Wikingerüberfälle auf das schwächelnde Westfrankenreich


Björn Eisenseite

Bevor sich Wikinger im Westfrankenreich festsetzen bleibend festsetzen konnten, registrierte man 799 und 804 erste Wikingerüberfalle, wobei diese ersten in Aquitanien stattfanden. 820 wiederholte sich das noch einmal. 834 überfällt eine Flotte aus 67 Schiffen Nantes. Im Jahr 844 tauchte eine 100 Schiffe zählende Flotte der Wikinger unter dem Kommando von Björn Eisenseite und Hástein an den Küsten Aquitaniens auf. Sie folgten dem Lauf der Garonne bis Toulouse und plünderten dabei ungestraft die Gegend links und rechts des Flusses. Toulouse verschonten sie jedoch. 845 sind sie erneut auf der Garonne präsent. Nur vier Jahre später (848) wurde Bordeaux nach langer Belagerung von Wikinger unter Hastein (Hæsten) erobert, wobei der damalige Graf Beguin im Abwehrkampf fiel. Ein Jahr später folgte Perigueux, was 849 geplündert wurde. Zwischen 848 und 859 wurden zudem auch Saintes, Limoges, Moissac und weitere aquitanische Orte geplündert. In dieser Zeit siedelten sich auch viele Wikinger an der Garonne und Charente an und unterhielten Winterlager auf der Insel Re und Noirmoutier, womit sie sich den langen Rückweg nach Skandinavien sparen konnten.

Vor der Loire wurde auf einer Insel Winterquartier bezogen, bevor man 853 Tours eroberte. Jahre später wurde 865 Poitiers verbrannt und die Beute dieses Kampfes der örtlichen Kirche von St. Hilarius gestiftet. Von der Loiremündung aus fuhren 859 die Wikinger Björn und Hastein mit 62 Booten nach Gibraltar und fuhren über Algejiras und der nordafrikanischen Küste entlang und von dort bis zum Rhonedelta, bis sie erst 862 zurückkehrten.

Nachdem bereits 840 erste Winterlager von Wikingern im Westfrankenreich errichtet wurden, saß ab 843 mit Karl dem Kahlen ein Enkel Karls des Großen und damit ein Karolinger auf den Thron. Unmittelbar davor überfielen Wikinger 841 in Rouen an der Seine, 842 Quentovic und 843 erneut Nantes, wo sie ab 919 ebenfalls Wikinger ansiedelten. Interne Machtkämpfe lähmten jedoch das Westfrankenreich unter Karl dem Kahlen. So erhob Karls Neffe Pippin II. von Aquitanien (838-848) Ansprüche auf die Herrschaft. Gleichzeitig erwogen die tonangebenden fränkischen Adligen, die Krone des Westreichs den Karolingern im Osten anzubieten. So geschehen etwa noch zu Zeiten Karls des Kahlen gegenüber Ludwig dem Deutschen und später gegenüber dessen Sohn Karl III., der schließlich 885 vorübergehend zum Kaiser des Gesamtreichs erhoben wurde.

Karl der Kahle agierte unglücklich mit seiner Reichspolitik und fand auf einem Italienfeldzug 877 den Tod. Seine Söhne Ludwig II., Ludwig III. und Karlmann erwiesen sich sämtlich als schwache Herrscher. Nur zwei Jahre nach Beginn seiner Herrschaft erlebte er die erste große Krise durch einen Wikingerangriff auf Paris, dem eine erfolgreiche Belagerung folgte. Die Belagerung von Paris im Jahr 845 war zugleich die erste Belagerung der Stadt durch Wikinger und fand unter dem Anführer Reginheri statt, der mit dem dänischen Wikingerkönig Horik I. verbündet war. Es ist wahrscheinlich, dass der von Rimbert erwähnte Raginarius mit Reginheri identisch ist und den historischen Kern der Geschichte von Ragnar Lodbrok (altnordisch: "Ragnarr Loébrék") darstellt.


das in der Serie "Vikings" visualisierte Paris, des 9. Jahrhundert

Im März 845 erreichte eine Flotte von 120 Wikingerschiffen mit mehr als 5.000 Mann die Mündung der Seine unter dem Kommando ihres Anführers "Reginherus" oder Ragnar. Dieser Ragnar soll mit der legendären Saga-Figur Ragnar Lodbrok identisch sein, insgesamt bleibt diese Identifizierung bis heute umstritten. Um 841 hatte Ragnar landeinwärts in Turholt, Flandern, von Karl dem Kahlen Land erhalten, aber er verlor dieses Land wieder, sowie die Gunst des Königs. Ragnars Wikingerheer hatte schon 841 von der Seine aus Rouen überfallen, bevor er im Jahre 845 sich zum Angriff auf Paris entschloss.

Karl, der entschlossen war, die königliche Abtei von Saint-Denis (bei Paris) nicht zerstören zu lassen, teilte dafür sein Heer in zwei Teile, ums so auf beiden Seites des Flusses abwehrbereit zu sein. Ragnar griff zuerst den kleineren fränkischen Heeresteil an und besiegte ihn. Er konnte 111 Gefangene machen und erhängte sie auf einer Insel an der Seine. Dies geschah, um den nordischen Gott Odin zu ehren und um Terror in den verbliebenen fränkischen Streitkräften zu schüren.


der legendäre Ragnar Lodbrok mit einem Flügelhelm der Asenzeit.

Die Wikinger kamen am Ostersonntag, dem 29. März in Paris an und plünderten die Umgebung der Stadt. Während der Belagerung brach im Wikingerlager eine Pest aus. Die Nordmänner hatten gefangen Christen im Lager. Auf den Rat eines ihrer christlichen Gefangenen beteten sie zuerst zu ihren Göttern und begannen danach eine Art Heilfasten, worauf die Pest schließlich nachließ. Die Franken konnten 845 keine wirksame Verteidigung organisieren und die Wikinger zogen sich erst zurück, nachdem sie von Karl dem Kahlen ein Lösegeld von 7.000 Livres (Französische Pfund) Silber und Gold erhalten hatten, wobei dieser Schatz etwa 2.570 Kilogramm wog.

In Anbetracht von Ragnars früherem Verlust von Land an Karl dem Kahlen könnte die beträchtliche Zahlung auch als eine Art Entschädigung für Ragnar und die Invasion selbst als Racheakt angesehen worden sein. Dies war die erste von insgesamt dreizehn Zahlungen des sogenannten Danegelds an Wikingerräuber durch die Franken, obwohl der Begriff zu dieser Zeit noch nicht bekannt war. Während Ragnar sich bereit erklärte, sich aus Paris zurückzuziehen, plünderte er auf der Rückreise noch mehrere Orte entlang der Küste, darunter die Abtei des Heiligen Bertin.

Obwohl Karl der Kahle heftig kritisiert worden war, weil er den Wikingern die hohe Lösegeldzahlung gewährt hatte, hatte er andere kritischere Fragen zur gleichen Zeit zu behandeln, darunter Streitigkeiten mit seinen Brüdern, regionale Revolten und verärgerte Adligen sowie Druck aus dem Ausland. Da er Schwierigkeiten hatte, seinen eigenen Zählungen zu vertrauen, um Truppen zu versammeln und zu führen, um Ragnars große Truppe militärisch zu besiegen, würde eine Bezahlung stattdessen Karl Zeit verschaffen und möglicherweise einen Frieden vor weiteren Wikingerangriffen sichern – zumindest für die nähere Zukunft.

Die Verlockung, nochmals Lösegeld zu erpressen, führte jedoch in der Folge alle paar Jahre zu weiteren Überfällen auf die Stadt, welche in der fast einjährigen Belagerung von 885/886 gipfelten.

Primärquelle: Wikipedia
Krause, Die Normanen
von Weltzien, Wikinger aus genealogischer Sicht

885 - Die große Belagerung von Paris unter Rollo und Siegfried

Ab der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts kreuzten fast ständig Wikinger-Geschwader vor der Loire und Seine, womit der Seehandel des Westfrankenreichs gelähmt wurde. An beiden Flussmündungen wurden befestigte Basen errichtet, wobei kleine Inseln, wie vor der Loire auf Noirmoutier die optimale Lösung darstellten. 866 zog der einem rheinfränkischen Geschlecht stammende Graf Robert der Tapfere gegen die Loire-Normannen unter Hastein (Hæsten) , überlebte aber die Schlacht von Brissarthe nicht. Dem fränkischen Heer gelang es zunächst, die Bretonen und Wikinger bei Brissarthe zu stellen, bevor sie ihre Boote an der Loire erreichen konnten. Letzte Zuflucht war eine Kirche flohen, die umgehend von den Westfranken belagert wurde. Am Abend entschlossen sich die Wikinger, einen Ausfall zu wagen.


Von Hasteins (Hæsten) Wikingern getötet; Graf Robert der Tapfere

In diesem Kampf wurde Robert der Tapfere getötet, Ranulf durch einen Pfeil tödlich verwundet, Hervé verletzt. Die führerlosen Franken hatten genug und zogen sich zurück. Und es kam noch ärger. Am 3. August 881 wurde zwar in der Picardie ein Wikingerheer von König Ludwig III. in der Schlacht bei Schlacht bei Saucourt geschlagen, doch nur ein Jahr später starb bereits der erst 18 jährige König, ohne jemals geheiratet und Kinder gezeugt zu haben. Etwa 9000 berittene Wikinger sollen gefallen sein.

Nach den Annalen von St. Bertin hat sich Ludwig III. jedoch nicht wie ein Sieger benommen: „Ludwig, sein Bruder, war zurückgekehrt, um sich den Normannen entgegenzustellen, die alles auf ihrem Weg verwüstend, das Kloster Corbie, die Stadt Amiens und andere heilige Orte besetzten. Nachdem er einen Großteil von ihnen getötet und die anderen in die Flucht geschlagen hatte, wandte Ludwig selbst den Rücken und ergriff die Flucht, ohne von irgendwem verfolgt zu werden, und zeigte so durch das Urteil Gottes, dass das, was sich gegen die Normannen getan hatte, durch die göttliche und nicht durch die menschliche Kraft geschehen war.“ Was also auch immer da wirklich geschah, ein Sieger flieht nicht vom Schlachtfeld und schönreden lässt sich sowas durch Mönche auch nicht.

Die künftige nach Wikingern benannte Normandie war nach den Schriftquellen noch um 800 eine friedliche und geradezu aufblühende Region. Rouen (Ruhen) am Unterlauf der Seine hatte bereits als Rotomagus in der römisch-gallischen Provinz Lugdunensis geglänzt und war spätestens seit dem 4. Jahrhundert Sitz eines Bischofs bzw. Erzbischofs. Mit den reichen Klöstern der Umgebung galt das Gebiet als »ein Schmuckstück des Königreichs Neustrien«, also des westlichen Merowingerreiches. Die Wikinger bereiteten dem Frieden dieser Region jedoch ein Ende: 841 überfielen sie unter Ragnar Lothbrok erstmals Rouen. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten geschah dies immer öfter und betraf immer mehr Städte und Klöster. Rouen wurde bis 876 fünfmal überfallen, Fecamp 842, der Mont-Saint-Michel 847, Evreux, Bayeux 858, Coutances und Avranches 866. Hinzu kam die ständige Bedrohung der Küsten am Ärmelkanal und an der Mündung der Seine, die das Einfallstor für Wikingereinfälle nach Paris bildete.


Die Seineinsel Oissel im August 1944. Auf ihr errichteten Wikinger 851 ein Winterlager

Seit 851 überwinterten die Wikinger an der Seine in verschanzten Lagern auf der Seineinsel Oissel unweit Rouen und Jeufosse weiter südlich. Auch hier bedienten sie sich ihrer oben beschriebenen Taktik von Piraterien über dauerhafte Stützpunkte bis hin zu Bündnissen und Absprachen mit lokalen Herrschern bzw. den Königen. Von deren mehr oder weniger wirkungslosen Befestigungsmaßnahmen haben wir schon gehört. Ebenso von Zahlungen der Krone an die Invasoren - sie wurden immerhin bis 926 geleistet.

885 wurde Paris erneut belagert, was nach 845 erheblich seine Befestigungen ausgebaut hatte. In diesem Jahr ging ein großes dänisches Heer an der Seine-Mündung an Land und forderte einen hohen Tribut, was Karl III. zunächst ablehnte. Daraufhin fuhren die Wikinger mit angeblich 700 Schiffen der Seine hoch, wo sie am 25. November 885 vor den Toren von Paris eintrafen. Die Dänen sollen etwa 30.000 Mann unter dem Befehl von Siegfried und Rollo aufgeboten haben, doch dürften die Quellenangaben übertrieben sein. Die Zahl, die größte, die jemals für eine Wikingerflotte in zeitgenössischen Quellen verzeichnet wurde, stammt von Abbo Cernuus. Obwohl ein Augenzeuge, gibt es allgemeine Übereinstimmung unter Historikern, dass Abbos Zahlen "eine grobe Übertreibung"sind. Der Historiker C. W. Previté-Orton bezifferte die Anzahl der Schiffe auf 300 und John Norris auf "etwa 300".

Das Stadtgebiet von Paris beschränkte sich im späten 9. Jahrhundert noch auf die Île de la Cité, bei der es sich um eine Seine-Insel handelt. Die Stadt war durch zwei Brücken mit dem Festland verbunden, eine steinerne im Norden (heute Pont Notre-Dame) und eine hölzerne im Süden (Petit Pont), an deren Enden Wachtürme errichtet worden waren. Geschützt wurde Paris durch eine steinerne Stadtmauer. Als die Dänen vor der Stadt eintrafen, befanden sich in Paris lediglich 200 adlige Kämpfer und deren Gefolge. Befehligt wurden die Verteidiger der Stadt von Odo, dem älteren der beiden Söhne Roberts des Tapferen, der ab 882 Graf von Paris war. Unterstützt wurde Odo von Bischof Gauzlin, der als "Kampfbischof" sich mit einem Bogen und einer Axt an den Kampf beteiligte. Er pflanzte ein Kreuz auf die Außenverteidigung und ermahnte das Volk. Auch sein Bruder Ebles schloss sich den Kämpfen an. Als die Belagerung begann, befand sich Kaiser Karl III. auf einem Feldzug in Italien, so dass die Verteidiger von Paris in absehbarer Zeit nicht mit dem Eintreffen eines Entsatzheeres rechnen konnten.


Der in der Serie "Vikings" nachgestellte Kampf um Paris

Am Tage nach der Ankunft begann der Wikingerführer Siegfried zunächst Verhandlungen mit dem Bischof Gauzlin: er schlug vor, Gauzlin solle die wikingische Flotte ungehindert an Paris vorbeifahren lassen, wogegen er völlige Schonung der Stadt wie der Besitzungen Odos und Gauzlins versprach. Der Bischof lehnte Siegfrieds Vorschlag ab unter Hinweis auf seine Vasallenpflicht, woraufhin sich Siegfried unter Drohungen entfernte. Der Kampf um Paris begann. Nur einen Tag nachdem die dänischen Wikinger den Belagerungsring um Paris geschlossen hatten, begannen sie schon am 26. November damit, die Stadt mit tausend Steinbrocken und Pfeilen zu beschießen, wofür sie Katapulte und Mangonels einsetzten. Die Verteidiger der Stadt wehrten einen ersten dänischen Sturmangriff ab, indem sie siedendes Öl von den Mauern gossen. Der besonders hart umkämpfte Turm am Ende der nördlichen Brücke wurde von den Belagerten in der Nacht zum 27. November um ein Stockwerk erweitert.

Bei weiteren Angriffen auf die Stadt setzten die Dänen Rammböcke ein und versuchten, die Türme zu unterminieren. An den heftigen Kämpfen beteiligte sich auch Bischof Gauzlin. Nachdem sämtliche Sturmangriffe von den Verteidigern abgewehrt worden waren, hoben die Dänen Gräben um die Stadt aus, in denen sich ein Teil von ihnen verschanzte, während die restlichen Truppen das Umland von Paris plünderten.

Ende Januar nahmen die Dänen den Kampf wieder auf. Sie steckten drei ihrer Schiffe in Brand und ließen sie in Richtung der südlichen Brücke von Paris treiben, die komplett aus Holz bestand. Die Schiffe gingen unter, bevor sie die Brücke erreichten. Was den Wikingern nicht gelang, wurde am 6. Februar 886 von schweren Regenfällen vollbracht. Die Seine trat über die Ufer und riss die von harten Kämpfen stark beanspruchte Holzbrücke weg. Der Turm südlich der Brücke war mit nur zwölf Verteidigern von Paris abgeschnitten. Die Wikinger forderten die Zwölf auf sich zu ergeben, aber sie weigerten sich und wurden alle später getötet.


Der umkämpfte Brückenturm von Paris

Durch die Zerstörung der Brücke wurde es den Dänen ermöglicht, ungehindert flussaufwärts zu fahren. Sie begaben sich auf einen Plünderungszug entlang der Seine, ließen aber genügend Kämpfer für das Aufrechterhalten der Belagerung zurück. In dieser Situation schickte Graf Odo einen Boten an den Belagerern vorbei zu Karl III., um diesen um Hilfe zu bitten. Als bekannt wurde, dass sich Heinrich, der Heerführer Karls III., mit einem Heer von Osten näherte, um die Belagerung zu beenden, sank die Kampfmoral der Wikinger erheblich. Nachdem Siegfried von Graf Odo etwa 30 Kilogramm Silber erhalten hatte, zog er Mitte April mit seinen Truppen ab.


Die Rollo-Skulptur von Falaise
Pradigue, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Rollo und seine Kämpfer waren aber nach wie vor entschlossen, Paris einzunehmen. Als im April eine Seuche in der Stadt ausbrach, der auch Bischof Gauzlin zum Opfer fiel, wurde die Lage für die Verteidiger kritisch. Graf Odo schlich sich an den Belagerern vorbei aus der Stadt, um zu Karl III. vorzudringen. Odo brachte schnell in Erfahrung, dass Karl sich bereits auf den Weg nach Paris gemacht hat, während Heinrichs Ankunft unmittelbar bevorstand. Mit der Unterstützung weniger Westfranken gelang es Graf Odo, nach einem Kampf mit den Dänen wieder Paris zu erreichen. Heinrich wurde jedoch auf dem Weg nach Paris getötet, während sich Karls Ankunft verzögerte. Dies nutzte Rollo zu einem letzten Großangriff, der von den Verteidigern der Stadt abgewehrt wurde.

Im Oktober erschien Karl III. vor Paris und schloss mit seinen Truppen das dänische Heer ein. Anstatt die Dänen anzugreifen, eröffnete Karl Verhandlungen mit ihnen. Dabei erklärte er sich bereit, den Dänen die Summe zu zahlen, die Graf Odo nicht zu zahlen bereit gewesen war. Karl III. gestand den dänischen Wikingern die freie Fahrt auf der Seine zu und versprach ihnen, einen Tribut von etwa 350 Kilogramm Silber zu leisten. Entgegen diesen Vereinbarungen verweigerte Graf Odo den Wikingern nach wie vor die Nutzung der Seine, so dass diese ihre Schiffe an Land holten und sie bis zur Marne transportierten. Sie fuhren dann die Marne flussaufwärts, um Burgund zu plündern. Dies war auch Karls Absicht, da Burgund gegen seine Herrschaft revoltierte. Was Karl als geschicktes Taktieren erschien, wurde von der Pariser Bevölkerung als Verrat und Feigheit betrachtet. Und Rollo sollte auch wieder kommen.

Primärquelle: Wikipedia
Krause, Die Normannen
https://thevikingrealm.com/one-watches-v...agnar-lothbrok/
https://screenrant.com/vikings-rollo-ragnar-worst-best/

Rollo Rögenvaldson, Jarl der Normannen

Um das Jahr 900 machten verschiedene skandinavische Trupps das Gebiet der Seinemündung unsicher. Da mag sich König Karl der Einfältige eines speziellen Präzedenzfalles seines Großvaters Karl des Kahlen erinnert haben, der sich 867 auf ein Bündnis mit den Bretonen eingelassen hatte. Diese erhielten die Gebiete des Contentin und des Avranchin und verpflichteten sich im Gegenzug zur Sicherung der Seinemündung, die dauerhaft als gefährlichstes Einfallstor der Wikinger galt. Obwohl diesem Abkommen anscheinend ebenso wenig Erfolg beschieden war wie solchen mit Wikingerführern, versuchte es der westfränkische König ein weiteres Mal. Aber diesmal wurde daraus eine Erfolgsgeschichte, mit weitreichenden Folgen.

Denn nun kommt der Wikingerführer Rollo ins Spiel. Wenig ist von ihm bekannt, und in den Quellen für den Zeitraum vor 911 findet er sich kaum. Eine Hauptquelle ist daher der Kleriker und Chronist Dudo von Saint-Quentin (ca. 965 - vor 1043), der fast 100 Jahre später eine Normannengeschichte vorlegte, die mit ihrer kunstvollen Anlage mehr der antiken Aeneis und biblischen Motiven verbunden ist als der historischen Realität. Außerdem schrieb Dudo sein Werk am Hof des Normannenherzogs Richard II. und in dessen Auftrag, weswegen ihm eine Glorifizierung der frühen Geschichte der Normandie zu unterstellen ist. Aber an der Tatsache skandinavischer Ursprünge kommt auch Dudo nicht vorbei - sie gehörte zum Gründungsmythos der Normannenherzöge.

Eine »lange Räuber- und Piratenkarriere« wird Rollo jedenfalls beschieden. Gern verweist man auch auf den isländischen Gelehrten Snorri Sturluson (1x79-1241), der um 1220 eine Geschichte der norwegischen Könige (altnord. Heimskringla) geschrieben hat. Auch wenn es nicht unmöglich ist, dass Snorri Werke der normannischen Historiographie kannte, erzählt er doch aus der Perspektive der Heimat der Wikinger. Und dort taucht in der Saga des Königs Harald Schönhaar (Haralds saga härfagra), des ersten Reichsgründers Norwegens, auch jener Mann auf, der im Süden unter dem Namen Rollo firmiert (Haralds saga härfagra 24). Snorri nennt ihn Rolf (altnord. Hrölfr), der ihm zufolge als großer Wikinger viele Gebiete Norwegens heimsuchte. Da er von so außergewöhnlichem Wuchs war, dass ihn kein Pferd zu tragen vermochte, erhielt er den Spitznamen Gongu-Hrölfr (Gang-Rolf). Der Name Rollo wird allgemein als eine Latinisierung des altnordischen Namens Hrlfr vermutet – eine Theorie, die durch die Wiedergabe von Hr.lfr als Roluo im Gesta Danorum gestützt wird. Hrólfr ist dabei als Wolfsname zu deuten, er erinnert auch an Hrólfr Kraki, einem legendären Vorzeitherrscher. Laut Adigard des Gautries ist Hrólfr das Ergebnis der Kombination und Kontraktion von hróð und ulfr, was jeweils "Ruhm" und "Wolf" bedeutet.

Diese Zuweisung gilt jedoch heute als unsicher, ausgerechnet für Dudo war Rollo ein Däne, der mit einem dänischen Wikingerverband aus England in die Normandie einfiel. Dieser Aussage kommt Gewicht zu, da sein Informant Raoul d’Ivry ein Halbbruder des Normannenherzogs Richard I. war. In Dänemark soll Rollo aus dem Gebiet um Faxe kommen und dass er Dänemark um das Jahr 865 nach einer Fehde mit einem namenlosen König und seinen Männern verließ. Als Rollos Vater starb, wurde Rollos Bruder Gurim getötet, woraufhin Rollo fliehen musste. Er kam dann über die Hebriden-Insel Islay in die Normandie.

Endgültig geklärt ist das jedoch noch nicht, denn auf Britannien und Irland wirkten auch norwegische Wikinger. Die isländischen Sagas des 13. Jahrhunderts stellen ihn eher als Norweger dar. Diese letzte These scheint heute Zustimmung zu gewinnen. Dieselben Sagas erklären, dass Rollon Rognevalds (Røgenvald, Rögenvald) Sohn ist, ein Jarl (Graf) der Region Møre og Romsdal, im mittleren Westen Norwegens. Die Ruinen seines Schlosses befinden sich am südlichen Stadtrand von Ålesund. Wie viele andere Skandinavier ist er schließlich gezwungen, sein Land zu verlassen und die Meere zu durchqueren. Die Heimskringla erzählt, dass er von König Harald mit schönem Haar aus Norwegen verbannt wird, weil er Plünderungen im Land begangen hat.


Røgnvald Eysteinsson, Jarl von Møre

Rollo Rögenvald würde damit einem mächtigen Wikinger-Clan angehört haben, denn sein erfahrener Vater Røgenvald aus Drontheim wurde 870 von Harald Schönhaar als Jarl von Møre auf den Orkneyinseln eingesetzt. Beide, Rögenvald und Harald Schönhaar stammen in den Sagas von Ragnar Lodbrok ab, Rögenvald als direkter Sohn und Harald Schönhaar als Nachkomme des Lodbroksohnes Sigurd Schlangenauge. Rollo wäre demnach Ragnars Enkelsohn und nicht sein Bruder, wie man ihn in der Serie „Vikings“ darstellt.


In "Vikings" falsch dargestellt: Nach den Sagas ist Rollo nicht Ragnars Bruder, sondern sein Enkelsohn. Björn Eisenseite war deshalb Rollos Onkel, was auch seine Zusammenarbeit beim Überfall auf Rouen unterstreicht.

Von dieser Jarlschaft auf den Orkneys aus begann Rögenvald von Møre Teile von Schottland zu unterwerfen. Er war mit Hild Rolvsdatter, der Tochter von Rolv Nevja verheiratet. Seine Söhne waren Torf-Einar Røgnvaldsson (* um 910), Orkneyjarl, und Gange-Rolv (* um 900), der oft mit dem Wikinger Rollo identifiziert wird. Auch ein Sohn Sigurd der Mächtige ist bekannt, dem sein Vater die Jarlschaft der Orkneys übertrug. Dieser wurde von Halfdan Langbein ermordet. Torf-Einar Røgnvaldsson soll ihm dafür aus Rache die Eingeweide herausgerissen haben, danach geköpft und so Odin geopfert. Torf-Einar herrschte von 885 - 910 selbst als Jarl über die Orkneys. Ein weiterer Bruder Rollos war Harollager, der mit ihm zusammen in die Normandie ging und dort Graf von Hiesmes (Hiémois) wurde. Das waren noch nicht alle Rögenvald Söhne, so gehörte auch ein Halbbruder Rollo namens Einar, der die Färör-Inseln eroberte, in England und vor Paris kämpfte und selbst auf Entdeckungsfahrt ging, wo entweder die "blauen Berge" von Grönland oder Amerika sah. Sein Schicksal ist jedoch ungewiss, er wurde irgendwann wegen Strandraubes vertrieben. Zu den Rögenvalds gehörte vermutlich ein Heerführer Gottfried, der schon 885 starb und auch Halland, der eigentlich zuerst auf Sigurd auf den Orkneys folgte, doch bereits wegen Unfähigkeit 876 fliehen musste. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Durch weitere Nachkommen von Rögenvald vergrößerte sich zwar der Familien-Clan immer weiter, die meisten blieben bedeutungslos. Zudem setzte später durch Besitzteilung auf den Orkneys der Niedergang der Rögenvald-Jarlschaft ein.

Der Name Rögenvald könnte sich jedoch in der Ostsee verewigt haben, wo er durchaus der ursprüngliche Gründungsname von Rügenwalde gewesen sein kann. Bisher will man den Namen allein von den uralten Rugiern herleiten, was jedoch auf das angehängte "wald" (vald) nicht wirklich überzeugt und zu weit hergeholt wirkt. Rügenwalde wird zwar erst 1271 erstmals als Ruyenwolde erwähnt, doch längere Zeit zuvor existierte in der Gegend die Burg Thirlow oder Dirlow mit der gleichnamigen Kastellanei, die durchaus mit Blick auf den lukrativen Bernsteinhandel längere Zeit im Besitz eines Rögenvalds gewesen sein könnte. Ihr Name könnte noch nach dem nordischen Ase Tyr benannt sein. In Rügenwalde wurde auch Erik von Pommern als König von Dänemark (1396 bis 1439) geboren und starb auch in dieser Stadt. Sein Grab befindet sich in der gotischen Marienkirche im Zentrum von Rügenwalde.


eine weitere Darstellung Rollos, diesmal ohne Vollbart

Als Rollo seine Überfälle und Plünderungen in der Heimat zu weit trieb, verbannte ihn König Harald aus Norwegen. Danach fuhr Rolf zu den Hebriden, um dann schließlich Frankreich (altnord. Valland) mit seinen Überfällen heimzusuchen. Dort eroberte er sich ein mächtiges Herzogtum (altnord. Jarlsriki), in dem er zahlreiche Nordmänner ansiedelte und »seitdem wird es Normandie (altnord. Norömanndi) genannt«.

Es schließt sich eine Auflistung der folgenden Herzöge an, womit Snorri seine Grundkenntnisse normannischer Geschichte beweist. Nun mag man der Heimskringla durchaus eine »sagenhafte Verzerrung« der Gestalt Rollos unterstellen. Sie belegt jedoch recht glaubwürdig dessen norwegische Herkunft. Und in der Tat sind auch andernorts einzelne Norweger und Gruppen neben den überwiegenden Dänen bezeugt. Folgen wir einigen Mutmaßungen, ergäbe sich jedenfalls ein Bild, demzufolge Rollo nicht gleichsam aus dem Nichts um 911 aufgetaucht ist. Als norwegischer Exilant könnte er sich bereits um 876 an der unteren Seine niedergelassen haben.

Nicht grundsätzlich von der Hand zu weisen wären Beziehungen zu den Dänen in England, etwa zu Guthrum. Auch an der legendären Schlacht um Paris könnte er 885 beteiligt gewesen sein. Zuweilen werden ihm sogar gute Verbindungen zu fränkischen Adelsfamilien nachgesagt, manifestiert gegen 890 in der Heirat mit Poppa, einer Tochter des Grafen Berengar von Bayeux. Nach Dudo und anderen Chronisten geschah dies gewaltsam nach der Eroberung Bayeuxs und der Tötung des Grafen - was dann wohl doch dem Wunsch nach einer dramatischen Erzählung geschuldet sein wird.

Jedenfalls muss Rollo als eingesessener Wikinger Nordfrankreichs gelten, der sich mit den politischen Verhältnissen das Landes auskannte und sie mit verschiedenen Mitteln mitgestaltete. Dazu gehörte auch die Schlacht, in der Rollo 911 bei Chartres durch das Heer Karls des Einfältigen eine empfindliche Niederlage erlitt. Rollo befand sich anscheinend in einer derart misslichen Situation, aus der ihn nur noch ein möglichst schneller Rückzug retten konnte. Da unterbreiteten ihm die Gesandten des Königs einen unerwarteten Vorschlag: Wenn er sich bereit erkläre, ihrem Herrn Treue zu schwören, Christ zu werden und die Küste vor anderen Wikingern zu schützen, erhalte er für sich und seine Leute ein Gebiet an der Seinemündung.

Dieses Angebot klang interessant und konnte auf die bekannten Präzedenzfälle verweisen. Auf dem Festland hielt sich zwar keine dieser Wikingerkolonien auf Dauer, aber einen weiteren Versuch schien es beiden Parteien wert zu sein. Demzufolge trafen sich der westfränkische König Karl und der norwegische Wikingerführer Rollo 911 an dem Flüsschen Epte unweit der Seine in Saint-Clair-sur-Epte ca. 75 km nordwestlich von Paris. Zwischen beiden und ihren Unterhändlern wurden offenbar zähe Verhandlungen geführt, die schließlich zu folgenden Ergebnissen führten: Rollo erhielt das Mündungsgebiet der Seine einschließlich der Stadt Rouen zum Eigentum und wurde Vasall des Königs. Dort sollte Rollo als Graf nach eigenem Gutdünken schalten und walten. Von den Historikern als der erste Herzog der Normandie und der Gründer des normannischen Herzogtums angesehen, trägt er jedoch nicht den Titel des Herzogs der Normandie, sondern nur den des Jarl der Normannen, das Äquivalent des französischen Grafen. Seine Verpflichtung bestand allerdings darin, das Land und die Küste vor Überfällen zu schützen, die insbesondere von anderen Wikingern ausgingen. Untrennbar verbunden mit diesem Freundschaftsbündnis war die Taufe Rollos und die Annahme des christlichen Glaubens - was natürlich auch für seine Gefolgsleute galt.

Wie üblich nahm der Wikinger einen Taufnamen an, nämlich Robert, der seinem Taufpaten, dem Markgrafen Robert von Neustrien (866-923) geschuldet war - dem Bruder des Kapetingers Odo, der gegenüber Karl dem Einfältigen keine Thronansprüche erhob. Mit der Allianz war auch ein Heiratsbündnis verknüpft, das seinen Ausdruck in Rollos Eheschluss mit der Königstochter Gisela fand. Dass Erzbischof Franco von Rouen (911-919) den Vertrag federführend vermittelte belegt die Bedeutung des Geschehens. Der Originaltext dieses bedeutsamen Dokuments ist nicht erhalten, bezüglich seiner Auswirkungen gilt er jedoch als die »Geburtsurkunde der Normandie«. Einziger Gewährsmann ist zum wiederholten Mal Dudo, der noch eine berühmt gewordene Anekdote liefert: Demnach weigerte sich Rollo, König Karl als dessen Vasall den Fuß zu küssen. Diese Aufgabe übernahm ein Gefolgsmann, der aber ebenfalls dieser Zeremonie nichts abgewinnen konnte und darum des Königs Fuß zum Kuss anhob - woraufhin Karl der Einfältige das Gleichgewicht verlor und hintüber stürzte. Die anwesenden Zuschauer und Wikinger brachen in lautem Gelächter aus. Der offenkundige Sinn dahinter ist die Veranschaulichung der Freiheitsliebe der Normannenfürsten, die in der Tat dem französischen König gegenüber keine gehorsamen Vasallen waren.


Primärquelle: Krause, Die Normannen
von Weltzien, Wikinger aus genealogischer Sicht
Wikipedia
https://www.thecelebritycastle.com/vikin...rollos-arrival/

Rollos Herrschaftszeit

Von Rollo-Roberts 20 Regierungsjahren - er starb um 931 - ist wenig überliefert. Der zeitnahe Chronist Flodoard von Reims (894-966) nennt ihn namentlich überhaupt nicht, nur die Bezeichnung princeps Normannorum (»Fürst der Normannen«) dürfte sich auf ihn beziehen. Auch von der Normandie zu sprechen, war offensichtlich noch nicht üblich. Besagter Flodoard bezeichnet 925 jedenfalls deren Bewohner als Nordmanni de Rodome foedus (»Normannen von Rouen«). Laut Jean Renaud hatten sich Dänen bereits an der Mündung der Seine niedergelassen, ganz zu schweigen von der regelmäßigen und unabhängigen Kolonisierung an der Küste des Cotentin durch irische und norwegische Wikinger.


Die Landnahme der Wikinger in der Normandie

Was das spätere Herzogtum betrifft, erlebte Rollos Machtgebiet noch etliche Erweiterungen, so 924 im Westen um das Bessin einschließlich Bayeux und Hiesmois (wo sein Bruder Harollager herrschte) sowie im Süden um Maine. Ob sich Rollo tatsächlich an die Vereinbarungen des Vertrags von Saint-Clair-sur-Epte hielt, ist unklar. Nachdem Karl der Einfältige abgesetzt und eingesperrt worden war, fühlte sich Rollo weniger an den Vertrag gebunden. Eigenmächtig griff er 923 die Picardie und Flandern an. Für den Angriff auf Beauvais verbündete sich Rollo laut Flodoard mit Ragenold, dem Anführer der Loire-Wikinger, der nachfolgend mit "seine Landsleute von Rouen" zusammen Beauvais plünderte.


berittener Krieger der Normannen

Rollo stieß jedoch schnell auf Widerstand von Hugo dem Großen, Sohn von Rollos Pate, und Arnulf I., Sohn Balduins II., die 924 eine Strafexpedition gegen die Normandie durchführten, doch nicht den gewünschten Erfolg erbrachte. Rollo wurde dafür sogar Entschädigung zugesprochen, wozu auch die bereits erwähnten Gebiete bei Bessin und Hiesmois gehörten. Im Jahr 925 soll Rollo in Franzien erneut den Frieden von 924 gebrochen haben. Mit seinem Heer bezog er erneut Stellung in der Grafschaft Flandern.


Die Kirche Basse Oeuvre in Beauvais stammt noch aus dem 10. Jahrhundert, wo die Normannen Rollos die gesamte Stadt geplündert hatten

Neben Beauvais wurden auch Amiens, Arras und schließlich Noyon abwechselnd geplündert und niedergebrannt. Angesichts dieses Überfalles vereinten Graf Herbert und König Raoul erneut ihre Kräfte, um die Grafschaft der Normandie zu plündern. Rollos Heer drängte sie jedoch ab, aber der Jarl sah sich einem Aufstand der Bessin-Leute gegenüber, die nicht Untertanen der Normannen sein wollten. Den Aufstand konnte er zunächst nicht niederschlagen, den von Flandern fiel das Heer von Arnulf I. ein, der Bresles eroberte und danach die normannische Festung Eu belagerte. Rollo schichte etwa 1000 Krieger zur Verstärkung, doch die Festung konnte trotzdem nicht gehalten werden und von den Flamen mitsamt den Normannen verbrannt.


das zur Normannenzeit umkämpfte Bresles

Hugo der Große begann jetzt zu vermitteln, worauf die Feindseligkeiten beendet wurden. Die Normannen akzeptierten die Bedingungen des Abkommens und gaben das Land zurück, das sie erst erobert hatten. Die Söhne von Baudouin II. der Kahle, Arnulf I. von Flandern und Adolphe de Boulogne, nahmen ihre Besitztümer wieder auf. Raoul de Gouy und Helgaud de Ponthieu taten dasselbe. Diese Niederlage der Normannen war ohne Folgen, denn die Normandie erlitt keine territorialen Verluste durch diesem Frieden.

Der Chronist Richer von Reims (888–995), beschreibt ihn als „dux Rollo, fili Catilli“- Herzog Rollo, Sohn des Catillus - ein Anführer von Piraten („pyratae“), die Neustrien und das Loiregebiet verheerten. Das ist insofern interessant, weil vor der Loire auch der Wikingerverband unter Björn Eisenseite operierte und es womöglich eine Zusammenarbeit gab. In einem Translationsbericht aus dieser Zeit werden er und seine Wikinger als beutegierig und grausam geschildert, ihnen wird auch Folter vorgeworfen.

Wie auch immer: Dem ersten Normannenfürsten werden gern »großes Organisationstalent« sowie »politische Schlauheit« zugesprochen. Dieses Urteil begründet sich weniger in konkreten Ereignissen, von denen wir ohnehin wenig wissen, als in der Tatsache, dass der Wikingerstaat in Nordfrankreich überlebt hat und seine politische Identität über Jahrhunderte in einem außergewöhnlichen Maße ausbauen konnte. Damit stellt die Normandie ein Unikum dar, das sich von ähnlichen Gebilden außerhalb Skandinaviens unterscheidet.

Eine Legende erzählt, dass Rollon drei Jahre lang einen goldenen Ring an einem Baum im Wald von Roumare festsetzte, ohne dass sich jemand traut, ihn zu stehlen. In Heulandgibt es ein Kreuz namens Rollon-Kreuz, an das angeblich Juwelen und Goldene Armbänder gehängt wurden, um zu beweisen, dass es keinen Dieb in seinem Herzogtum gab. Eine weitere überlieferte Geschichte stammt aus dem Jahr 922. Karl der Einfältige schickte zwei eigene Ritter um für die Sicherheit seiner Tochter Gisèle zu sorgen, die er dem Jarl der Normannen als Ehefrau versprochen hatte. Diese beiden Ritter wurden jedoch nicht Rollo in Rouen vorgestellt und drangen ohne Genehmigung in dessen Grafschaft ein. Als Rollo endlich davon erfährt, lässt er sie gefangen nehmen und bringt sie auf den Place du Vieux-Marché de Rouen, um sie dort vor aller Augen zu enthaupten. Diese Episode stellt für Dudo de Saint-Quentin und Guillaume de Jumièges den Beginn der Verschlechterung der Beziehungen zwischen dem Jarl und König Karl dem Einfältigen dar.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
von Weltzien, Wikinger aus genealogischer Sicht
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Rollos Sohn Wilhelm I. Langschwert


Wilhelm I. Langschwert
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Wilhelm I. Langschwert wurde als Wikinger auf See geboren, als sein Vater Rollo noch ein Heide war. Als Wilhelms Mutter gilt die christliche Poppa von Bayeux, die Tochter des Grafen Berengar. Er wurde 912 von Franco, dem Erzbischof von Rouen, wahrscheinlich zur gleichen Zeit wie sein Vater getauft.

Unter Rollos Sohn und Nachfolger Wilhelm Langschwert (frz. Guillaume Longue Epee, 931-942) erfuhr der normannische Herrschaftsbereich noch mehr Erweiterungen, wobei auch er noch als Jarl der Normannen bezeichnet wurde. Der französische König Rudolf (923-936) sprach ihm 933 die bis dato bretonischen Gebiete der Halbinsel Cotentin und Avranchin mit dem Mont-Saint-Michel zu. Die Bretonen stimmten diesen Veränderungen nicht zu und der Widerstand gegen die Normannen wurde von Alan II., Herzog von Bretagne und Graf Berengar von Rennes angeführt, endete aber nach kurzer Zeit mit großen Schlachten und der Zerstörung bretonischer Burgen. Alan floh nach England und Graf Berangar suchte die Versöhnung. Nach Ende dieses Aufstands erstreckte sich die Normandie im Westen bis zum Fluss Couesnon, der nun die Grenze zur Bretagne bildete. Darüber hinaus überschnitt sich ihr Territorium weithin mit der Kirchenprovinz Rouen - ein nicht zu unterschätzender stabilisierender Faktor. Zur Stabilität und weiteren Integration trug auch das Vorbild Rollos von 911 mit bei, nämlich Taufe und Einheirat in den fränkischen Adel. Sein Sohn und Nachfolger erhielt den Namen seines Paten Wilhelm I. (918 gestorben), des Herzogs von Aquitanien, des Gründers der berühmten Benediktinerabtei von Cluny.

Wilhelm folgte Rollo um 924; er scheint in den ersten Regierungsjahren einem Aufstand von Normannen gegenübergestanden zu haben, die ihn für zu frankenfreundlich hielten. Laut Orderic Vitalis war es ein normannischer Anführer namens Riouf von Evreux, der 933 Wilhelm in Rouen belagerte. Die entscheidende Schlacht gewann Wilhelm, der so auch seine Autorität bewies, als Jarl über die Normandie zu herrschen. Zur Zeit dieser Rebellion schickte William seine schwangere Frau nach Fécamp, wo ihr Sohn Richard geboren wurde. Richard hat somit seinen Großvater Rollo nicht mehr gekannt.

Im Jahr 935 heiratete Wilhelm eine Lietgart (Luitgarde), die Tochter des Grafen Herbert II. von Vermandois, dessen Mitgift ihm die Ländereien von Longueville, Coudres und Illiers l'Eveque schenkte. Dieser war einer der mächtigsten nordfranzösischen Landesherren und hielt sogar König Karl den Einfältigen nach dessen Absetzung 923 gefangen. Wilhelms Schwester Adele wurde mit Herzog Wilhelm III. von Aquitanien (Guillaume III, 934-963) liiert, der ebenfalls in die westfränkischen Thronkämpfe verstrickt war und als Feind der Robertiner bzw. Kapetinger galt. Nicht nur aufgrund derartiger familiärer Verbindungen wurden die wahrscheinlich noch Grafen von Rouen betitelten Herren der Normandie zu Mitspielern der desolaten und unübersichtlichen Situation des Westfrankenreiches. Neben der Unterstützung von König Raoul war Wilhelm I. nun ein treuer Verbündeter seines Schwiegervaters Herbert II., gegen den sich sein Vater Rollo noch gewehrt hatte.


Wilhelm I. Langschwert in einer anderen Darstellung. Die angestrebte Oberherrschaft über die Bretagne erreichte er nicht

Im Januar 936 starb König Raoul und der 16-jährige Ludwig IV.,der im Exil in England lebte, wurde von einem Loyalitätsversprechen Wilhelms überredet, zurückzukehren, um König zu werden. Die Bretonen kehrten ebenfalls zurück, um die von den Normannen eingenommenen Ländereien zurückzuerobern, was zu Kämpfen um die westlichen Neuerwerbungen der Normandie führte. Der neue König Ludwig IV. war nicht in der Lage, seine Barone zu kontrollieren, und nachdem Wilhelms Schwager Herluin II., Graf von Montreuil, von Flandern angegriffen worden war, kam Wilhelm 939 zu Hilfe. Arnulf I., Graf von Flandern rächte sich dafür mit Angriffen auf die Normandie. Arnulf eroberte die Burg Montreuil-sur-Mer, worauf Herluin II. fliehen musste. Herluin und Wilhelm versuchten zusammen die Burg zurückzuerobern. Wilhelm wurde für seine Handlungen bei Angriffen und Zerstörungen mehrerer Anwesen in Flandern, die Arnulf gehörten, exkommuniziert. Wilhelm gelobte König Ludwig IV. seine Loyalität, als sie sich 940 trafen, und im Gegenzug wurde er in allen Ländern als Herrscher bestätigt, die schon seinem Vater Rollo gegeben worden waren.

Im Jahr 941 wurde ein Friedensvertrag zwischen den Bretonen und Normannen unterzeichnet, der in Rouen von König Ludwig IV. vermittelt wurde. Er bewirkte, dass die normannische Expansion in die Bretagne beendet wurde. Im folgenden Jahr, am 17. Dezember 942, wurde Wilhelm in Picquigny auf einer Insel an der Somme von Anhängern Arnulfs überfallen und getötet, während er noch auf einer Friedenskonferenz die Differenzen beilegen wollte.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
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Richard I. Ohnefurcht

Nach der Ermordung von Wilhelm Langschwerts 942 auf einer Somme-Insel durch Arnulf von Flandern brach in der Normandie Chaos aus. Nicht nur weil das für Arnulf folgenlos blieb, sondern Wilhelm Langschwerts Sohn Richard noch minderjährig war. Richards Mutter war die bretonische Kriegsgefangene Sprota, die sich Wilhelm als Konkubine hielt. Wilhelm erfuhr von der Geburt eines Sohnes nach der Schlacht gegen Riouf und anderen Wikinger-Rebellen, doch seine Existenz wurde zunächst geheim gehalten, bis Wilhelm Langschwert seinen Sohn Richard zum ersten Mal traf. Nach Wilhelms Tod heiratete Richards Mutter Sprota einen reichen Müller namens Esperleng.


Rollos Enkelsohn Richard Ohnefurcht
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König Ludwig IV. ergriff die Initiative, indem er nach Rouen zog, dem zehnjährigen Richard die Normandie zusprach, ihn aber gleichzeitig an seinen Hof und damit unter Kontrolle brachte. Die Normandie wurde jedoch besetzt und König Ludwig IV. setzte mit Raoul Tourte einen Statthalter ein. Doch dagegen formierte sich Widerstand. So gelang Richard mithilfe seines Erziehers die Flucht aus Laon. Als er wieder zurück in der Normandie war, ergriffen die Berater, darunter mit Bernhard den Dänen und normannischen Rittern das Heft des Handelns. Dabei mischte sogar der dänische Wikingerkönig Harald Blauzahn mit, der die Normannen unterstützte!

Normannen und dänische Wikinger leisteten König Ludwig IV. energischen Widerstand und es gelang ihnen sogar den König nach einer gewonnenen Schlacht an der Dive in der Normandie gefangen zunehmen. Offensichtlich auf Betreiben von Bernhard den Dänen wurde er 945 an seinen Widersacher Herzog Hugo den Großen von Francia (Hugo Magnus 936-956) ausgeliefert. Der gehörte den Robertinern an, womit die Angelegenheit endgültig große Politik wurde. Daraufhin fühlte sich jetzt sogar König Otto I. (936-973) vom Ostfrankenreich involviert und marschierte mit einem Heer ins Westreich, um Ludwig zu unterstützen. Die vereinten Armeen von Otto, Arnulf und Ludwig wurden vor den Toren Rouens vertrieben, sie flohen nach Amiens und wurden 947 entscheidend besiegt. Ludwig IV. gewann auch in den folgenden Jahren seine alte Macht nicht mehr zurück und starb schon 954. Gewinner des Machtkampfes war Hugo der Große der 960 seine Tochter Emma von Paris mit Richard vermählte und 987 dafür sorgte, dass sein Sohn Hugo Capet den Thron bestieg. Dabei erstarkte die auch die Normandie erneut, wo Richard I. seine Herrschaft behaupten konnte und nachfolgend sein Land ausbaute.

Im Jahr 962 versuchte Theobald I., Graf von Blois, einen erneuten Angriff auf Rouen, der Hochburg Richards, doch seine Truppen wurden von Richards angreifenden Normannen so dezimiert, dass sie sich zurückzogen ohne jemals die Seine überquert zu haben. Lothar, der König der Westfranken, fürchtete daraufhin, dass Richards Rache einen großen Teil Westfrankens destabilisieren könnte, weshalb er einschritt, um mit einem Vertrag einen weiteren Krieg zwischen den beiden Rivalen zu verhindern

Bereits 966 soll seine Frau Emma von Paris kinderlos gestorben sein. Laut Robert von Torigni ging Richard kurz nach Emmas Tod auf die Jagd, wo er sich bei einem Aufenthalt in die Dänin Seinfreda verliebte. Diese war aber schon verheiratet und forderte Richard deshalb auf, sein Glück bei ihrer älteren Schwester Gunnora zu versuchen. Die Kinder aus dieser Beziehung, darunter Richard der Gute, Geoffroy de Brionne, Wilhelm von Eu, Emma von der Normandie und Robert der Däne ,wurden erst nachträglich durch die Eheschließung legitimiert. Insgesamt war die Ehe mit Gunnora ein machtpolitischer Schachzug Richards, denn so konnte er sich die rivalisierende Wikingergruppe auf der Halbinsel der Cotentin an sich binden. Dieser gehörte auch Gunnoras Schwester Seinfreda an, die mit ihrem Clan Richard und seinen Nachfolgern treue Anhänger bleiben sollte.

Von heidnischen Rückfällen hört man fortan nichts mehr, und die normannische Integration schritt voran. Jetzt erst gestalteten sich die Verhältnisse ruhiger und führten zur eigentlichen Herausbildung der Normandie. Dies findet auch im Titel seinen Ausdruck: Wurde Rollo 911 allenfalls von den Franken als Graf (comes) von Rouen und seine Nachfolger als Markgraf (marchio) der Normannen bezeichnet, folgte dem nur noch der Titel eines princeps (Fürst). Erst gegen Ende des 10. Jahrhunderts wurden die normannischen Herrscher als dux (Herzog) genannt. Über den genauen Zeitpunkt der Annahme des Herzogstitels ist man sich uneins. Aber um das Jahr 1000 kann man mit Sicherheit vom Herzogtum der Normandie sprechen. Belegt ist das durch eine erste echte Urkunde aus dem Jahr 1006, in der vom »Herzog der Normandie« die Rede ist.

Richards Muttersprache war bereits Altfranzösisch. Laut Dudo sandte Wilhelm Langschwert seinen Sohn Richard von Rouen nach Bayeux, um dort die dacisca lingua zu erlernen - also die dänische Sprache. Dort in der westlichen Normandie waren deren Kenntnisse wegen der späteren dänischen Einwanderer noch üblich. Ein anderes Mal erzählt Dudo von dem erwähnten Treffen zwischen den Königen Ludwig IV. und Otto I. Dort hätten nur die Normannen Wilhelm Langschwerts die Witze der ostfränkischen Gefolgsleute verstanden. Da diese wie Otto selbst aus dem Herzogtum Sachsen und damit aus Nordwestdeutschland kamen, sprachen sie mit Altsächsisch eine dem Altdänischen ähnliche germanische Sprache. Ob deren Verwandtschaft tatsächlich ausreichte, um untereinander Witze auszutauschen bleibe dahingestellt, jedenfalls waren demzufolge die Normannen ihrer Muttersprache noch mächtig. Doch das änderte sich zusehends durch Mischehen zwischen Franken und den relativ wenigen skandinavischen Siedlern.

Adlige und die ihnen folgenden Siedler richteten sich auf ein zukünftiges Leben inmitten der fränkischen Gesellschaft ein. Deren Namen und Titel, deren politisches System und deren christliche Religion waren so prestigeträchtig, dass die Mehrheit der Normannen sich wie selbstverständlich integrierte - zumal ganz offensichtlich Traditionalisten die Ausnahme darstellten, der keine Zukunft beschieden war. Für diese durchgreifende und erfolgreiche Integration werden gern die Ehen mit einheimischen Frauen verantwortlich gemacht, aus denen sich die Verwandtschaft und der Kontakt mit fränkischen Familien ergab. Daraus resultierte folgerichtig die Annahme der in der Normandie gebräuchlichen altfranzösischen Dialekte bzw. des Altfranzösischen generell. Deren Bedeutung war für die Einwanderer offenbar so groß, dass sie auf Dauer keine Zweisprachigkeit pflegten, bei der ihre skandinavische Muttersprache weiter Verwendung gefunden hätte.

Richard Ohnefurcht holte Wilhelm von Volpiano, Abt von St. Bénigne, ins Land und ließ auf der Insel Mont-Saint-Michel ein Benediktinerkloster errichten und die während der Wikingereinfälle zerstörte Kirche von Fécamp wiederaufbauen. Richard starb am 20. November 996 in Fecamp, Frankreich. Seine Töchter vermählten sich mit mächtigen Herrschern, darunter mit Unred, dem König von England und dem dänischen König Knut, dem Großen.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
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Richard II. der Gute

Auf Richard I. Ohnefurcht folgte 996 sein Sohn Richard II., genannt der Gute (le Bon) als zweiter Herzog der Normandie. Sein genauer Geburtsort ist unbekannt, er wurde 970 geboren.
Er verteidigte seinen Besitz bei einem Bauernaufstand und unterstützte König Robert II. von Frankreich gegen den Herzog von Burgund.


Richard II.
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Richard II. beauftragte seinen Kaplan und Kanzleibeamten Dudo im Stil der Zeit eine groß angelegte Geschichte der Normannen niederzuschreiben. Doch fast einstimmig wird Dudo heute »literarische Fiktion« und Manipulation unterstellt. Wahr ist jedoch, dass unter dem getauften Richard II. noch englische Sklaven in Rouen verkauft wurden, die dänische Wikinger ab 1000 nach ihren Überfällen auf England in die Normandie brachten. Richard bot diesen Wikingern Zuflucht und begrüßte sie sogar. Dieses Gesetz verstieß jedoch gegen einen Vertrag zwischen seinem Vater Richard I. und König Ethelred II. von England, in dem er sich bereit erklärte, den Feinden Englands nach ähnlichen Ereignissen nicht zu helfen. Als Ergebnis musste Richard einen englischen Angriff auf die Cotentin-Halbinsel gegen Ethelred abwehren. Ethelred hatte zuvor befohlen Richard gefangen zu nehmen, zu fesseln und nach England zu entführen. Doch die Engländer waren nicht auf die schnelle Reaktion der normannischen Kavallerie vorbereitet und wurden völlig besiegt.

Trotz des Krieges um die Halbinsel Cotentin stand der Herzog dem englischen König Ethelred II. später wieder zur Seite. Richard II. gelang im Jahr 1002 seine Schwester Emma mit dem Angelsachsen Ethelred zu vermählen. Damit wurde eine verwandtschaftliche Beziehung geknüpft, die England und die Normandie in den folgenden Jahrzehnten verband und die schließlich einen Anlass für die normannische Invasion Englands 1066 bot. Später floh Emma mit ihren beiden Söhnen Edward und Alfred in die Normandie, kurz darauf folgte ihr Ehemann König Ethelred in ihr zeitweiliges Exil. Nach dem Tode von König Ethelred 1016 erzwang Knut der Große die Heirat mit Emma und Richard wurde gezwungen diese neue dänische Herrschaft über England anzuerkennen.

Richard hatte während seiner gesamten Herrschaftszeit Kontakte zu skandinavischen Wikingern. Er beschäftigte Wikingersöldner und schloss schon einen Vertrag mit König Sven Gabelbart, als dieser auf dem Weg nach England war. Das geschah nach 1013, nachdem Ethelred das Massaker an Dänen am St. Brice es Day befahl. Daraufhin berief König Sven Gabelbart ein Wikingerheer in Dänemark zusammen, um sich mit der Eroberung Englands an den Engländern zu rächen. Unterwegs gastierte Sven Gabelbart in Rouen, wo Richard einen prächtigen Empfang gab und eine Allianz mit ihm schloss.

Auch andernorts war Richard bestens vernetzt: Er selbst war mit Judith, einer Tochter des Herzogs Conan (990-992) der Bretagne vermählt, mit der er sechs Kinder zeugte. Seine Schwester war wiederum die Ehefrau von Conans Sohn und Nachfolger Gottfried (992-1008). Als dieser während einer Pilgerfahrt nach Rom den Tod fand, wurde Richard der Vormund seines minderjährigen Sohnes Alain (1008-1040) und konnte damit seinen Einfluss in der Bretagne erheblich ausweiten. Nach dem Tod von Judith heiratete Richard II. in zweiter Ehe Papia, mit der noch zwei Kinder hatte.

Das Verhältnis zur französischen Krone gestaltete sich derweil so gut, dass der Herzog sogar als Freund und Verbündeter König Roberts II. (996-1031) gesehen werden kann, was selbstredend zur Sicherung seines Herzogtums beitrug. Von kleineren rasch niedergeschlagenen Aufständen abgesehen gestaltete sich Richards II. Herrschaft darum als eine Zeit, in der die Normandie ihren ersten Höhepunkt erlebte. Auch von den Konflikten der anderen nordfranzösischen Fürsten und Feudalherren blieb man unbelästigt.

Als 1026 Richard II. nach 30Jähriger-Herrschaft starb, folgte ihm sein etwa 25 Jahre alter Sohn Richard III. (1026-1027) auf dem Thron. Ihm blieben nur wenige Monate als Herzog, denn bereits im August des folgenden Jahres kam er in Rouen ums Leben - unter ungeklärten Umständen, die Quellen sprechen von einem Giftmord, für den man seinen jüngerem Bruder Robert verdächtigte.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
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Robert I. der Prächtige

Nach Richards Tod kam die Nachfolge nun seinem jüngerem Bruder Robert zu. Das Verhältnis zwischen den Brüdern war wohl nicht das beste, der Jüngere rebellierte, wurde jedoch besiegt und gezwungen, seinem älteren Bruder die Treue zu schwören. Wegen dieses Vorspiels munkelte man, er habe den folgenden Giftmord am regierenden Herzog zu verantworten gehabt. Mit Robert I. (1027-1035) übernahm eine schillernde Persönlichkeit die Macht, die ihm allerdings alles andere als sicher war. Der Bruderkrieg war noch länger ein Bürgerkrieg, wodurch das Herzogtum noch weiter instabil blieb. Zwischen benachbarten Baronen tobten dazu noch private Kriege. Dies führte am Ende zu einer neuen Aristokratie, die in der Normandie während Roberts Herrschaft entstand. Es war zugleich jene Zeit, wo geringere normannische Adlige die Normandie verließen, um ihr Glück in Süditalien und anderswo zu suchen.


Robert der Prächtige
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Wieder einmal gärte es unter den Adelsfamilien, gab es insbesondere Probleme mit jungen, ehrgeizigen Adelssöhnen. Der Sage nach auch Robert der Teufel genannt, versuchte er sich die Loyalität des Adels durch reichliche Vergabe von Gütern und Rechten zu erkaufen. So erklärte er die Ämter der herzoglichen Beauftragten (vicomtes) für erblich. Was die fatale Folge hatte, dass sie der jeweiligen Neuvergabe und damit der herzoglichen Verfügungsgewalt entzogen wurden und das Heranwachsen mächtiger Fürstenhäuser begünstigten. Dabei musste er auch einen Konflikt gegen seinen Cousin Alan III. ausfechten, der versuchte Avranches zu erobern, aber zurückgewiesen wurde. Robert I. plante nun selbst einen Feldzug gegen Alan, doch Erzbischof Robert von Rouen konnte einen Frieden aushandeln.

Dazu bediente er sich zu eifrig am Kirchengut, was zu zeitweiligen Auseinandersetzungen mit Kirchenfürsten, wie Erzbischof Robert von Rouen (989-1037) führte. Dieser war übrigens sein Onkel, und zwar ein Sohn Herzog Richards I. und der genannten Dänin, was ihm den Beinamen le Danois (der Däne) einbrachte. Zugleich war er Graf von Evreux, das er stark befestigen ließ. Jedenfalls galt er als weltlichen Dingen zugewandter Bischof, der in seiner Doppelfunktion über erhebliche Macht verfügte.


Evreux in der Normandie

Der Streit mit dem Herzog eskalierte soweit, dass Erzbischof Robert Rouen verließ und sich in Evreux mit seinen Männern verschanzte. Dort vom Herzog belagert, ging er schließlich nach Frankreich. Erst im sicheren Exil griff er auf das kirchentypische Machtmittel zurück, nämlich die Exkommunikation des Herzogs. Nicht immer wirkte dieser Ausschluss aus der Kirchen- und Heilsgemeinschaft, bei Robert I. allerdings schon. Er versöhnte sich mit seinem Onkel, der von nun an zu seinen Verbündeten zählte. Mit der gesamten Kirche der Normandie kam es zu einer engen Zusammenarbeit, was beispielsweise zur Fortführung der Klosterreform, zu Klostergründungen in der Niedernormandie sowie zum Ausbau des Mont-Saint-Michel führte.

Was die Beziehungen zu Frankreich betraf, unterstützte der Herzog den frisch gekrönten König Heinrich I. (frz. Henri L, 1031-1060) in dessen Thronkämpfen gegen verwandte Kapetinger und deren Anhänger. Die Beziehungen zu England wurden weiter auf ihre spezielle Art gepflegt: Während der Regierungszeit des Dänen Knut des Großen gewährte Robert seinen als Söhne König Ethelreds und der Emma von der Normandie Verwandten Edward und Alfred des öfteren die Gastfreundschaft seines Hofes. Bereits er soll mit dem Gedanken einer Invasion Englands gespielt haben. Vielleicht stand sogar eine Flotte bereit, scheiterte aber an ungünstigen Winden.

Wie sehr die Normannenherzöge noch immer mit dem skandinavischen Adel der späten Wikingerzeit verbunden waren, belegt die Überlieferung, derzufolge Herzog Robert mit Estrid vermählt werden sollte, der Tochter des dänischen Königs Sven Gabelbart und Schwester König Knuts von England. Doch daraus wurde nichts und Robert hinterließ letztlich nur einen Sohn und eine Tochter aus der Beziehung mit der Gerberstochter Herleva aus Falaise. Eine derartige zeitweilige, nicht standesgemäße Beziehung nannte man später Friedelehe, bei der formal-verwandtschaftliche Verbindungen keine Rolle spielten. Deren Nachkommen galten insofern als unehelich (modern gesprochen) und nicht erbberechtigt.

Das war allerdings im Fall Herzog Roberts ganz anders. Er entschloss sich nämlich 1034 zu einer Wallfahrt nach Jerusalem. Über die Gründe wissen wir kaum etwas, mögen sie nun einem persönlichen Schuldgefühl (wie manchmal bezüglich des Giftmords an seinem Bruder vermutet wird) entsprungen sein oder einfach dem vorherrschenden religiösen Antrieb einer Pilgerreise zum heiligen Grab. Jedenfalls trat er die Reise an und gelangte über Konstantinopel sogar nach Jerusalem. Dort scheint er erkrankt zu sein und verstarb schließlich auf dem Rückweg 1035 in Nicäa nahe Konstantinopel.

Damit war der Herzogsthron im fernen Rouen verwaist. Aber Robert hatte sich vor Beginn seiner Pilgerreise durchaus Gedanken über seine Nachfolge gemacht. Als Erbe des Throns kam für ihn nur sein einziger Sohn Wilhelm in Betracht, den er aus der illegitimen Beziehung mit genannter Herleva hatte. Auf ihn ließ er seine Vasallen schwören und so trat Herzog Wilhelm I., später auch der Bastard und der Eroberer genannt, seine Herrschaft an.

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Wilhelm der Eroberer - Ära der Anarchie


Wilhelm der Eroberer

Mit Wilhelm erreichte die Geschichte des Herzogtums Normandie ihren Höhepunkt, zugleich klang mit ihm dessen besondere Rolle auch langsam aus. Die Anfänge des 1027/28 in Falaise bei Caen Geborenen waren jedenfalls alles andere als leicht. Obwohl sein Vater wohlweislich fähige und einflussreiche Ratgeber und Vormünder bestellt hatte, obwohl er wahrscheinlich sogar erfolgreich am Hof des französischen Königs Heinrich I. um dessen Zustimmung gebeten hatte, kam es mit dem Regierungsantritt des knapp Achtjährigen zu äußerst kritischen Zuständen, die sogar als Anarchie bezeichnet werden.

Nach den Quellen soll der junge Wilhelm ständiger Bedrohung und Lebensgefahr ausgesetzt gewesen sein und Schutz besonders bei der Familie seiner Mutter gefunden haben. Dabei hatte er anscheinend ein sehr enges Verhältnis zu seinem Stiefvater Herluin von Conteville, einem Adligen und Vasall Roberts I., der ihn überredet hatte, Wilhelms Mutter Herleva zu ehelichen. Als offizieller Vormund half und schützte ihn sein Großonkel Robert von Rouen, der sich bekanntlich mit Herzog Robert I. ausgesöhnt hatte. Seine Macht konnte dem jungen Wilhelm aber nur kurze Zeit Sicherheit gewähren, da der Erzbischof 1037 starb.

Aus dem Kreis treuer und ergebener Berater übernahm Herzog Alain III. von der Bretagne (1008-1040) die Vormundschaft, der jedoch einem Giftanschlag zum Opfer fiel. Ebenso erging es seinem Nachfolger, dem Grafen Gilbert von Brionne, der auf Anstiften eines Konkurrenten Wilhelms ermordet wurde.

Schlecht hätte es in den folgenden Jahren um den jungen normannischen Herzog gestanden, wäre ihm der französische König nicht zu Seite gestanden. Er tat dies formal, indem er auf seine Rechte als oberster Lehnsherr verwies und damit direkt Zugriff auf das Herzogtum nahm. Da er in dieser Funktion Wilhelm anerkannte, setzte er dessen Gegner gleichsam ins Unrecht. Ein Konstrukt, das half, aber nicht auf Dauer wirkte.

1047, Wilhelm war bereits der Vormundschaft entwachsen, erhob sein Vetter Guido von Brionne (frz. Gui de Brionne, ca. 1025-1069), ein Enkel Herzog Richards II., Anspruch auf den Herzogsthron und wurde dabei von etlichen normannischen Adligen unterstützt. Nachdem Wilhelm einem Hinterhalt entfliehen konnte, rettete er sich zu König Heinrich I. und gemahnte ihn an seine Pflichten als oberster Lehnsherr. Mit Erfolg: Der französische Herrscher führte ein großes Heer in die Normandie, wo es sich im Sommer 1047 mit den kleineren Verbänden Wilhelms bei Caen vereinte. Das Heer der Rebellen soll jedoch 25000 Krieger gezählt haben, während das von König Heinrich I. nur 10000 Krieger zählte. Beim ersten Treffen der Heere erkannte der Rebell Ralph Tesson, auf welcher Seite die Loyalität wirklich lag, und wechselten mit seinen Kriegern die Seiten und schlossen sich dem königlichen Heer an, indem sie die übrigen Rebellen von hinten angriffen. Am nächsten Tag kämpften die Armeen auf der Ebene von Val-s-Dunes, in der Nähe der heutigen Stadt Conteville.


Trotz Unterzahl siegte das Heer von König Heinrich und Wilhelm in der Entscheidungsschlacht von Val-es-Dunes

Die Schlacht bestand hauptsächlich aus einer Reihe von Kavalleriegefechten. Das Rebellenheer war zwar noch immer größer, als das königliche Heer, aber ihr fehlte die Koordination und Führung. Haimo von Creully (Haimon oder Hamo Dentatus) griff König Heinrich an, wurde aber getötet, bevor er ihn verletzen konnte. Andere Quellen sagen, dass Haimonem Agnomine Dentatus "die erste Linie von 6.000 Mann führte und sich sehr dadurch auszeichnete, dass er persönlich mit dem König von Frankreich kämpfte, doch durch dessen Begleiter er getötet wurde".

Nachdem sie mehrere Scharmützel verloren hatte, brach die Rebellenarmee auseinander, geriet in Panik und floh in den Westen. Das königliche Heer verfolgte sie dicht auf, schlachtete die normannischen Rebellen zu Tausenden ab und trieb die Heeresreste in die Orne, in der Nähe der Festung Athis und Fleury-sur-Orne. Beobachter berichteten, dass die letzten normannischen Rebellenritter versuchten die Orne zu überqueren, doch so zahlreich waren, dass sie sich bei der Mühle von Barbillon gegenseitig blockierten, um das andere Ufer zu erreichen. Nachfolgend trieben auf der Orne massenhaft Leichen flussabwärts.

Der Chronist Wilhelm von Jumieges vermerkt »dass der König und der Herzog, unbekümmert um die Zahl der Feinde, ihnen die Schlacht antrugen und nach zahlreichen Reitergefechten ein großes Gemetzel unter ihren Feinden anhub, die zuletzt in solch heillosen Schrecken versetzt wurden, dass sie ihr Heil in der Flucht suchten und sich in die Fluten der Orne stürzten«.. In der Tat scheinen viele Adlige während der Schacht ihr Heil im Abmarsch gesehen zu haben, während sich Guido nach Brionne zurückzog, wo er einige Jahre der Belagerung standhielt. Trotz einer energetischen Belagerung war Wilhelm erst 1050 in der Lage, die Burg zur Kapitulation zu zwingen, und war während dieser Zei nicht in der Lage, seine Herrschaft im östlichen Drittel seines Herzogtums zu behaupten, das jenseits von Brionne lag.

Nach der Schlacht von Val-s-Dunes gab es unter den normannischen Adligen noch heftigen Widerstand gegen Wilhelm, aber sie waren gezwungen, im Oktober 1047 in Caen einen "Frieden Gottes" zu erklären. Dieser Waffenstillstand, der die volle Unterstützung der Kirche hatte, besagte, dass private Kriege oder Racheakte von Mittwochabend bis Montagmorgen verboten waren. Der Waffenstillstand gab William besondere Rechte, seinen Titel und die öffentliche Ordnung herzustellen. Obwohl Williams Position noch schwach war und Gui von Burgund noch bis 1050 durchhielt und William viele der Barone begnadigen musste, die sich ihm widersetzt hatten, sollte es weitere fünf Jahre dauern, bis er sich der nächsten großen Rebellion stellen musste.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
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Wilhelm und Mathilde

Nur wenige Monate nach dem deutlichen Sieg über seine Feinde, verkündete im Oktober 1047 auf Wilhelms Initiative ein Kirchenrat einen Gottesfrieden, der wohl genauer als »Herzogsfriede« (pax ducis) zu bezeichnen ist. Diese Sonderregelung, von geistlicher und herzoglicher Obrigkeit gesetzt, schränkte die Legitimität des adligen Fehdewesen erheblich ein. Sie schloss für Mittwochabend bis Montagmorgen, für die Advents- und Fastenzeit, für Ostern und Pfingsten Gewalttätigkeiten wie in ritterlicher Fehde gegen strenge Strafandrohungen aus.


Wilhelms Normannen vor dem nächsten Kampf im Film "Guillaume - La jeunesse du conquérant"

Da der Herzog selbst davon ausgenommen war, setzte er etwas durch, das man heutzutage als das Gewaltmonopol des Staates bezeichnet. Selbstredend führte derart allgemeiner Gottesfrieden zu einer Festigung von Wilhelms Herrschaft. Dafür schuf Wilhelm auch persönliche Grundlagen, indem er die bisherigen Ratgeber aus ihren Ämtern entließ, darunter in erster Linie auch Verwandte, und sie gegen Gleichaltrige auswechselte. Bald darauf nahm der noch unvermählte Herzog die Suche nach einer Braut auf. Seine Wahl, der zweifelsohne etliche politische Kontakte und Verhandlungen vorausgingen bzw. folgten, fiel auf die nur wenig jüngere Mathilde, Tochter des Grafen Balduin V. von Flandern. Sie entbehrte nicht einer pikanten Note, wenn man bedenkt, dass es eine althergebrachte Rivalität zwischen der Normandie und Flandern gab. Hinzu kam, dass gewisse Stimmen auf die angeblich zu nahe Verwandtschaft zwischen den Ehepartnern verwiesen, die beide ihren Stammbaum auf Rollo zurückführten. Deswegen sprach sich bereits im Vorfeld Papst Leo IX. 1049 gegen diese Ehe aus und sanktionierte sie zwei Jahre später, nachdem sie geschlossen worden war, mit der Exkommunikation.


Wilhelms Gemahlin: Mathilde von Flandern

Wilhelm und Mathilde ließen sich anscheinend vom päpstlichen Diktum weder abhalten noch stören. Und tatsächlich hob Leos Nachfolger es 1059 auf - aus politischen Gründen, benötigte er doch in Süditalien das Bündnis mit den dortigen Normannen, die mit Herzog Wilhelm verwandt waren. Über die Ehegemeinschaft am herzoglichen und später königlichen Hof ist nicht viel bekannt. Jedenfalls gilt Mathilde als durchaus selbstbewusst. Wenn die Quellen von keinen unehelichen Kindern Wilhelms berichten, die damals gewissermaßen Normalität waren, so mag dies als Indikator für eine gute Ehe gelten.

Die enge Verwandtschaft mit dem Grafen von Flandern und das damit verbundene Bündnis sollte für Wilhelm jedenfalls von großem Vorteil sein. Denn der Zustand des Königreichs Frankreich glich weiterhin einem Kampf eines Jeden gegen jeden. Schuld daran waren die feudalen Machtverhältnisse, bei denen jeder adlige Territorialherr sich selbst der nächste war und zuerst an seine Familie und dann erst an den König dachte. Nicht zufällig kam die sogenannte Gottesfriedenbewegung im 11. Jahrhundert in Südfrankreich auf.

Unter anderem um die kaum noch zu bewältigenden Fehden der Jungritter und Heißsporne zu kanalisieren, rief schließlich Papst Urban II. 1095 zum 1. Kreuzzug auf. Diese knappe Schilderung mag die komplexen innenpolitischen Verhältnisse Frankreichs widergeben. Auf diesem Feld spielte auch die Normandie eine prominente Rolle und damit ihr Herzog. Der junge Wilhelm hatte bekanntlich die Hilfe König Heinrichs I. erfahren und sich dafür revanchiert, etwa mit Beistand gegen Graf Gottfried Martell von Anjou (1040-1060). Dessen Kerngebiet im unteren Tal der Loire um die Stadt Angers spielte eine beachtliche Rolle in den innenpolitischen Querelen.

Loireaufwärts konkurrierten die Grafen von Blois mit ihnen, in diesem Fall Graf Theobald, der sich schließlich Theobald I. von Champagne (1063-1089, vorher bereits Graf von Blois) nannte. Diesem feudalen Wirrwarr, dessen beide Hauptantagonisten hier genannt seien, gab König Heinrich I. durch einen bemerkenswerten Politikwechsel eine neue Richtung. Das durch die Heirat Wilhelms und Mathildes begründete Bündnis der Normandie mit Flandern sorgte nämlich für Misstrauen und Distanz König Heinrichs zum normannischen Herzog. Er versöhnte sich mit Graf Gottfried von Anjou und schloss nun seinerseits ein Bündnis gegen Herzog Wilhelm, dem sich Gottfrieds alter Erzfeind Graf Theobald von Blois sowie Teile der natürlich immer noch vorhandenen normannischen Adelsopposition anschlossen.


1054: Wilhelms Verbündete siegen in der Schlacht von Mortemer

Im Februar 1054 starteten der König und die normannischen Rebellen eine doppelte Invasion in das Herzogtum. Heinrich führte das Hauptheer durch die Grafschaft Vreux, während der andere Flügel unter dem Bruder des Königs Odoin das Land verwüstend in die östliche Normandie eindrang. Wilhelm begegnete dieser Invasion, indem er seine Truppen in zwei Heeresgruppen aufteilte. Die erste, die er führte, stand Heinrich gegenüber. Die zweite, die einige seiner Verbündeten umfasste, wie Robert, Graf von Eu, Walter Giffard, Roger von Mortemer und William de Warenne, standen den östlichen Invasoren gegenüber und stellte sie 1054 in der Schlacht von Mortemer. Die westfränkische Truppe hatte sich bei ihren Raubüberfällen und Plünderungen in der östlichen Normandie weit verstreut und wurde so zu einem leichten Ziel für Wilhelms Verbündete. Das Heer von Robert, Graf von Eu griff mehrere Stunden lang die Westfranken an, die mit schweren Verlusten den Schlachtort Mortemer verließen. Guy, Graf von Ponthieu, wurde während der Schlacht gefangen genommen. Als die Nachricht von der Schlacht die andere Seite des Flusses erreichte, wo sich der französische König auf den Kampf gegen Herzog Wilhelm vorbereitete, zog sich der französische König bestürzt zurück. Nach den Niederlagen von 1052–1054 wurden die rebellischen normannischen Herren ins Exil geschickt, die normannischen Ländereien der Grafen von Pointhieu beschlagnahmt und Guy, Graf von Ponthieu, schwor nach zwei Jahren Gefangenschaft Wilhelm Gefolgschaft.

König Heinrich und Geoffrey führten im August 1057 eine weitere Invasion der Normandie an. Der Feldzug zielte dabei auf Bayeux und Caen. Die Größe der Heere und ihre Zusammensetzung sind heute unbekannt. Sie kamen zuerst in der Region Hiemois in der Normandie plündernd an und begannen die beiden Städte auszurauben. Herzog Wilhelm, der sich offenbar nur ungern direkt gegen seinen Oberherrn gestellt hatte, versammelte sein Heer in Falaise, unternahm aber keine andere Aktion, außer die Bewegungen des feindlichen Heerhaufens beobachten zu lassen. Als die Invasoren eine Furt an der Mündung der Dives in der Nähe von Varaville erreichten, begannen sie den Fluss zu überqueren, doch die Flut setzte ein, was die eine Hälfte des Heeres auf dem einen Ufer zurückließ, das feindliche Heer also so in zwei Teile gespalten war. Wilhelm nutzte die Gelegenheit und griff jene Hälfte des Invasionsheeres an, die noch nicht den Fluss überquert hatte. Spätere Berichte von Chronisten schmückten die Schlacht zu einem Massaker aus, obwohl zeitgenössische Schriftsteller nichts davon wussten. Im Ergebnis zog sich der ungeschlagene Heeresteil schnell aus der Normandie zurück. Die Schlacht markierte auch das Ende dieser Invasion, der keine mehr zu Lebzeiten Wilhelms folgte. Nach dem Rückzug von Heinrich und Geoffrey konnte William seinen Einfluss auch außerhalb der Normandie ausdehnen und seine Macht in Maine in den Jahren 1057 bis 1060 ausbauen. Weitere Ergebnisse waren Bischof Ivo von Sees, der von einem Angevin zu einer normannischen Allianz wechselte.

Im folgenden Jahr, 1058, fiel Wilhelm in das Land von König Heinrich ein und eroberte die Burg von Tilliéres zurück.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
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1066: Der Plan Wilhelms England zu erobern

Wilhelm hatte mit seinen Siegen gegen Heinrich I. die Souveränität seines Herzogtums erkämpft, in dem der König fortan über keinerlei Einfluss mehr verfügte. Überhaupt trat Heinrich I. bis zu seinem Tod 1060 kaum noch irgendwo in Frankreich erfolgreich agierend auf. Immerhin gelang es ihm, seinen noch minderjährigen Sohn Philipp kurz vorher als Mitregent anerkennen zu lassen, in dessen Adern ebenfalls Wikingerblut strömte: Philipps Mutter Anna von Kiew war die Tochter des Großfürsten Jarizleifr (Jaroslaw) von Kiew, der sein Rurikiden-Fürstenhaus auf die schwedischen Waräger zurückführte. Annas Mutter wiederum und damit Philipps Großmutter war eine schwedische Königstochter.

Ein derart weitgezogenes Herkunftsnetz war Wilhelm mutmaßlich nicht bewusst und es hätte ihn höchstwahrscheinlich auch nicht sonderlich interessiert, da es weder familiäre noch politische Allianzen mit sich brachte. Ganz anders hingegen seine Verwandtschaft mit Flandern. Denn dessen Graf Balduin V, sein Schwiegervater, übernahm mit der Königsmutter Anna von Kiew die Vormundschaft für König Philipp I. (1060-1108), und als diese sich wieder verheiratete, war er alleiniger Vormund. Damit hatte Wilhelm vorerst mit keinen Machtansprüchen der Krone zu rechnen und konnte unabhängig handeln.

Seine Planungen zielten auf die Erbfolge in England, wo er tatsächlich König werden konnte. Vorerst legte er zunächst die Grundlagen für seine weiteren Pläne, indem er das schuf, was das Herzogtum Normandie und die Herrschaft der Normannen ausdrücklich prägte. Hier sei auf den inneren Frieden und die stabilen Verhältnisse verwiesen, die der Herzog nutzte, um seine Macht auszubauen. Dazu gehörte unabdingbar der Aufbau einer loyalen Truppe von jungen kämpftüchtigen Adligen, aus denen er sein Gefolge formte und das er ganz nach Wikingerart durch die Verheißung von Kriegsbeute an sich band.

Vom militärischen Aufbau und dem wichtigen Bau herzoglicher Burgen werden wir noch hören. Man nimmt lediglich zur Kenntnis, dass laut dem Chronisten Ordericus Vitalis Wilhelm in diesen so erfolgreichreichen Jahren auch »tyrannische Züge« angenommen haben soll. Dieser wohl sehr persönlichen Einschätzung, die sich an mittelalterlicher Fürstentypologie orientieren dürfte, steht die Feststellung der Forschung zur Seite, die Normandie habe eine »erstaunliche Blütezeit« erlebt.

An dieser Stelle ist es sinnvoll, den Blick auf die Geschichte der Normandie unter der Herrschaft der von Rollo abstammenden Herzöge zu richten. Sie wirkten seit 1066 in Zusammenhängen, in denen das nordfranzösische Herzogtum lediglich Teil eines erheblich größeren Reiches war, genauer gesagt eines Herrschaftskonglomerats aus disparaten Gebieten. In unserem Kontext sei lediglich erwähnt, dass Herzog Wilhelm, kurz bevor die neugeschmiedete Allianz Heinrichs I. gegen ihn auftrat, 1051 seinem Onkel König Edward von England, eigentlich ein Cousin seines Vaters Robert, einen Besuch abstattete. Edward hatte just einen Aufstand angelsächsischer Adliger niedergeschlagen und machte sich Sorgen um seine Nachfolge. Denn einen Erben konnte er nicht vorweisen und daran sollte sich auch bis zu seinem Tod 1066 nichts ändern. Später hieß es, Edward habe seinem jungen normannischen Verwandten die englische Thronfolge versprochen. Daran knüpfte Wilhelm 1066 an.

1052 kehrte die Familie Godwins mit einem Heer zurück, und Eduard musste sie wieder in den alten Stand einsetzen. Als 1053 Godwin bei einem Essen mit Eduard starb, folgte ihm sein Sohn Harold Godwinson als mächtigster englischer Herzog nach. Im Jahr 1064 wurde Harold von Eduard über den Kanal zu Wilhelm geschickt und erlitt dabei einen harten Schiffbruch, bei dem fünf seiner Männer starben. Er wurde in Beaurain von Graf Guy de Ponthieu gefangen genommen. Als Wilhelm davon erfuhr, befreite er Harold aus den Händen des Grafen, nahm ihm den Treueeid ab und zog mit ihm gemeinsam in einen siegreichen Feldzug. Wilhelm sicherte sich so nicht nur die Zusage des aktuellen Herrschers über die Thronfolge, sondern verpflichtete auch seinen härtesten Konkurrenten um den Thron zum Gehorsam. Harold freilich sah diesen Eid als nicht bindend, war er doch seiner Ansicht nach in Gefangenschaft unter Zwang abgegeben worden.


Wilhelms Gegenspieler Harold Godwinson

Am 5. Januar 1066 starb Eduard der Bekenner. Da er keine Nachkommen hinterließ, war abzusehen, dass die Thronfolge in kriegerischen Handlungen geklärt werden würde, in denen Wilhelm eine wesentliche Rolle spielen sollte. Zu den Handelnden gehörten außerdem Harold Godwinson, dessen Bruder Graf Tostig von Northumbria und König Harald Hardråde von Norwegen. Harold Godwinson wurde vom Witenagemot zum neuen König erkoren und direkt im Anschluss an Eduards Beerdigung in der Westminster Abbey zum König gekrönt. Wilhelm jedoch bestand darauf, dass Eduard ihn bereits zu seinem Nachfolger bestimmt habe. Die Machtergreifung Harolds sah er daher als persönliche Beleidigung und politische Herausforderung an. Er war sich bewusst, dass seine Ansprüche nur mit Gewalt durchzusetzen waren.

Anfang Mai 1066 unternahm Tostig den Versuch, mit Waffengewalt aus der Verbannung nach England zurückzukehren. Er verwüstete die Isle of Wight und besetzte anschließend Sandwich, wo er Seeleute in seinen Dienst nahm und mit 60 Schiffen an der Ostküste bis zur Mündung des Humber segelte. Als er in Lincolnshire auf Raubzug ging, wurde sein Heer durch den Grafen Edwin von Mercia vernichtet. Die Überlebenden flüchteten, Tostig segelte mit den verbliebenen zwölf Schiffen nordwärts und suchte Zuflucht bei König Malcolm von Schottland, mit dem er ein Bündnis geschlossen hatte. Harold Godwinson begab sich zur Insel Wight, um die Südküste gegen den normannischen Herzog zu rüsten. Es war bekannt, dass auch Harald Hardråde eine Invasion vorbereitete und mit Tostig in Verbindung stand, der in Schottland wartete, doch Harolds Aufmerksamkeit galt vor allem Wilhelm.

In der ersten Hälfte des Jahres 1066 sicherte er sich die Unterstützung seiner Vasallen (siehe auch Begleiter Wilhelms des Eroberers) und förderte Entzweiungen zwischen Rivalen. Er wandte sich mit Erfolg an die öffentliche Meinung Europas und traf wichtige Vorbereitungen zur Heeresrüstung. Denn bei allem mutmaßlichen Wikingererbe waren die Normannen zu Landkriegern geworden, die ihre Kriege nicht auf See führten. Umso größere Bedeutung genoss die Reiterei und damit die richtigen Pferde. Diese fanden und züchteten die Normannen im Destrier, der zum besten Schlachtross des Mittelalters werden sollte. Man bildete ihn gewissermaßen zu einem robusten Reittier aus, das selbst im Kampf schwergerüstete Reiter tragen und gleichzeitig beweglich bleiben konnte. Gute Pferde soll man im Übrigen gar aus Spanien und Nordafrika geholt haben. Importiert wurden nicht nur sie, sondern zur Verstärkung der Kampfkraft auch Söldner. Seit Ende des 10. Jahrhunderts warben die Herzöge Ritter aus Flandern, der Picardie und der Bretagne sowie aus Artois an, wo regelrechte Familientraditionen mit Militärdiensten für den normannischen Herzog aufkamen.

Die normannischen Krieger trugen knielange Panzerhemden aus eisernen Ringen mit halbem Arm und Eisenkapuzen, worüber man einen spitzen Helm mit Nasalband trug. Als Schutz dienten fast mannshohe, gewölbte Schilde, die mandelförmig oder unten spitz zulaufend gearbeitet waren. Bewaffnet war man mit Schwertern, Lanzen und Streitäxten. Was die normannische Kampfweise auszeichnete, war die neue Technik der Stoßlanze. Bis dahin hatten Lanzen überwiegend als Wurfspieße Verwendung gefunden; nun griff man auf eine Neuerung zurück: Die angelegte Lanze wurde fest zwischen Oberarm und Taille geklemmt und verschaffte damit dem Reiter eine verheerende Wirkung. Um ihm jedoch Standfestigkeit für den Stoß zu verschaffen, mussten besonders hohe Reitsättel entwickelt werden, die eine Reitposition mit gestreckten Beinen ermöglichten, also ein Stehen in den Steigbügeln. Typisch für die normannische Kriegsführung wurde insbesondere für die Kriege in Süditalien die derart angelegte Lanze nebst dem erwähnten großen Schild. Als Taktik setzte sich schließlich das Auftreten flexibler Kavallerieeinheiten von bis zu 30 Männern durch. Die dominante Reiterei der normannischen Ritter fand eine schlagkräftige Ergänzung in der Infanterie und hier insbesondere bei treffsicheren Bogenschützen - vielleicht auch mit Armbrüsten bewaffnet -, die den angreifenden Reitern das Feld bereiteten. Ein solches Heer wurde im Sommer 1066 zusammengezogen, um damit England zu erobern. Dem Invasionsheer gehörten vor allem die Krieger von Wilhelms mächtige Vasallen an, wozu aus anderen Regionen – darunter Maine, der Bretagne, dem Poitou und Flandern – Freiwillige herbeiströmten. Das versammelte Heer wird heute zwischen 5.000 und 10.000 Mann geschätzt, wozu auch Söldner gehörten. Deswegen war es Wilhelms dringlichste Aufgabe, aus dieser gemischten Truppe eine disziplinierte Streitmacht zu machen.


An der normannischen Küste: Wilhelm schaut auf sein Heerlager vor der Invasion

Da es gefährlich war, das Herzogtum ohne Herrscher und den Großteil der Streitmacht zurückzulassen, ergriff Wilhelm besondere Maßnahmen zur Sicherung. Seine Frau Mathilde und ihr Sohn Robert bekamen für die Zeit seiner Abwesenheit besondere Verantwortung, und Robert wurde auf einer Versammlung der Feudalherren feierlich als Erbe des Herzogtums eingesetzt. Die wichtigsten Männer der Normandie leisteten ihm den Treueeid. Zudem wurden bewährte Mitglieder des neuen Adels unmittelbar mit der Verwaltung der Normandie beauftragt. Im Frühjahr 1066 wurde mit dem Bau von Schiffen begonnen, bereits im Mai wurden die neuen Schiffe in der Flussmündung der Dives zusammengezogen, wo die Arbeiten fortliefen und wohl frühestens im August abgeschlossen wurden.

Primärquelle: Primärquelle: Krause, Die Normannen
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https://www.youtube.com/watch?v=mzjkwJSOWzA
https://www.youtube.com/watch?v=hT3YqqIWxec

1066: Wilhelm erobert den englischen Thron

Als die Normannen 1066 unter Führung Wilhelms um Englands Thron kämpften, hatten sie als Krieger nur noch wenig mit den Wikingern gemein. Der Unterschied zeigt sich allein mit dem Schlachtruf »Deus aie« - »Gott helfe uns!«, mit dem sie in die Schlacht bei Hastings zogen. Für den christlichen Gott, nicht für den alten nordgermanischen Kriegergott Odin zog man in den Kampf. Aber ganz profan natürlich für den Herzog der Normandie, dem man durch die erwähnten feudalen Verhältnisse verpflichtet und verbunden war. Alle Adligen waren seine Lehnsleute und hatten ihm berittene Krieger zu stellen. In der Normandie kristallierte sich so eine Art Keimzelle des später berühmt gewordenen Rittertums heraus, dessen Hauptträger gut ausgebildete Adelssöhne waren. Diese Krieger-Elite diente mit ihren Heeren nicht nur dem Herzog, sondern machte sich auch auf eigene Wege in den Süden.

Am 12. August 1066 war Wilhelms Flotte startklar, und, nur durch den schmalen Kanal getrennt, standen sich die Rivalen gegenüber. Beide, Wilhelm und Harold, hatten gleichgeartete Probleme. Insbesondere war da die Unterhaltung eines großen Heeres über die Vorbereitungszeit, ohne dass es die Umgebung verwüstete, in der es einquartiert wurde. Wilhelm untersagte jegliche Form der Plünderung und versorgte seine Truppen großzügig, was Harold nicht schaffte, und nach Wochen des Wartens wurde klar, dass er sein Heer nicht länger versorgen oder zusammenhalten konnte. Harolds Heer begann sich am 8. September 1066 aufzulösen, er selbst zog sich mit seinen housecarls nach London zurück. Die Schiffe sollten ebenfalls in die Hauptstadt zurückkehren, und viele gingen auf der Reise dorthin unter. Die Südküste war nun unverteidigt, worauf Wilhelm mit seiner Flotte zur Mündung der Somme segelte. Nachdem sie unterwegs einige Schäden erlitten hatten, kamen sie in Saint-Valery-sur-Somme an, wo Reparaturen durchgeführt wurden und man nur noch auf günstigen Wind wartete, um lossegeln zu können.

Innerhalb der Wartezeit änderte sich jedoch die gesamte Kriegslage auf Britannien. Der norwegische König Harald Hardråde begann seinen Angriff auf England und traf mit 300 Schiffen am Fluss Tyne ein, wo Tostig zu ihm stieß. Gemeinsam stießen sie bis zum 18. September bis zur Mündung des Humber vor, landeten bei Riccal und zogen nach York.

Am 20. September 1066 fand die erste der drei großen englischen Schlachten statt, aus der Harald Hardråde als Sieger hervorging. Das von Wikingern bewohnte York empfing ihn begeistert, und nachdem er Anordnungen für die Stadt getroffen hatte, zog er sich mit seinen Kriegern zu den Schiffen zurück. Harold Godwinson brach sofort mit seinem gesamten Heer nach Norden auf. In Stamford am Derwent traf er in der Schlacht von Stamford Bridge auf das norwegische Heer und griff sofort an. Harold siegte, Hardråde und Tostig kamen in der Schlacht um. Nun war die Frage, ob er rechtzeitig in den Süden gelangen konnte, um der bevorstehenden Landung Wilhelms entgegenzutreten.


Das von den Normannen eroberte Pevensey Castle

Harold ließ seine erschöpften Truppen nach der Schlacht zwei Tage in York verschnaufen. In dieser Zeit, wo die angelsächsische Flotte untätig in London lag, kam günstiger Wind auf, und Wilhelm schiffte hastig seine Truppen ein. Am 27. September stachen sie in See und schon am Morgen des 28. September landeten sie bei Pevensey, wo sie kaum auf Widerstand trafen. Die alte römische Festung wurde mit einem inneren Wall versehen, und Wilhelm versuchte, die Gegebenheiten der Küste zu seinem Vorteil zu nutzen. Wichtig war es, die Verbindung zu seinen Schiffen aufrechtzuerhalten. Wilhelm stationierte etwa 1000 Fußsoldaten in der Stadt und begab sich nach einer mehrtägigen Plünderung des Umlands mit dem restlichen Heer nach Hastings. Harald II. hatte sich in der Zwischenzeit in einem weiteren Gewaltmarsch mit den unverletzten Kämpfern seines Heeres von York nach London begeben. Innerhalb weniger Tage stellte Harald II. einen Fyrd auf, wobei es sich um die angelsächsische Miliz handelte. Danach machte er sich mit seinem Heer auf den Weg nach Hastings. Haralds Plan war es, die normannischen Invasoren auf der dortigen Halbinsel festzusetzen. Dazu bezog er mit seinen Kämpfern am 13. Oktober auf dem Senlac-Hügel nordwestlich von Hastings, nahe der heutigen Stadt Battle, Stellung. Am Morgen des 14. Oktober traf das normannische Heer vor dem Hügel ein und stellte sich in Gefechtsordnung auf.


angelsächsische Huscarle


Das angelsächsische Heer von Harald II. bestand mehrheitlich aus Kämpfern des Fyrd, bei denen es sich überwiegend um einfache Bauern mit wenig Kampferfahrung handelte. Den Kern des Heeres bildeten die Huscarle, auch Housecarle genannt, schwer gerüstete Fußsoldaten, die durch Kettenrüstungen und Langschilde geschützt waren und mit großen Streitäxten kämpften. Doch in der Schlacht bei Stamford Bridge sind zuvor schon 1000 Huscarle getötet oder verwundet worden, so dass Harald II. nur auf 2000 von ihnen zurückgreifen konnte. Ihnen stellte er über 5000 Fyrd-Kämpfer zu Seite, mit einem wesentlich geringeren Kampfwert. Hinzu kam das persönliche Aufgebot des dänischen Renegaten Ole Ejnarsen und seines Bruders Jens aus ca. 500 schweren Huscarlen, die sich der Armee für 400 Mark lübischen Silbers angedient hatten. Das angelsächsische Heer umfasste keine Reiter und nur wenige Bogenschützen, weshalb es eine äußerst defensive Haltung einnahm.

Nach gängiger Meinung zog Harald von der Kuppe des Caldbec Hill den Normannen auf dem Senlac Hill entgegen. Die Angelsachsen bildeten auf dem Senlac-Hügel bzw. Courtback Hill einen dichten Schildwall, der Schutz vor Pfeilen und Reiterangriffen bot. Die ersten Reihen des Schildwalls wurden durch die erfahrenen Huscarle ergänzt, die die Geschlossenheit der Formation garantieren sollten. Zahlreiche Angelsachsen waren mit Speeren bewaffnet, was einen Angriff auf ihren Schildwall zusätzlich erschwerte.

Herzog Wilhelm teilte sein Heer in drei Formationen auf. Im Zentrum postierten sich die normannischen Kämpfer, während die Bretonen unter Graf Alain de Bretagne den linken Flügel bildeten. Der rechte Flügel von Wilhelms Heer bestand aus einem franko-flämischen Kontingent unter Eustace II. von Boulogne und Roger II. de Montgomery, dessen Teilnahme an der Schlacht allerdings nicht zweifelsfrei belegt ist. Wilhelms Aufgebot war etwa 7000 Mann stark, unter denen sich 2000 bis 3000 schwere Reiter befanden. Diese waren mit Kettenrüstungen, Nasalhelmen und Langschilden ausgerüstet und kämpften mit Lanzen, Schwertern und Streitkolben. Die meisten Reiter waren Angehörige des normannischen Adels. Besondere Schlagkraft verlieh ihnen die Verwendung von Steigbügeln, die es ihnen ermöglichten, im vollen Galopp mit ihrer Lanze auf einen Gegner zuzureiten, ohne dass sie der Aufprall vom Pferd werfen würde. Ergänzt wurde das normannische Heer durch zahlreiche Bogenschützen. Darüber hinaus wurden von den Normannen erstmals auf einem europäischen Schlachtfeld Armbrustschützen eingesetzt.


Die Normannen greifen den angelsächsischen Schildwall an

Am späten Morgen eröffneten normannische Bogen- und Armbrustschützen die Schlacht, indem sie ihre Pfeile und Bolzen auf den angelsächsischen Schildwall abschossen. Die meisten flogen jedoch an den Angelsachsen vorbei oder blieben in ihren Schilden stecken. Die Angelsachsen schossen nicht zurück, da sie die meisten Bogenschützen in der Schlacht gegen Harald Hardråde verloren hatten. Nun schickte Wilhelm einen Trupp von ca. 50 Leuten, um neue Pfeile zu holen (normalerweise wurden die feindlichen Pfeile wiederverwendet). Es folgte ein Sturmangriff der normannischen Fußsoldaten, der ebenfalls an dem Schildwall scheiterte. Auch die normannische Reiterei vermochte sich nicht durchzusetzen und musste sich zurückziehen. In dieser Situation ging das Gerücht um, dass Wilhelm gefallen sei. Die linke Flanke der Normannen begann, sich daraufhin zurückzuziehen. Von diesem Rückzug motiviert, verließen einige Angelsachsen den schützenden Schildwall und jagten den Normannen nach. Wilhelm schob seinen Nasalhelm hoch über die Stirn, womit er sich zu erkennen gab und die Kampfmoral seines Heeres rettete. Es gelang ihm, die Schlachtreihen wiederherzustellen, und er ritt zum Gegenangriff. Seine Truppen prallten erneut vom Schildwall ab, jedoch metzelten sie alle Engländer nieder, die den Schildwall verlassen hatten.


Harolds Tod - Er bekam offensichtlich einen Pfeil in den Kopf geschossen

Wilhelm lernte schnell und ließ sein Heer ein weiteres Mal einen Rückzug vortäuschen, um so den Schildwall zu überwinden. Diese Taktik war von Harald II. zuvor bei der Schlacht bei Stamford Bridge angewendet worden. Wieder wurden wie zuvor zahlreiche Angelsachsen dazu verleitet, den Schildwall zu verlassen, um die Verfolgung aufzunehmen. Erneut machten die normannischen Reiter kehrt, um ihre Gegner niederzureiten. Mit dieser Taktik wurde zunächst der rechte, dann der linke Flügel des angelsächsischen Schildwalls in Unordnung gebracht. Es folgten stundenlange Nahkämpfe, bei denen sich die Normannen durch die Lücken im gegnerischen Schildwall langsam durchsetzen konnten. Gegen Abend leistete nur noch Harald II. mit seinen besten Huscarlen ernsthaften Widerstand, bis er bei einem weiteren Angriff normannischer Reiter den Tod fand. Durch den Tod Haralds II. wurden die Fyrd-Kämpfer von ihren Pflichten entbunden und flohen vom Schlachtfeld. Die Huscarle lieferten sich weiterhin zähe Kämpfe mit den Normannen, bis auch sie sich zurückziehen mussten. Nach seinem Sieg kehrte Wilhelm nach Hastings zurück und ließ seine Truppen rasten. Fünf Tage später erfolgte der Aufbruch zur Unterwerfung Englands.

Ende Oktober gerieten die Truppen ins Stocken, ein Aufenthalt, der fünf Wochen dauerte und während dessen sich die Versorgung äußerst schwierig gestaltete und die Ruhr ausbrach. Die Pause brachte auch Vorteile, denn die Nachricht von der Schlacht verbreitete sich, und die Gebiete von Kent begannen sich nacheinander zu ergeben. Es kam aber noch besser für Wilhelm, denn Winchester, die alte Hauptstadt der westsächsischen Könige, Mitgift Ediths, der Witwe des Bekenners, bot ihre Unterwerfung an. So konnte sich Wilhelm Ende November als Herr über Südostengland betrachten. Sussex, Kent und ein Teil von Hampshire befanden sich unter seiner Herrschaft. Die Haltung des Nordens und Londons war dagegen noch nicht geklärt. London war der Knotenpunkt, der die Verbindungswege des Landes zu Themse und Meer beherrschte, war aber zu groß, als dass die Stadt hätte im Sturm genommen werden können. Wilhelm entschloss sich daher, die Stadt zu isolieren. Nachdem er Southwark angezündet hatte, zog er westwärts, verwüstete das nördliche Hampshire und fiel in Berkshire ein. Von dort aus ging es nach Norden, und die Runde schließend erreichte er schließlich Berkhampstead.

Nun kamen die hohen Herren des Landes zu ihm und unterwarfen sich, womit nur noch die normannischen Feudalherren zu seiner Thronbesteigung einwilligen mussten, was sie auch taten, und er konnte mit den wichtigsten Männern der Normandie und Englands nach London vorstoßen. Wenige Tage vor Weihnachten zog er in seine neue Hauptstadt ein und traf sofort Vorkehrungen für seine Krönung. Am Weihnachtstag 1066 wurde Wilhelm, Herzog der Normandie, in der Westminsterabtei nach altem englischem Brauch zum König der Engländer gekrönt. Wilhelm übernahm die Rechte und Pflichten eines altenglischen Königs und konnte, obwohl er nur Teile des Landes in Besitz genommen hatte, ganz England den Landfrieden verkünden. Der neue König - nun „der Eroberer“ genannt - ließ an der Themse drei Festungen errichten: Tower of London, Baynard’s Castle und Montfitchet Castle. So konnte er die Stadt vor weiteren Angriffen der Wikinger zu schützen, sowie mögliche Aufstände der Einheimischen zu verhindern.

Primärquelle: Primärquelle: Krause, Die Normannen
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