagiograph der Translatio sancti Liborii kannte dagegen Einhards Vita Karoli, und dennoch kam er zu einem ganz anderen Schluss:

„Ich glaube, dass er mit Recht unser Apostel genannt wird, hat er uns doch sozusagen mit eiserner Zunge gepredigt, um uns die Pforte des Glaubens zu öffnen. Wenn er auch so oft den Sieg davontrug wie er in Kampfbereitschaft war und sich viele Völker und Reiche unterworfen hat, so steht doch fest, dass er am glorreichsten über den Teufel selbst gesiegt hat, indem er ihm so viele tausend Seelen, die vorher von dessen Herrschaft gefangen waren, durch die Bekehrung unseres Volkes entrissen und Christus dem Herrn zugeführt hat."

Über den Sachsenkrieg berichteten fast ausschließlich Geschichtsschreiber, die entweder über den endgültigen Triumph der Franken oder wie die hofnahen Reichsannalen zumindest über ihren ersten - allerdings nur scheinbaren - Sieg im Jahr 785 informiert waren. Zudem waren sie alle selbst Franken und noch dazu Geistliche. Wenn sich dagegen Sachsen zu diesen Geschehen äußerten, dann nur in einem noch größeren zeitlichen Abstand und wie der Verfasser der Translatio sancti Liborii als Untertanen fränkischer Herrscher. Und in dieser Zeit hatte man wohl schon vergessen, dass die Sachsen vor ihrer Missionierung nie einen Teufel gekannt haben.

Quelle: Kamp, Kroker, Schwertmission: "Die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen unter Karl dem Grossen" von Matthias Becher

Wodan und die Altsachsen

Die Sachsen befanden sich schon seit langem im Fokus der Frankenkönige. Bereits der Merowinger Chlothar I. hatte Mitte des 6. Jahrhunderts Krieg gegen sie geführt.10 Damals hatten sich die Sachsen, vielleicht aber auch nur Teile von ihnen, zu einem jährlichen Tribut von 500 Kühen bereit erklärt. Denn die Sachsen waren politisch völlig anders strukturiert als die Franken und andere Völker des Frühmittelalters. Ihnen fehlte jede staatliche Einheit, eine gemeinsame Hauptstadt und jede gemeinsame Institution bis auf eine große Versammlung. Sie wurden von zahlreichen Kleinkönigen beherrscht, die sich nur im Kriegsfall enger zusammenschlossen und einen aus ihrer Mitte zum Heerführer wählten.


Der mit Wodan gleichgesetzte Odin

Die Existenz größerer Untergruppen ist nur schemenhaft zu erkennen. Die drei bzw. vier Großgruppen der Sachsen, die Westfalen, Engern, Ostfalen und Nordleute jenseits der Elbe, begegnen erst während des Kampfes gegen Karl den Großen und sind daher vielleicht auch erst im Zuge dieser Auseinandersetzung entstanden. Grundlage ihres Zusammenhaltes sind ihre Ahnenkulte aus der Asenzeit gewesen, an die noch ihre verehrten Götter Donar, Wodan und Saxnot erinnern. Obwohl die Franken alles getan haben, um die sogenannten Götzenkulte auszurotten, blieb doch noch einiges in Erinnerung, wem und was die Sachsen am meisten verehrten. Das sächsische Heidentum widerlegt zu gleich, dass es sich um eine angebliche "Naturreligion" handelte, in der nach heutiger Ansicht ungebildete Wildlinge Naturphänomene, wie Wind, Blitz und Donner in mächtige Gottheiten umwandelten.

Wer waren also die Gottheiten der Sachsen? Als eine ihrer höchsten Gottheiten gilt Wotan, den sie selbst wohl nur Woden oder auch Hathagat nannten. Woden wird neben Thunaer (Donar) und Saxnôte im sächsischen Taufgelöbnis aufgesagt, was gleichzeitig den Stellenwert dieser Asen verdeutlicht. Woden und Wotan setzt man heute mit Odin gleich, wobei Wōdan, als süddeutsche Variante angesehen wird. Alle Wotan-Varianten gehen jedoch nach heutiger Ansicht auf Wôðanaz zurück. Sprachlich spielt dabei die indogermanische Wurzel "wat" für „anblasen, anfachen" eine Rolle, was auch auf das "Vati"-System Indras verweist. Völlig unberücksichtigt blieb bisher eine Herleitung über dan, tan oder ðanaz, was in Bezug auf die Asen einen völlig neuen Weg bedeuten würde. Eine Grundlage spielt dabei auch, dass der Stammvater der Dänen kein Geringerer, als ein König Dan gewesen wäre, zudem sogar vom Namen her die altirische Göttermutter Danu passt. Von Plinius erhalten wir aus dem vierten Buch seiner Naturgeschichte einen entscheidenden Bericht, woher wir diesen Dan oder auch eine Danu herleiten können. Über die Ingaevonen, die bei ihm Ingvaeonen heißen schreibt er folgendes:

„Beginnen wir nun mit der besser bekannten Kunde vom Stamm der Ingvaeonen, der der erste (bedeutendste) in Germanien ist. Dort ist der Berg Saevo, unermesslich und nicht kleiner als die Ripäische Bergkette. Er formt eine gewaltige Bucht bis zur Halbinsel der Kimbern; die Bucht wird Codanus genannt und ist voll mit Inseln, deren berühmteste Scatinavia ist, ungemessener Größe ...“

Welchen "unermesslichen Berg Saevo" auch immer Plinius meinte, diesen Berg hat es bis heute nie gegeben in der Bucht. Seinen formenden Bezug zur Bucht Codanus verrät jedoch, dass damit kein gewöhnlicher Berg gemeint ist, wobei das formende Element der Deutschen Bucht immer nur der Schlamm war. In diesem Sinne kann sich Codanus auch auf Marduks "Danu"-Dilmun beziehen, der auch vor der Elbe gestanden haben muss. Ziehen wir jetzt noch Tacitus hinzu, bei dem die Ingvaeonen nur noch Ingaevones heißen, kommen wir auch mit Tuisto und seinem Sohn Mannus, als Stammvater der Germanen in Berührung:

"„Sie preisen mit alten Gesängen, was bei ihnen die einzige Form der Erinnerung und Überlieferung ist, den erdgeborenen Gott Tuisto. Ihm weisen sie den Sohn Mannus, Ursprung und Gründer des Geschlechts (der Germanen), dem Mannus (wiederum) drei Söhne zu, nach deren Namen die dem Ozean am nächsten gelegenen Ingaevonen, die mittleren Hermionen und die übrigen Istaevonen genannt wurden.“

Ziehen wir dabei noch in Betracht, dass es sich bei Tuisto um einen geschlechtslosen zweigeteilten Gott handelt, dürfte auch dieser nur die vergöttlichte Version eines Dilmuns darstellen, über die Mannus als Marduk verfügte. Eine ergänzende These setzt Tuisto auch mit Tuisco aus dem Manuskript E gleich. Nach einer vorgeschlagenen Etymologiesoll dieser Name von einem protogermanischen "tiwisko" abstammen und verbindet diese mit dem proto-germanischen "Tiwaz", was die Bedeutung "Sohn von Tiu" gibt. Dieser Interpretation nach würde Tuisco somit zum Sohn des Himmelsgottes (Proto-Indo-Europäisch "Dyeus")und der Erdgöttin machen. In seiner Vereinigung aus zwei Teilen stellt er jedoch wiederum einen vergöttlichten Dilmun dar.

Indogermanisch wird "u̯ā̆t" übrigens auch mit krummbeinig übersetzt, was auf "dan" für "Danu" bezogen, auch seine Standbeine beschreiben könnte. Im ersten Fall für anblasen stehend, ist damit nichts anderes als die schlangenförmige Dampfssäule gemeint, die in der nordischen Mythologie auch als Midgardschlange einging. Von Manu alias Mannus wurde auch jene nordische Mondgott Mani abgeleitet, die am Ende auch im Namen der "Germani" erscheint.


Die heilige Irminsul der Sachsen, symbolisierte zu gleich den Schöpfungsort ihrer Ahnen.

Über Wodens Namensform Hathagat wird bis heute ebenfalls heftig diskutiert, wo er etwa auch als zeitweilige Gottheit von Hadeln (Haduloha) gedeutet wird, dem Ankunftsort der Altsachsen. Von Clive Tolley stammt hingegen die Interpretation, dass Widukind von Corvey in der Tat einen Ad-hoc-Irminsul als heilige Säule und nicht einen wahren Altar beschreibt. Er argumentiert, dass Widukinds etwas verstümmelte Passage darauf hindeutet, dass der wirkliche Name des "Altars" Hirmin (den der sächsische Historiker als Hermes glossisiert) und seine Form die einer Säule war. In diesem Sinne kommt aber auch Hadeln wieder ins Spiel, denn wenn wir den Berg Saevo in der Codanus Bucht mit einer Himmelssäule gleichsetzen, wurde sie auch dort vor der Küste gesehen. Und zwar samt ihres "Altars", der einen im Küstenwasser stehenden Dilmun beschreibt.

Als heiligste Kultstätte der Sachsen gilt jedenfalls der bis heute verschollene Ort, wo sie ihre Irminsul als "Allsäule" errichteten. Sie soll aus Holz bestanden haben und wurde während der Sachsenkriege auf Befehl von Karl dem Grossen verbrannt.

Quellen: Wikipedia
http://ordre-odiniste.blogspot.com/2013/...vie-sacres.html
https://midgardnachrichten.wordpress.com...er-der-sachsen/
https://www.themytharium.org/post/odinn
Stiehler, "Diener und Krieger"

Wodans Sohn Saxnot


Als Stammvater aller Sachsen vergöttlicht, symbolisiert die Gottheit Saxnét den Herkunftsort sächsischer Urahnen

Der ursprünglich gleichberechtigte, einer Dreiheit mit Woden (Wodan) und Thunar (Thor) angehörende Saxnot ist bis heute nicht wirklich richtig erklärt worden. Seine Existenz ist im Taufgelöbnis belegt, doch für welchen Asen er steht, wurde bis heute nicht geklärt. Bisher will man ihn überwiegend mit Tyr dem Schwertgott gleichsetzen, doch auch Freyr könnte ihm entsprechen, der für sein Schwert und sein Mondbezug bekannt ist. Für Freyr spricht aber auch sein Schiff "Skidbladnir", in dem alle Asen mit Rüstung Platz hatten, und das immer mit Wind im Rücken segelte, wohin man wollte. Damit nichts anderes als ein mobiler Asenort umschrieben, der ohne Wind jeden Ort erreichen konnte.

Wie der für sein Schwert bekannte Freyr war auch Tyr für sein Schwert bekannt, ein weiteres berühmtes Schwert ist das Feuerschwert des Surtur (Surtr) mit dem dieser Asgard vernichtete.
Saxnot gilt ebenfalls als „Schwertgott“ und Gott des Krieges, und sein Name wird bisher wegen des zweiten Namensteils "not" mit „Schwertgenosse“ gedeutet. Diese Schreibweisen sind jedoch nicht die einzigen, die überliefert sind. So ist er auch als Seaxnéat oder Saxnét überliefert, was eine völlig neue Deutung möglich macht, anstatt "néat" oder "nét" einfach nur mit "not" für Genosse gleichzusetzen. Diese altenglische Form Seaxnéat ist dazu in den Genealogien der Könige von Essex aufgezeichnet und in seiner altsächsischen Form Saxnét (!) auch so im altsächsischen Taufgelübde zusammen mit den Göttern Uuoden (Woden) und Thunaer (Thor) bezeugt. Die Deutung für "Genosse" steht also auf sehr dünnen Beinen, es ist dazu ohnehin vollkommen unlogisch einen Asen mit "Genosse" zu betiteln!

Gehen wir im Indogermanischen Wörterbuch Köblers auf die Suche nach der Übersetzung von net, wird dort tatsächlich nōt (von nət) vorgeschlagen, was im Wörterbuch jedoch mit Rücken gedeutet wird. Gotisch "nōta" für Schiffhinterteil bringt uns schon ein Stück weiter, es würde zumindest schon "Skidbladnir" weisen. Eine andere Deutung ist jedoch über "nētr" möglich, was für Wasserschlange oder Natter stehend einen Bezug zur Midgard darstellt. Der gleiche Bezug übrigens, denn auch Thunar als Thor zur Midgardschlange hat!

Die Vorsilbe "sax" wird bisher gern mit Messer oder Kurzschwert übersetzt, doch in den Breta sögur - Handschriften findet sich von Geoffrey von Monmouth noch eine weitere überraschende Deutung:

"Da sprach einer der Soldaten des Turnus: "Ihr dummen und einfältigen Leute, ergebt eure Stadt und euch selbst in die Gewalt des Turnus. Ihr wisst genau, dass ihr mehr an Luxus und Vergnügen, an Spiel, Trank und zärtliche Umarmungen gewöhnt seid als an Kampf und Krieg. Ihr habt wohl auch vernommen, dass kein Volk härter ist als die Saxen; deshalb wurden sie auch nach einem Stein benannt. Ihr seid dumm, wenn ihr gegen uns kämpfen wollt."

Das Fazit würde also lauten: Ist mit "sax" ein Stein gemeint und mit "nét" eine Schlange, ist damit ein Schlangenfelsen oder "Berg der Schlange" gemeint, was wieder als Dilmun mit Himmelssäule (= Schlange) gedeutet werden kann. Die Bedeutung von Saxnét für die Sachsen resultierte also aus dem nachvollziehbaren Umstand, dass er den vergöttlichten Schöpfungsort ihrer Ahnen repräsentierte! In diesem Sinne ist auch die Frage gestattet, was "sak(s)" im Indogermanischen bedeuten könnte. Köbler schlägt dabei folgende Deutungen vor: heiligen, vereinbaren, einem Gott gewidmet, geweiht. Im Lateinischen wurde davon auch "sacramentum" für Heilszeichen abgeleitet, was vom griechischen "mystérion" für Mysterium (Geheimnis) her übersetzt wurde. Sinngemäß natürlich, denn die Wörter sind grundverschieden.

Saxnét ist nicht nur Gott des Things, sondern auch Kriegsgott, womit wir die Sachsen als Nachfahren einer Kriegerkaste der Asenzeit identifizieren können. Unter dem "Nanna"-Beinamen "Sakar" wurden weltweilt als erstes rothaarige Kar-Kriegerkasten über die Welt verteilt. Hier könnte also auch ein weiterer Zusammenhang vorliegen, woher die Sachsen ihren Namen haben. Dagegen spricht jedoch der Name ihres Säulen-Heiligtums Irminsul, womit ihre Ahnen erst einer jüngeren Zeit entstammen werden.

Quellen: Wikipedia
https://midgardnachrichten.wordpress.com...er-der-sachsen/
http://ggg-forum-fuer-germanisches-althe...ott-Saxnot.html
http://mitosleyendascriaturas.blogspot.c.../08/saxnot.html

Erzfeind Sachsen


Frankenkönig Chlothar I.

Bereits um 555 vernichtet das fränkische Heer unter Chlothar I. rebellische Sachsen im Hochtal der Weser, nehe der Elbe und an der Nordseeküste. Zwischen 555 und 556 revoltierten die Sachsen gegen König Chlothar I. erneut, vielleicht auf Childeberts Hetze. Angesichts der Sachsen zog Chlothar I. es vor, dem Parlament zu zustimmen und ein Massaker zu vermeiden, weil sie sich bereit erklärten, trotz einer früheren Weigerung weiterhin Tribut zu zollen. Seine Franken waren jedoch voller kriegerischer Absichten und voller Drang sie zu bekämpfen, weshalb sie die Entscheidung Chlothars in Frage stellten. Die Gespräche hörten auf, als ihn die Soldaten seiner Truppe durch Beleidigungen und Todesdrohungen zwangen, sich auf die Sachsen zu werfen. Nach einem abscheulichen Gemetzel schließen die Sachsen und die Franken Frieden, was das Ergebnis einer blutigen Niederlage sein kann.

Danach blieb das Verhältnis von Franken und Sachsen unter Chlothar I. lange Zeit stabil. Erst mit der inneren Schwäche des Frankenreiches im Zuge innerer Auseinandersetzungen im endenden 7. und beginnenden 8. Jahrhundert konnten die Sachsen sogar die Oberhand gewinnen und das Gebiet der bis dahin unter fränkischer Herrschaft stehenden Boruktuarier erobern, die als unmittelbare Nachfahren der Brukterer gelten. Jenen Stamm also, der eigentlich als Teilstamm der Franken gilt.


Frankenkönig Karl Martell

Nachdem sich allerdings Karl Martell 717/718 zum fränkischen Hausmeier und faktischen Alleinherrscher aufgeschwungen hatte, wandelte sich das Bild wieder. Bereits 718 unternahm er einen Rachefeldzug bis an die Weser. Auch in den folgenden Jahren suchte er immer wieder sächsisches Gebiet heim. 720 unternahm Karl einen Kriegszug nach Sachsen, ob sich sein Feldzug im Jahr 722 gegen die Sachsen oder gegen die Friesen richtete, ist unklar. Auch im Jahr 738 erfolgte noch einmal ein Feldzug gegen die Sachsen. Laut Bonifatius (672/675-754) ging es damals auch um die Missionierung des Gegners. Brieflich berichtete er dem Papst, Karl Martells Siege hätten zur Bekehrung von 100.000 Seelen geführt.


Frankenkönig Pippin der Jüngere

Auch nach dem Tod Karl Martells 741 gingen die Auseinandersetzungen weiter. Sein Sohn Pippin erzwang 748 die Erneuerung der alten sächsischen Tributzahlungen. Im Jahr 753 - mittlerweile hatte Pippin die fränkische Königswürde erlangt - unternahm er vom Niederrhein aus einen großen Feldzug gegen die Sachsen, um sie für ihre angebliche Treulosigkeit zu bestrafen. 758 erschien Pippin erneut im westlichen Sachsen und unterwarf die Bevölkerung, der er einen jährlichen Tribut von 300 Pferden auferlegte. Es hat den Anschein, als ob Pippin die Auseinandersetzung mit den Sachsen sehr ernst genommen hat und diese womöglich noch intensiver geführt hätte, wenn er sich nicht seit 760 Aquitanien zugewandt hätte. Bis zu seinem Tod 768 unternahm er nahezu in jedem Jahr einen Feldzug in das Gebiet südlich der Loire. Für einen Kampf gegen die Sachsen blieb da wenig Spielraum.

Pippins Sohn Karl der Große erbte diesen Krieg im Süden des Reiches, den er 769 zu einem siegreichen Ende bringen konnte. Danach nahmen ihn die Spannungen mit seinem Bruder und Mitkönig Karlmann vollkommen in Anspruch. Erst nachdem Karlmann Anfang Dezember 771 gestorben war und Karl dessen Reichsteil übernommen hatte, nahm er die Sachsen in den Blick. Die Reichsannalen vermitteln den Eindruck, dies sei planmäßig geschehen, berichten sie doch, Karl sei „zum ersten Mal" nach Sachsen gezogen. Doch ist dies deutlich aus der Rückschau in Kenntnis der weiteren Entwicklung formuliert. So bleiben die Gründe des Frankenkönigs vorerst im Dunkeln: Wollte er die Sachsenpolitik seines Vaters wieder aufnehmen? Waren es die von Einhard erwähnten Grenzkonflikte oder ganz andere Gründe? Vielleicht sollten der Zug nach Sachsen 772 und die mit ihm verbundene Aussicht auf Beute vor allem zur inneren Einheit des Frankenreiches beitragen, in dem wegen der Spannungen zwischen Karl und Karlmann fast ein Bruderkrieg ausgebrochen wäre.


Quelle: Kamp, Kroker, Schwertmission: "Die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen unter Karl dem Grossen" von Matthias Becher
https://www.histhrill.com/charles-martel/
https://geschichte-wissen.de/blog/pippin...der-karolinger/
Wikipedia

Karl der Große in seinem ersten Krieg gegen die Altsachsen

Im Frühjahr 772 hielt Karl in Worms eine Reichsversammlung ab, um von dort gegen die Sachsen zu ziehen. Üblicherweise wurden solche Unternehmungen im Winter mit den wichtigsten Großen vorbereitet, in diesem Fall also unmittelbar nach Karlmanns Tod. Dies spricht für die These, dass Karl mit diesem Feldzug gegen die Sachsen die Spannungen in seinem eigenen Reich abbauen wollte, die durch die Feindseligkeiten zwischen ihm und seinem Niederlage der Sachsen angesprochen worden, nicht aber ihre volle Eingliederung in das Frankenreich; eher sei die Anerkennung der fränkischen Oberhoheit unter Wahrung der politischen Autonomie gemeint gewesen. Die grausame Alternative hätte sich dann vor allem auf die Unterwerfung unter die christliche Religion bezogen.


Die alte sächsische Eresburg lag genau an der Stelle, wo sie heute der Ort Obermarsberg befindet. Vermutlich verbrannte hier auch die hölzerne Ahnenkultsäule Irminsul
Bild Teta, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0

Der 772 befohlene Krieg begann mit einem fränkischen Vorstoß tief ins sächsische Stammesgebiet hinein. Karl stieß von Worms aus auf die Eresburg vor und eroberte sie. Anschließend gelangten die Franken zum sächsischen Kultheiligtum, der sogenannten Irminsul, die Karl verbrennen ließ Die Zerstörung der Irminsul passt dadurch in das Bild eines schon 772 zumindest zukünftig beabsichtigten Missionswerks, ebenso ist aber auch reine Beutelust als Motiv denkbar. Der fränkische Vorstoß war jedenfalls vorerst erfolgreich verlaufen. Doch war dies nur ein scheinbarer Sieg, zumal die dezentrale Stammesorganisation der Sachsen den Franken die Kontrolle erheblich erschwerte. Die Sachsen nutzten die Abwesenheit des Königs, der sich 773/74 in Italien aufhielt, und verheerten 774 fränkisches Gebiet im heutigen Hessen, wobei mehrere christliche Kirchen und Klöster überfallen wurden. Es folgte dann um 775 der Gegenschlag der Franken, dessen Handlungen auf den Beschlüssen von Kariciacum (Quierzy) basieren.


Quierzy - Unter seinem alten Namen Kariciacum kann man auch nochvollziehen, woher die Karolinger ihren Namen haben, die hier ihren Stammsitz unterhielten. Bis heute ist auch unbekannt, wo Karl der Große geboren wurde, wo man bisher Aachen und Prüm in Deutschland favorisierte. Was ist aber wenn er auf seinem Familiensitz geboren wurde und sein Name vom Ortsnamen abgeleitet wurde?

Hans-Dietrich Kahls musste jedoch schon konstatieren, dass seine Rekonstruktion der Beschlüsse von Quierzy nicht zu den unmittelbar folgenden fränkischen Aktionen im Jahr 775 passen, die zwar äußerst brutal die Unterwerfung der Sachsen erzwingen sollten, aber gerade nicht auf Christianisierung der Sachsen abzielten. Daher ist Kahl zu folgenden Schluss gekommen:

„In der Christianisierungsfrage aber geschah nichts, was spektakulär genug war, um von unseren Quellenautoren eigens notiert zu werden: es wurde also, so rigoros die Alternative von Quierzy anmutet, in der Praxis zunächst eine gewisse vorsichtige Zurückhaltung gewahrt, die Blick für das Maß verrät."

Angesichts der Brutalität jener Kämpfe ist diese Feststellung Kahls wenig überzeugend, denn näher liegt der Schluss, dass es dem Frankenherrscher damals vor allem um die Unterwerfung der Sachsen gegangen war, während ihr Glaube dabei allenfalls eine Nebenrolle gespielt hat. Wenn Karl der Große in Quierzy überhaupt ein Programm aufgestellt hat, dann dass er die Sachsen unter allen Umständen besiegen wollte. Damit kann wohl auch die etwas bemühte Behauptung ad acta gelegt werden, die Weihnachtsbotschaft habe die Beschlüsse von Quierzy beeinflusst.

Weiter ist die Quellenlage zu bedenken, denn die sogenannten Einhardsannalen sind erst nach dem Tod Karls des Großen 814 entstanden. Bereits dieses Faktum mahnt zur Vorsicht, zumal es sich bei dieser Quelle um eine Überarbeitung der schon einmal erwähnten Reichsannalen handelt. Diese wiederum sind ein offiziöses Geschichtswerk, das um 790 verfasst worden ist, den Ereignissen also zeitlich recht nahe steht. Weiter sind die Reichsannalen dem Umkreis des fränkischen Hofes zuzuordnen, weshalb sie nicht nur vor allem die fränkischen Erfolge darstellen, sondern auch fränkische Rückschläge wie Erfolge erscheinen lassen.

Die sogenannten Einhardsannalen sind an dieser Stelle ehrlicher: Sie beruhen zwar deutlich auf den Reichsannalen, aber bei ihnen bleibt eine Niederlage der Franken eine Niederlage. Rechtfertigt dieser Befund, ihr Zeugnis über die Beschlüsse von Quierzy über das der Reichsannalen zu stellen, in denen kein Wort von der Alternative Annahme des Christentums oder Ausrottung zu lesen ist? Damit stehen wir vor der Frage, die man sich für diese quellenarme Zeit immer wieder zu stellen hat: Beruhte die Nachricht auf zusätzlichen Informationen oder hat der spätere Autor sie so niedergeschrieben, weil er sowohl um den späteren Verlauf als vor allem auch um das Ergebnis des Sachsenkrieges wusste? Hat Kahl recht, so formulierte Karl der Große eine schreckliche Alternative in Bezug auf die Religion, wollte den Sachsen aber politisch eine relativ große Freiheit lassen. Sollte er wirklich geglaubt haben, dass diese Lösung funktionieren würde? Warum lesen wir dann in den Berichten über die Kriegszüge des Jahres 775 nichts über eine Umsetzung dieses königlichen Planes?

Es liegt ein Befund vor, der oft zu beobachten ist: Je größer die zeitliche Distanz, desto geschlossener und klarer die Darstellung durch spätere Geschichtsschreiber und desto entschiedener ihre Deutung. Die sogenannten Einhardsannalen sind ein sehr gutes Beispiel für diesen Umgang mit der Vergangenheit. In ihnen wird Karl die Rolle als Hauptakteur etwa dadurch akzentuiert, dass sie auch sonst Entschlüsse Karls des Großen in den Mittelpunkt stellen, wo in ihrer Vorlage, den Reichsannalen, lediglich von Versammlungen der Franken und anschließenden Handlungen die Rede war. Nicht mehr das Zusammenspiel des Königs mit seinen Franken bildete für die sogenannten Einhardsannalen den Rahmen der fränkischen Politik, sondern vor allem der Wille des Königs. Rückblickend war die Alternative Annahme des Christentums oder Ausrottung eine zwar drastisch formulierte, aber letztlich inhaltsleere Floskel. Dem Annalisten war bekannt, dass die Sachsen am Ende nicht ausgerottet, sondern besiegt und bekehrt worden waren. Zudem wusste er, dass der Krieg gegen sie sehr lange gedauert hatte und sehr brutal geführt worden war.


775 trug Karl der Große erneut den Krieg nach Sachsen
Bild Screenshot "Karl der Große - Kaiser Europas"

Im Jahr 775 wollte Karl der Große tatsächlich allein die Unterwerfung der Sachsen unter seine Herrschaft erzwingen, ohne dass ihre Christianisierung dabei eine Rolle gespielt hätte. Der Frankenkönig stieß 775 vom Niederrhein aus bis nach Ostsachsen vor, erzwang bei Höxter den Übergang über die Weser und nahm die Unterwerfung der Ostsachsen mit ihrem Anführer Hassio sowie der Engern unter Bruno entgegen. Daraufhin bekriegte er die Westfalen, bis diese sich ebenfalls unterwarfen. Die Reichsannalen beschließen ihren Bericht über diesen Feldzug mit den Worten: „Dann, nachdem er die Geiseln erhalten, reiche Beute an sich genommen und dreimal ein Blutbad unter den Sachsen angerichtet hatte, kehrte [...] Karl mit Gottes Hilfe heim in die Francia."

Weniger euphemistisch beurteilte ein angelsächsischer Beobachter das Geschehen: Den Northumbrischen Annalen zufolge soll der fränkische König damals gewütet haben, als ob er den Verstand verloren hätte. Aus all dem wird man schließen dürfen, dass es Karl dem Großen allein darum ging, den militärischen Widerstand der Sachsen zu brechen. Von Taufen oder sonstigen Missionsbemühungen ist in den Quellen dagegen nicht die Rede. Nach den Northumbrischen Annalen habe dann Karl im gleichen Jahr 775 noch das südliche annektiert.

Quellen: Wikipedia
Kamp, Kroker, Schwertmission: "Die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen unter Karl dem Grossen" von Matthias Becher

Der Sachsenkrieg von 776 bis 778 und die Gründung der Karlsburg

Nach Kahl war es eine gängige Praxis der Karolinger, sich bestimmte Gebiete für den Fall weiterer Kämpfe als militärisches Aufmarschgebiet zu sichern. Wie aber geht das zusammen: Die Unterwerfung heidnischer Gebiete unter einen christlichen König? Immer wieder ist zu lesen, dieser Zustand sei eigentlich gar nicht möglich gewesen: Ein christlicher König habe nur Christen als Untertanen akzeptieren können. Entspricht dies den Tatsachen? Zu erinnern ist etwa an einen Brief des angelsächsischen Abtes Eanwulf, in dem dieser Karl den Großen aufforderte, die ihm unterstehenden Völker zum Christentum zu führen, indem er ihre Götzentempel zerstöre; weiter ist von Ermahnung, Schrecken, Schmeichelei und Zurechtweisung die Rede; zudem solle der König mit gutem Beispiel vorangehen. wiederholte hier Ermahnungen, die Papst Gregor der Große um 600 an den angelsächsischen König Aethelbert gerichtet hatte.

Wenn ein christlicher König aber eigens zur Verbreitung des Christentums unter seinen Völkern aufgefordert werden konnte, dann hielt man es also für durchaus möglich, dass sich auch Heiden unter diesen befanden. Zu überlegen wäre also, dass Karl während der ersten Phase des Sachsenkrieges zwischen 772 und 775 zwar gegen eine heidnische Kultstätte wie die Irminsul vorging, vor allem auch um die dort gesammelten Votivgaben zu erbeuten, dass er aber ansonsten noch kein festes Missionskonzept besaß, sich also auch mit einer bloßen politischen Oberhoheit über das südliche Sachsen zufrieden gegeben hätte - zumindest zunächst.


Das Reich Karls des Großen

Falls dies tatsächlich der Fall war, so handelte es sich nur um einen schnell vorübergehenden Zustand. Im Jahr 776 musste Karl sehr kurzfristig wegen eines gefährlichen Aufstandes in Italien über die Alpen ziehen. Die Sachsen - nicht alle von ihnen und vielleicht nicht einmal diejenigen, die sich im Jahr zuvor unterworfen hatten - nutzten seine Abwesenheit für Vergeltungsaktionen. Es gelang ihnen, die Eresburg zurückzuerobern, aber sie scheiterten vor der Sigiburg. Von diesem Geschehen alarmiert, kehrte Karl noch im Jahr 776 zurück und antwortete mit einem Zug bis tief nach Sachsen hinein. Bei den Lippequellen in der Nähe von Paderborn erschienen Sachsen „aus allen Gegenden" und versprachen eidlich, sowohl Christen zu werden als auch die Herrschaft Karls und der Franken anzuerkennen. Als Garantie für ihre Zusagen mussten sie ihre patria, ihr Vaterland, als Pfand einsetzen. Zum ersten Mal begegnet in den Quellen hier jene enge Verbindung von politischer Unterwerfung und Übernahme der christlichen Religion, die angeblich bereits ein Jahr zuvor zum Programm des Frankenherrschers gehört hatte. Spätestens jetzt war Karl wohl bewusst geworden, dass Politik und Religion nicht zu trennen waren, dass nur eine Annahme des christlichen Glaubens die Sachsen vom weiteren Widerstand abhalten könnte.


Die Reste der Sigiburg - Heute sind sich die Forscher darin einig, dass die Sigiburg zuerst von den Sachsen errichtet wurde, und zwar zu dem Zeitpunkt, als Sachsen das umliegende Gebiet eroberten. Das geschah um 694 n. Chr., als sie das ehemalige Bruktererland südlich der Lippe eroberten und von der sie dann aus im Jahre 715 fränkisches Gebiet angriffen. Demnach dürfte die Sigiburg um 700 n. Chr. erbaut worden sein.
Bild Rainer Halama, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-4.0

Um dieses Ziel zu erreichen, suchte er jede nur denkbare Handhabe gegen die Sachsen zu erhalten. Mit der erwähnten Formulierung der Reichsannalen über die Verpfändung der sächsischen patria war vermutlich nicht nur Sachsen als Ganzes gemeint, sondern auch der individuelle Besitz eines jeden einzelnen Sachsen. Damit erhielt Karl im Falle einer erneuten Auseinandersetzung die formale Berechtigung, mit aller Härte sowohl gegen die Sachsen in ihrer Gesamtheit als auch gegen jeden einzelnen von ihnen vorzugehen.


Paderborn 1927 - die erste Karlsburg Kar des Großen existiert nur zwei Jahre, bis sie von den Sachsen 778 verbrannt wurde

Im Jahr 776 errichtete der Frankenkönig in Sachsen auch einen Stützpunkt, der den Namen urbs Caroli, ,Karlsburg', erhielt und gemeinhin mit Paderborn identifiziert wird. Bemerkenswert ist die Benennung dieses Ortes nach dem Vorbild Konstantinopel. Karl sah sich also in der Tradition des ersten christlichen Kaisers. In Paderborn, also der Karlsburg, hielt er im folgenden Jahr 777 eine große Reichsversammlung ab. Dies ist ebenfalls sehr bezeichnend für die Einschätzung der Lage durch den Herrscher, denn fränkische Reichsversammlungen fanden üblicherweise auf fränkischem Boden statt. Offenbar glaubte Karl, die Sachsen seien endgültig besiegt, zumal er sie mit allen rechtlichen Mitteln sowohl auf die Treue zu ihm selbst als auch auf das Christentum verpflichten wollte:

„Dort wurden eine Menge Sachsen getauft, und sie gaben, wie es ihre Art ist, ihre ganze Freiheit und ihr Eigentum ihm zu Händen als Pfand, wenn sie wieder nach ihrer üblen Gewohnheit sich änderten, wenn sie nicht in allem am Christentum und ihrer Ergebenheit gegenüber [...] König Karl und seinen Söhnen oder den Franken festhalten wollten."

Viele von ihnen wurden damals getauft, und die Weihe einer Erlöserkirche sollte die planmäßige Mission des Landes einleiten. Spätestens damals dürfte sich auch die Frage nach einer Organisation der Christianisierung gestellt haben, also die Einteilung des Landes in Missionsbezirke. Eines der zentralen Zeugnisse dieser Mission ist das sogenannte sächsische Taufgelöbnis. Allem Anschein war es die Antwort auf die besonderen Schwierigkeiten, auf die der christliche Glaube in Sachsen stieß. So wird man davon ausgehen können, dass die Sachsen die Taufe nicht als endgültige Absage an ihre alten Götter verstanden, sondern versuchten, die neue Religion in ihre polytheistischen Glaubensvorstellungen einzupassen. Christus wurde daher vielleicht nur als ein weiterer Gott in einer vielgestaltigen Götterwelt gesehen. Dieser Synkretismus war für die Sachsen vermutlich kein Problem, wohl aber für die christlichen Missionare. Sie reagierten mit einem eigens für diese Situation formulierten Taufgelöbnis, das nicht die einfache Abschwörungsformel enthält, die abrenuntio diaboli, in der allein dem Teufel widersagt wurde, sondern eine viel ausführlichere: end ec forsacho allum dioboles wercum and wordum, Thunaer ende Wöden ende Saxnöte ende allum them unholdum, the hira genötas sint = „und ich widersage allen Werken und Worten des Teufels, Donar und Wodan und Saxnot und allen Dämonen, die ihre Genossen sind". Warum hatte man diese Formel für die Sachsen geändert? Vermutlich reagierte man damit auf die Vorstellungen dieses Volkes über seine Götterwelt.

Bei den Sachsen gab es zunächst einmal keinen Teufel. Daher konnten sie die gängige Abschwörungsformel gar nicht verstehen und bezogen sie folglich auch gar nicht auf ihre alten Götter. Diese Formulierung hinderte sie auch nicht daran, den Christengott in ihre eigene Götterwelt zu integrieren. Um die wichtigste Forderung des Christentums an die Getauften unmissverständlich klar zu machen und damit jedem Synkretismus die Basis zu entziehen, führt das altsächsische Taufgelöbnis unter den Teufelswerken und -worten die wichtigsten sächsischen Götter mit Namen auf. Nicht nur dem Teufel, sondern vor allem auch ihnen hatte der Täufling abzuschwören. Mit dieser Klarstellung waren natürlich noch längst nicht alle Probleme bei der Mission der Sachsen aus der Welt geschafft, zumal es auch weiterhin offenen Widerstand gegen die neue Religion gab. Mit anderen Worten: Mit der Taufe allein war es nicht getan.

Quelle: Kamp, Kroker, Schwertmission: "Die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen unter Karl dem Grossen" von Matthias Becher
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Die Sachsenaufstand unter Widukind 778-779


Das Heer Karls des Großen - Vor 778 erlitt es vor Saragossa eine erste Niederlage
Screenshot "Karl der Große - Krieg gegen die Sachsen (2)"

Karl der Große scheint 778 an den Erfolg seiner Maßnahmen geglaubt zu haben: Sachsen schien unterworfen und auf bestem Wege, ein Teil des christlichen Frankenreiches zu werden. Er fühlte sich im Jahr 778 so sicher, dass er der Bitte des muslimischen Statthalters von Saragossa um Hilfe gegen den Emir von Cordoba bereitwillig Folge leistete. Karls Feldzug endete allerdings in einem Debakel, u.a. weil es einen Umsturz in Saragossa gegeben hatte. Zudem hatte der Frankenkönig die christlichen Basken gegen sich aufgebracht, als er die Befestigungen der Stadt Pamplona schleifen ließ. Als Karl sich über die Pyrenäen zurückzog, vernichteten die Basken seine Nachhut.

Dieses Geschehen bildet den Kern des im 12. Jahrhundert aufgezeichneten Rolandsliedes, das diese Niederlage Karls zu einem grandiosen Heldenepos verherrlicht. Die hofnahen fränkischen Geschichtsschreiber sahen dagegen keinen Anlass zu einer solchen Verklärung. Vielmehr schweigen die Reichsannalen über diesen Vorfall. Unangenehm war zum einen der Rückschlag an sich, zum anderen aber hatte Karl ausgerechnet im Rahmen eines Unternehmens gegen die ungläubigen Araber eine schwere Niederlage erlitten.


Widukind wurde mit dem typischen Flügelhelm aus der Asenzeit dargestellt.

Karl war also der vornehmsten Aufgabe eines christlichen Herrschers, der Ausbreitung und Verteidigung des Glaubens, nicht gerecht geworden, und dies schien sich nun auch noch in Sachsen zu wiederholen. Karls sächsische Gegner mit Widukind an der Spitze, zerstörten während Karls Abwesenheit dessen Karlsburg und stießen sogar bei Deutz bis an den Rhein vor. Dort machten sie Beute und brandschatzten zahlreiche Kirchen. Damit waren alle fränkischen Erfolge der zurückliegenden Jahre zunichte gemacht. Vor allem war der Nimbus Karls als unbesiegbarer Herrscher dahin. Mit Recht gilt daher 778 als das erste große Krisenjahr in seiner Regierungszeit.

Umso entschiedener reagierte der König: Schon in Burgund hatte er von den Erfolgen der Sachsen gehört und eiligst Truppen an den Rhein entsandt. Die Sachsen zogen sich über den Lahngau zurück, wurden aber an der Eder bei Leisa gestellt und besiegt. Die Route ihres Rückzuges zeigt, dass sie wohl das gesamte rechte Rheinufer bis nach Koblenz geplündert hatten. Angesichts dieser Bedrohung brachten die Mönche von Fulda damals die Reliquien des Hl. Bonifatius über die Rhön in Sicherheit.

Nach Hans-Dietrich Kahl machte erst dieser Aufstand bzw. die Reaktion Karls darauf den Krieg gegen die Sachsen zu der überaus grausamen Angelegenheit, als die er in die Geschichte eingegangen ist: „Der Weg wurde beschritten, der zu brutaler Annexion des ganzen Landes führte und zu dem, was im folgenden Jahrhundert ein christlicher Sachse zweiter oder dritter Generation, seines Zeichens Domherr zu Paderborn, Karls ,Predigt mit der eisernen Zunge' nannte." Denn mit ihrem Aufstand und ihrem Abfall vom christlichen Glauben gaben die Sachsen dem Frankenkönig die formale Berechtigung zu einem noch härteren Vorgehen: Zum einen hatten sie die Treue gebrochen, und zum anderen waren die Getauften unter ihnen zu Apostaten geworden - ein Vergehen, das schlimmer wog, schlimmer als am Heidentum festzuhalten. Dass sie lediglich die Taufe empfangen hatten, ohne dass sie an die christliche Religion richtig herangeführt worden wären, zählte für die Franken nicht: Die Taufe machte den Christen, und wer sich danach wieder der alten Religion zuwandte, beging Apostasie. Abfall vom Glauben war das schwerste aller denkbaren Verbrechen. Entsprechend fiel die Reaktion Karls auch aus.

Im Jahr 779 setzte der Frankenkönig anscheinend seine ganze militärische Macht ein, um die Sachsen zu besiegen. Bei Bocholt kam es zu einer der seltenen offenen Feldschlachten dieses Krieges, die mit einem Sieg Karls endete; damit war der Weg nach Sachsen hinein frei. Den Reichsannalen zufolge wurden alle Westfalen zu Gefangenen gemacht, womit wohl eine bedingungslose Unterwerfung gemeint war. Karl zog weiter bis an die Weser, wo die Engern und Ostfalen sich erneut unterwarfen und Geiseln stellten. Abermals glaubte der Frankenkönig sich am Ziel und begann im folgenden Jahr, das Land in seinem Sinne zu ordnen. Ein zeitgenössischer Annalist berichtet, Karl habe das Land zwischen Bischöfen, Priestern und Äbten aufgeteilt, damit sie dort tauften und predigten. Auch habe er Freie und Liten, Halbfreie, als Geiseln empfangen. Gerade diese Nachricht nennt in all ihrer Kürze einen wichtigen Grund, warum die Sachsen so intensiv Widerstand leisten konnten - ihr Kampf wurde nicht nur von den Angehörigen der adligen Oberschicht getragen, die wegen ihrer verwandtschaftlichen und sonstigen Beziehungen ins Frankenreich wohl eher zu Kompromissen neigten, sondern vor allem auch von der breiten Bevölkerungsmehrheit des freien und halbfreien Standes. Als auch diese Schichten sich zu fügen schienen, war Karl zufrieden. 781 erschien er selbst nicht in Sachsen, sondern zog abermals über die Alpen nach Rom.

Quelle: Kamp, Kroker, Schwertmission: "Die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen unter Karl dem Grossen" von Matthias Becher

Das Blutgericht von Verden

Im Jahr 782 kam Karl dann erneut nach Sachsen und hielt eine Versammlung an den Lippequellen ab. Diese sollte wohl dazu dienen, die Eingliederung des Landes in das Frankenreich zu besiegeln, denn den Reichsannalen zufolge waren angeblich alle Sachsen bis auf Widukind erschienen. Sogar Boten des Dänenkönigs Sigifrid und des Awarenkhans waren gekommen. Karl kam den sächsischen Adligen weit entgegen und setzte nun auch sächsische Adlige als Grafen ein. Damit wurden Teile der sächsischen Führungsschicht der fränkischen gleichgestellt und zudem für ihre Loyalität belohnt.

Karl rechnete nun also fest mit der Eingliederung Sachsens in sein Reich und stellte sogar ein fränkisch-sächsisches Heer auf, das einen slawischen Einfall nach Sachsen abwehren sollte. Währenddessen erhoben sich erneut große Teile der Sachsen unter der Führung Widukinds. An der Nordseite des Süntelgebirges stellten sich die Sachsen zur Schlacht auf. Hier lag nicht nur eine alte heidnische Kultstätte auf dem Hohenstein, sondern auch noch die Höhenburg Amelungsburg. Mehrere fränkische Heere befanden sich gerade auf einem Feldzug gegen die Sorben, als sie die Kunde vom sächsischen Aufstand erreichte. Sie gaben sofort ihr ursprüngliches Ziel auf und wandten sich in Richtung des sächsischen Volksheeres. Auch der fränkische Graf Theoderich, (Theodericus comes; 782–93), setzte in aller Eile Truppen aus Ripuarien gegen die Sachsen in Bewegung und vereinigte sich mit den anderen fränkischen Heeren. Das reguläre Heer unter Geilo setzte über die Weser und lagerte am Ufer eines Flusses. Wahrscheinlich um die Ehre des fest eingeplanten Sieges allein zu gewinnen, begann es mit einem übereilten Angriff auf das Lager der Sachsen, welche die Franken „in guter Ordnung“ erwarteten. Ein Teil der sächsischen Krieger umgingen sogar den Angriff. So wurden die Franken „in die Zange“ genommen und dadurch beinahe gänzlich vernichtet. Zwei der ranghöchsten fränkischen Beamten fanden dabei den Tod. Das Schlachtfeld bekam danach den Namen Dachtelfeld (von tachteln = schlagen), der abführende Bach hätte sich vom Blut der Erschlagenen rot gefärbt und wird bis heute Blutbach genannt.


Auf dem mit Süntelbuchen bewachsenen Dachtelfeld


Der Hohenstein gilt als alte "germanische Kultstätte", die dem Gott Donar gewidmet war. Um diesen Berg und seine Felsvorsprünge Hirschsprung, Grüner Altar und Teufelskanzel ranken sich zahlreiche alte Sagen.

In der Nähe des Hohensteins erinnert auch noch der Name des Totentals an die damaligen Ereignisse. Der Archäologe Erhard Cosack vermutet den Ort der Schlacht bei Hachmühlen an der Deisterpforte.

Die Franken erlitten eine verheerende Niederlage und wurden fast bis auf den letzten Mann niedergemacht. Sogar einige Grafen, ja selbst der Kämmerer und der Marschall des Herrschers fielen im Kampf. Alle Erfolge, die Karl bis dahin in Sachsen erzielt hatte, schienen auf einen Schlag dahin. Um zu retten, was zu retten war, musste der Frankenkönig sofort reagieren. Anscheinend hob er in aller Schnelle neue Truppen aus und rückte in Eilmärschen bis an die Weser vor. An der Mündung der Aller versammelten sich die Sachsen, unterwarfen sich und lieferten die Aufständischen aus; 4500 von ihnen wurden hingerichtet.
Nur Widukind gelang abermals die Flucht zu den Dänen. Über dieses sogenannte Blutgericht oder Blutbad von Verden ist viel diskutiert worden, und es zeigt sicherlich in aller Deutlichkeit die Brutalität der damaligen Kriegsführung, wenngleich die Zahlenangabe „4500" vermutlich eine maßlose Übertreibung der Reichsannalen darstellt. Aber an der Hinrichtung einer großen Zahl von Sachsen ist nicht zu zweifeln. Erstmals griff Karl auch zu einer anderen, nur im Vergleich weniger drastischen Maßnahme: Teile der sächsischen Bevölkerung wurden ins Frankenreich deportiert.

Karls brutale Reaktion sagt aber auch etwas über ihn und seine Situation aus. Die erneute Erhebung der Sachsen hatte ihn völlig überrascht. Der Verlust eines ganzen Heeres war sicherlich äußerst schmerzvoll und warf auch ein negatives Bild auf ihn und seine Politik. Es war offenkundig, dass er sich in der Einschätzung der Lage völlig getäuscht hatte. Neben den hohen Verlusten setzte ihn vor allem dies unter großen Zugzwang.


Der Amelungsberg. Schon zur späten Asenzeit (Eisenzeit) wurde eine Asenburg (Ringwallanlage) errichtet, die zur Zeit der Sachsenkriege unter Widukind erneut ausgebaut wurde. Nach den Ausgrabungen von 2005 war die Befestigung Ziel eines Angriffs, denn man den sogenannten "Kelten" zu schreibt. Doch diese kannten nicht einmal selbst diese Fremdbezeichnung. Die Funde sprechen zumindest für einen Angriff einer Kriegerkaste aus dem süddeutschen Raum.

In das Jahr 782 wird üblicherweise auch die berüchtigte Capitulatio de partibus Saxoniae datiert, ein Erlass Karls des Großen, der die Befolgung heidnischer Riten und die Missachtung der christlichen Religion mit der Todesstrafe bedrohte. Umstritten ist allerdings die Frage, ob die Capitulatio vor oder nach dem Wiederaufflammen des sächsischen Widerstands erlassen wurde - im ersten Fall wäre sie womöglich der Anlass, im zweiten die Folge dieses Geschehens. Die bedeutenderen ersten 14 Kapitel der Capitulatio lesen sich wie die Reaktion eines Herrschers, der über die Unbotmäßigkeit seiner neuen Untertanen maßlos erbost war. Fast jede dieser Vorschriften endet mit der Ankündigung: morte moriatur, er sterbe des Todes - laut Eugen Ewig eine schreckliche Monotonie.


Das "Blutgericht von Verden" - die Zahl von 4500 geköpften Sachsen ist offensichtlich übertrieben.

Die Strafe galt etwa für die Verweigerung der Taufe, die Zerstörung von Kirchen, die Verschwörung gegen Christen, den Treubruch gegen den König und sogar für den absichtlichen und provozierenden Verstoß gegen das Fastengebot. Aus der Capitulatio spricht deutlich ein Eroberer, der seine Religion den Besiegten aufzwingen will, und dies sogar mit einer gewissen Rationalität. Im ersten Kapitel, eigentlich eine programmatische Vorrede, heißt es: „Alle stimmen dem Prinzip der bedeutenderen Fälle zu, dass die Kirchen Christi in Sachsen keine geringere Ehre haben sollen, sondern eine höhere und hervorragendere als die Götzenstätten." Mit Hilfe drakonischer Strafen sollte den Sachsen verdeutlicht werden, dass der christliche Gott kein gewöhnlicher Gott war, sondern weit über ihren eigenen Göttern stand.


Quelle: Kamp, Kroker, Schwertmission: "Die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen unter Karl dem Grossen" von Matthias Becher
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Tod oder Taufe

Den besiegten Sachsen blieb an 782 ein zumindest vorläufiger Ausweg. „Wenn jemand Zuflucht in der Kirche sucht, soll er dort bis zu seiner Gerichtsverhandlung sicher sein, und niemand soll wagen, ihn mit Gewalt herauszuholen."

Vermutlich war ein Sachse, der sich in eine Kirche flüchtete, auch zur Taufe bereit. Daher wirkte das Asyl auch noch in der Gerichtsverhandlung, denn dort sollte in diesen Fällen keine Leib- oder Lebensstrafe verhängt werden, sondern sowohl eine Geldbuße als auch die Strafe der Exilierung durch den König selbst: „Dann soll er vor den König geführt werden, und der wird ihn dorthin stecken, wohin es seiner königlichen Gnade gefällt." Auch am Ende des Todeskatalogs kommt die Kirche bzw. der Priester ins Spiel, denn wer zu einem Priester flüchtete, seine Taten beichtete und zur Buße bereit war, der entging nach dem Zeugnis des Priesters der Todesstrafe. Mit anderen Worten: Karl erhöhte den Druck auf die Sachsen und wies ihnen zugleich einen Ausweg: die Zuflucht zur Kirche. Man mag das zynisch nennen, wurde doch der wichtigste Grund für den Widerstand der Sachsen, das Christentum, für viele zum einzigen Ausweg, um ihr nacktes Überleben zu sichern.

Allerdings ist auch zu bedenken, dass manche Bestimmungen nicht ganz so drakonisch waren, wie man dem ersten Anschein nach glauben möchte. So war die mit der Todesstrafe belegte Brandbestattung nach archäologischen Untersuchungen in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts ohnehin in Sachsen kaum noch verbreitet. Stattdessen schrieb die Capitulatio die Bestattung auf Kirchhöfen vor - ohne Androhung einer Strafe. Lediglich mit einer Geldstrafe waren einige Bräuche der sächsischen Religion belegt wie die Verehrung von Naturheiligtümern und Gastmähler zu Ehren der Götter. Dies ist sicherlich nicht als Akt der Humanität zu verstehen, aber unter Anlegung zeitgenössischer Maßstäbe entspricht es eben auch nicht ganz dem Bild der brutalen Zwangsmissionierung. Dazu kommt, dass einige der todeswürdigen Verbrechen wie Kannibalismus, Menschenopfer und Mord - eigens hervorgehoben wurde die Tötung von Bischöfen, Priestern und Diakonen - im ganzen Frankenreich mit dem Tode bestraft wurden.

Gleichwohl mussten die Sachsen die Verfügungen der Capitulatio als schwere Last empfinden, denn auch die weniger wichtigen Bestimmungen dienten ihrer Unterdrückung. So wurde die Christianisierung um den Aspekt der Finanzierung ergänzt: Jeder, gleich ob Edeling, Friling oder Late, musste zur Ausstattung ,seiner' Kirche beitragen, indem je 120 von ihnen einen Knecht und eine Magd zu stellen hatten. Die Bewohner eines Kirchsprengels hatten also die Pfarrkirche materiell auszustatten und zudem für ihren Unterhalt zu sorgen. „In gleicher Weise schreiben wir göttlichem Gebot gemäß vor, dass alle den Zehnt von ihrem Vermögen und ihrer Arbeit den Kirchen und Geistlichen abliefern sollen, und zwar sowohl die Edelinge als auch die Frilinge und die Laten; denn was Gott einem jeden Christen schenkt, muss zum Teil Gott wiedergegeben werden." Mag diese Zahlung auch unter den christlichen Franken akzeptiert gewesen sein, die neumissionierten Sachsen dürften sie als Zumutung empfunden haben. Deutlicher konnte ihnen ihre Niederlage nicht vor Augen geführt werden.


Alkuin (blaues Gewand) vor Karl dem Großen

Von den wenigen Stimmen gegen diese Zwangsmissionierung ragte die von Alkuin heraus, der Ende des 8. Jahrhunderts immer wieder betonte, wie falsch der Weg war, den der Frankenkönig eingeschlagen hatte. Als nach dem Sieg über die Awaren deren Mission anstand, schrieb er an den zuständigen Erzbischof Arn von Salzburg: „Sei ein Prediger der Frömmigkeit, nicht ein Eintreiber des Zehnten, denn die neu gewonnene Seele muss mit geistlicher Milch ernährt werden, damit sie wächst, erstarkt und zur Annahme fester Speise gekräftigt wird. Man sagt, der Zehnte hat den Glauben der Sachsen vernichtet." Und an anderer Stelle: „Wir wissen, dass der Zehnte gut für unseren Besitz ist, aber es ist besser, ihn zu verlieren, als den Glauben zu zerstören. Alkuin äußerte seine Kritik an Karls Gewaltmission auch noch viel offener: „Der Glaube ist, wie der heilige Augustinus sagt, eine Angelegenheit des freien Willens und nicht des Zwanges." Wieder an anderer Stelle zielt der gebildete Angelsachse auf die Praxis der gewaltsamen Bekehrung: „Wie kann ein Mensch gezwungen werden zu glauben, was er nicht glaubt? Man kann einen Menschen zur Taufe treiben, aber nicht zum Glauben." Entsprechend äußerte sich der selbst als Missionar in Sachsen wirkende Liudger, später erster Bischof von Münster, in seiner Vita Gregors von Utrecht.

Quelle: Kamp, Kroker, Schwertmission: "Die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen unter Karl dem Grossen" von Matthias Becher

Die Unterwerfung Widukinds und schließlich aller Sachsen

So verwundert es nicht, dass die Kämpfe mit den drakonischen Maßnahmen des Jahres 782 nicht ihr Ende fanden. Ein Jahr später besiegte Karl die Sachsen bei Detmold ( Schlacht an der Hase) in einer der seltenen offenen Schlachten dieses Krieges. Herzog Widukind war es erstmals gelungen alle sächsischen Stämme zu einem großen Heer an der Hase zu vereinigen, um den Franken erneut Widerstand zu leisten. König Karl hatte unterdessen Verstärkungen herangezogen, und stieß in der Nähe des heutigen Osnabrück auf das sächsische Heer und fügte diesem in einer dreitägigen Feldschlacht an der Hase nordwestlich von Paderborn eine schwere Niederlage zu. Ein Teil des sächsischen Heeres wurde aufgerieben, der andere gefangen genommen. Widukind musste vom Schlachtfeld flüchten und zog sich auf seine Wittekindsburg bei Rulle zurück. Angeblich soll diese wenig später von den Franken belagert worden sein. Widukind soll es gelungen sein von dort zu entkommen, jedoch ist die Belagerung vermutlich eine späte Sage und gibt nicht die historischen Begebenheiten wieder. Als Folge der vernichtenden sächsischen Niederlage wurde das ganze Land zwischen Weser und Elbe von den Franken unter Karl dem Großen verheert.

Die militärisch unterlegenen Sachsen vermieden sonst offene Feldschlachten und agierten vor allem aus dem Hinterhalt - durchaus mit Erfolg. Bereits missionierte Gebiete wie Wigmodien, das Land zwischen Weser und Elbe, mussten wieder aufgegeben werden, denn natürlich fielen vor allem auch Missionare ihren Aktionen zum Opfer. Die Lage war derart angespannt, dass Karl entgegen seiner Gewohnheit den Winter 784/785 im Kriegsgebiet verbrachte. Seine Präsenz im Land sollte vermutlich sowohl seine einheimischen Gegner verunsichern, als auch seine Anhänger in ihrer Haltung bestärken. Auch ersparte sich der König im folgenden Jahr den Anmarschweg. Allerdings ging er ein erhebliches persönliches Risiko ein, das vermutlich dadurch klein gehalten werden sollte, dass er auf der Skidrioburg Schieder, überwinterte und seine Truppen von dort aus ständig gegen die Sachsen entsandte.


Skidrioburg Schieder

Im Frühjahr 785 durchzog der Frankenkönig dann selbst das Land bis hin zur Elbe, ohne auf Gegenwehr zu stoßen. Zynisch vermerken die Reichsannalen, die Straßen seien frei gewesen. Jeder Widerstand war also gebrochen - oder schien dies nur so? Widukind und sein Schwiegersohn Abbio hatten sich jedenfalls über die Elbe zurückgezogen. Endlich schlug Karl den Verhandlungsweg ein und bot ein persönliches Treffen an. Widukind und Abbio nahmen Karls Angebot an, in die Francia zu kommen, verlangten aber für ihre persönliche Sicherheit die Stellung fränkischer Geiseln. Erst als diese Bedingung erfüllt war, folgten Widukind und Abbio dem Frankenkönig über den Rhein. In Attigny ließen sie sich an Weihnachten 785 taufen, wobei Karl als Taufpate fungierte und Widukind mit reichen Geschenken ehrte. Hier zeigte Karl endlich Einsicht in das politisch Mögliche, indem er Widukind nicht bis zum bitteren Ende verfolgte, sondern ihm die Möglichkeit einer ehrenvollen Kapitulation ließ. Unterwerfung unter den König und Annahme des christlichen Glaubens waren aber auch in diesem Fall eins. Die zeitgenössischen Reichsannalen stellten befriedigt fest: „[...] und da war nun ganz Sachsen unterworfen." Im Überschwang seines Sieges entsandte Karl Boten an Papst Hadrian und teilte ihm die erfolgreiche Bekehrung der Sachsen mit.


Die Taufe Widukinds

In den folgenden sechs Jahren wurden die Sachsen tatsächlich zunehmend in das Frankenreich integriert; eine sächsische Abteilung nahm sogar an fränkischen Kriegszügen teil, vor allem an Karls erstem Kriegszug gegen die Awaren 791. Dessen Fehlschlag scheint das Signal zu neuen Aufständen in Sachsen gegeben zu haben, die sich vor allem gegen die Zehntpflicht richteten. Erneut begannen langwierige Kämpfe nach altbekanntem Muster. Aber dieses Mal ging Karl diplomatischer vor und kam den Sachsen entgegen, die sich nicht offen gegen ihn gestellt hatten. Im Jahr 797 erließ er auf einer Versammlung in Aachen ein zweites sächsisches Kapitular, das Capitulare Saxonicum, an dessen Zustandekommen Westfalen, Engern und Ostfalen mitgewirkt hatten. Allein schon durch diese Beteiligung wurden sie nicht länger als Unterworfene behandelt, sondern als ,normale' Reichsangehörige. Im Übrigen griff dieses Kapitular keine einzige Bestimmung der Capitulatio auf, weder um eine solche zu bestätigen noch zu widerrufen.

Das Capitulare Saxonicum ist daher als Entgegenkommen gegenüber den loyalen Sachsen zu verstehen, nicht aber als Rücknahme der Capitulatio. Dennoch setzten die nördlich der Elbe siedelnden Sachsen ihren Widerstand fort. Dank eines Bündnisses mit den heidnischen Abodriten konnte Karl aber auch sie schließlich zur Unterwerfung zwingen. Im Jahr 804 - nach mehr als dreißig Jahren blutiger Kämpfe - war der Krieg endlich beendet. Einerseits verstört die große Grausamkeit, mit der diese Auseinandersetzung geführt wurde, andererseits kam man nicht umhin, das Durchhaltevermögen beider Seiten zu registrieren: Das der Sachsen lässt sich leicht erklären - sie kämpften für ihre Freiheit. Und Karl? Er kämpfte zumindest phasenweise um seine Stellung. Selbst die in dieser Beziehung zurückhaltenden fränkischen Quellen wie die Reichsannalen und ihre Überarbeitung geben zu erkennen, dass die Franken gewaltige Verluste zu beklagen hatten. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie dem König die Gefolgschaft verweigern würden. Niederlagen gegen heidnische Gegner gefährdeten das übliche Legitimierungsmuster der fränkischen Königsherrschaft. Karl der Große fühlte sich als von Gott eingesetzter Herrscher, der den Glauben zu verteidigen hatte. Eine Niederlage gegen Heiden gefährdete diese Art der Herrschaftsbegründung, wurde doch deutlich, dass zumindest der aktuelle König nicht in der Gunst des Höchsten stand und von diesem sogar bestraft wurde. Eine solche Niederlage also musste Karl unter allen Umständen vermeiden. Dies gelang schließlich, aber zu welchem Preis?

Am Ende war die gewaltsame Missionierung Sachsens erfolgreich gewesen. Das Land wurde nicht nur in das Frankenreich eingegliedert, sondern auch dauerhaft für das Christentum gewonnen. Eine weltliche Verwaltung nach fränkischem Vorbild wurde eingerichtet und die Kirchenorganisation eingeführt. Priester und Mönche kümmerten sich um die Seelsorge, und eine Reihe von Bischofssitzen entstanden. Sowohl im geistlichen wie im weltlichen Bereich kamen bald auch Einheimische zum Zuge, die ihre Ausbildung bei den Franken erhalten hatten. Der König hatte also letztlich doch einen nachhaltigen Erfolg erzielt. Eine Bewertung fällt zwiespältig aus: Karl dem Großen ging es wohl zunächst vor allem um die Eingliederung des Landes; eine Oberherrschaft, die den Sachsen vielleicht sogar die Beibehaltung der eigenen Religion erlaubt hätte, kam für ihn nach den ersten blutigen Gegenschlägen nicht mehr in Frage. Eine feste Integration in das Frankenreich, eine direkte Herrschaft des christlichen Frankenkönigs, war aber auf Dauer ohne eine Christianisierung der Sachsen nicht möglich. Damit wurden Eroberung und Mission zu den beiden Seiten der gleichen Medaille. Ganz unabhängig von Karls persönlicher Religiosität gaben daher die Zwänge der Kriegsführung auch die Art der Christianisierung vor: Gewalt ging vor Überzeugung, ein erzwungener Taufakt ersetzte den eigentlich notwendigen freiwilligen Entschluss zum Glaubenswechsel. Nur wenige Geistliche erhoben ihre Stimme gegen diese Art der Missionierung, aber der Zwang zum militärischen Erfolg war für Karl wichtiger als ihre Bedenken.

Ohne die Frage sicher beantworten zu können, ob Karl der Große bei seiner Auseinandersetzung mit den Sachsen von Anfang an die Christianisierung dieses Volkes beabsichtigt hat, lässt sich doch abschließend festhalten, dass dieser immer intensiver und brutaler werdende Krieg zur ersten gewaltsamen Missionierung eines ganzen Volkes in der Geschichte der Christenheit geführt hat.