Hatte der deutsche U-Boot Krieg ab 1915 eine Siegchance verpasst?

Anfang 1915 verkündete die Reichsregierung unter Kaiser Wilhelm II. den "uneingeschränkten U-Boot Krieg", obwohl die Zahl der U Boote noch relativ unbedeutend war. Nur wenige Monate später im Mai 1915 nach der folgenschweren Versenkung der Lusitania mit amerikanischen Opfern war diese konsequente Kriegsführung jedoch schon wieder vorüber. Erst 1917 wurde der uneingeschränkte U Bootkrieg wieder aufgenommen und zwar mit enormen Versenkungserfolgen. Die ungenutzte Zeit dazwischen, wo man freiwillig im Sinne auf ein US Stillhalten die U-Boot Waffe quasi aus den Krieg nahm, war unwiederbringlich verloren. In diesen entscheidenden Monaten hätten die erzielten Versenkungsquoten, sicher den Sieg für das Kaiserreich gebracht.


U-1 (1906), das erste deutsche U-Boot der Kaiserlichen Kriegsflotte

Die tragische Figur in diesem Seekrieg war auf deutscher Seite, ausgerechnet Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg. Ein Bürokrat in Reinkultur. Er war derjenige, der auf die Information von Stabschef Erich von Falkenhayn, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen sei, entgegnete, dass das deutsche Volk nicht für einen Verhandlungsfrieden zu haben sei. In den folgenden Monaten war es wieder Bethmann-Hollweg, der gegen den uneingeschränkten U Boot Krieg Einspruch erhob und so dafür sorgte, dass Deutschland fast 2 Jahre lang freiwillig eine siegbringende Waffe an die Kette legte.


Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg

Erst Anfang 1917 nahm das Kaiserreich den uneingeschränkten U-Boot Krieg wieder auf, es folgten spektakuläre Versenkungsquoten. Für die Gesamtlage kam das aber jetzt zu spät, die blutigen Opfer bis dahin waren der entscheidende Aderlass, der das Kriegsglück nicht mehr zu wenden vermochte. Die kaiserlich deutschen U Boote waren jene Waffe, die man hatte, richtig einschätzte, aber nicht durchgehend konsequent einsetzte.


die HMS Pathfinder - am 23.9.1914 durch U 21, unter Führung von Kapitänleutnant Otto Hersing versenkt


Kapitänleutnant Otto Hersing

Vor Kriegsbeginn wurde noch relativ wenige von den U-Booten erwartet, was sich aber spätestens am 23.9.1914 schlagartig änderte. Nach dem ersten deutschen Versenkungsopfer den kleinen Kreuzer HMS Pathfinder, versenkte U 9 an diesen Tag kurz nacheinander drei britische Panzerkreuzer, die HMS Cressy, die HMS Hogue und die HMS Aboukir. Die Kriegsschiffe waren zwar veraltet, aber der mannschaftliche Verlust von 1459 Opfern wog schwer. Das war mehr wie man bei Trafalgar unter Nelson verlor und versetzte Großbritannien in eine Art U-Boot Trauma.


HMS Aboukir - versenkt von U 9


HMS Hogue - versenkt von U 9


HMS Cressy - versenkt von U 9


Otto Weddigen nebst Gemahlin - Er war der legendäre Kommandant der deutschen U 9


Nach dieser Katastrophe im Ärmelkanal litt die britische Flotte in Scapa Flow so sehr unter der tatsächlichen, aber auch eingebildeten deutschen U-Boot Bedrohung, dass sie sich im Oktober 1914 zum Rückzug an die Nordküste Irlands gezwungen sah. Und zwar solange bis ein halbwegs funktionierendes System von U Boot Sperren in Scapa Flow entstand. Doch die Kriegsflotte war nicht das entscheidende Ziel der deutschen U Boote, sondern die viel leichter zu versenkenden englischen Handelsschiffe und seiner Verbündeten.


Quellen: Wikipedia,
https://www.reddit.com/r/Colorization/co...h_wife_ca_1914/

Die Hoffnung auf die U-Boot Waffe


die U 9 weckte deutsche Hoffnungen, den Krieg mittels U Boot Waffe zu gewinnen

18 Monate vor Kriegsbeginn hatte Arthur Conan Doyle, der opiumrauchende Schöpfer von Sherlock Holmes seinen fiktiven Kriegsroman Danger veröffentlicht, wo England gegen einem imaginären "Nordland" Staat Krieg führen musste.



"Nordland" besaß kaum eine Kriegsflotte, dafür aber strengte es den U-Bootbau an. Es griff damit auch nicht die englische Schlachtflotte an, sondern dessen Handelsflotte. England wurde so zur Annahme eines demütigenden Friedens gezwungen. In England wurde dieser Roman kaum ernst genommen, man hatte ja eine Flotte, die die Meere beherrschte. In den deutschen Marinestäben wurde auch auf Grund dieses Romans durchgerechnet, wieviel U-Boote man für eine Hungerblockade gegen England brauchte: 211 U Boote! Bei Kriegsbeginn besaß das Kaiserreich aber nur 9 U Boote, das Schlachtschiffkonzept hatte bis 1914 die höchste Priorität gehabt.

Fast radikal änderte sich aber die Grundhaltung der deutschen Marinestäbe nach Kriegsbeginn, auch angestachelt von den spektakulären Erfolgen im Herbst 1914. Im Stellungskrieg festgefressen, hatte das deutsche Heer kaum noch eine Chance im Zweifrontenkrieg (eigentlich ein Vierfrontenkrieg) einen Sieg zu erkämpfen. Nach drei Monaten Krieg war eine halbe Million Deutsche fürs Vaterland gefallen. Auch die deutsche Hochseeflotte war kaum jenes Schwert, was den Krieg entscheiden konnte, weil man zahlenmäßig fast hoffnungslos unterlegen war. Umdenken war also angesagt und man kam fast logisch zwingend auf die U Boot Waffe zurück, weil auch die Abwehr gegen Unterwasserangriffe anfangs nicht existent war.

In den ersten Monaten des Krieges sah der Einsatz, der noch wenigen U Boote so aus: "erst aufbringen, dann durchsuchen und zum Schluss versenken" Diese altmodische Prozedur raubte den U Booten den besten Vorteil: der versteckte, überraschende Angriff! Der Hauptgrund dafür war schon 1914 die Angst neutrale Länder in das Lager der Feinde zu treiben. Die USA spielte aber zu dieser Zeit noch kaum eine Rolle in den strategischen Planungen.

Im Spätherbst 1914 empfahl der deutsche Marinestab dem Reichskanzler und dem Kaiser ein Programm zur uneingeschränkten Kriegsführung mit U Booten. Am 14. Dezember gab Flottenchef Tirpitz der amerikanischen Nachrichtenagentur UP ein Interview, wo er die Frage aufwarf, "was Amerika wohl sagen würde, wenn wir den U Boot Krieg gegen alle Schiffe eröffnen, die nach England unterwegs sind und das Land auf diese Weise aushungerten." Die deutsche Presse und die Öffentlichkeit jubelte unter dem Eindruck der englischen Hungerblockade gegen Deutschland, nur der Reichskanzler Theobald von Bethmann -Hollweg war entsetzt...Für ihn waren diese Äußerungen absolut voreilig.

Bethmann-Hollweg gehörte zum inneren Machtzirkel um den Kaiser. Ein Bürokrat, der sich in militärisch- technischen Fragen so gut wie nicht auskannte. Geschweige von der deutschen U-Boot Waffe und ihrer Einsatzmöglichkeiten, wo er ebenfalls keinerlei Ahnung hatte. Das er wegen seines Kenntnisstandes zunächst nichts unternahm, als der uneingeschränkte U Boot Krieg eröffnet wurde, ist so nachvollziehbar.


Admiral Hugo von Pohl

In den ersten Februartagen 1915 war es dann soweit. Admiral Friedrich von Ingenohl, der zögerliche Befehlshaber der Hochseeflotte wurde durch den wesentlich agileren Admiral Hugo von Pohl abgelöst. Pohl war im Prinzip auch gegen einen Schlagabtausch der Flotte gegen die übermächtigen Engländer (doppelt so stark wie die deutsche Flotte), dafür aber ein glühender Verfechter des uneingeschränkten U Bootkrieges gegen englische Handelsschiffe, wovon er sich sogar den Sieg versprach.

Am 4.Februar beim Flottenbesuch des Kaisers erhielt er auch dann die Zusage vom Kaiser, dass das Seegebiet um Großbritannien zum Kriegsgebiet erklärt wurde. Nach dem 18. Februar 1915 werde jedes dort angetroffene Schiff, auch wenn es aus einem neutralen Land stamme, versenkt werden. Der Hintergrund dafür war der "Lusitania" Fall , wo sich der britische Passagierdampfer widerrechtlich der amerikanischen Flagge bediente.


deutsche U Boote kurz vor dem Kriegsbeginn

Der uneingeschränkte U Boot Krieg wurde mit kümmerlichen 21 U Booten gegen 12 Millionen englisch verfügbaren Schiffs BRT eröffnet, was zahlenmäßig kaum Anlass für Siegesträume gab. Eher war es eine angemessene Reaktion auf die englische Hungerblockade, die von Anfang an darauf ausgelegt war, das deutsche Volk durch Hunger zu dezimieren.

Nur neun deutsche U Boote gehörten zu Beginn der überlegenen Dieselklasse an, und nur ein Drittel der verfügbaren Boote waren im Einsatz. Und trotzdem nahmen sie den Kampf erfolgreich auf und spielten jetzt ihre Vorteile aus: Unsichtbare Unterwasserangriffe mit zielsicheren Torpedos oder Minenfelder gelegt. Die Dieselklasse Boote hatten eine Reichweite von etlichen tausend Kilometern, sie konnten also solange durchhalten, wie es die Besatzungen vermochten.

Im deutschen U Boot Bau lief Anfangs einiges schief. Die Entwürfe waren mitunter problematisch und auch der Bau der Dieselaggregate hinkte den Zeitplan hinterher. 1914 wurden zunächst nur 11 Boote ausgeliefert. Aber 1915 wurden schon 54 Boote ausgeliefert und 61 neue für 1916 (Januar bis August) bestellt! Die Verluste waren wegen der kaum vorhandenen Abwehr äußerst gering, die gefährliche U Boot Flotte nahm so drastisch an Gestalt an.

Der erfolgreiche frühe U-Boot Krieg und seine Siegesperspektive



Die Idee, die feindliche Seeblockade mit deutschen Handels-U Booten zu brechen konnte nur kurzzeitig von der U-"Deutschland" (hier vor Baltimore) umgesetzt werden, ihr Schwesterschiff, die "Bremen" gingl aus unbekannten Gründen auf ihren ersten Blockadedurchbruch verloren. Blieb eine solche ineffektive Kompensation auf der Strecke liegen, blieb nur der militärische Weg übrig.

Die englischen Abwehrmaßnahmen waren geradezu grotesk. Patrouillenboote wurden mit Vorschlaghämmer ausgerüstet, um die Periskope zu zertrümmern. Man versuchte U Boote mit Fischernetzen zu fangen und richtete sogar Seelöwen ab, um U Boote aufzuspüren. Nicht eine dieser Maßnahmen hatte auch nur den geringsten Erfolg. Erst im Juni 1917 gabs genügend Hydrophone und Wasserbomben, mit denen man U Booten gefährlich werden konnte. Bis zum August 1916 büßte Deutschland 33 U Boote ein, davon aber nur 18 durch "Abschuss". Auf jedes verlorene deutsche Boot im 1.Weltkrieg kamen fast 20 alliierte Schiffe mit insgesamt 69015 BRT. Es war also ein ganz erheblicher Vorteil für die deutsche Kriegsmarine vorhanden!

Im August 1916 zählte man schon 111 deutsche U Boote mit einer durchschnittlichen Einsatzquote von 68 U Booten. Zahlenmäßig war man also in der Lage Großbritannien von seinen überseeischen Verbindungen wirksam abzuschneiden. Nur politisch wurde das von Bethmann Hollweg fast 2 entscheidende Jahre blockiert.


Deutsches U Boot Treffen im Ärmelkanal. Rechts SM U-52, links SM U-35. Die erfolgreiche SM U-52 ging durch eine eigene Torpedoexplosion auf Feindfahrt verloren, alle 648 Mann überlebten diese Katastrophe nicht.

Der uneingeschränkte U Boot Krieg wurde ziemlich undurchdacht eröffnet, man machte sich zunächst kaum Gedanken um die Reaktion der neutralen Weltöffentlichkeit, also hauptsächlich der USA. US Präsident Wilson, der ohnehin schon den Weg in den Krieg gegen Deutschland suchte, drohte theatralisch an," dass man für etwaige amerikanische Opfer die deutsche Regierung zur Rechenschaft ziehen wird."


deutsches Minen-U Boot, der UC-I-Klasse - Der Minenkrieg der deutschen U-Boote wurde insgesamt erfolgreich geführt

Bis Anfang Mai 1915 geschah nichts bedeutendes, doch dann wurde die britische Lusitania unter missbräuchlicher Verwendung der amerikanischen Flagge fahrend, von U 20 versenkt. 1198 Menschen kamen ums Leben, darunter 128 Amerikaner. Mit dem Wrack ging auch Konterbande unter, darunter 54 Kisten mit Munition. Für Wilson ein gefundenen Fressen, um das Kaiserreich mit Protestnoten zu bombardieren, darunter auch eine Kriegsdrohung. Die meisten Historiker bewerten das darauf erfolgte Einlenken der deutschen Regierung als weisen Schritt: Bethmann Hollweg wird also als Mann der Vernunft hingestellt. Aber genau das Gegenteil war richtig, weil 1915 Amerika überhaupt nicht kriegsfähig war.

Auch nach der amerikanischen Kriegserklärung von 1917, brauchte dieses riesige Land über ein Jahr, bis amerikanische Truppen an der Front standen. 1915 war die amerikanische Armee klein und denkbar schlecht ausgerüstet. Die US Navy konzentrierte sich auf den Bau von relativ nutzlosen großen Schlachtschiffen und die Rüstungsindustrie war nicht in der Lage moderne schwere Waffen zu produzieren. Ehe also von 1915 ab irgendwann amerikanische Truppen in Europa aufgetaucht wären, hätte das noch wesentlich länger gedauert. Wilsons Drohung fehlte die Substanz in jeder Hinsicht.


US Experte Franz von Papen als Militärattache´ in Washington

Von diesen Stand der Dinge hatte die deutsche Regierung wohl auch gewusst. Reichskanzler Franz von Papen, war zu dieser Zeit Militärattache' in der deutschen Botschaft in Washington und wurde bald wegen "Spionagetätigkeit" aus der USA verwiesen. Papen überschätzte damals zwar die prodeutsche Einstellung in den Staaten, hatte aber durch ein Netzwerk von Informanten einen sehr guten Überblick über das zu dieser Zeit dramatisch schwache amerikanische Militärpotential. Für die amerikanische Kriegsdrohung hatte er deshalb nur Verachtung und Spott übrig.

Bethmann Hollweg kam aber im fernen Berlin zur Auffassung, dass man den uneingeschränkten U-Boot Krieg beenden müsse, um den Kriegseintritt der USA zu verhindern. Dazu setze er sein ganzes rhetorische Geschick ein, um den U Boot Krieg madig zu machen. Beim Kaiser und in Debatten begann der Reichskanzler die Effektivität dieser Kriegsführung anzuzweifeln und eine Siegchance dadurch als illusorisch hinzustellen. Er wusste nicht dass er mit seiner US Einschätzung falsch lag, wohl aber ,dass er in technischen Fragen kaum mitreden konnte. Trotzdem setze er sich durch, obwohl Presse, Öffentlichkeit und Reichstag eindeutig für den uneingeschränkten U Boot Krieg waren. Schließlich war die englische Hungerblockade gegen das Deutsche Kaiserreich ein präsentes Problem, was eine entsprechende deutsche Antwort regelrecht verdiente!

Bethmann Hollweg gelang es aber im Umfeld des wankelmütigen Kaisers den Stabschef des Heeres Erich von Falkenhayn auf seine Seite zu ziehen und nutzte das für einen Vorstoß beim Kaiser aus, um so den uneingeschränkten U Boot Krieg zu stoppen. Deutschland, aussichtslos in einem blutigen Stellungskrieg festgerannt, beraubte sich so freiwillig seiner wertvollsten Waffe, die den Sieg hätte bringen können.


Erich von Falkenhayn hätte sich auch Bethmann Hollweg verweigern können...

Wenn Falkenhayn zum Beispiel nicht auf Hollwegs Rhetorik hereingefallen wäre und der Vorstoß so beim Kaiser gescheitert wäre, darf man durchaus annehmen, dass der uneingeschränkte U Boot Krieg fortgesetzt worden wäre und zwar ohne Rücksicht auf weitere "Lusitania" Fälle.

Der Erfolg mit der ständig größer werdenden U Boot Flotte hätte sich ab 1915 immer stärker eingestellt. Im Mai 1915 wurden real 127000 BRT versenkt, was bis zum August bei größerer U Bootzahl eine Steigerung auf 250000 BRT bedeutet hätte. Tatsächlich waren es im jetzt wieder eingeschränkten U Bootkrieg im August 183000 BRT...

Die Versenkungsquoten 1915 hätten durchlaufend um die 250000 BRT erreicht, da sich die Zahl der einsatzfähigen U Boote auch noch verdoppelte. Ab 1916 waren dann Versenkungsquoten von 550000 BRT ein relativ gesicherter Richtwert. Dabei muss man berücksichtigen, dass bei Wiederaufnahme des uneingeschränkten U Boot Krieges im April 1917 Versenkungsquoten von 860000 BRT erreicht wurden, bei 156 eingesetzten U Booten. Im Nettoergebnis steht also der realistische Wert von 5,3 Millionen BRT für die 19 ausgefallenen Monate, die Bethmann-Hollweg zu verantworten hatte.

Feindliche Reaktionen und die Auswirkungen eines deutschen U-Boot Sieges

Die britische Reaktion auf einen fortgesetzten uneingeschränkten U-Boot Krieg, wäre auf Grundlage realer Fakten fatal zu langsam gewesen. Die britische Admiralität hatte von der Gesamtsituation der Schifffahrt nur ungenaue Vorstellungen, weil sie keinerlei statistische Werte besaß. So wäre lange Zeit verborgen geblieben, dass die Ersatzschiffsbauten 1915/16 nicht im Entferntesten die Verluste ausgleichen konnten und dass in den Häfen wegen der U Boot Gefahr lähmende Verstopfung herrschte. Beides zusammen hätte die Gesamttransportkapazität um 20% gesenkt.

Ohne relevantes Zahlenmaterial hatte also die Admiralität kaum eine Möglichkeit gehabt, die sich anbahnende verzweifelte Lage zu verstehen. Auch ein mit Kriegsschiffen bewachtes Konvoisystem wäre vor 1916 ohnehin nie entstanden, weil die Engländer auf die Schlagkraft der Hochseeflotte bedacht waren, die potentielle Gefahr der deutschen Schlachtflotte war ohnehin im Bewusstsein. Jede Bitte um Herausgabe für 70 bis 80 Zerstörer, um die Handelsflotte zu schützen, wäre deshalb abschlägig beschieden worden.



SM U-35 torpediert am 7. April 1917 westlich vor Sardinien die SS Maplewood

Es ist also gut vorstellbar, dass Wilson die USA bei keinem deutschen Einlenken, bereits Anfang 1916 dem Kaiserreich den Krieg erklärt hätte, mit aber praktisch null Auswirkung auf das Kriegsgeschehen. Während Franzosen und Deutsche sich pattmäßig vor Verdun abschlachteten und so psychologisch für Sonderfriedensbedingungen wesentlich anfälliger wurden, wäre dann die englische Niederlage in der Sommeschlacht im Juli 1916, eher wie ein Bombe auf der vom U Boot Krieg zermürbten Insel eingeschlagen. Ob nun die für England demoralisierende Skagerrakschlacht noch stattgefunden hat oder nicht, spielt dabei kaum eine Rolle. Noch im gleichen Sommer brechen landesweit Hungerrevolten in Großbritannien aus, gefolgt von einem Generalstreik. Die miese Lage dringt bis zu den Truppen in Frankreich durch, die anfangen zu meutern.


Auch die 1916 ausgebrochene irische Unabhängigkeitsrebellion wäre bei einem fortgesetzten uneingeschränkten U-Bootkrieg Deutschlands wesentlich erfolgreicher gewesen und hätte die Engländer wesentlich wirksamer zum Ausscheiden aus dem Krieg gezwungen.

Mitte Juli informierte die englische Regierung unter Premier Herbert Asquith ihre Verbündeten, dass es nicht mehr in der Lage war, den Krieg fortzusetzen und tritt danach zurück. David Lloyd George wird vom König beauftragt eine neue Regierung zu bilden und Friedenverhandlungen zu beginnen. Die Franzosen steigen keinen Tag länger ebenfalls aus den Krieg aus, das katastrophale Verdun konnte ohne englische Hilfe nicht mehr ausgeglichen werden. Russland folgte Wochen später und trudelte gleichzeitig in einen vorrevolutionären Zustand hinein. Die reale Frühjahrsrevolution von 1917, wäre durch diese Geschehensabfolge vielleicht früher ausgebrochen, doch sie war auch an der Entsendung Lenins aus seinem Schweizer Exil gebunden. Das sie bei einem Friedensschluss 1916 nicht mehr notwendig war, wären die Romanows bis auf weiteres an der Macht geblieben. Doch eine Niederlage hätte auch ihn in innenpolitische Bedrängnis gebracht, er war immerhin derjenige gewesen, der von allen Kriegsmächten den großen Krieg am meisten wollte!
Der Zar wäre also so oder so gestürzt worden, nur der Zeitpunkt lässt sich nicht genauer bestimmen.

Russlands Kriegstreiberei nach dem Attentat von Sarajewo 1914 hatte das neutrale Ausland schließlich auch nicht vergessen. Wilson erklärt in Washington den Weltkrieg für "effektiv beendet" und bietet seine Vermittlung bei den Friedensverhandlungen an. Ein Vorschlag, der aber kaum auf Gegenliebe stößt. Wilson und die USA bleiben außen vor, niemand braucht die USA am Verhandlungstisch.


Wäre auf jeden Fall bei einem Sieg Deutschlands angeschlossen worden: Longwy. Laut Septemberprogramm von 1914 sollte Longwy wegen seiner Erz- und Kohlefördergebiete an das Deutsche Reich angeschlossen werden. Im März 1917 erklärte sich die Reichsregierung sogar zu einem Friedensabkommen mit Frankreich bereit, wenn das Erzlager von Brie-Longwy im Austausch gegen französischsprachige Teile des Reichslandes Elsaß-Lothringen an das Deutsche Reich kommt.

Deutschland und Österreich-Ungarn standen zwar als Sieger fest, doch der Sieg der deutschen U Boote über die englische Handelsflotte war nur ein Erschöpfungssieg, der nicht mit dem Einmarsch in die Hauptstädte der Unterlegenen geendet wäre. Obwohl im deutschen Reichstag auch für einen annexionslosen Frieden geworben wurde, setzten sich doch jene Kreise durch, die eine Kompensation für den aufgezwungenen Krieg und das vergossene Blut forderten. Das wohl am meisten erwartete Ergebnis einer Annexion ganz Belgiens, hätte Deutschland auch durchgesetzt, denn die Gebiete dieses Kunststaates gehörten die längste Zeit immer nur dem deutschen Reichsgebiet an. Kleinere Grenzkorrekturen wären auch an der französischen Grenze bei Longwy erfolgt, wo Kohle- und Eisenerzvorkommen den Besitzer gewechselt hätten. Die Stadt wurde erst 1670 französisch und befand sich in unmittelbarer Nähe zum deutschen Elsass-Lothringen. Dem Deutschen Kaiserreich wurde bei diesen Friedensschluss auch Luxemburg wieder angeschlossen, es gab einfach keinen Grund mehr für einen künstlichen Pufferstaat.


Wäre bei einem Sieg 1916 auf jeden Fall beim Deutschen Reich geblieben: Das Militärverwaltungsgebiet Oberost.

Russland hätte an der Ostsee seine baltische Gebiete bis zur Düna verloren, womit Kurland und Litauen an Ostpreußen angeschlossen worden wären. Auf dem Territorium von Russisch Polen, wurde eine neues polnisches Königsreich geschaffen, dessen Krone zunächst KuK unterstellt wurde (ohnehin real existierender Plan der Mittelmächte). Der eine oder andere Grenzstreifen mit deutschen Dörfern im kongresspolnischen Raum hätten noch den neuen Grenzverlauf verändert, mehr aber auch nicht. Die Friedensverhandlungen zogen sich nicht in die Länge, betraf es doch Gebiete, die ohnehin unter deutscher Militärkontrolle standen. Im Ergebnis des Friedensvertrages wäre in etwa im Osten das herausgesprungen, was bei Brest Litowsk fixiert wurde, also auch eine unabhängige Ukraine (unter deutschen Schutz) und ein selbstständiges Finnland. Ob auch Livland und Estland selbstständig geworden wären, ist sicher nur möglich gewesen, wenn das Zarenreich noch einen Bürgerkrieg auskämpfen musste.

Die deutschen Schutzgebiete wären wohl auf jeden Fall vermehrt worden, zumindest um das belgische Kongogebiet, was Kamerun mit Deutsch Ostafrika verbunden hätte. Das auf jeden Fall auch französischen Kolonialgebiet hinzugekommen wäre, lag am Interesse des deutschen Kaisers an Marokko. Hier wäre das Land unter deutschen Protektorat gefallen, dazu noch französische Gebiete hinter Togos und Kameruns Grenzen. Dazu dürfte etwa der sogenannte "Entenschnabel" gehören, den man als Preis des 1911 er Gebietstausches verlor. In Ostasien hätte Japan Tsingtau wieder räumen müssen und auch alle jene pazifischen Inseln, die sie bis dahin besetzt hatten.


Das deutsch-osmanische Erfolgsprojekt: Die Bagdad-Bahn hätte sich nach einem deutschen Sieg bei weitem besser ausgezahlt.

Fast dramatischer wäre auch der noch gesteigerte deutsche Einfluss auf das ebenfalls siegreiche Osmanische Reich im Hinblick auf die strategische Bagdad-Bahn gewesen, womit deutsche Konzerne für die nächsten Jahrzehnte konkurrenzlos in Mesopotamien Öl gefördert hätten. Das Monopol auf das osmanische Öl wäre also vollends unter deutscher Kontrolle gekommen, es hätte niemals einen Ölboykott ausländischer Mächte befürchten müssen.


Kaiser Karl I. - Womöglich hätte noch wesentlich länger gelebt, denn er starb schon 1922 in einem feuchten Haus im Exil auf Madeira.

Etwas anders wäre es im Problemfall KuK abgelaufen. Es war wohl relativ sicher, dass ein revolutionäres Russland (aber keine bolschewistische Revolution!) auch KuK erfasst hätte. Man musste sich reformieren oder die nationalen Spannungen hätten das Land in absehbarer Zeit zerrissen. Wäre also eine Art Konföderation gekommen, hätte sich der Staat weiter halten können, ansonsten drohte die Abspaltung Ungarns und die Loslösung Galiziens, Bosniens und Kroatiens. Was man auch immer bei einem Friedensschluss 1916 bekommen hätte, wäre ebenfalls wieder verloren gegangen. Hätte jedoch KuK unter Kaiser Karl die Reformierung erfolgreich ausgestaltet, wäre Ungarn mit all seinen Gebieten noch längere Zeit als Teilreich bei KuK geblieben, was massive Auswirkungen auf die vielen deutschen Kolonien gehabt hätte. Den Donau- oder Banater Schwaben hätte zum Beispiel niemals die Vertreibung gedroht, gleiches gilt auch für die Deutschen in Siebenbürgen, im Krain oder Slawonien. Was nie eine Chance hatte: Ein tschechischer Staat in Böhmen, dessen Staatsgebiet zu klein für ein solches Experiment gewesen wäre. Das besiegte Serbien und Rumänien hätten wohl nur Marionettenregierungen bekommen, doch diese hätten sich dauerhaft nicht halten können. Trotzdem, wer auch immer einem KuK-Staat einen späteren Untergang im Bürgerkrieg vorhersagte, dieser hatte auf Grund der intakten Militärmacht keine Aussicht auf Erfolg. Und auch Deutschland hatte kein Interesse auf einen instabilen Balkan, wo doch andernfalls Verbindungsverlust nach Bagdad gedroht hätte. Zu Italien hätte es sicher keinerlei großartige Veränderungen gegeben, es gab einfach keinen Grund, rein italienische Gebiete zu annektieren, die in der Perspektive zum Problemfall werden drohten. Für Südtirol und das Küstenland bedeutete das den weiteren Verbleib im deutschen Sprachraum. Kriegsgewinner Bulgarien hätte sich jedoch serbischer Gebiete, einschließlich Mazedoniens bedient.

Wie auch immer die Zukunft auf Basis dieses Friedensschlusses ausgesehen hätte, ihr fehlte einfach dieses hochbrisante Konfliktpotential, was in Versailles generiert wurde. Ein 2. Weltkrieg war so gut wie ausgeschlossen, die europäischen Monarchien hätten in vielen Staaten eine Renaissance erlebt.

Die Versenkung des Hilfskreuzers Lusitania


die Lusitania - Sie wurde definitiv als Hilfskreuzer versenkt, der unter keiner Flagge fuhr

Der amtliche Bericht über die Versenkung der Lusitania durch U 20 unter Kaptitänleutnant Walther Schwieger verrät noch nichts, welche Propagandaschlacht daraus im zweiten Kriegsjahr wurde.
Jene aufgebauschte Versenkung, die Reichskanzler Bethmann Hollweg nutzte, um den Abbruch des uneingeschränkten U-Bootkrieges beim Kaiser zu fordern. Und das obwohl die Engländer keinerlei Anstalten machten die Hungerblockade gegen das deutsche Kaiserreich auch nur im entferntesten aufzuheben.


die SM U-20


Berlin, 14. Mai 1915: Aus dem Bericht des Unterseebootes SM U-20, das die "Lusitania" zum Sinken gebracht hat, ergibt sich folgender Sachverhalt: Das Boot sichtete den Dampfer, der keine Flagge führte, am 7. Mai, 2 Uhr 20 Minuten mitteleuropäische Zeit nachmittags, an der Südküste Irlands bei schönem, klarem Wetter. Um 3 Uhr 10 Minuten gab es einen Torpedoschuss auf "Lusitania" ab, die an Steuerbordseite in Höhe der Kommandobrücke getroffen wurde. Der Detonation des Torpedos folgte unmittelbar eine weitere Explosion von ungemein starker Wirkung. Das Schiff legte sich schnell nach Steuerbord über und begann zu sinken. Die zweite Explosion kann heute auf eine Entzündung der im Schiffe befindlichen Munitionsmengen zurückgeführt werden.


Walther Schwieger, Befehlshaber von SM U-20

Die Nachricht von der Versenkung der "Lusitania" führt in den USA zu antideutschen Demonstrationen. Der ehemalige Präsident Theodore Rossewelt, der einst als Deutschenfreund galt, fordert nun den Krieg gegen Deutschland. Der amtierende Präsident Woodrow Wilson protestiert in schärfster Form. Er beruft sich auf ein Recht der Bürger neutraler Staaten, die Passagierschiffe auch von kriegsführenden Mächten zu benutzen. Er besteht darauf, dass die Deutschen die Torpedierung als Bruch des internationalen Rechts anerkennen und Schadenersatz leisten. Die deutsche Regierung weist den Protest zurück. Da die "Lusitania" Munition und anderes Kriegsmaterial an Bord hatte, galt sie für die deutsche Marine als Kriegsschiff. Nach deutscher Ansicht bestand kein Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versenkung.


der zurückgetretene US-Außenminister William Jennings Bryan 1915 mit seiner Ehefrau

Als US-Präsident Wilson in einer weiteren Note noch einmal von Deutschland verlangt, die Versenkung der "Lusitania" als Verbrechen zu verurteilen, tritt der amerikanische Außenminister William Jennings Bryan zurück, weil die Note Wilsons den Charakter eines Ultimatums hat und die Vereinigten Staaten in einen Krieg mit Deutschland verwickeln könnte. Nach Bryans Meinung hat Deutschland ein Recht zu verhindern, dass seinen Feinden Kriegsmaterial geliefert wird. Wenn solche Schiffe Passagiere in der Hoffnung an Bord nehmen, dass sie dann nicht angegriffen werden, so sei das kein legitimer Schutz vor einer Zerstörung.

In der nun entbrannten Propagandaschlacht der Kriegsparteien machte sich die Zersplitterung der Propagandaabteilungen auf deutsche Seite (Kriegs- und Innenministerium, der Generalstab, das Auswärtige Amt und andere Stellen unterhielten eigene Abteilungen) sehr nachteilig bemerkbar. Während die Briten bereits im August 1914 das "War Propaganda Bureau" gegründet hatten und nun insbesondere in den USA für ihre Seite warben. Das englische Buch "JANE'S WAR AT SEA 1897-1997/ 100 YEARS OF JANE'S FIGHTING SHIPS", London 1997, schreibt zum Thema sogar heute noch und nur sehr kurz: "...Eine neue Ära des Schreckens dämmerte offensichtlich herauf, als am 7. Mai 1915 im hellen Tageslicht der "White Star" - Liner Lusitania warnungslos versenkt wurde, ein Vorfall, der zu heftigen diplomatischen Protesten führte. Unter den 1200 Toten befanden sich auch 128 Amerikaner..."


SM U-27 wurde Opfer der U-Bootfalle "Baralong", 11 deutsche Schiffbrüchige wurden aus Rache für die Lusitania von den Briten ermordet

Deutsche U-Boote tauchten oft zur Versenkung von Handelsschiffen mit ihrer Artillerie auf, um Torpedos zu sparen, wann immer dies möglich war. Dies nutzten die Briten mit ihren "Q-Schiffen" aus: zu U-Bootfallen umgebaute Handelsschiffe, bemannt durch Seeleute der Royl Navy und mit getarnten Geschützen ausgerüstet. Am 19. August 1915 vernichtete die U-Bootfalle "Baralong" SM U-27. Aus Rache für die "Lusitania" ermordeten die Briten 11 deutsche Überlebende teils schwimmend im Wasser, teils von gekaperten Ampfer "Nicosian" heruntergeholt.

Während das deutsche "Lexikon der populären Irrtümer" Bertelsmann 1996 und Microsoft CD-ROM Encyclopädie Encarta (Wie geschah es wirklich? Stuttgart 1990; Stichwortartikel "Lusitania") zum Thema schreiben: "...An diesem Tag kommt es zu dem tragischen Zwischenfall mit der "Lusitania". Das deutsche Unterseeboot "U 20" versenkt den britischen Dampfer "Lusitania" vor der irischen Küste. 1198 Menschen, darunter zahlreiche Nordamerikaner fanden den Tod. Anders, als die durchaus verständliche Propaganda der Engländer behauptete, war die 'Lusitania' aber kein reines Passagierschiff; sie transportierte heimlich auch noch Munition, und war nach internationalem Recht daher als Kriegsschiff einzustufen" ..."Im Fall der 'Lusitania' waren vermutlich mehrere Tonnen Dynamit an Bord, denn nur so lässt sich die ungewöhnlich heftige Detonation nach dem Torpedotreffer erklären. Die deutsche Botschaft in Washington wusste von der Fracht und warnte mehrfach, dass solche Schiffe ohne Warnung angegriffen würden. Jedoch hielt der Kapitän der 'Lusitania' sein Schiff für schnell genug, den U-Booten auszuweichen - ein Irrtum, wie sich dann erwies, den mehr als tausend Menschen mit dem Leben büßen mussten."

Geheimsache Hilfskreuzer "Lusitania"

Rückblick "Lusitania", wo das Schiff zum Hilfskreuzer umgebaut wurde:

1913: Im Februar lässt der Erste Lord der Admiralität, Marineminister Winston Churchill der Cunardlinie wissen, dass sich die Stunde der Bewährung nähere, den "der Krieg gegen Deutschland ist sicher - spätestens im September 1914 wird er ausbrechen".

Am 12 Mai kommt das Schiff unter größter Geheimhaltung zur Ausrüstung in Trockendocks nach Liverpool. Dort werden die Bordwände, Schutz- und Oberdecks besonders armiert und zwei Munitionskammer, Pulvermagazine und Halterungen für Granaten, sowie 12 x 15 cm Schnellfeuerkanonen eingebaut.

1914: Am 17. September wird die "Lusitania" als bewaffneter Hilfskreuzer in das britische Flottenregister aufgenommen und ist damit offiziell ein Kriegsschiff.

Am 24. September erhält Kapitän Turner die Befehle, mit seinem Schiff Kriegsmaterial aus den USA nach England zu bringen. Der jeweilige Kurs werde von der Admiralität festgelegt und um die Deutschen zu täuschen werde das Schiff weiterhin Passagiere befördern und jetzt unter amerikanischer Flagge fahren. Sollte ein U-Boot versuchen die "Lusitania" zu stoppen, so habe der Kapitän unverzüglich das Feuer auf den Gegner zu eröffnen.

1915 4.Februar: Auf wachsenden Druck der britischen Blockade reagieren die Deutschen an diesem Tag mit der Ankündigung des uneingeschränkten U-Bootkrieges. In einer Note an die USA warnt das deutsche Außenministerium "angesichts des Missbrauchs neutraler Flaggen" seitens Großbritannien, dass "Fehler nicht immer zu vermeiden" seien. Daher täten die neutralen Staaten gut daran, ihre Bürger und Waren von feindlichen Schiffen fernzuhalten. Die USA antworten darauf: Falls ein deutsches U-Boot ein US-Schiff oder das Leben amerikanischer Bürger gefährde, würden die USA die deutsche Regierung "Streng zur Rechenschaft ziehen". Daraufhin will der britische Außenminister Grey von Oberst House, dem Chefberater von US-Präsident Wilson, folgendes wissen: "Was wird Amerika tun, wenn die Deutschen ein Passagierschiff mit amerikanischen Touristen versenken?". Die Antwort des US-Regierung: "Das würde uns in den Krieg bringen."

In der Zeit vom 18. Februar bis 7. Mai 1915 versenkten die Deutschen 108 Schiffe der feindlichen Handelsmarine.


Verladen von Kriegsmaterial in New York

Die Ausfuhr von Kriegsmaterial auf Passagierschiffen ist in den neutralen USA verboten, daraufhin fälschen die Engländer mehrfach die Ladepapiere und so transportiert die Lusitania offiziell "Jagdgewehrpatronen". Die "Lusitania" wir ein zunehmender und immer wichtigerer Faktor für die Munitionsbeschaffung nach England.

1915: Mitte April dirigiert die britische Admiralität ihren getarnten Hilfskreuzer erneut nach New York. Am Pier 54 lädt sie weitaus mehr Kriegsmaterial und nimmt mehr Passagiere an Bord als auf den Reisen zuvor: 1248 Kisten mit 7,5 cm Granaten, 4927 Kisten mit Gewehrpatronen, 2000 Kisten mit weiterer Munition für Handfeuerwaffen. Zusammen gut 10,5 Tonnen Sprengstoff. Deutschen Berechnungen bedeutete das "5 400 000 Schüsse oder bei einer Trefferwahrscheinlichkeit von drei Prozent den Tod von 150 000 Deutschen". Die Passagierliste zählt 1257 Gäste, darunter 218 Amerikaner.


Anzeige der deutschen Botschaft

Am 22. April erscheint in den 50 größten Tageszeitungen der USA eine Anzeige der deutschen Botschaft, die "Ozean-Reisende" ausdrücklich vor der beabsichtigten Reise warnt. Die Anzeigenflut alarmiert den britischen Geheimdienst, alle Marinestellen werden per Funk sofort angewiesen, nach deutschen U-Booten im Westen und Süden Englands Ausschau zu halten. Der deutsche Marine-Geheimdienst entziffert den Funkspruch und unterrichtet sofort den deutschen Admiralstab, der die drei U-Boote "U 20", "U 27" und "U 30" mit Kurs Irland in Marsch setzt.

Am 30. April ist die "Lusitania" auslaufbereit. Kapitän Turner meldet sich beim New Yorker Sonderstab der Admiralität und nimmt dessen Weisung entgegen: "Kurs auf die Südwestküste Irlands". Dort wird er westlich des Fastnet-Felsens vom Kreuzer "Juno" erwartet. Er hat den Auftrag die "Lusitania" die restliche Fahrt nach Liverpool zu sichern.

05. Mai: Dank "Room 40" weiß auch die britische Admiralität inzwischen wo die deutschen U-Boote lauern und so kann Admiral Oliver dem Marineminister Churchill anhand der Lagekarte die genaue Position von "U 20" erläutern. "U20" befindet sich unweit der Stelle bei Fastnet, dem vorgesehen Treffpunkt, wo der britische Kreuzer "Juno" den Geleitschutz der "Lusitania" übernehmen soll. Oliver versucht Churchill klarzumachen, dass "Juno" jedem U-Boot-Angriff hilflos ausgeliefert sei und man den Kreuzer zurückbeordern müsse. Churchill stimmt zu. Bereits im November 1914 (siehe weitere Informationen hier) hatte Churchill angeordnet entzifferte deutsche Funksprüche nur ihm persönlich auszuhändigen. Er unterrichtet nur den Chief of the War Staff, Admiral Oliver und einer sehr begrenzten Zahl anderer höheren Offiziere des Naval Staff. Am Nachmittag des 5. Mai wird "Juno" befohlen die Fahrt abzubrechen und nach Queenstown zurückzukehren. Die "Lusitania" wurde aber darüber nicht informiert und so steuert der Schnelldampfer schutzlos dem deutschen U-Boot "U 20" entgegen. Erst als "U 20" zwei britische Schiffe bereits versenkt hat, warnt die Marinenstelle Queenstown die "Lusitania: "U-Boote aktiv an der Südküste Irlands". Trotz dieser Warnung hält sich Kapitän Turner an die Weisung, seinen Kurs keinesfalls ohne Genehmigung der Admiralität zu ändern. Die Reaktion der Admiralität: Man funkt Turner irreführende Positionsangaben von "U 20" und verschweigt ihm, dass drei Tage zuvor die Liverpool-Route um die Nordküste Irlands freigegeben worden ist.



07.Mai: Turner erhält den Befehl nicht Liverpool, sondern Queenstown anzulaufen, damit gerät die "Lusitania" unmittelbar in die Schusslinie von "U 20". "Damit wird die "Lusitania" von der britischen Admiralität direkt vor die Torpedorohre deutscher U-Boote gelenkt, um den Gegner zu einer Tat zu provozieren, die Amerika in den Krieg verwickeln soll", schreibt Janusz Piekalkiewicz in seinem Buch "Der Erste Weltkrieg", Econ Verlag 1998/Weltbildverlag 1999.

Um 2.20 Uhr MEZ nachmittags, erreichte die Lusitania bei schönem klaren Wetter die Südküste Irlands. Nach Angaben von "U 20" Kommandant, Kapitänleutnant Walther Schwieger führte sie keine Flagge, aber sicherlich wusste er sehr genau welches Schiff da vor ihm lag. Um 3.10 Uhr gab "U 20" einen Torpedoschuss auf die Lusitania ab, die an der Steuerbordseite in der Höhe der Kommandobrücke getroffen wurde. Der Detonation des Torpedos folgte unmittelbar eine weitere Explosion von ungemein starker Wirkung. Das Schiff legte sich schnell nach Steuerbord über und begann zu sinken. Da der Ozeanriese über 48 Rettungsboote und 26 zusammenklappbare Rettungsflöße verfügte, ist es den Fischern aus Queenstown möglich, bis zum Abend 761 Menschen lebend zu bergen, auch Kapitän Turner wird nach 4 Stunden aus dem kalten Wasser gerettet. 1198 Passagiere und Besatzungsmitglieder, darunter 124 Amerikaner, sind mit der Lusitania untergegangen.

Das Drama vor der irischen Küste erregt die Welt wie kaum ein anderes Ereignis. Welche politische Brisanz der Fall hat, wird aus einem Leitartikel der mit Trauerrand erscheinenden "New York Tribune" deutlich: "Seit dem 7. Mai werden Millionen in diesem Land bedauern, dass in Flandern keine Amerikaner mitfechten gegen Hunnen und Vandalen." Tatsächlich erwartet man in England stündlich den Kriegseintritt der USA.

Die Auseinandersetzung um die Frage Kriegsverbrechen oder berechtigte Kriegshandlung verstummt seit dem Mai 1915 nicht mehr. Die Engländer behaupten stets, die "Lusitania" sei ein unbewaffnetes, rein ziviles Schiff gewesen. In Wirklichkeit war der Cunard-Liner schwer bewaffnet und mit gefälschten Ladepapieren ausgestattet, um die wahre Fracht zu verheimlichen: riesige Mengen an Munition und Konterbande, die Tausenden deutschen Soldaten den Tod gebracht hätten. Der deutsche Admiralsstab dagegen vertritt die Ansicht, der Torpedoschuss sei schon deshalb gerechtfertigt, weil die "Lusitania" Gewässer durchfahren habe, die die Deutschen zum Kriegsgebiet erklärt hatten. Für sie war "die warnungslose Versenkung ein militärisch und völkerrechtlich einwandfreier Kriegsakt".


Captain William Turner - auch seinen Tod hätte Churchill und die britische Admiralität billigend in Kauf genommen, er wurde jedoch gerettet

Nach der Katastrophe bezichtigt die britische Admiralität den deutschen Admiralsstab des Massenmords auf See und beschuldigt gleichzeitig Kapitän Turner, durch seine Kursänderung das Unheil verursacht zu haben. In einem Schreiben der Admiralität an Richter Lord Mersey, der den Lusitania-Fall unersucht, wird dem Gericht sogar nahe gelegt, Kapitän Turner als den Hauptschuldigen zu verurteilen. Der Lord dagegen spricht Turner von jeder Schuld frei. Er ist über die Haltung der britischen Admiralität derart empört, dass er nie wieder das Richteramt ausübt. Turner bleibt stets dabei, dass er von der Admiralität eigene Instruktionen erhalten habe, aber er weigerte sich sein Leben lang, etwas über deren Inhalt zu sagen. Und die Akten des Naval Intelligence Department, die sich auf die "Lusitania" und ihre Ladung beziehen, sind im Navy Records Office in Bath aufbewahrt. Sie befinden sich selbst heute noch immer auf der Geheimliste!

Das New Yorker Appellationsgericht stellte Ende Januar 1923 in einer gerichtlichen Entscheidung fest, dass die "Lusitania" Munition an Bord gehabt hatte, dass die Versenkung nicht als "Seeräuberverbrechen", sondern als eine regelrechte Kriegshandlung angesehen werden muss.

Das deutsche U-Boot SM U-20 strandete am 05. November 1916 vor der jütländischen Küste und wurde selbst zerstört. Kapitän Walther Schwieger, geboren am 07. April. 1885, gilt seit dem 06. September 1917 mit SM U-88 in der Nordsee als verschollen.

Die Antwort der deutschen Reichsregierung auf dem "Lusitania"-Fall

Berlin, 30. Mai.

Die Antwortnote der kaiserlich deutschen Regierung in der "Lusitania"-Angelegenheit lautet wie folgt:

Berlin, 28. Mai.

Der Unterzeichnete beehrt sich, Seiner Exzellenz dem Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika, Herrn James W. Gerard, auf das Schreiben vom 15. d. M. über die Beeinträchtigungen amerikanischer Interessen durch den deutschen Unterseebootskrieg nachstehendes zu erwidern:

Die kaiserliche Regierung hat die Mitteilungen der Regierung der Vereinigten Staaten einer eingehenden Prüfung unterzogen und hegt auch ihrerseits den lebhaften Wunsch, in offener und freundschaftlicher Weise zur Aufklärung etwaiger Missverständnisse beizutragen, die durch die von der amerikanischen Regierung erwähnten Vorkommnisse in den Beziehungen der beiden Regierungen eingetreten sein könnten.
Was zunächst die Fälle der amerikanischen Dampfer "Cushing" und "Gulflight" betrifft, so ist der amerikanischen Botschaft bereits mitgeteilt worden, dass der deutschen Regierung jede Absicht fernliegt, im Kriegsgebiet neutrale Schiffe, die sich keiner feindlichen Handlung schuldig gemacht haben, durch Unterseeboote oder Flieger angreifen zu lassen, vielmehr sind den deutschen Streitkräften wiederholt die bestimmtesten Anweisungen gegeben worden, Angriffe auf solche Schiffe zu vermeiden. Wenn in den letzten Monaten infolge von Verwechslungen neutrale Schiffe durch den deutschen Unterseebootkrieg zu Schaden gekommen sind, so handelt es sich um ganz vereinzelte Ausnahmefälle, die aus den Flaggenmissbrauch der britischen Regierung in Verbindung mit einem fahrlässigen oder verdächtigen Verhalten der Schiffskapitäne zurückzuführen sind. Die deutsche Regierung hat in allen Fällen, wo ein neutrales Schiff ohne eigenes Verschulden nach den von ihr getroffenen Feststellungen durch deutsche Unterseeboote oder Flieger zu Schaden gekommen ist, ihr Bedauern über den unglücklichen Zufall ausgesprochen und wenn es in der Sachlage begründet war, Entschädigung zugesagt.


der von SM U-30 torpedierte Dampfer "Gulflight" sank nicht - bevor er jedoch torpediert wurde, versuchte die bewachende HMS "Filey" das deutsche U-Boot zu rammen

Nach den gleichen Grundsätzen wird sie auch die Fälle der amerikanischen Dampfer "Cushing" und "Gulflight" behandeln, über diese Fälle ist eine Untersuchung im Gange, deren Ergebnis der Botschaft demnächst mitgeteilt werden wird, und die gegebenenfalls durch eine internationale Untersuchungskommission gemäß Titel III des Haager Abkommens zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle vom 18. Oktober 1907 ergänzt werden könnte.


Die englische "Falaba" wird von SM U-28 torpediert

Bei der Versenkung des englischen Dampfers "Falaba" hatte der Kommandant des deutschen Unterseeboots die Absicht, den Passagieren und der Mannschaft volle Gelegenheit zu ihrer Rettung zu geben. Erst als der Kapitän der Aufforderung, beizudrehen nicht nachkam, sondern flüchtete und mit Raketensignalen Hilfe herbeirief, forderte der deutsche Kommandant zunächst die Mannschaft und die Passagiere durch Signale und Sprachrohr auf, das Schiff binnen 10 Minuten zu verlassen, tatsächlich ließ er ihnen 23 Minuten Zeit und schoss den Torpedo erst ab, als verdächtige Fahrzeuge der "Falaba" zu Hilfe eilten.

Was die Verluste an Menschenleben bei der Versenkung des britischen Passagierdampfers "Lusitania" anlangt, so hat die deutsche Regierung den beteiligten neutralen Regierungen bereits ihr lebhaftes Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass Angehörige ihrer Staaten ihr Leben bei dieser Gelegenheit verloren haben. Die kaiserliche Regierung vermag sich im übrigen dem Eindruck nicht zu verschließen, dass gewisse wichtige Tatsachen, die im unmittelbarsten Zusammenhang mit der Versenkung der "Lusitania" stehen, der Aufmerksamkeit der Regierung der Vereinigten Staaten entgangen sein könnten. Sie hält es deshalb im Interesse des von beiden Regierungen angestrebten Zieles einer klaren und vollen Verständigung für notwendig, sich zunächst davon zu überzeugen, dass die den beiden Regierungen vorliegenden Nachrichten über den Sachverhalt vollständig sind und übereinstimmen. Die Regierung der Vereinigten Staaten geht davon aus, dass die "Lusitania" als ein gewöhnliches, unbewaffnetes Handelsschiff zu betrachten ist. Die kaiserliche Regierung gestattet sich, in diesem Zusammenhange darauf hinzuweisen, dass die "Lusitania" einer der größten und schnellsten, mit Regierungsmitteln als Hilfskreuzer gebauten englischen Handelsdampfer war und in der von der englischen Admiralität herausgegebenen "Navy List" ausdrücklich aufgeführt ist. Der kaiserlichen Regierung ist ferner aus zuverlässigen Angaben ihrer Dienststellen und neutraler Passagiere bekannt, dass schon seit längerer Zeit so gut wie alle wertvolleren englischen Handelsschiffe mit Geschützen, Munition und anderen Waffen versehen und mit Personen bemannt sind, die in der Bedienung der Geschütze besonders geübt sind. Auch die "Lusitania" hat nach hier vorliegenden Nachrichten bei der Abfahrt von New York Geschütze an Bord gehabt, die unter Deck versteckt aufgestellt waren.

Die kaiserliche Regierung beehrt sich ferner die besondere Aufmerksamkeit der amerikanischen Regierung darauf zu lenken, dass die britische Admiralität ihrer Handelsmarine in einer geheimen Anweisung vom Februar dieses Jahres empfohlen hat, nicht nur hinter neutralen Flaggen und Abzeichen Schutz zu suchen, sondern sogar unter dieser Verkleidung durch Rammen angriffsweise gegen deutsche Unterseeboote vorzugehen. Auch sind als besonderer Ansporn zur Vernichtung der Unterseeboote durch Handelsschiffe von der britischen Regierung hohe Preise ausgesetzt und auch bereits ausgezahlt worden. Angesichts dieser ihr einwandfrei bekannten Tatsachen vermag die kaiserliche Regierung englische Kauffahrteischiffe auf dem vom Admiralstabe der kaiserlich deutschen Marine bezeichneten Seekriegsschauplatz nicht mehr als "unverteidigtes Gebiet" anzusehen; auch sind die deutschen Kommandanten infolgedessen nicht mehr in der Lage, die sonst für das Seebeuterecht üblichen Regeln zu beobachten, denen sie früher stets nachgekommen sind. Endlich muss die kaiserliche Regierung besonders darauf hinweisen, dass die "Lusitania", wie schon früher, so auch auf ihrer letzten Reise kanadische Truppen und Kriegsmaterial, unter diesem nicht weniger als 5400 Kisten Munition an Bord hatte, die zur Vernichtung tapferer deutscher Soldaten, die mit Opfermut und Hingebung ihre Pflicht im Dienst des Vaterlandes erfüllen, bestimmt war. Die deutsche Regierung glaubt in gerechter Selbstverteidigung zu handeln, wenn sie mit den ihr zu Gebote stehenden Kriegsmitteln durch Vernichtung der für den Feind bestimmten Munition das Leben ihrer Soldaten zu schützen sucht. Die englische Schiffahrtsgesellschaft musste sich der Gefahren, denen die Passagiere unter liefen Umständen an Bord der "Lusitania" ausgesetzt waren, bewusst sein. Sie hat, wenn sie sie trotzdem an Bord nahm, in voller Überlegung das Leben amerikanischer Bürger als Schutz für die beförderte Munition zu benutzen versucht und sich in Widerspruch zu den klaren Bestimmungen der amerikanischen Gesetzgebung gesetzt, die die Beförderung von Passagieren auf Schiffen, die Explosivstoffe an Bord haben, ausdrücklich verbietet und mit Strafe bedroht. Sie hat dadurch in frevelhafter Weise den Tod so zahlreicher Passagiere verschuldet. Nach der ausdrücklichen Meldung des betreffenden U-Boot-Kommandanten, die durch alle sonstigen Nachrichten lediglich bestätigt wird, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der rasche Untergang der "Lusitania" in erster Linie auf die durch den Torpedoschuss verursachte Explosion der Munitionsladung zurückzuführen ist. Anderenfalls wären die Passagiere der "Lusitania" menschlicher Voraussicht nach gerettet worden.

Die kaiserliche Regierung hält die im vorstehenden angeführten Tatsachen für wichtig genug, um sie einer aufmerksamen Prüfung der amerikanischen Regierung zu empfehlen. Indem die kaiserliche Regierung sich ihre endgültige Stellungnahme zu den im Zusammenhang mit der Versenkung der "Lusitania" gestellten Forderungen bis nach Eingang einer Antwort der amerikanischen Regierung vorbehalten darf, glaubt sie schließlich an dieser Stelle darauf hinweisen zu sollen, wie sie seinerzeit mit Genugtuung von den Vermittlungsvorschlägen Kenntnis genommen hat, die seitens der amerikanischen Regierung in Berlin und London unterbreitet worden sind, um einen modus vivendi für die Führung des Seekrieges zwischen Deutschland und Großbritannien anzubahnen. Die kaiserliche Regierung hat damals durch ihr bereitwilliges Eingehen auf die Vorschläge ihren guten Willen zur Genüge dargetan. Die Verwirklichung dieser Vorschläge ist, wie bekannt, an der ablehnenden Haltung der großbritannischen Regierung gescheitert. Indem der Unterzeichnete Seine Exzellenz den Herrn Botschafter bittet, vorstehendes zur Kenntnis der amerikanischen Regierung zu bringen, benutzt er diesen Anlaß, um dem Herrn Botschafter die Versicherung seiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern.

Seiner Exzellenz dem Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika


Und so wurde nach dem "Lusitania"-Fall, der deutsche uneingeschränkte U-Bootkrieg fast 2 Jahre lang beendet, bevor er erst 1917 wieder aufgenommen wurde. Eine entscheidende Zeit die dem Kaiserreich den Sieg kostete.



Deutsches Entgegenkommen für die neutralen Schiffe (Freie Durchfahrt durch das Sperrgebiet am 1. Juli)
Berlin, 31. Mai. (Amtlich.)

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die englische Regierung bei Erlass der deutschen Seesperre alle in England liegenden neutralen Schiffe festgehalten hatte, so dass diese Schiffe die ihnen von der deutschen Regierung festgelegten Auslauffristen nicht benutzen konnten, hatte die deutsche Regierung, den Wünschen der Neutralen folgend, einen neuen Termin zum Auslaufen der neutralen Schiffe festgesetzt. Auch an diesem neuen Termin, dem 1. Mai, hat die englische Regierung vielen neutralen Schiffen das Auslaufen aus englischen Häfen unmöglich gemacht. Die Folge waren große Versorgungsschwierigsten in einzelnen neutralen Ländern. Da die deutsche Seespeere sich nur gegen den Feind und seinen gesamten Handel richten will, und weil die deutsche Seekriegsleitung danach strebt, ihre Ziele, die ans Niederringung des Feindes gerichtet sind, zu erreichen, möglichst ohne die Neutralen in Mitleidenschaft zu ziehen, die diese Ziele nicht mutwillig zu durchkreuzen suchen, so hat die deutsche Seekriegsleitung sich trotz ernster militärischer Bedenken abermals dazu entschlossen, den Wünschen der durch Englands Willkür in Sorge geratenen Neutralen entgegenzukommen. Sie hat deshalb Befehl gegeben, dass allen neutralen, in England liegenden Schiffen am 1. Juli freie Durchfahrt durch das Sperrgebiet um England gewährt wird, falls die Schiffe bestimmte Abzeichen führen und bestimmte Wege einhalten.