Die Brukterer


Die Brukterer im Kampf gegen die Römer

Ursprünglich im 1. Jahrhundert zwischen mittlerer Ems und oberer Lippe siedelnd handelte es bei den Brukterern um einen Stamm, der erst in die Geschichte eintrat, als sich die Römer anschickten die Germania Magna zwischen Rhein und Elbe in ihr Weltreich einzugliedern. Ihr Stammesname wird bis heute nirgends erklärt, man erwähnt noch die lateinische Form Bructeri, oder auch griechische, kann aber diese Namen weder als Eigenname noch als Fremdbezeichnung identifizieren. Das germanische Wort "brōk", könnte den Stammesnamen hinreichend als Fremdbezeichnung erklären, wenn er die Angehörigen dieses Stammes als Hosenträger beschreibt. Doch wegen der Grenznähe zu den Römern werden die Bructeri sich selbst so bezeichnet haben, womit "Hosenträger" eher als Verballhornung eines Urbegriffs in Frage kommt. Ausgehend davon wird sich dieser Name auf ihr sumpfiges Siedlungsgebiet zwischen Ems und Lippe übertragen haben, von wo aus sie die immer öfters eindringenden Römer bekämpften. Ist er doch ein uralter Eigenname, dann lässt er sich über das indogermanische *bʰreg̑ und dem germanischen *brukō mit "zerbrochener Brocken" übersetzen, was sich auf ein zerteiltes Weltenei, als Schöpfungsort ihrer Ahnen bezog. Von diesem Hintergrund leitet sich der mit Dichtermet zu befüllende Ritualbecher Bragafull ab, der im Zusammenhang mit Odins und Friggs Sohn Bragi steht. Bragis Zunge sollen Runen geziert haben, dass ist jedoch sicher nur sinnbildlich gemeint, dass er die Geheimnisse der Runen kannte und auch anwendete. Und zwar im Sinne der Somaschöpfung, denn er wird dargestellt wie ein Mundschenk.

In diesem Sinne bezieht sich der zweite Teil ihres Namens im indogermanischen auf jenes *tērā was für Stern steht. Als weiterer Eigennamensbezug kommt noch das germanische *brakkō für einen Jagdhund in Frage und das niederhochdeutsche bragr und bragnar für eine führende Stellung (Erster) und Oberhaupt.

Wie die Chauken und Friesen, zerfiel dieser Stamm in sogenannte "Kleine" und "Große Brukterer", was man in der Regel heute auf das ausgedehnte Stammesgebiet dieses Stammes zurückführt. So richtig überzeugt das jedoch nicht, wenn das offensichtlich auch den Nachbarstämmen geschah. Ausgehend von der Vorstellung, dass alle alteuropäischen Stämme aus den Kasten ehemaliger Asen-Clans hervorgingen, dürfte hier auch der eigentliche Grund zu finden sein. Dabei wäre zwar noch zu klären, was mit "klein" und "groß" gemeint wäre, ich gehe aber davon aus, dass die kleinere Verband immer der elitärere war und sicher einer Kriegerkaste entstammtem, die über den größeren Stammesteil herrschte. Einer Vermutung nach sollen die Bructeri von den benachbarten Sugambrern abstammen, die Quellenlage ist jedoch nicht sicher, die Nachbarschaft könnte jedoch dafür sprechen. Wegen der Nähe zum Rhein werden die Clans der Bructeri zu großen Teilen einen kattischen Hintergrund (Katten=Kata-Clans) haben.

Die erste größere militärische Auseinandersetzung erfolgte während der Drusus-Feldzüge um 12. v.Chr., bei denen sie am Ende besiegt wurden. Dabei lieferten sich Brukterer und die Römer einen Schiffskampf auf der unteren Ems, an der sich nach E. Schwarz auch die ältesten Sitze der Brukterer befanden. Bevor dieser Kampf stattfand haben die Römer die Friesen zwischen Zuiderzee und Ems unterworfen, die tributpflichtig wurden und Krieger für Römer stellten.

Im weiteren Verlauf dieser amphibischen Operation eroberten die Römer die Insel Burchana (Borkum), die um die Zeitenwende noch bedeutend größer war als heute, dazu noch Juist, Norderney sowie eine im Jahr 1690 untergegangene Insel. Als man in die untere Ems einfuhr wurden die römischen Schiffe von Booten der Brukterer angegriffen. Es entspann sich ein einseitiges Gefecht, denn Bruktererboote waren ohne Besegelung und Kiel den römischen Schiffen klar unterlegen. Der Kampf endete mit Unterwerfung der Brukterer, worauf die Römer jahrzehntelang ungefährdet über die Nordsee herrschen konnten. Die Flotte des Drusus strandete jedoch in diesem Jahr und wurde von den Friesen, die an Land mitgezogen waren, wieder frei geschleppt und kehrte anschließend an den Niederrhein zurück. Die Brukterer hingegen zogen nach E. Schwarz Richtung Münsterland ab.

Schon drei Jahre später beteiligten sie sich 9 v.Chr. an der Varusschlacht, wobei sie die Feldzeichen der 19. Legion erbeuteten. Drusus erreichte im Varus-Jahr auch die Elbe und falls die Varusschlacht nie stattgefunden hätte, wäre sie vielleicht nach Kaiser Augustus für lange Zeit zur neuen römischen Reichsgrenze geworden. Nach der Varusschlacht kam es immer wieder zu Kämpfen zwischen Brukterer und Römern, wobei letztere weitgehend die Oberhand behielten. So wurden die Brukterer im Zuge des immensum bellum, eines Aufstandes in den Jahren 1 bis 5 n. Chr., von Tiberius erneut unterworfen (Herbst 4 n. Chr.). Germanicus verheerte im Jahr 15 n. Chr. das Gebiet der Brukterer großflächig (Germanicus-Feldzüge), wobei der erbeutete Legionsadler wieder in römische Hände fiel. Der Widerstandswille des Stammes wurde jedoch offenbar nicht gebrochen, sie gehörten zu den gefährlichsten Feinden Roms.

Quelle: Wikipedia,
E. Schwarz, Germanische Stammeskunde

Die Brukterer im 1. Jahrhundert n.Chr.


die Seherin Veleda - Das Motiv einer Frau in einem Turm über einem Fluss blieb auch im Märchen von Rapunzel erhalten, was durchaus auf einem Zusammenhang hinweisen könnte.

Die bekannteste Persönlichkeit aus dem Stamm der Brukterer war die geachtete Seherin Veleda, die nach Tacitus (Hist., IV, 61, 65) als hochgewachsene Jungfrau in einem Rundturm unweit der Lippe wohnte. Ihr Aussehen reichte über ihren Stamm hinaus. Die Seherin kommunizierte in dieser Funktion nur über Verwandte, die die Anfragen und Antworten übermittelten. Munius Lupercus, der Legat der XV. Legion, wurde im Bataveraufstand 69/70 nach der Eroberung des Lagers Vetera bei Xanten gefangen genommen. Er wurde von den Eroberern unter Iulius Civilis zur Seherin gesandt, doch wurde er aus unbekannten Gründen unterwegs getötet. Veleda hatte den Aufstand der Bataver unter Civilis und den Sieg der Bataver vorausgesagt, was ihr nach Tacitus einen großen Prestigezuwachs eingetragen hatte. Die Aufständischen haben ihr sogar das römische Rheinflottenflagschiff zum Geschenk gemacht.

Nach der Unterdrückung der batavischen Revolte wurde Veleda im Jahr 77 von den Römern gefangen genommen, oder ihr Asyl gewährt. Möglicherweise verbrachte sie ihr weiteres Leben in Ardea, unweit Roms. Tacitus sah vielleicht die Seherin in Rom persönlich.


Das spätere Reblinghausen wurde auf dem Gebiet des früheren Brukterergaues errichtet
Bild Friedhelm Dröge, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-4.0

Die Brukterer fielen im Bataveraufstand recht unrühmlich auf. Als sich am Niederrhein die Besatzung des lange belagerten Legionslagers Vetera gegen freien Abzug ergab, fielen Brukterer und Tenkterer) über die geschlagenen Römern her und brachten eine Vielzahl der Legionäre um, ohne dass es der Bataverführer Civilis dies verhindern konnte. Der Rest flüchtete zurück ins Kastell, das aber von den Belagerern in Brand gesetzt worden war. Wem der Ausbruch nicht gelang, kam in den Flammen um. Das zerstörte Kastell Vetera wurde nach der Beendigung des Aufstandes an etwas entfernter Stelle neu aufgebaut. Das Ende des Bataveraufstandes bedeutete auch die erneute Unterwerfung der Brukterer, die sich in eine römerfreundliche und barbarische Fraktion aufspalteten und solange gegenseitig bekämpften, bis die Römer einen König einsetzten.

Ende des 1. Jahrhunderts (vor dem Jahr 98) wurden sie von den Angrivariern und Chamaven vernichtend geschlagen und angeblich fast vollständig ausgelöscht, mehr als sechzigtausend sollen in diesem Kampf gefallen sein, den die Römer mit Genugtuung beobachten konnten. Möglicherweise war das jedoch eine übertriebene Darstellung beim römischen Geschichtsschreiber Tacitus in seinem Werk Germania. Die Brukterer flüchteten jedenfalls in das Gebiet der mit ihnen verbündeten Tenkterer und ließen sich an der mittleren Ruhr und südlich der Lippe nieder. Der mittelalterliche Gau Borahtra und der Volksname Boructuarii, als "Bewohner der Landschaft Borahtra" erinnert noch an dieses neue Brukterer-Stammesgebiet.

Quelle: Wikipedia, E. Schwarz, Germanische Stammeskunde

Die Brukterer - Fränkische Ethnogenese und Erbe

Hörte man im 2. Jahrhundert nicht mehr viel von den Brukerern, änderte sich das im folgenden Jahrhundert, wo sie sich zunehmend am rechtsrheinisch Ufer ausbreiteten. Im frühen 4. Jahrhundert gerieten sie wieder ins Blickfeld der Römer, zur gleichen Zeit kamen aber auch vermehrt Berichte über die "franci" auf. Wenn die Brukterer als "Hosenträger" eher als Fremdbezeichnung anzusehen sind, könnten die "franci", ihrem bisher unbekannten Eigennamen entstammen. Das dürfte auch erklären, warum die Brukterer später einen Hauptbestandteil der Franken bildeten.


Konstantin der Große

Nachdem Konstantin der Große im Jahr 306 von seinen Truppen in Britannien zum Kaiser ausgerufen wurde, nutzten rheinische Stämme seine Abwesenheit aus über dem Fluss hinweg römisches Gebiet zu überfallen. Daran beteiligten sich auch die Brukterer, die von den Römern in dieser Zeit zum neuen Stammesverband der Franken gezählt wurden. Oder mit anderen Worten: Am Rhein setzte sich der Eigenname der Brukterer durch, die dort flussgebunden alle den gleichen mythologischen Hintergrund entstammen. Aus "Fran", für Schlange und "Ki" oder "Kar" (an. "frankar") hergeleitet, werden ihre Ahnen noch Kriegerkasten aus der Asenzeit entstammen, was auch für die meisten Rheinstämme gilt.

Im Spätsommer 306 folgte die römische Gegenoffensive, wobei Konstantin mit seinen Truppen in die jeweiligen rechtsrheinischen Stammesgebiete einfiel. In diesem Zusammenhang wurden zwei fränkische Kleinkönige namens Ascaricus und Merogaisus gefangen genommen und brutal hingerichtet. Besonders Ascarius weist dabei auf die "Frankar", was vielleicht auch aussagt, dass die Ahnen der Brukterer noch von einer Kar-Kriegerkaste abstammen. Diese könnten sich noch mit den Nachkommen einer Ki-Kriegerkaste zusammengeschlossen haben, die sich möglicherweise hinter den Saliern verbirgt. So wesentlich kampfkräftiger aufgestellt wundert dann auch nicht, dass von den Brukteren ein großer Teil der im 4. Jahrhundert überlieferten Frankeneinfälle ausging.

Der spätantike Geschichtsschreiber Sulpicius Alexander, von dessen Werk nur Auszüge in den Historien des frühmittelalterlichen Bischofs und Geschichtsschreibers Gregor von Tours erhalten sind, berichtet von Angriffen verschiedener Kleinkönige, wo auch Sunno, als möglicher Brukterer angesehen wird. In diesem Zusammenhang zählte Gregor die Brukterer eindeutig zu den Franken, was erneut den Eigennamen der Brukterer benennen könnte.

Die am Rhein siedelnden "fränkischen Brukterer" wurden durch römische Angriffe unter Arbogast (im Jahr 392/93) und Stilicho (396) zu Bündnisabschlüssen mit Rom gezwungen. 451 nahmen noch Teile der Brukterer am Gallienfeldzug des Hunnenkönigs Attila teil, anschließend verschwinden sie aus den Quellen. Ob sich die Erwähnung der Boructuari beim angelsächsischen Gelehrten Beda Venerabilis auf die Brukterer bezieht, die demnach Ende des 6. Jahrhunderts von den Sachsen unterworfen wurden, ist inzwischen umstritten.

Quelle: Wikipedia, Stiehler, Diener und Krieger
Bildquelle: https://www.imdb.com/title/tt0881780/med...er/rm2559190272

Veleda rettet Colonia Agrippina


Veleda ist, neben Thusnelda, eine der wenigen germanischen Frauen, die uns namentlich überliefert wurden. Veleda erscheint als kraftvolle Persönlichkeit, die es mit den Römern genauso aufnahm wie mit den eigenen Landsleuten.

Sie kam aus dem Stamm der Brukterer, einem der wehrhaftesten barbarischen Stämme am Rhein. Am Aufstand gegen Rom unter Arminius waren sie maßgeblich beteiligt, eroberten den Ad­ler der 19. Legion, bildeten ein bevorzugtes Ziel für die Ra­chefeldzüge des Germanicus, der ihr Land mehrmals verwüstete, ihren Widerstandswillen aber nur beugen, nie brechen konnte. Als sich die Cherusker in ewigen Bruderkämpfen na­hezu gegenseitig ausgerottet hatten, spielten die Brukterer be­reits wieder die führende Rolle bei einem neuen Aufstand, der im Jahr 69 nach Christus emporloderte.

Dieser Krieg brachte den Rö­mern schwerste Verluste, ihre Kastelle gingen in Flam­men auf, ihre Legionslager wurden zerstört, ihre Schiffe auf dem Rhein gekapert. Geführt wurde er von den Bataverfürsten Civilis, aber der Bataver hätte kaum solche Erfolge feiern können, wenn er nicht Veleda gehabt hätte.

»Diese, eine Jungfrau aus dem Stamm der Brukterer, verfügte über große Macht und weitreichenden Einfluss, dank ei­nem alten Glauben der Rheinstämme, wonach manche Frauen das Zweite Gesicht besäßen - und überhaupt etwas Göttli­ches. Ihr Ansehen steigerte sich noch, denn sie hatte den Barbaren ihre Siege und die Vernichtung der Legionen prophe­zeit.«


Die bruktische Seherin Veleda entschied im Schiedsspruch, dass die Colonia Agrippina, das spätere Köln, nicht zerstört werden darf. Hätte sie anders entschieden, wäre die römische Rheinstadt zerstört worden!

Veleda war das geistige Oberhaupt des Rheinbarbarenaufstands, eine außerordentliche Frau, an deren medialen Kräften es kei­nen Zweifel gibt, aber auch keinen daran, dass sie diese Kräf­te häufig in den Dienst der Politik stellte. Ihre Prophezeiun­gen wurden darauf abgestimmt, die einzelnen Stämme einem Ziel unterzuordnen: die Errichtung eines Kö­nigreichs unter Führung von Julius Civilis. Wie sehr der Bataverfürst ihre Dienste zu schätzen wußte, zeigt ein Geschenk, das in seiner barbarischen Großartigkeit an den Kopf des Varus erinnert, den Arminius dem Marbod übersandte. Diesmal saß der Kopf noch auf den Schul­tern seines Besitzers, der Munius Lupercus hieß und in sei­ner Eigenschaft als Legionskommandeur der vornehmste Kriegsgefangene war.

Was Veleda mit diesem »Geschenk« an­fangen sollte, bleibt unklar, und eventuelle Kombinationen, die in eine bestimmte Richtung zielen, sind auf jeden Fall falsch, denn eine Seherin war Jungfrau und musste Jungfrau bleiben. Der unglückliche Lupercus wäre ohnehin nicht dazu gekommen, denn der Tod ereilte ihn bereits auf dem Transport. Für Geschenke schien Veleda empfänglich. Da es mit einem römischen Offizier nicht geklappt hatte, dedizierte man ihr das nächste mal etwas anderes Römisches. Die Bataver, die zu den wenigen Stämmen gehörten, die den Krieg zur See beherrschten, hatten ein Selbstmordkommando auf die römische Flotte angesetzt! Ihre Kampfschwimmer ließen sich in einer mondlosen Nacht auf die am Rheinufer ankernden Galeeren zutreiben und kaperten das Flaggschiff. Der neue Oberkommandierende Petilius Cerialis, auf den sie es abgesehen hatten, war allerdings kurz zuvor von Bord ge­gangen: Er lag in einem luxuriösen Zelt am Ufer und vergnügte sich mit einer Agrippinenserin - wie die Kölnerinnen damals noch hießen -, die den schönen Namen Claudia Sacrata trug.

Die Bataver gaben sich mit dem prächtigen Schiff zufrieden, schleppten es rheinabwärts bis zur Lippe und ankerten es unweit des Turmes der Seherin. Veleda bewohnte das oberste Gemach eines Turmes, wohl, um den Sternen näher zu sein, dem gemeinen Volke aber entrückter. Sie ließ durch ihren Vertrauten verkünden - denn in persona zeigte sie sich nie, um das Image der Göttlichkeit zu wahren -, dass sie das Prä­sent anzunehmen bereit sei. Ihr eigener Stern begann zu sinken, als sich ihre Visionen nicht mehr in Erfolge ummünzen ließen. Die Verbündeten hatten viele Schlachten gewonnen, aber nicht den Krieg.

Die Römer begannen, die Oberhand zu gewinnen. Sie waren aber selbst so kriegsmüde, dass sie von sich aus ein Friedensange­bot unterbreiteten. Wie hoch sie den Einfluss Veledas immer noch einschätzten, zeigt die Tatsache, dass sie die Seherin um Fürsprache baten. Cerialis ließ bei dieser Gelegenheit durchblicken, dass er Veleda zwar für eine bedeutende Persönlichkeit halte, ihre Kunst aber für Blendwerk. Er kannte die Praktiken zu genau, mit denen seine Leute, die Auguren, aus dem Vogelflug oder dem Freßgebaren der heiligen Hühner die Zukunft zu mani­pulieren pflegten. So bat er mit sanftem Zynismus, die Barba­rin möge doch jetzt einmal den Römern ein paar günstige Vor­zeichen zukommen lassen, ihr Schaden würde es gewiss nicht sein.

Ihre Antwort kennen wir nicht, aber am Zustandekom­men des Friedens war sie maßgeblich beteiligt. Als Leiterin einer Delegation ging sie nach Rom, um die endgültigen Ver­träge auszuhandeln. Dort erwies sie sich als eine mit allen Wassern gewaschene Diplomatin: Den Aufständischen ward, wider alle sonstige Gewohnheit, Gnade vor Recht zuteil und der Status quo ante, die alten Rechts- und Gebietsverhältnis­se, wurde wiederhergestellt.

»... wenn man seine Herren frei wählen könne, dann ist es ehrenhafter, die römischen Kaiser zu ertragen als germanische Weiber«, hatten die Krieger gemurrt, bevor der Friede ge­schlossen war, und damit unzweifelhaft auf Veleda gezielt.

Ei­nige Jahre später tönten aus dem Gelegenheitspoem eines römischen Dichters »die Bitten der gefangenen Veleda«, an­scheinend hatten sich ihre Landsleute von ihr abgewandt und sie den Römern ausgeliefert. Von nun an herrschte völlige Stille, ihre Spur verlor sich im Ungewissen ...

1926 fanden Archäologen bei Ausgrabungsarbeiten in der alten latinischen Stadt Ardea, südlich von Rom, ein tafelarti­ges Marmorbruchstück. Es war sechzehneinhalb Zentimeter lang und mit Buchstaben in griechischer Schrift bedeckt, die ihrer Form nach in das erste Jahrhundert nach Christus ge­hörten. Ein Fragment, wie es zu Dutzenden gefunden wor­den war, und da sich niemand sonderlich dafür interessierte, wanderte es zur späteren Auswertung in die Keller der Archi­ve. Erst zwanzig Jahre später wurde es zu einer kleinen Sen­sation. Die Inschrift auf dem Marmor erzählte von einer »hoch­gewachsenen Jungfrau namens Veleda, die verehrt wird bei den Rheinwassertrinkern«. Damit konnte niemand anders gemeint sein als die einst so gefeierte Brukterin: denn als »hochgewachsene Jungfrau« wurde sie überall geschildert und »Rheinwassertrinker« war auch eine gängige Umschrei­bung für die dort siedelnden Barbaren.

Die weitere Übersetzung machte Schwierigkeiten, weil einige Wörter verstümmelt sind und die fehlenden Buchstaben ergänzt werden mussten. Das führ­te zu den verschiedensten Rekonstruktionen und Deutungen. Zwei der am wahrscheinlichsten klingenden haben eines ge­meinsam: den gesellschaftlichen Abstieg der großen Zaube­rin. »... damit Du [gemeint ist Kaiser Vespasian] sie nicht beschäftigungslos fütterst, soll sie fegen und die Bronzelampe des Tempels schneuzen«, heißt es in der einen Version,- in der anderen wird darauf hingewiesen, dass ihre Weissagekunst nur wirken könne, wenn das Geld im Kasten klingt.

Der Ruhm der Veleda verging so gründlich, daß niemand mehr sie heute kennt. Die Lexika führen sie nicht, Wasserziehers Namensbüchlein, nach dem Generationen von Eltern ihre Kinder tauften, vermeldet Fehl­anzeige. Die Schulbücher übergehen sie, ja selbst in Köln weiß man nichts mehr von ihr, wie eine private Umfrage er­gab - und das ist bedenklich: Denn Veleda war es, die, zum Schiedsspruch aufgerufen, ob die allzu römerfreundliche Stadt zerstört werden solle oder nicht, für ihre Erhaltung plädierte und ihren Spruch auch durchsetzte.


Das Motiv "Frau im Turm" kommt auch im berühmten Märchen von Rapunzel vor. Möglicherweise basiert dieses Rheinmärchen auf die ebenfalls im Turm lebende Rapunzel

Köln hat zwar einen prächtigen Ring, genannt nach dem Stamm der Ubier, ein schönes Ufer, das seinen Namen der römischen Kaiserin Agrippina verdankt (die die Ubiersiedlung zur Stadt erhob), für Veleda aber hat es gerade noch zu einem Gässchen gereicht...

»Die Verpflichtung, an diese Frau und ihr eigenartiges Schicksal zu erinnern«, klagt der Professor Volkmann aus Köln am Rhein, »muß besonders der Historiker empfinden, der in dieser Stadt geboren worden ist ... Veleda, die mit klu­ger Einsicht in die Lage die Existenz der Stadt durch ihren Spruch rettete, verdiente es, stärker in die Erinnerung unserer Zeitgenossen gebracht zu werden.«

Quelle: Fischer-Fabian, Die ersten Deutschen
https://www.youtube.com/watch?v=AdvRLeA4...x=4&app=desktop

Brukterische Orte: Bogadi und Ratingen

Von den überlieferten altgermanischen Toponymen steht besonders Bogadi im Mittelpunkt. Nach Steche (1937) soll es sich im Lande der Bructeri minores befinden und zwar auf dem Weg von Xanten nach Bielefeld. Wilhelm (1823) setzte es zuvor mit Münster gleich und Mehlis (1918) und v. Ledebur (1827) setzen Bogadi wegen des lautlichen Anklangs mit Bockum an der Lippe gleich. Die Etymologie wird jedoch mit dem indogermanischen *bheg für zerschlagen oder zerbrechen verbunden, was auf ein teilbares Weltenei weist. Bogadi könnte also ursprünglich den Schöpfungsort der Brukterer benennen.


Ratingen gilt früheren Historikern nach als Ort der Brukterer und wurde 849 im Werdener Chartular erstmals als „Hratuga“ erwähnt. Bisher hat man nur banale Deutungen dieses Namens erwähnt. Doch laut Germanischen Wörterbuch könnte es ursprünglich vom germanischen *radura für "Himmel" abgeleitet sein, was auf eine frühere heidnische Kultstätte der Brukterer verweisen könnte.

Für diese Deutung hat die Forschung folgenden Bezug erarbeitet: Bogadia wird noch in der persischen Satrapie Areia erähnt. Das ptolemäische Bogadia in Afghanistan ist höchstwahrscheinlich vom iranischen baga für ‚Gott’, z.B. in Bagdad als gottgegeben’ abgeleitet. "Gottgegeben" weist jedenfalls klar auf einen Schöpfungsort, der im Goldenen Zeitalter noch an anderen Orten seine Spuren hinterlassen hat. So etwa bei dem Volk der Bagadaoner in Kleinasien, die vom Volk der Kataoner (Kataonier) abstammen. Hier haben sich also uralte namentliche Bezüge, wie am Rhein erhalten, wo die Brukterer von den Katten abstammen! Auf die Brukterer bezogen lag ihr Bogadi jedoch klar vor der Mündung des Rheins. Das indogermanische *bʰog beschreibt es als ein Gewölbe, was als "Himmelsgewölbe" mit Schöpfergottheiten verknüpft werden kann. Das indogermanische *bʰōgʰ für Kampf und Streit könnte sogar auf eine Kriegerkaste der Brukterer verweisen, die sich möglicherweise in der Nähe von ihnen befand und sich später als eigenständiger Stamm formierte.

Primärquelle: https://library.oapen.org/bitstream/id/4...b03c/507993.pdf
Wikipedia

Die Brukterer an Lippe und Ruhr

Nach Tacitus befanden sich die Friesen westlich der Brukterer. Südlich und südöstlich von den Friesen hielten sich die Bructeri minores als "kleinere Brukterer", die nach Auswanderung der Usipeter längs des Rheines bis zur Lippemündung siedelten. Tacitus erwähnte, dass vor der Einwanderung der Chamaven und Angrivarier die Brukterer neben den Tenkterern, also im Norden der Lippe längs des Rheines gewohnt hätten. Wenn die 40 000 von Tiberius an die Rheinmündungen versetzten Sigambern aus der dem linken Ufer der Lippe nächst gelegenen Gegend hinweggeführt worden waren, so nahmen ohne Zweifel die benachbarten Brukterer nach dem Abzug der Römer einen Teil des verödeten Landstriches am linken Ufer der Lippe ein. Zu diesen zogen dann später andere von den Chamaven verdrängte Clans hinüber. So erklärt sich die Entstehung des Namens des mittelalterlichen Boroktra-Gaues am linken Ufer der Lippe, dass von Brukterern unter leicht verändertem Namen besiedelt war.


Bochum im frühen 20. Jahrhundert - Die Stadt entstand auf dem Siedlungsgebiet der Brukterer und wurde im Jahre 1041 wurde der Ort in einem Dokument der Kölner Erzbischöfe unter dem Namen "Cofbuokheim" urkundlich erwähnt. Eine Etymologie dafür existiert nicht wirklich, man leitet bisher den Namen nur von späteren Varianten wie Bukhem oder Bokheim her, was natürlich völlig falsch ist. Zuerst muss "Cofbuokheim" geklärt werden, spätere Namen sind irrelevant. Rein zeitlich bietet sich eine althochdeutsche Herleitung von kuofa für ein Opfer- oder Wassergefäß an, womit durchaus ein Taufbecken (idg. *bʰōg = Schüssel) gemeint sein kann. Das nachfolgende "buok" weist deshalb nicht auf irgendwelche Buchen, sondern eher auf jene, die dieses Opfergefäß nutzten. "Cofbuokheim" war also ein frühchristlicher Ort, wo sich christianisierte Brukterer angesiedelt haben könnten. Die Gründung einer Missionskirche wurde bereits dem Wanderbischof Swidbert nachgesagt, doch das Gebiet fiel zunächst an einfallende Altsachsen, womit das Missionswerk sicher zerstört wurde. Mit der Unterwerfung der Altsachsen setzte im nun Borahtron-Gau genannten Bruktererland erneut die Christianisierung ein. Für die Deutung eines frühchristlichen "Taufbeckens" spricht auch, dass die hölzerne Pfalzkirche von 800 spätestens im 11. Jahrhundert durch einen steinernen Saalbau abgelöst wurde. Sie wurde schon früh in den Rang einer Taufkirche erhoben, welches der noch heute existente romanische Taufstein in der Propsteikirche belegt, der auf die Zeit um 1175 datiert wird.

Die Angrivarier waren unstreitig Ingaevonen und sind als Bundesgenossen der Römer bekannt gewesen. Ingaevonen haben einen wanischen Hintergrund, ihr Namen bezeichnet sie als "Yngvis Wanen" und hinter Yngvi verbirgt sich Freyr. Die Chamaven dagegen, welche früher am Niederrhein, wo später Tubanten und dann die Usipeter saßen, gewohnt haben, gehörten ohne Zweifel zu den Istaevonen. Sie hatten sich vom Niederrhein ins Innere Germaniens zurückgezogen, wie es später die Marsen taten, wobei die zu ihnen gehörenden Brukterer an Rhein und Lippe zurückblieben.

Als sich die rheinischen Istaevonen mit den Franken vereinigten, gehörten dazu auch die Brukterer , die unter dem Namen Burcturi auf der Peutingerschen Tafel als Franken erscheinen. Dass die Brukterer allmählich von den Altsachsen, gegen deren mächtigen Bund sie sich im Norden der Lippe unmöglich halten konnten, ganz von der rechten Seite dieses Flusses verdrängt wurden. Gegen Ende des 4.. Jahrhunderts siedelten sie in die Nähe von Köln, da Arbogastes im Jahre 391, bei seinem Zuge, den er von Köln aus über den Rhein machte, zuerst auf die Brukterer als das dem Rheinufer wohnende Volk traf.

Dass gegen Ende des 7. Jahrhunderts an der südlichen Seite der untern Ruhr Brukterer wohnten, wird durch Ratingen (Hratuga) bestätigt, was ausdrücklich als ein Ort im Bruktererland bezeichnet wird. Im Kampf gegen die Altsachsen, soll sich nun ein Teil der Brukterer ihnen angeschlossen haben, es wurde aber noch weiter zwischen Altsachsen und Brukterer unterschieden. Der Kampf der Altsachsen gegen die Brukterer hörte nicht auf, selbst als diese ganz auf die südliche Seite der Lippe verdrängt wurden. Der altsächsische Boroktra Gau bezeichnet jedenfalls einen Landstrich, den die Altsachsen den Brukterern im Süden der Lippe entrissen hatten.

Die Feindschaft der Altsachsen gegen die Brukterer musste noch bitterer werden, als gegen Ende des 7. oder Anfang des 8. Jahrhundertes durch Bischof Suibertus (Swidbert) das Christentum unter den Brukterern verbreitet wurde. Als Suibertus sich 2 Jahre bei den Brukterern aufgehalten und durch unermüdlichen Eifer sehr viele zur christlichen Religion bekehrt hatte, gab die Ermordung des altsächsischen Herzogs (»magnus Satrapa«) Bruno und seines Gefolges zu Ratingen im Bruktererland die Veranlassung zu einem blutigen Kampf zwischen Altsachsen und Brukterern. Diese mussten am Ende der Übermacht weichen und es verließen besonders diejenigen ihre Heimat, welche zum Christentum übergetreten waren. Auch Suibertus sah sich genötigt, mit seinen Geistlichen das Bruktererland zu verlassen. Mit diesem Kampf gegen die Altsachsen verschwindet das Volk der Brukterer aus der Geschichte, ihre Reste gingen im Boroktra Gau bei den Altsachsen auf.

Primärquelle: Middendorf, Die Wohnsitze der Brukterer