Die tschechische Annexion des Hultschiner Ländchens

Das Tragödienjahr 1920 im Hultschiner Ländchen.


Zuerst mussten die letzten deutschen Heereseinheiten der neuen Reichswehr das Hultschiner Ländchen verlassen. In einer Volksbefragung hatte sich auch die mährischsprachige Bevölkerung eindeutig für einen Verbleib bei Deutschland ausgesprochen.


Es folgte ein französischer Kommissar der 1920 in Hultschin den deutschen Bewohnern mitteilt, dass sie künftig unter tschechische Fremdherrschaft leben müssen



Das Hultschiner Ländchen ist der südlichste Teil des Kreises Ratibor. Es bildet ein Rechteck, das von den Ausläufern des Mährischen Gesenkes durchzogen wird. Das etwa 300 qkm große Gebiet hatte 1920 circa 46 000 Einwohner. Seit dem 30.jährigen Krieg gehörte es unter die Habsburger Monarchie. Zum politischen Wendepunkt im Leben der Bewohner wurden die Ereignisse in der ersten Hälfte des 18. Jh. als Maria Theresia nach dem verlorenen Krieg, im Jahre 1742 das Hultschiner Gebiet bis zum Fluss Troppau an Preußen abtreten musste. In den Folgejahren wurde die Entwicklung stark von Preußen geprägt. Dieser Zustand sollte 200 Jahre andauern!

Durch die Trennung von Böhmen wendeten sich die Menschen dem preußischen Staat zu. Sie fühlten sich nun als Preußen und die Disziplin und Ordnung imponierte den Menschen. Mit dem Ausbruch des Krieges zogen viele Männer an die Front, um auf der deutschen Seite zu kämpfen. Der 1.Weltkrieg kostete 1 743 Männer das Leben. Nach dem Krieg entstanden hier kommunistische Aktivitäten, die oft zur Gewaltszenen führten.


Kundgebung in Hultschin gegen die tschechische Annexion

Die Bezeichnung „Hultschiner Ländchen“ tauchte erstmals in dem § 83 des Versailler Diktats auf, der bestimmte, dass dieses Hultschiner Ländchen an die neu gegründete Tschechoslowakei abzutreten sei. Die antideutschen Politiker Masaryk und Benesch logen in Paris , dass die Bevölkerung überwiegen "Mährisch" spricht und deswegen alle "slawischer Abstammungen" sind. Dies entsprach aber nicht der Tatsache, zumal die slawische Identität ohnehin nur eine Erfindung ist. Nach fast 200 Jahren unter Preußen, war die Amtssprache rein Deutsch und zu Hause sprach man "Preußmährisch", ein Dialekt der eine Art Vermischung aus Altmährischer und Deutscher Sprache ist.

Nach den ersten Meldungen über den vorbereiteten Anschluss brachen überall antitschechische Demonstrationen aus. Es wurden Deputationen nach Berlin, Weimar, Frankreich, Britannien, USA und sogar zu dem Papst nach Rom geschickt. Als alles vergebens erschien, verlangte man die Entscheidung durch eine Volksabstimmung. Mit einer Unterschriftenaktion stimmten 97,3 % gegen den Anschluss. Dieses Ergebnis wurde aber nicht berücksichtigt! Das nur für nichtdeutsche Völker geltende Selbstbestimmungsrecht wurde von den Siegermächten für die Deutschen im Hultschiner Ländchen mit den Füßen getreten!


Beim Einzug der Tschechen in Deutsch-Krawarn war die ganze Bevölkerung auf der Straße und sang einmütig: "Deutschland, Deutschland über alles".

Im November 1919 fand eine große antitschechische Demonstration in Hultschin statt. Am 4.2. 1920 wurde das Gebiet durch tschechische Truppen besetzt. Den tschechischen Truppen und Behörden schlug Hass und Ablehnung entgegen, die naiv geglaubt haben als "slawische Befreier" willkommen zu sein...


"Entdeutschungskommisar" im Hultschiner Ländchen Josef Schramek

Ähnliche Szenarien spielten sich auch in anderen Ortschaften ab. Der Gebietsleiter mit unbegrenzter Macht wurde Kommissar Josef Schrámek. Er erließ sofort ein Edikt mit der Drohung, dass alle die sich gegen die neue Macht stellen mit drakonischen Strafen zu rechnen haben! Die Deutschen Schulen wurden geschlossen und die Lehrer ausgewiesen. Gleichzeitig stieg Arbeitslosigkeit drastisch an. Fast alle Arbeitsuchenden wurden aus der Tschechei als Deutsche abgewiesen. Diese Willkür brachte große Ablehnung auch bei der Kirche. Es kam sogar zu Streiks bei den Schulkindern. Gegen den Streikenden wurde hart durch die Gendarmerie vorgegangen und die Eltern mit hohen Geldstrafen bestraft.


Bolatitz


Petershofen 1920 ...schon damals gab es die Straßenmaut

1921 wurde die Einwohnerzahl ermittelt, um die Nationalitäten feststellen zu können. In den Formularen musste jeder seine Sprache erwähnen. Nur wer nur Deutsch erwähnte, wurde als Deutscher eingestuft. Alle anderen, die zweite Sprache angaben, wurden automatisch den Tschechen zugeordnet. Derjenige, der gegen dieses Vorgehen protestierte, wurde zu Kommissariat gerufen und dort verhört bzw. bestraft. So erging es auch dem Pfarrer aus Ludgerstal Alois Bitta, der für seine Beschwerde, dass Mährisch nicht gleich Tschechisch ist eine Geldstrafe von 2 000 Kronen bekam. Weiter wurden alle Deutsche die älter als 18 Jahre und die vor dem Januar 1920 hier wohnten aufgefordert, das Land binnen eines Jahres zu verlassen. Durch die Unzufriedenheit entschlossen sich ganze 4 503 Bürger zur Übersiedlung nach Deutschland. Dies war die größte Zahl von allen Gebieten, die von Deutschland abgetrennt wurden. Einer unter ihnen war auch Josef Bitta, der schließlich zum Deutschen Abgeordneten in Weimar gewählt wurde.

Am 16. September 1923 waren die neuen tschechischen Zwangsbürger zur Wahlen aufgerufen. Nur da, wo sich eine prodeutsche Stimmung zeichnete, wurden die Wahlen durch polizeilichen Einsatz gesetzwidrig abgebrochen. So wie in Ludgerstal, Petershofen, Deutsch Krawarn und Bolatitz. Trotzdem hat die Deutsch Christdemokratische Partei mit 27 % Stimmen gewonnen. In 1924 wurden auch Wahlen in den anderen Gemeinden durchgeführt, mit dem gleichen Ergebnis. In Krawarn-Kauthen bekam die CDU sogar 80,9 % Stimmen.

Tschechische Annexion 1923 von zwei deutschen Dörfern, außerhalb des Versailler Diktats


Die Tschechen marschieren schon 1920 in Hultschin ein...
Pavel Strádal, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0

Am Tag der Annexion des Hultschiner Ländchen überschritt die tschechoslowakische Armee an drei die deutsche Grenze Stellen, bei Klein Hoschütz, Freiheitsau und Eiglau. Kurz vor Mittag ritt ein Schwadron der Kavallerie, begleitet von Infanterie und Musik nach Hultschin ein. Es folgten acht Automobile mit bedeutenden Vertretern der politischen Verwaltung, angeführt vom Landespräsidenten Josef Šrámek. Die Hultschiner Volksvertreter kamen ihnen entgegen mit entblößten Köpfen und Bürgermeister Johan Lindel erklärte zur Begrüßung, dass die Bürger loyal ihrer Pflichten gegenüber dem tschechoslowakischen Staate erfüllen wollen. Josef Schramek antwortete ihm auf Tschechisch und Deutsch, worauf sich die anwesenden Politiker zum Rathaus begaben, wo der Akt der Übernahme fortgesetzt wurde. Der Hultschiner Dekan Pater Hugo Stanke feierte darauf die heilige Messe, was ihm von den deutschen Bewohnern für den Rest seines Lebens vorgehalten wurde.


1920: der machtvolle Protest fast aller Hultschiner für den Verbleib bei Deutschland

Der Zählkommissar bestimmt die Nationalität

Das neu gewonnene Gebiet weckte in der Zeit eines angespannten Nationalismus verschiedene Erwartungen, eine ruhige Entwicklung war ihm jedoch nicht vergönnt. Während die tschechische Seite mit allen Mitteln versuchte, das Ländchen zu tschechisieren, bemühten sich die deutsche Seite um das genaue Gegenteil. Um ihre Bemühungen zu legitimieren, beriefen sich beide Seiten auf die historische Herkunft der hiesigen Einwohner. Während die einen sie für einen vergessenen, zurückgeblieben Zweig des "tschechischen Volkes" hielten, sahen die anderen in ihnen Nachkommen "altgermanischer Stämme".


das ehemalige deutsche Buslawitz

Der Konflikt der verfeindeten Nationalismen zeigte sich am schärfsten beim Zusammentreffen von Bürger und staatlicher Gewalt. Der tschechoslowakische Staat befürchtete zu Recht, dass die Einwohner des Hultschiner Ländchens die Volkszählung zur Deklaration ihrer deutschen Zugehörigkeit nutzen würden. Er unternahm deshalb verschiedene Maßnahmen, um die freie Wahl der Bevölkerung einzuschränken. Die Nationalität durfte deshalb nur der Zählkommissar auf Grundlage objektiver Kriterien beurteilen. Damit war vor allem die Sprache gemeint. Wenn jemand auf seiner deutschen Herkunft bestand, aber nicht die Sprachprüfung schaffte, widerfuhr ihm repressive Verfolgung. Auch im Bildungswesen verhielt sich die demokratische Republik undemokratisch, indem sie in einigen Orten des Hultschiner Ländchens ablehnte deutsche Minderheitenschulen einzurichten, obwohl der Anspruch vom Gesetz her bestand.

Die Eltern schickten ihre Kinder daraufhin auf deutsche Schulen in Troppau oder zahlten Privatlehrer.

Auch das versuchten die tschechoslowakischen Beamten auf alle mögliche Weise zu verhindern. Die Folge war, dass die Bildung einiger Kinder nicht den Anforderungen entsprach. Die Prüfungen wurden jedoch immer bestanden, weil das der politische Kampf erforderte. Das Bemühen des tschechoslowakischen Staates, in den Einwohnern des Hultschiner Ländchens ihre Zugehörigkeit zum Tschechischen zu stärken, brachte am Ende des genaue Gegenteil hervor.


1923 von den Tschechen annektiert: Haatsch

1923 wurden auch die beiden rein deutschen Dörfer, Haatsch und Sandau in die Tschechoslowakei eingegliedert. Die Bewohner protestierten massiv und rissen sogar die Grenzsteine weg und stellten eigene Wachposten auf. Es mussten 5 Infanterie Regimente, eine Schwadron Kavallerie, eine Artillerie Abteilung und ein Panzerwagen einschreiten, um Ordnung und Ruhe wiederherstellen zu können.


1923 von den Tschechen annektiert: Sandau

Gleichzeitig traten in den kleinen Dörfern Haatsch 50 und in Sandau 30 Polizisten ihr Dienst an, um zukünftige Aufruhr beherrschen zu können. Wegen ihrer immer wieder bekundeten Bekenntnisse zum deutschen Volkstum mussten die Bewohner häufig Geld- und Gefängnisstrafen hinnehmen. Das Gefängnis in Hultschin nannte man in grimmigem Humor das „Deutsche Haus“.
In 1929 erreichte die Weltkrise auch Hultschin. Viele Menschen verloren ihre Arbeit und es breitete sich Schmugglergeschäft, Wilddiebstahl und Betteln aus.


Quellen: http://landesecho.cz/index.php/home/1226...n-blick-zurueck
https://deutsch.radio.cz/mal-deutsch-mal...endchen-8107405

1938: Das Hultschiner Land kehrt nach Deutschland zurück

Im Jahr 1938 wurde auf der Grundlage des Münchner Abkommens das Hultschiner Ländchen von der deutschen Wehrmacht als Teil der sogenannten 50%-Zone besetzt, d.h. des Gebietes, in dem nach der Volkszählung von 1910 mehr als 50% der deutschen Bevölkerung lebten.


1938 rollt die Wehrmacht durch Hultschin, für die Deutschen im Hultschiner Ländchen war die Fremdherrschaft beendet

Die deutsche Wehrmacht begann am 8. Oktober 1938 gegen Mittag mit der Besetzung des Hultschiner Ländchens. Unmittelbar nach der Besetzung begann die Führung des Kreises Ratibor, den Anschluss des Hultschiner Ländchens an die Region Oppeln und den Bezirk Ratibor und nicht an das Sudetenland zu fördern. Daraus wurde schließlich auch das Reichsgesetz vom 25.11.1938.


Hultschin als Teil des Deutschen Reiches

Das Hultschiner Ländchen wurde Teil des Altreiches und die deutsche Staatsbürgerschaft mit den Rechten von Reichsbürgern wurde von allen Hultschiner Bürgern erworben, die vor 1910 geboren wurden und am 10.10.1938 einen ständigen Wohnsitz im Hultschiner Ländchen hatten. Dies galt auch für Ehepartner, Kinder und Enkelkinder.


Hultschin 1943

Im Frühjahr 1945 näherte sich die Kriegsfront von Norden her den Rändern des Hultschiner Ländchen, und bis Ende April von der Roten Armee besetzt. Die sonst in den ehemaligen Ostgebieten begonnene Vertreibung der Deutschen wurde im Hultschiner Ländchen anders gehandhabt: Sie erhielten eine "allgemeine Begnadigung" und waren für die Umerziehung zu Hause bestimmt. " Man sollte sich also selbst als Deutscher aufgeben und zukünftig nur noch Tscheche sein...