Lothar III. von Supplinburg und seine Wendenpolitik

Lothar hatte 1110 bereits den letzten Herulerfürsten Heinrich im Kampf gegen die Heiden unterstützt. Gleichzeitig hatte er Adolf von Schaumburg als Graf in Holstein und Storman eingesetzt. Auch in den Folgejahren kämpfte er gegen die Wenden und gegen ranische Wikingerclans auf Rügen. Nachdem im Reich der Konflikt zwischen Kaiser Heinrich V. und Lothar von Supplinburg beigelegt war, unternahm Lothar 1121 einen Zug gegen die warnischen Kessiner. Es gelang ihm, den Kessiner-Fürsten Sventipolk, den - vermutlich wenig sachsenfreundlichen - Sohn Heinrichs von Alt-Lübeck, zu unterwerfen, die Burgen zu erobern und Geiseln gestellt zu bekommen.



Brüske mutmaßt, dass das von Lothar eroberte Land dem Herulerfürsten Heinrich von Alt-Lübeck, Sventipolks Vater (!), unterstellt wurde und ihn damit noch mächtiger machte, als er ohnehin zu dieser Zeit bereits schon war. Anscheinend war das Verhältnis zwischen Heinrich und seinem Sohn gespannt, sehr wahrscheinlich lag dies daran, dass Sventipolk Heide war. Für die warnischen Kessiner ist das insofern bedeutend, dass sie zu dieser Zeit ebenfalls als Heiden angesehen wurden.


Knud Lavard in der damals typischen Speer tragenden Darstellung. Mit ihm wurde das Herulerreich erstmals von einem Dänen beherrscht, dessen Mutter aus dem warägischen Rurikiden-Geschlecht stammte.
FredrikT, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0

Wie berichtet, leistete Lothar Heinrich Waffenhilfe gegen die Wikingerclans auf Rügen im Winter 1124/25. Nach dem Tod Heinrichs von Alt-Lübeck setzte der inzwischen zum König gewählte Lothar 1129 Knud Laward als Nachfolger ein. Sehr wahrscheinlich krönte er im gleichen Jahr den christlichen Hevellerfürsten Pribislav-Heinrich von Brandenburg zum „König von Brandenburg". Pribislav-Heinrich war der Nachfolger eines gewissen Meinfried.

Böhmen und das Daglingerreich in Gnesen erkannten die Oberhoheit des Reiches an: 1126 huldigte Herzog Sobeslaus I. von Böhmen dem König Lothar III. Vermutlich hat König Lothar 1127 oder 1128 noch einen Feldzug gegen das nördliche Wendenland unternommen. Ebo berichtet davon, dass es Lothar gelungen sei, die Stadt und den Tempel der Lutizen zu verbrennen. Ob es sich dabei um Rethra oder wie der Vineta-Forscher Schuchardt vermutete - um den Gützkower Tempel handelte, wissen wir heute nicht sicher. Ebenso fraglich ist die genaue zeitliche Bestimmung, da keine andere Chronik von diesem Feldzug Lothars berichtet.

Herzog Boleslaus III. Schiefmund von Gnesen bekam 1135 Pommern und Rügen vom inzwischen zum Kaiser gekrönten Lothar als Lehen. Rügen und Vorpommern wurden jedoch von ranischen Wikingerclans beherrscht und haben wohl nie etwas von dieser Lehens-Herrschaft mitbekommen. Man hörte und sah nie ein Heer der Daglinger auf Rügen. Im Kern ging es nur um die Huldigung des Kaisers und die Nachzahlung des mittlerweile 12 Jahre ausstehenden Tributs von Gnesen. Bereits 1138 verstarb Boleslaus Schiefmund und die ganze Sache mit den Wikingerclans auf Rügen war vergessen.

Im Reich schuf Lothar mit der Erhebung Albrechts des Bären zum Markgrafen der Nordmark (1134) und Konrads von Wettin zum Markgrafen der Lausitz (1136) die Voraussetzungen zur Ausbildung der Landesherrschaften der Askanier und Wettiner, die zunächst für die Verwaltung der östlichen Marken und später für die gesamte Ostsiedlung wichtig werden sollten. Nach Lothars Tod im Winter 1137 gaben die wieder aufkeimenden Kämpfe zwischen Staufern und Welfen den Wenden noch einmal eine 10-jährige Atempause bevor der Wendenkreuzzug begann.

Primärquelle: Herrmann, Der Wendenkreuzzug von 1147

Die Daglinger erobern Pommern und das untere Oderland

Der Herzog von Gnesen Boleslaus Schiefmund (1085-1138) eroberte im Winter 1120/21 die Stadt Stettin und unterwarf ein Jahr später Pommern. Er zwang Herzog Wartislaus I. von Pommern, die Oberhoheit der Daglinger anzuerkennen und sich zu Tribut, Heerfahrt und Christianisierung Pommerns zu verpflichten. Wartislaus gehörte keinerlei "Slawen" an und entstammte einen anderen Daglinger Clans, als jener dem die Linie von Dago Miseko entstammte. Dieser Clan versuchte bereits frühzeitig über die Netze nach Hinterpommern vorzudringen, hatte jedoch nur wenig Erfolg. Zudem wurde die Küste von ranischen Wikingerclans kontrolliert, die mit den Jomswikingern in Bund standen.


Der Daglingerherzog Boleslaus (Bolsleif) Schiefmund - Sein Helm ähnelte dem der warägischen Rurikiden am Dnjepr

Im Jahr 1121 drangen die Daglinger unter Boleslaus Schiefmund tief ins nördliche Wendenland ein und konnte bis an die Müritz vordringen. Dabei verwüsteten sie das Land so gründlich, dass es Jahre später noch ziemlich entvölkert war, wie der Chronist Ebo berichtet. Einige Teile des Wendenlandes wurden dem gerade unterworfenen Pommernherzog Wartislaus als Vasall der Daglinger übertragen. Auch das wendische Lebuser Land zwischen Oder und Spree unterstand zwischen 1115 und 1119 wieder Gnesen.

Boleslaus Schiefmund nutzte seine guten Beziehungen zum Papsttum und gründete die Bistümer Kruschwitz in Westpreußen und Lebus an der Oder. Vermutlich sollte von hier aus das Havel-Spreeland der nordischen Stodoranen missioniert werden und damit dem Einfluss Gnesens ausgeliefert werden.

In den Jahren 1124/25 unterstützte Boleslaus Schiefmund die Missionsreise des Bischofs Otto von Bamberg nach Pommern. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Missionsreise wurde die Gründung eines pommerschen Bistums geplant, was wohl zum Erzbistum Gnesen gehören sollte. Adalbert - bislang Hofkaplan der Daglinger - sollte Bischof von Pommern werden. Der Papst unterstützte dieses Vorhaben und die guten Verbindungen der Daglinger zu den Babenbergem und den Staufern ließen auf schnelle Verwirklichung des Pommernbistums hoffen. Doch bis 1140 scheiterte dieses Vorhaben an den Interessengegensätzen zwischen Sachsen und den Wikingern zwischen Oder und Weichsel. Gnesen und Sachsen betrachteten die wendischen Ländereien westlich der Oder als ihre eigene Machtsphäre.

Zu einer Verschärfung der Spannungen muss es gekommen sein, als Boleslaus Schiefmund nach dem Tod des Kaisers Heinrich V. (1125) aufhörte, den Tribut zu zahlen, den er wahrscheinlich als persönliche Verpflichtung gegen Heinrich betrachtet hatte. Zur Verwirklichung der Gnesener Interessen gehörte die Vermählung von Boleslaus Tochter Richeza mit König Magnus von Schweden, dem Thronfolger in Dänemark, im Jahre 1129. Dänemark verstärkte gerade zu dieser Zeit - ganz im Interesse Gnesen- seinen Druck auf Rügen, Usedom und Wollin. Ein paar Jahre später verheiratete Boleslaus eine andere Tochter mit Konrad von Plötzkau (1131/32), der seit 1130 mit der sächsischen Nordmark belehnt war.

Durch verschiedene Umstände war Gnesen im Papst-Schisma unglücklicher Weise auf die Seite von Papst Anaklets II. getreten. Norbert von Xanten, Erzbischof von Magdeburg, wollte diese Situation für die Kirche im Reich ausnutzen und plante, sich von Papst Innozenz II. 1131 das Bistum Posen, 1133 alle anderen der Daglinger, einschließlich der geplanten Bistümer unterstellen zu lassen. Innozenz unterstützte zwar das Vorhaben des Erzbischofs, doch der Plan, die erzbischöflichen Rechte auf auf das Herzogtum Gnesen auszudehnen, scheiterte.

Boleslaus Schiefmunds unbedachtes Eingreifen in die ungarischen Thronstreitigkeiten 1132 verwickelte Gnesen in Kriege mit Ungarn und Böhmen, dessen Herrscher 1134 Kaiser Lothar III. als Schiedsrichter wählten. In dieser Situation war der Daglingerherzog Boleslaus auf dem Hoftag in Merseburg 1135 genötigt, für Rügen, das er zwar noch nicht unterworfen hatte, und Pommern die kaiserliche Lehnshoheit anzuerkennen, den rückständigen Tribut von zwölf Jahren zu bezahlen und sich zu Friedensschlüssen mit Ungarn und Böhmen zu verpflichten. Boleslaus und die Gnesener Bischöfe traten endlich auf die Seite Papst Innozenz II. über, der 1136 das Erzbistum von Gnesen wieder bestätigte.

Die Herrschaft von Boleslaus zeigt, dass Gnesen versuchte, sich als unabhängiges Wikingerreich, ähnlich dem der Rurukiden zu manifestieren, das nicht dem deutschen Reich unterstand. Boleslaus baute dabei auf die Hilfe des Papstes, indem er versuchte, eine vom Reich unabhängige Kirchenstruktur aufzubauen. Auch sollten die Wenden in die Gnesener Einflusssphäre einbezogen werden. Boleslaus versuchte auch, sich durch seine Heiratspolitik der Oberhoheit des Reiches zu entziehen. Wahrscheinlich hatte der Daglingerherzog wie seine Vorgänger die Königskrone vor Augen. Doch auch Boleslaus Schiefmund scheiterte mit seinen Unabhängigkeitsbestrebungen. Letzten Endes musste er doch Ländereien als Lehen empfangen und sich Lothar unterordnen. Und auch die Missionierung der Heiden ging nie nur von Gnesen aus, sondern immer waren die Missionare aus dem Reich entsandte Geistliche.

Primärquelle: Herrmann, Der Wendenkreuzzug von 1147

Christliche Wenden-Mission in den 1130er Jahren

Obwohl das Wendenland von allen Seiten hart umkämpft war, drangen die Deutschen an der unteren Havel nur sehr langsam vor. Zwar waren einige Wendenfürsten bereits getauft, wie in Brandenburg, doch die Bevölkerung war überwiegend heidnisch. Auch Norbert von Xanten (1080/85-1134), Stifter des Prämonstatenserordens, musste einsehen, als er 1126 Erzbischof von Magdeburg wurde, dass der christliche Einfluss bei den Wenden sehr begrenzt war. Offensichtlich nahm er die Christianisierung der Wenden direkt nach seiner Ernennung auf. In diesem Zuge wurde Meinfried, der Vorgänger Pribislav-Heinrichs, wohl ein einflussreicher, getaufter Wende - vielleicht Burghauptmann - 1127 in Brandenburg erschlagen. In der Folge kam es zu schwere Unruhen in der Region zwischen Christen und Heiden.

In Havelberg konnte sich der wohl ebenfalls getaufte Wendenanführer Wirikind dadurch behaupten, dass er das Heidentum neben dem Christentum duldete. Hatte sich die wendische Oberschicht mittlerweile mit dem Christentum abgefunden, so hatte sich die wendische Bevölkerung noch lange nicht an den neuen Glauben gewöhnt. Das Christentum und die damit verbundene Adelsherrschaft waren verhasster denn je. Doch obwohl der christliche Einfluss begrenzt war, zeigte die deutliche Zunahme der christlichen Mission in den 1130er Jahren das Abnehmen des Einflusses der heidnischen Religion bei den Wenden.

Die südlichen Wendenland wurden vom Erzbistum Magdeburg aus missioniert. Norbert von Xanten löste aber - entgegen seinen Erwartungen - mit seiner fanatischen Mission eine Welle von neuen paganen Reaktionen aus. Die Zeitgenossen dürfte das indes wenig gewundert haben, war Norbert doch für sein undiplomatisches Vorgehen bekannt und gefürchtet. Zwei Anschläge auf sein Leben soll es gegeben haben und auch die Bürger Magdeburgs rebellierten 1129 wegen seiner Härte, gegen ihn, sodass er sogar zeitweilig auf der Flucht war.

Mit dem Interdikt zwang er schließlich viele seiner Gegner sich ihm zu unterwerfen. Anders verlief die Mission, als Otto von Bamberg durch das Land der wendischen Müritzer zog. Diese wollten sich wohl freiwillig von ihm taufen lassen. Offenbar hatte er sie schnell überzeugen können - so berichtet es zumindest der Chronist. Doch Otto lehnte es ab, sie zu taufen und wies darauf hin, dass sie sich Erzbischof Norbert unterstellen sollten. Ebo von Michelsberg schreibt in seiner Vita Ottos von Bamberg:

„Es lebte dort der heidnische Stamm der Müritzer. Als der von der Absicht des seligen Predigers hörte, erwartete er, auch mit den Sakramenten des Glaubens getauft zu werden. Doch dieser schickte sie, da er einen klugen und scharfsinnigen Verstand hatte, zu ihrem Erzbischof Norbert und sagte, es sei verboten, auf fremdem Grund zu bauen."

Otto erläuterte den Müritzern auch, warum er sie nicht taufen wollte. Einerseits waren sie der Magdeburger Metropole unterstellt und andererseits war sein „eigentlicher Einsatzort" in Pommern: „er sei vielmehr durch den Befehl des Herrn Papstes und einen Brief des Pommernherzogs Wartislaus zu weiter entfernteren Stämmen gerufen worden". Doch die Müritzer erläuterten Otto, dass sie sich nicht dem Magdeburger Erzbischof unterstellen wollten, da der nur danach strebe, sie zu unterdrücken. Bei Ebo heißt es:„Doch sie erklärten, sie wollten nicht dem Magdeburger Bischof folgen, weil der sie unter ein bedrückendes Joch der Knechtschaft zwingen wolle."

Ebo schreibt weiter, dass Otto den Wenden versprach, nach der Bekehrung seiner ihm anvertrauten Pommern-Stämme zurückzukommen, doch erst müsse er die Erlaubnis vom Papst und die Zustimmung des Erzbischofs von Magdeburg einholen. Es gelang Otto von Bamberg, in den 1120er und 30er Jahren mehrere ranische Wikingerlans erfolgreich zu bekehren. Besonders sein zweiter Missionszug, der 1128 durchgeführt wurde, bezog auch die unter Gnesener Oberhoheit stehenden wendischen Gebiete westlich der Oder ein. Wahrscheinlich taufte er während dieser Missionsreise auch die Müritzer. Otto handelte bei dieser Reise in Übereinkunft mit Lothar III. und dem Pommernherzog Wartislaus I., der auch zu dieser Zeit mit Teilen des nordöstlichen Wendenlandes belehnt war.

Otto von Bamberg hatte die Missionskirche in Pommern, mit der Burgstadt und dem Bistum Kammin im Zentrum, bis zu seinem Tod im Jahre 1139 in seiner Obhut. Der Missionar wurde vor allem in den 40er und 50er Jahren des 12. Jahrhunderts verehrt. In diesem Zusammenhang entstanden ihm zu Ehren drei Wen, darunter die von Ebo und Herbord aus dem Kloster von Michelsberg. Trotzdem wurde Otto von Bamberg erst 1189 von Papst Clemens IM. heilig gesprochen. Das Bistum Bamberg erhielt von Kaiser Lothar 1136 für Ottos Bemühungen in Pommern zu missionieren, den Tribut verschiedener wendischer Gebiete, die in der Nordmark lagen. Albrecht, der Markgraf der Nordmark, gab seine Zustimmung. Bei den Herulern missionierte Vizelin, Lehrer Helmolds und spätere Bischof von Oldenburg.

Prägend war für den Geistlichen die Begegnung mit dem Gründer des Prämonstratenserordens, besagtem Norbert von Xanten, im Stift Premontre. Als Norbert später Erzbischof von Magdeburg wurde, weihte er Vizelin am 25. Juli 1126 zum Priester. Erzbischof Albert von Hamburg-Bremen schickte Vizelin zunächst zu den Altherulern nach Ostholstein. Helmold schreibt, dass Vizelin im Herbst 1126 nach Lübeck zum König der Sclavi (Heruler und Vandalen) kam und bat, das Wort Gottes innerhalb von dessen Herrschaftsbereich zu predigen. Der der halbdänische Obotritenkönig war der christliche Nakonide Heinrich von Alt-Lübeck, der wohl nichts dagegen einzuwenden hatte, dass sich Vizelin bei ihm aufhielt.

Ein Jahr später (1127) machte der Tod Heinrichs den weiteren Aufenthalt Vizelins unmöglich. Erzbischof Albert beauftrage Vizelin daraufhin damit, den Holstengau zu betreuen. Vizelin gründete gemeinsam mit gleichgesinnten Priestern im Frühjahr 1127 das Augustinerstift von Neumünster. Sieben Jahre später wurde Segeberg die neue Missionsbasis, von wo aus der Apostel drei Jahre lang im Obotritenland predigte. Durch Kriege gerieten Ende der 1130er Jahre die Gebiete der Heruler und Barden in sächsische Hand und wurde dadurch endgültig christlich.


Leitzkau wurde erstmals 955 als Liezka erwähnt und leitet sich vom althochdeutschen liska für Ried- oder Sumpfgras her.

Bischof Hartbert von Brandenburg errichtete 1114 eine Kirche in Leitzkau und schuf damit einen provisorischen Sitz des Bistums. 1133 wurde vom Magdeburger Liebfrauenkloster aus in der Leitzkauer Kirche ein Prämonstratenser-Stift eingerichtet, das die Wendengebiete missionieren sollte. Der neu gewählte Bischof von Brandenburg, Wigger, saß ab 1136 in Leitzkau. Zwei Jahre später (1138) wurde endgültig das Prämonstratenser-Kloster Leitzkau gegründet. Gestiftet wurde es von Rudolf II., dem Grafen von Stade und Widersacher Albrechts des Bären. Auf die Bitte des in Brandenburg (Brendanburg) herrschenden christlichen Wendenfürsten Pribislav-Heinrich kamen in den 1140er Jahren acht Prämonstratenser-Mönche aus Leitzkau nach Brandenburg, um die Mission zu unterstützen. Leitzkau entwickelte sich zu einer der wichtigsten Missionsbasen im Wendenland.

Am 14. Oktober 1140 bestätigte der Papst Innozenz II. das pommersche Bistum Wollin, dessen größerer Landbesitz westlich der Oder - also auf Wendenland - lag. Vier Jahre später wurde das Prämonstatenserstift Jerichow im Bistum Havelberg errichtet, was wohl als erster Schritt zur Wiedererrichtung der Havelberger Diözese gewertet werden kann, doch vorerst blieb Havelberg selbst dem Havelberger Bischof Anselm verschlossen. Besonders an der stark zunehmenden christlichen Mission der 1130er und 1140er Jahre im Wendenland ist die religiöse, militärische und organisatorische Schwäche der Wenden zu dieser Zeit abzulesen. Die Wendenbistümer Havelberg und Brandenburg bleiben trotz allem in wendischer Hand, obwohl seit Jahrzehnten Titularbischöfe für diese beiden Orte geweiht werden.

Primärquelle: Herrmann, Der Wendenkreuzzug von 1147

1144: Vor dem Wendenkreuzzug


Die Festung von Edessa - 1144 wurde sie von den Moslems erobert. Daraufhin wurde erneut zum Orientkreuzzug aufgerufen...

Nach dem Fall der Grafschaft Edessa Weihnachten 1144 durch den Emir Zengi von Mossul und Aleppo, rief Eugen zum 2. Orientkreuzzug auf. Dieser Kreuzzug kam allerdings erst zustande, nachdem Bernhard von Clairvaux 1146 die Kreuzzugspropaganda übernommen hatte. Es gelang, den französichen König Ludwig VII. für das Unternehmen zu gewinnen. Entgegen der Intention Eugens III. nahm auf dem Hoftag von Speyer auch der deutsche König Konrad III. das Kreuz. Dieser Entschluss stärkte interessanter Weise die Position des Königs gegenüber den Fürsten des Reichs.

Ohne nennenswerte Proteste setze der König auf dem Hoftag von Frankfurt im Frühjahr 1147 die Wahl seines Sohnes als Mitkönig durch. Leider führte die Kreuzzugsbegeisterung im Rheinland und auch in Südfrankreich im Sommer 1146 zu Judenpogromen, gegen die Bernhard von Clairvaux allerdings vorging. Während der Abwesenheit Konrads sollte Erzbischof Heinrich von Mainz (ca. 1090-1153) als Reichsverweser die Regierungsgeschäfte übernehmen und sich zusammen mit Abt Wibald von Corvey und Stablo (1098-1158) um den Sohn des Königs Heinrich (VI.) kümmern. Für die Dauer des Orientkreuzzuges wurde außerdem in Frankfurt ein allgemeiner Landfriede ausgerufen, der für Ruhe im Reich sorgen und insbesondere die Fehden eindämmen sollte. An diesen Landfrieden waren auch Welf VI. und vor allem dessen Neffe Heinrich der Löwe gebunden. Der Anspruch auf das Herzogtum Bayern musste daher zurückgestellt werden.

Der zweite Orientkreuzzug war wohl von Anfang an zum Scheitern verurteilt, denn die Mehrheit der sächsischen Fürsten zogen nicht an der Seite Konrads III. in den Orient, sondern gingen gegen die heidnischen Wenden vor. Außerdem zogen eine beträchtliche Zahl Kreuzfahrer aus verschiedenen Teilen Nordwesteuropas mit Schiffen in Richtung Iberische Halbinsel und kämpften an der Seite des portugiesischen Königs Alfons I. gegen die Muslime. Lissabon konnte von den Kreuzfahrern eingenommen werden. Von Papst Eugen III. wurden alle drei Unternehmen mit den gleichen Kreuzzugsprivilegien ausgestattet. Es wird erkennbar, dass der Kreuzzug als politisches Instrument auf dem Weg zu päpstlicher Weltherrschaft benutzt wurde. Der Dreifrontenkrieg (Heiliges Land, Spanien und im Wendenland) wurde von Eugen III. und von Bernhard von Clairvaux bewusst in Kauf genommen, obwohl es zu einer fatalen faktischen Schwächung des Hauptkontingents im Orient führte.

Litt der Wendenkreuzzug unter Interessengegensätzen der Teilnehmer, führte der Kreuzzug, zu dem Konrad III. im Mai 1147 noch vor dem französischen König aufbrach, zu einer Vertiefung des Bündnisses mit Byzanz. Bertha von Sulzbach, eine Schwägerin Konrads, wurde 1146 mit Kaiser Manuel verheiratet. Eine gemeinsame Politik des Reichs und Byzanz' gegen die Normannen in Italien wurde beschlossen. In dem von Konrad III. angeführten Kreuzfahrerheer befanden sich auch sein Neffe Friedrich, der neue Herzog von Schwaben, und die babenbergischen Halbbrüder des Königs, Bischof Otto von Freising und Heinrich II. Jasomirgott, der böhmische Herzog Vladislav und auch Welf VI.


1147: Die Schlacht bei Doryläum geht für die Kreuzfahrer verloren

Die Schwäche des Heeres durch die fatale Dreiteilung zeigte sich schon bald: Das Heer erlitt bereits im Oktober 1147 in Kleinasien bei Doryläum gegen die Seldschuken eine vernichtende Niederlage. Konrad erholte sich bei dem byzantinischen Kaiser Manuel I. von den erlittenen Verletzungen. Ein Jahr später traf er nach einer längeren Schiffsreise in Jerusalem ein. Es gelang zwischenzeitlich nicht, Edessa, das ursprüngliche Kreuzzugsziel, zu erobern. Stattdessen wurde vergeblich versucht, Damaskus zu belagern.

Konrad III. kehrte 1148 von der Heiligen Stadt, wo er schwer an Malaria erkrankte, ins Reich zurück. Das vom deutschen König auf dem Rückweg geleistete Versprechen gegenüber Manuel, die normannisch besetzten Teile Italiens nach deren Rückeroberung Byzanz zu übertragen, wurde nicht eingelöst. Vor allem bei Papst Eugen III., aber auch bei den Fürsten des Reichs, stieß die geplante Zuerkennung des Normannenreichs an Byzanz auf heftigen Widerstand.

In Holstein hatte sich inzwischen folgende Situation ergeben: Graf Adolfs Vater, Adolf I. von Schauenburg und Holstein (gest. 1130), war wahrscheinlich seit 1106 Schauenburger Graf und erhielt von Herzog Lothar von Supplinburg die Grafschaften Holstein und Stormarn, zu denen auch Hamburg gehörte, verliehen. Mit dem Grafen kamen die Schauenburger nach Holstein. Nach seinem Tod konnte sein (zweijähriger) Sohn, Adolf II. (1128-1164), auf Grund der politischen Situation im Reich das Erbe seines Vaters nicht in vollem Maße antreten.

Adolf weigerte sich, Albrecht den Bären als sächsischen Herzog anzuerkennen, denn er verstand sich als ein Lehnsmann der Welfen. Getreu seinem Eid wich mit seinem Lehnsmann der Versall. Die Grafschaft Holstein ging an Heinrich von Badewide. Kaiserin Richenza (um 1087/89-1141) ermöglichte die Durchsetzung der Ansprüche ihres Enkels, Heinrichs des Löwen, auf Sachsen und die Vertreibung Albrechts des Bären aus Sachsen. Dadurch bekam Adolf II. als Parteigänger der Welfen 1142 Holstein und erhielt 1143 das inzwischen eroberte Wagrien samt der Insel Fehmarn übertragen.


Im Hintergrund die visualisierte Burg Segeberg im Jahr 1644

Der frühere Inhaber der Grafschaft, Heinrich von Badewide, sah, dass er sich nicht halten konnte und setzte die Burg Segeberg und die Festung Hamburg in Brand und floh vor Graf Adolf. Gertrud, die Mutter Heinrichs des Löwen, verlieh zudem Heinrich von Badewide Wagrien, sie war wohl Graf Adolf nicht gewogen. Graf Adolf II. von Holstein erhielt jedoch vom noch jugendlichen Heinrich dem Löwen, weil er mehr Geld bot als Heinrich von Badewide, Wagrien und Segeberg. Heinrich von Badewide bekam als Entschädigung Razeburg und das unterelbische Polabien. Adolf II. baute Segeberg wieder auf und siedelte im ehemals altherulischen Wagrien Bauern aus Flandern, Holland, Utrecht, Westfalen und Friesland an: „Weil aber das Land menschenleer war, so sandte er Boten aus in alle Lande, nach Flandern und Holland, nach Utrecht, Westfalen und Friesland, und ließ alle die, welche um Land verlegen wären, auffordern, mit ihren Familien hin zu kommen: sie würden sehr gutes, geräumiges, fruchtbares, Fisch und Fleisch im Überfluß darbietendes Land und vortheilhafte Weiden erhalten."

Aber vor allem auch Leute aus den nahe gelegenen sächsischen Volksstämmen der Holsten und Stormarn, welche gegen ihre heidnischen Nachbarn seit fast 10 Jahren ununterbrochen kämpften, wurden motiviert, wendisches Land in Besitz zu nehmen. Zuvor hatte Wagrien, seit Knut Lawards Tod 1131, eine Phase heidnischer Restauration erlebt, weil keine kontinuierliche christliche Herrschaft vorhanden gewesen war. Diese Phase hatte einen vernichtenden Rachekrieg seiner christlichen Nachbarn zur Folge (1138/39). Helmold beschreibt jedoch die Ambivalenz der Situation: Die sächsischen Krieger hätten zwar bei den Sclavi (Heruler und Ostvandalen) freie Hand, jedoch nur bis ihnen die sächsischen Eliten Einhalt geboten. „Die Fürsten pflegten nämlich die Sclavi zu schützen; dadurch wollten sie ihre Einkünfte erhöhen."

Oldenburg, Lütjenburg und die Küstenstreifen wurden den Herulern gegeben, die Graf Adolf zinspflichtig wurden. Unter seiner Herrschaft wurde Lübeck, das seit Krutos Zeit verwaist war, etwas weiter im Landesinneren wieder errichtet. Wohl um die Siedlungen und Lübeck zu schützen, schloss Adolf ein Freundschaftsbündnis mit dem herulischen Obotritenfürst Niklot: „Danach sandte er Boten an Niclot, den Fürsten der Obotriten, um mit demselben Freundschaft zu schließen, und gewann alle Angesehenen des Landes durch Geschenke in dem Grade, dass alle darin wetteiferten, ihm gefällig zu sein und sein Land mit zur Ruhe zu bringen. So begannen die Einöden des Wagirenlandes (= "Seeland") bewohnt zu werden, und die Zahl der Bewohner desselben mehrte sich. "

Primärquelle: Hermann, Der Wendenkreuzzug 1147
https://www.ln-online.de/Lokales/Segeber...eberg-anno-1644

Die Lage der Obotriten vor dem Kreuzzug

Bis zum Wendenkreuzzug wurde auch das Bistum Oldenburg wieder errichtet, obwohl gerade dort noch Heruler wohnten, und zahlreiche Kirchenbauten entstanden in dem wagrischen Gebiet. Der aus Hameln stammende Bischof Witzel erhielt alle seine Besitzungen wieder, welche er unter Kaiser Lothar bereits verliehen bekommen hatte, gründete Klöster und wirkte missionarisch unter Adolf II. bis 1154.

Adolf II. war der zweite Sohn seines Vaters und war ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt. Erst nachdem sein älterer Bruder gefallen war, trat er in das väterliche Erbe ein. Er war gebildet, sprach und verstand Latein und die Sprache der Heiden. Ihm wird nachgesagt, dass er sich stets um ein friedliches Miteinander von Sachsen und Heiden bemühte.

Niklot war seit 1131 (bis 1160) Fürst der Obotriten und gleichzeitig letzter bedeutender Repräsentant. Er herrschte über seinen eigenen ostherulischen Stamm, über die Clans der Kessiner und an der Peene. Immer wieder musste er sächsischen Machtansprüchen widerstehen. Aber auch in den eigenen Reihen war seine Herrschaft nicht unumstritten. Gegen die Einführung des Christentums setzte er sich erfolgreich zur Wehr. Seitdem im Jahr 1129 Lothar III. Knud Laward das Reich der Obotriten als Lehen übergeben hatte, kämpfte Niklot gemeinsam mit Pribislaw, dem Sohn Heinrichs von Alt-Lübeck, gegen Lothar und Knud. Nachdem Knud 1131 ermordet worden war, teilten Niklot und Pribislaw das Obotritenreich unter sich auf. Pribislaw bekam den westlichen Teil mit Wagrien und Polabien und Niklot den östlichen Teil. Seine fragile Herrschaft sicherte Niklot anscheinend durch das Bündnis mit dem sächsischen Graf Adolf II. ab; letztlich vermutlich auch um einen starken Partner gegen Pribislaw zu haben. Dieses Bündnis überdauerte sogar den Wendenkreuzzug bzw. wurde nach dem Feldzug wieder hergestellt.


Die Lage der Festung Dubin (Dobin) am Schweriner See

Als Niklot 1147 davon hörte, dass sich eine gewaltige Allianz versammelte, um von allen Seiten anzugreifen, begann er die Festung Dubin zu errichten. Er schickte aber auch Gesandte zu seinem Bündnispartner Adolf II., um eine Aussprache und Beratung anzuberaumen. Doch der sächsische Graf verweigerte dies mit dem Bedenken, es scheine ihm unvorsichtig wegen der darin liegenden Beleidigung für die anderen christlichen Fürsten. Graf Adolf erkannte folglich sehr genau, wie politisch unklug es in der gegenwärtigen Kreuzzugs-Situation war, sich mit einem Heiden zu treffen, mit dem er auch noch verbündet war.

Niklot, der Adolf den Rücken in Wagrien vor herulischen Übergriffen freigehalten hatte, war entrüstet und Helmold lässt Niklot zu Graf Adolf sagen: „Ich hatte doch beschlossen, dein Auge und Ohr zu sein im Wendenland, das du zu besiedeln begonnen hast, damit du keinen Belästigungen seitens der Wenden ausgesetzt wärest, die einst das Land Wagrien besaßen und Klage führen, sie seien auf ungerechte Weise des Erbes ihrer Väter beraubt worden! Warum verleugnest du so deinen Freund in der Zeit der Not? Erweist nicht die Prüfung den wahren Freund?"

Niklot drohte im Weiteren damit, seine schützende Hand abzuziehen und Adolf sich selbst zu überlassen. Adolfs Boten versuchten jedoch, Niklot wieder zu besänftigen und erklärten die Zwangslage, in der der Graf steckte. Sie brachten Niklot dazu, dass dieser Adolf warnen soll, wenn die Heruler Angriffspläne schmieden sollten. Als der Obotritenfürst merkte, dass ein Krieg kurz bevor stand, rüstete er zu einem Präventivschlag. Er sammelte insgeheim eine Kriegsflotte, segelte über die Lübecker Bucht und landete an der Travemündung, um nach Wagrien vorzustoßen, bevor die Sachsen angreifen konnten.

Er schickte jedoch am Abend vor dem Angriff einen Boten nach Segeberg, um den Verbündeten Grafen zu warnen - Adolf war jedoch abwesend. Am 26. Juni 1147 fuhr die herulische Kriegsflotte die Trave hoch und überraschte die Lübecker. Lübeck wurde von den Herulern geplündert und gebrandschatzt. Helmold gibt an, dass 300 Männer erschlagen wurden. Es gelang den Angreifern indes nicht, die Lübecker Burg einzunehmen, da die Burgbesatzung der 2-tägigen Belagerung stand halten konnte. Parallel durchstreiften zwei obotritische Reitergruppen ganz Wagrien und zerstörten alles, was sie um Segeberg fanden. Sie zündeten die Siedlungen, die die Siedler aus Westfalen und Holland unterhalb der Trave gebaut haben, an. Die Männer wurden umgebracht, die Frauen und Kinder gefangen genommen. Interessanterweise verschonten sie die jenseits der Trave wohnenden Holsten. Auch einige andere Dörfer verheerten die Heruler nicht und rührten von der Habe der dort Wohnenden nichts an.


mit Cuzalina ist der alte Ortsname von Högersdorf gemeint, im Namen verbirgt sich ein Hinweis auf eine Saline

„Sie verschonten aber die holzatischen Männer, welche jenseits der Trabens im Westen von Sigeberg (Segeberg) wohnen, machten Halt auf der Feldflur des Ortes Cuzalina und unternahmen es nicht, weiter vorzurücken. Auch die Dörfer, welche auf der Ebene von Zventinevelde und vom Sualenbache bis zum Bache Agrimesov und zum Plunersee (Plönersee) hin liegen, verheerten die Sclavi nicht und rührten von der Habe der dort Wohnenden nichts an."

Helmold selbst gibt wieder, dass man damals allgemein davon sprach, dass einige sächsische Holsten selbst die Zerstörung aus Hass gegen die Einwanderer, die der Graf zum Landesausbau zusammengeholt hatte, angezettelt hätten: „Damals ging durch Aller Mund die Rede, einige Holzaten hätten diese unheilvolle Zerstörung aus Haß gegen die Fremdlinge herbeigeführt, welche der Graf von weither zum Anbau des Landes zusammengebracht hatte. Daher wurden auch die Holzaten allein von dem allgemeinen Verluste unberührt vorgefunden."

Diese Vermutung würde erklären, warum bestimmte Einrichtungen der Holsten verschont wurden. Die Heruler hatten keinen Grund, ausgerechnet die Holsten zu schonen und die anderen Siedler nicht. Vielleicht kann man tatsächlich rekonstruieren, dass sich einige Holsten, als Heiden verkleidet, zu Pferd über die fremden, ungeliebten Siedlungen hermachten. Vielleicht waren in der Tat nur ein Teil der Angreifer Sclavi - wie es Helmold nahelegt. Auf jeden Fall lieferten die heidnischen Angriffe einen geeigneten Vorwand für den bevorstehenden Wendenkreuzzug, und trotzdem nahm Graf Adolf II. von Holstein wohl nicht am Kreuzzug gegen die Wenden teil. Im Gegenteil, der Feldzug gegen die Obotriten war höchst wahrscheinlich überhaupt nicht im Sinne des Grafen, der doch um Ausgleich bemüht war.

Primärquelle: Hermann, Der Wendenkreuzzug 1147

Das Kreuzzugsheer sammelt sich in zwei Heerhaufen

Die Magdeburger Annalen berichten uns, dass sich zwei Gesellschaften zusammengetan hätten: „Da hatten sich zu einer Gesellschaft zusammengethan der Magadaburger Erzbischof Friderich, die Bischöfe Rotholf von Halverstadt, Wernher von Münster, Reinhald von Mersburg, Wicker von Brandeburg, Anshelm von Havelberg, Heinrich von Mähren und der Abt Wibolt von Korvey, Markgraf Konrad [von Meißen], Markgraf Adalbert (= Albrecht von Brandenburg als Albrecht der Bär), Pfalzgraf Friderich von Sommerschenburg und Pfalzgraf Hermann mit vielen Grafen und sechzigtausend bewaffneten Streitern."

Neben dem mährischen Bischof Heinrich von Mähren/Olmütz gehörten zum Hauptheer auch dessen Brüder Swantopluk und Wratislaw von Brünn. Auch die zwei Söhne des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, Otto und Hermann, sowie der Graf Otto von Ammensieben befanden sich beim Hauptheer. Dieses Hauptheer fand sich vermutlich in der Gegend von Magdeburg zusammen.


Heinrich der Löwe führte den zweiten nördlichen Heerhaufen an. Links hinter ihm ein Ritter mit Flügelhelm.

Das andere Truppenkontingent umfasste folgende Personen - vermutlich mit Markgraf Konrad von Wettin: „Inzwischen hatten sich zu einer andern Gesellschaft vereinigt der Bremer Erzbischof Albero, der Verdener Bischof Thietmar, Herzog Heinrich von Sachsen, Herzog Konrad von Burgund und der hochedle Fürst Hartwig (Domprobst Hartwig von Bremen) mit vielen Grafen und Edeln und anderen Bewaffneten, an Zahl vierzigtausend Streiter. Auch der König von Dänemark (Knut V. Magnusson und Sven III. Grate) hatte mit den Bischöfen jenes Landes und der ganzen Kraft seines Volkes eine sehr große Menge von Schiffen gesammelt und ein Heer von ungefähr hundert Tausenden gerüstet. Ferner war der Bruder des Herzogs von Gnesen (Miseko III.) mit zwanzigtausend Bewaffneten ausgezogen."

Zu den angegebenen Kriegerzahlen sei schon mal folgendes bemerkt: Es muss von einer wesentlich geringeren Kriegerzahl ausgegangen werden, den das Wegenetz und die Urwähler östlich der Elbe erlaubte kaum eine solche Zahl ausreichend zu versorgen. Das war den Initiatoren wohl auch bewusst, als man beschloss dass Kreuzzugsheer zweizuteilen, was logistisch schon einmal besser zu versorgen ist.

Truppen aus dem Reich, Dänemark, Polen und Böhmen wollten versuchen, die Wenden bleibend zur Annahme des Christentums zu zwingen und zu unterwerfen. Vor allem Albrecht der Bär würde damit seiner ostelbischen Herrschaft näher kommen. Galt es für ihn doch, sich das Havelland mit Brandenburg einzuverleiben. Inzwischen hatte der Obotritenfürst Niklot die Heruler zu den Waffen gerufen und für den Fall eines feindlichen Angriffes Dobin, am nordöstlichen Ende des Schweriner Sees, als Zufluchtsort befestigen lassen. Anschließend hatte er Wagrien, das Land seines Verbündeten, des Grafen Adolf II. von Holstein, angegriffen, vermutlich in der Hoffnung, präventiv potentielle Angreifer von einem Zug in sein Reich abzuhalten.

Doch genau das Gegenteil wurde erreicht: Die Nachricht von diesen Ereignissen erreichte, glaubt man Helmold, in kürzester Zeit ganz Sachsen und Westfalen. Ob es sich tatsächlich so zugetragen hat, kann bezweifelt werden. Helmold schreibt: „Währenddessen verbreitete sich durch ganz Sachsen und Westfalen die Kunde, dass die Sclavi einen Einfall gemacht und den Krieg zuerst angefangen hätten. Da eilte jenes ganze mit dem Zeichen des Kreuzes versehene Heer in's Land der Sclavi zu kommen und deren Ungerechtigkeit zu rächen."

Zu dem ursprünglichen Zweck, einen Kreuzzug gegen die ostelbischen Heiden zu unternehmen, gesellte sich jetzt der Wunsch der Nordsachsen, die Wenden für den jüngsten Einfall in Wagrien zu bestrafen.

Die Magdeburger Annalen legen nahe, dass der Wendenkreuzzug erst um („circa") den 1. August begann. Es heißt dort: „In demselben Jahre war um das Fest des heiligen Petrus auf göttliche Eingebung und Ermahnung des päpstlichen Stuhles und nach Aufforderung vieler Geistlichen eine große Menge christlicher Streiter, welche das Zeichen des lebenspendenden Kreuzes angenommen, gegen die nach Norden zu wohnenden Heiden ausgezogen, um sie entweder dem christlichen Glauben zu unterwerfen oder mit Gottes Hülfe vollständig zu vertilgen."

Johannes Schultze hält jedoch den 1. August als Aufbruchtermin für zu spät. Er argumentiert, dass unter Berücksichtigung von bewältigter Entfernung und Rückkehrtermin, die Wendenkreuzfahrer vermutlich bereits im Juli gegen die Wenden zogen. Bernhard von Clairvaux legte in seiner Kreuzzugspredigt fest, dass alle Teilnehmer „am Fest der Apostel Petrus und Paulus bei Magdeburg zusammenkommen" sollten. Damit wäre der 29. Juni der geplante Aufbruchtermin gewesen, womöglich wurde dieser Termin nicht eingehalten, Bernhard von Clairvauxs Schreiben war jedoch zeitlich erheblich näher an den Ereignissen als der Eintrag des Schreibers der Magdeburger Annalen. Auf Grund dieser Tatsache und aus logistischen Gründen kann wohl davon ausgegangen werden, dass der Aufbruchtermin tatsächlich Ende Juni/ Anfang Juli anzusetzen ist.

Abweichend vom Plan, der bekanntlich nur ein großes Heer vorgesehen hatte, das von Magdeburg aus starten sollte, sammelten sich damit zwei große Heere, die von einander getrennt unter eigener Führung bereit waren, vom Reich aus ins Wendenland einzurücken. Saxo berichtet, dass außerdem die Dänen mit sächsischem Einverständnis von Norden aus zur Küste der Wenden segelten. Die Magdeburger Annalen geben an, dass die Wendenkreuzfahrer „auf verschiedenen Seiten in das Land der Heiden eingerückt" sind, womit wahrscheinlich gemeint ist, dass die Daglinger aus Gnesen von Osten und die Böhmen von Südosten aus angriffen.

Primärquelle: Hermann, Der Wendenkreuzzug 1147

Der Feldzug des nördlichen Heerhaufens

An der Spitze des nördlichen Heeres, welches gegen die herulischen Obotriten ziehen wollte, standen die Herzöge Heinrich der Löwe und Konrad von Zähringen, Erzbischof Adalbero von Bremen und Bischof Dietmar von Verden.


Die Elbe bei Artlenburg - Auf dem anderen nördlichen Ufer begann damals schon das Wendenland der Heruler. Der Name Artlenburg rührt von der heute auf dem Südufer der Elbe vermuteten Ertheneburg her, die den Elbübergang der Alten Salzstraße von Lüneburg nach Lübeck sicherte. Um 1130 ist ein Siegfried von Ertheneburg als Burgherr belegt, bei Erthene soll es sich um den Namen eines Elbeseitenarms handeln

Wahrscheinlich von Lüneburg oder Bremen aus rückte dieses Heer mit angeblich 40000 Mann gegen die wendische Grenze. Es ist wahrscheinlich, dass bei Artlenburg, im heutigen Landkreis Lüneburg, das Heer die Elbe überschritt. Es zog dann in nord-östlicher Richtung gegen Dobin, wohin viele - rekonstruiert man die Vorgänge weiter nach den wenigen Quellen - zerstreut wohnende Heruler-Clans geflüchtet waren.

Das sächsische Kontingent fand eine unwegsame und sumpfige Gegend vor. Die herulischen Kriegerscharen im Wendenland leisteten vorerst keinen Widerstand, vielmehr zogen sie sich zurück und nutzen Rückzugmöglichkeiten, die ihnen die zahlreichen Wälder und Sümpfe des Landes boten und wohin ihnen die Sachsen kaum folgen konnten. So gelangte das sächsische Heer, ohne Verzug bis vor Dobin und begann die Belagerung der Festung.

Auch dänische Verbände rückten auf Dobin vor, auch sie wollten an dem Gewinn des Kreuzzuges teilhaben und gleichzeitig die günstige Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, ihre Widersacher, die Ranen (= Heruler) und Obotriten, mit Hilfe der Sachsen erneut vollständig zu unterwerfen. Denn das Wendenland (Vindland) gehörte bis zum Havelland schon einmal zum Dänischen Reich. Die dänischen Könige Sven und Knut hatten - wie berichtet - kurzfristig ihren Streit um die dänische Krone beigelegt und sich wechselseitig Geiseln gestellt. Sie segelten mit einer großen Flotte über die Ostsee an die Küste der Heruler; dies geschah mit dem Einverständnis der sächsischen Fürsten. Sie landeten wahrscheinlich im Meerbusen von Wismar. Zuerst landeten die Juten, unter Knut, und Schleswiger, unter Sven, im wendischen Hafen von Wismar an, anschließend kamen die Seeländer und Schonen. Als die Dänen gelandet waren, trafen sie auf das westliche Kreuzfahrerheer unter Heinrich dem Löwen, das mit der Belagerung Dobins bereits begonnen hatte, und vereinten sich mit ihnen zur gemeinsamen Belagerung der Festung. Ein kleiner Teil der dänischen Truppe blieb auf den Schiffen.


Die Lage der herulischen Wallburg Dobin (Dubin) von Flessenow aus gesehen

Das dänische Heer, welches Dobin belagerte, erlitt indes eine bittere Niederlage unmittelbar vor der Festung. Ein unerwarteter Ausfall, den die Heruler gegen das dänische Lager unternahmen, überraschte die Dänen völlig. Vor den Augen der Sachsen, welche durch einen dazwischen liegenden See oder einen Sumpf (stagnum) gehindert wurden, den Dänen zu helfen, erlitten die Dänen eine sehr schwere Niederlage und viele von ihnen wurden von den Herulern getötet oder gefangen genommen. Die übrig gebliebenen Dänen setzten die Belagerung Dobins fort.

Zur selben Zeit griffen von Rügen aus herulische Ranen die nur schwach bemannte dänische Flotte an und eroberten einen großen Teil derselben. Durch diesen Angriff auf die dänischen Schiffe wurden die in Dobin Belagerten indirekt unterstützt. Die Uneinigkeit der Dänen verschaffte diesen Ranen einen Erfolg. Als die Ranen gegen die Schonen vorgingen, sahen die Juten teilnahmslos zu, da sie offensichtlich den Gegnern ihres Königs eine Niederlage gönnten. Dazu kam, dass der von Sven mit dem Oberbefehl über seine Flottenabteilung beauftragte Bischof Asker von Roskilde gleich zu Beginn der Schlacht floh. Obwohl die Schonen ihre Schiffe zusammen gebunden hatten, um eine feste Linie gegen die Angreifer halten zu können, wurden sie vollkommen besiegt.

Zu dieser Zeit war aber noch ein großer Teil der dänischen Flotte intakt, den die Ranen ebenfalls noch angreifen wollten. Die Schiffe, welche sie in der Schlacht erbeutet hatten, fügten sie ihren eigenen Schiffen zu und brachten Zelte auf denselben an, um die geringe Bemannung zu verdecken. So, durch die scheinbare Übermacht, versuchten sie die Dänen zu täuschen. Die sehr großen Schiffe, deren Wegnahme schwierig erschien, sollten auf diese Weise zur freiwilligen Übergabe veranlasst werden. Parallel fuhr ein Teil der ranischen Flotte nachts auf die hohe See und erschien bei Tagesanbruch als scheinbare herannahende Verstärkung am Horizont, womit sie jedoch - nach Saxo - keinen großen Erfolg hatten.

Als die Dänen, die Dobin belagerten, davon erfuhren, dass ihre Flotte zum großen Teil erbeutet oder vernichtet worden war, wollten sie für die erlittenen Niederlagen (den Ausfall und die Vernichtung der Flotte) Vergeltung üben und drangen darauf, Dobin zu erstürmen. Aber sie stießen auf den Widerstand der sächsischen Anführer. Die Erstürmung hätte vermutlich dazu geführt, dass alle Eingeschlossenen - einschließlich der dänischen Gefangenen - umgekommen wären. Die sächsische Seite befürchtete wohl, dass es in diesem Fall zu einer Verschärfung der Lage gekommen wäre: Heruler und Dänen hätten Rache üben wollen und eine Verödung des Obotritenreiches in Folge von Krieg wäre unvermeidbar gewesen.

Aber dahin ging die Absicht der sächsischen Fürsten, insbesondere Heinrichs des Löwen und des Grafen Adolf von Holstein, keineswegs. Den Annalen Sigeberts von Gembloux zum Jahr 1148 ist zu entnehmen, dass die Sachsen ihre dänischen Bundesgenossen für Geld dem gemeinsamen Feind verraten und so die dänische Niederlage herbeigeführt hätten. „Als es von beiden Seiten schon zu Kriegshandlungen gekommen war, verkauften sich die „Deutschen", nachdem sie Geld erhalten hatten, und töteten [indirekt die Dänen] mit dem Schwert". Ob es tatsächlich so war, ist fraglich - wenngleich ein Abzug der Dänen durchaus im Sinne der expandieren wollenden sächsischen Fürsten gewesen sein muss - , aber keine andere Quelle bestätigt diese Aussage.

Nach dem Abzug der Dänen setzen die Sachsen die Belagerung Dobins fort, doch es wurden keine militärischen Fortschritte erreicht und die Heruler hielten den Belagerern stand. Die dänische Flotte war dezimiert und an eine Erstürmung Dobins war nicht zu denken, so hielten es die Könige Knut und Sven, wohl des ganzen Unternehmens überdrüssig, für angemessen, wenn sie nur ihre Gefangenen zurückerhielten, bevor sie in Folge nach Hause segelten.

Doch nicht nur die Dänen, auch viele andere Kreuzfahrer wurden bald des Unternehmens überdrüssig. Als sich die Belagerten zur Annahme des Christentums und zur Auslieferung der dänischen Gefangenen bereit erklärten, kam es wahrscheinlich Anfang Dezember 1147 zu einem Vergleich. Viele Heruler ließen sich im Wendenland nur pro forma taufen. Von den Gefangenen gaben sie nur die Altersschwachen heraus - die jüngeren, arbeitsfähigen behielten sie. So endete die Belagerung von Dobin. Die Dänen begaben sich wieder zu ihren Schiffen, um gegen die Ranen vorzugehen, welche jedoch flüchteten. Knut und Sven kehrten daher in ihre Heimat zurück, um ihren Kampf gegeneinander wieder zu führen. Nach Helmold waren die Dänen bei den inneren Kämpfen motivierter als bei der Bekämpfung der äußeren Feinde. Auch Heinrich der Löwe wird mit seinen Truppen das linke Elbufer wieder aufgesucht haben.

Primärquelle: Hermann, Der Wendenkreuzzug 1147
https://juvigo.de/feriencamp/englisch-fe...-schweriner-see

Der Feldzug des südlichen Heerhaufens

Inzwischen hatte sich auch das südliche Heer in Bewegung gesetzt und war bei Magdeburg über die Elbe gegangen und in das Gebiet der Lutizen (= ahd. "Leute") eingedrungen. Dieses Heer war das größere, denn seine Zahl wird, wenn auch übertrieben, auf 60.000 Krieger angegeben. Bei ihm befanden sich als Anführer die Markgrafen Albrecht der Bär und Konrad von Meißen, von denen ersterer aus früheren Feldzügen das Land genau kannte. Sie wurden begleitet von hochrangigen Geistlichen und böhmischen und Verbänden aus dem Herzogtum Gnesen: die Daglinger.

Für Albrecht spielten nach dem Überqueren der Elbe durch das vereinte Heer zwei Aspekte eine wichtige unmittelbare Rolle: Erstens galt es, das Gebiet der Heveller, um die Brandenburg herum, auf jeden Fall davor zu schützen, dass es verwüstet wurde und dass es von Konkurrenten beansprucht wurde. Schließlich hatte Albrecht bereits seit den 1130er Jahren vor, seiner Herrschaft das Hevellerland durch den Erbvertrag mit Pribislav-Heinrich einzuverleiben - In diesem Zusammenhang wird Albrecht die Unterstützung der Wendenbischöfe und Pribislav-Heinrichs gehabt haben; zum anderen versuchte der Askanier sicher, dem Feldzug Ziele zu geben, deren Erreichung seine Stellung in der Germania Sclavinia über den Erwerb des Hevellerlandes hinaus stärken konnte. Albrecht war jedoch bereits vor dem Wendenkreuzzug formal Herr des gesamten Lutizenlandes nördlich der Lausitz bis zur unteren Peene und Oder.


Der Einfall von Kreuzrittern in das Wendenland 1147

Die Magdeburger Annalen beschreiben anschaulich, wie der Wendenkreuzzug begann. Das Heer, das sich bei Magdeburg gesammelt hatte, überquerte die Elbe und fiel ins Wendenland ein:
„Das ganze Land erzitterte vor ihrem Angesicht, und (...) hin und her ziehend haben sie alles verwüstet, Städte und Flecken in Feuer aufgehen lassen, ... Das Heer drang, ohne nennenswerten Widerstand zu finden, weiter in das Wendenland ein. Nachdem die Elbe überschritten war, machte man zunächst in Havelberg Rast. Der päpstliche Legat, Bischof Anselm von Havelberg, betrat - wahrscheinlich zum ersten Mal - den Sitz seines Bistums. Partenheimer schreibt, dass man davon ausgehen könne, dass Albrecht der Bär und Bischof Anselm den Burgort in der Nähe der Havelmündung spätestens bei dieser Gelegenheit endgültig ihrer Herrschaft unterstellten.

So gelangte die Allianz nach Malchow, im heutigen Landkreis Müritz, westlich von Waren. Hier war in der Nähe des Ortes ein weit bekannter, heidnischer Tempel, der über viele Standbilder verfügte. Malchin und die Tempelanlage wurden durch Brand vernichtet. Helmold notiert: „... auch [wurde] ein Heiligthum, welches vor der Stadt Malchen war, mit den Götzen und der Stadt selbst verbrannt.'


Malchow - Die Inselstadt wurde erstmals während des Wendenkreuzzuges 1147 erwähnt, weil sie zerstört wurde. Doch bereits 955 soll Otto der Große hier eine entscheidende Schlacht gegen die Wenden geführt haben. Der Name Malchin oder Malchen könnte sich wegen der späten Erwähnung vom althochdeutschen māl für Gerichtsstätte herleiten. Doch weil es ein Tempelort auf einer Seeinsel war und diese wesentlich älter sein werden ist wohl nur dieseDeutung ist möglich: Der Götzentempel von Malchen kann nur vom an. mylin für Sonne oder Mond abgeleitet sein, was ihn als Ahnenkultstätte ausweist!

Man zog weiter Richtung Pommern und das große Heer teilte sich auf. Vielleicht gab es Schwierigkeiten bei der Verpflegung so vieler Soldaten und man wusste, dass zwei kleinere Heere leichter zu versorgen waren.
Viele der Fürsten wandten sich gegen Demmin, an der Peene. Vor Demmin geschah ähnliches wie vor Dobin. Die Krieger der kirchlichen Herren wollten auch plündern - im gesamten Heer selbst brach Unzufriedenheit aus, viele sahen sich getäuscht, wenn sie gehofft hatten, im Wendenland dauernden Besitz zu erwerben. So musste auch Wibald die Hoffnung aufgeben, für Corvey die Insel Rügen zu bekommen, welche diesem Kloster angeblich von Kaiser Lothar I. geschenkt worden war. Bereits Anfang September kehrte er nach Corvey zurück, ohne von etwas anderem als den Mühen und Beschwerden, die er in dem unwirtlichen Gebiet erduldet hatte, berichten zu können.

Viele Bischöfe, die mährischen Fürsten und einige sächsische Ritter, wohl unter der Leitung von Heinrich, Bischof von Olmütz/Mähren, zogen mit einem kleineren Heerhaufen weiter nordostwärts gegen Stettin, wo sie sich vielleicht mit den Daglingern verbanden. So kam es, dass insgesamt im Sommer 1147 drei Festungen gleichzeitig belagert wurden: Dobin, Demmin und Stettin. Es ist offen, wo sich Albrecht der Bär befand. Weniger wahrscheinlich ist, dass Albrecht in Demmin geblieben ist. Partenheimer schreibt, dass vermutlich nur der Kern des Südheeres unter der Führung des Askaniers von Demmin nach Stettin weitergezogen sei.


die von der Peene umflossene Festung Demmin im späten Mittelalter

Geht man davon aus, dass Albrecht der Bär tatsächlich nach Stettin gezogen ist, so ist zu schlussfolgern, dass es ihm darum ging, seinen Konkurrenten bei der Aufteilung der ostelbischen Wendengebiete zu demonstrieren, dass Albrechts Anspruch in den Peeneraum und bis zur unteren Oder reichte. Vor allem Heinrich dem Löwen, dem Herzog aus Gnesen, den Fürsten von Pommern und dem Magdeburger Erzbischof gegenüber hätte dieses Zeichen gegolten. Die Unternehmung gegen Stettin, welche auf den ersten Blick ebenso erfolglos wie die anderen blieb, entsprach überhaupt nicht den ursprünglichen Ideen des Kreuzzuges, da diese Stadt durch die Bemühungen Bischofs Otto von Bamberg bereits christlich war. Der Verdacht liegt nahe, dass die Anführer dieses Heerhaufens, insbesondere wahrscheinlich Albrecht der Bär, die Kräfte der Kreuzfahrer zur Erweiterung ihrer eigenen Herrschaften benutzen wollten. Das lokale Fürstentum in Pommern sollte zerschlagen werden. Dadurch, dass diese und ähnliche Zwecke von den weltlichen Herren verfolgt wurden, kam es auch hier zum Teil zum Zerwürfnis mit den kirchlich gesinnten Mitstreitern. Auch die, die das Kreuz genommen hatten, um ein Werk Gottes zu tun, sahen sich betrogen. Einigen der Belagerer mag es befremdlich gewesen sein, als die Bewohner der pommerschen Stadt Kreuze sichtbar auf den Mauern ihrer Burg aufstellten, um zu signalisieren, dass sie Christen seien. Und als eine Gesandtschaft der Belagerten im Lager der „Kreuzfahrer" erschien, an ihrer Spitze Bischof Adalbert, der von Otto von Bamberg eingesetzt und von Papst Innozenz II. 1140 bestätigt worden war, wurde auch dem 'einfachsten Kreuzfahrer" vor Augen geführt, dass es sich hier nicht um die Bekehrung von Ungläubigen handelte. So kam es vor Stettin zu Verhandlungen. Der Bischof legte dar, dass die Stettiner längst durch die missionarischen Bemühungen Ottos von Bamberg zum Christentum übergetreten wären. Handele es sich jedoch darum, den Glauben unter ihnen zu festigen, so sei die Predigt von Geistlichen und Bischöfen dazu geeigneter als die Anwendung von Waffengewalt. Es war unmöglich, unter solchen Umständen unter den Kreuzfahrern die begeisterte Anfangsstimmung aufrecht zu erhalten. Die Bischöfe, welche sich beim Heer befanden, traten deshalb mit Ratibor, dem Fürst von Pommern, sowie mit Bischof Adalbert in Unterhandlung, die schnell zum Frieden führte. Der Zeitzeuge Vinzenz von Prag, der eine enge Verbindung zur böhmischen Geistlichkeit hatte, schreibt offen, dass es den sächsischen Anführern offensichtlich von Anfang an nur um die Verwirklichung von Eroberungsplänen ging und dass der Angriff auf Stettin ganz und gar nicht 'im Sinne Gottes' war:

„Weil aber die Sachsen ein so großes Heer geschickt hatten, mehr um das Land wegzunehmen als um die Einwohner im christlichen Glauben zu befestigen, so berieten sich die sächsischen Bischöfe mit Ratibor, dem Fürsten, und mit Albert, dem Bischof des Landes, wie man Frieden schließen könnte, und kehrten, nachdem sie viele Ritter verloren hatten, zugleich mit den Fürsten nach Hause zurück; es war nämlich schwer, eine Sache, mit welcher Gott nicht war, zu einem guten Ende zu führen."

Bemerkenswerter Weise muss das Heer doch noch einige Verluste erlitten haben. Dass es bei der Belagerung von Stettin zu Kampfhandlungen gekommen ist, ist nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich. Möglicherweise sind die gefallenen Ritter auf Hinterhalte der Wenden während der Hin- und Rückreise durch feindliches und vor allem unwegsames Territorium zurück zu führen.

Primärquelle: Hermann, Der Wendenkreuzzug 1147

Der Krieg im ostelbischem Sumpfurwald

Wie lange der Wendenkreuzzug insgesamt gedauert hat, lässt sich nicht genau bestimmen. Die Abteilung vor Demmin scheint Anfang September den Heimweg angetreten zu haben. Wibald von Corvey befand sich bereits am 8. September in Corvey. Nach den Magdeburger Annalen hat das gesamte Unternehmen lediglich drei Monate gedauert. Es ist über den Wendenkreuzzug und dessen Teilnehmer zu lesen:
„Diese alle nun sind mit großer Zurüstung und Unterhalt und wunderbarer Demuth auf verschiedenen Seiten in das Land der Heiden eingerückt und das ganze Land erzitterte vor ihrem Angesicht, und fast drei Monate lang hin und her ziehend haben sie alles verwüstet, Städte und Flecken in Feuer aufgehen lassen."

Die Berichte über den Verlauf des Wendenkreuzzuges, welche der päpstliche Legat Anselm von Havelberg und Bischof Heinrich von Olmütz dem Papst womöglich gesendet haben werden, mussten für diesen sicherlich wenig erfreulich sein, es sei denn, sie beschönigten die Vorgänge. Auch die weltlichen Fürsten scheinen in einem Brief an Papst Eugen ihr Vorgehen gegen die Wenden gerechtfertigt zu haben. In der Tat zeigte sich bald, dass eine ruhige und andauernde Einwirkung auf die Stämme zwischen Elbe und Oder reichere Früchte trug, als ein 'Kreuzzug', der kurzfristig Angst und Entsetzen verbreitete. Darüber hinaus wussten die Wenden, dass derartige Großangriffe nur selten versucht werden konnten.

Konrad Schünemann legte in seiner Antrittsvorlesung an der Universität Kiel am 5. Mai 1937 dar, dass es bei der Kriegsführung des Reiches jenseits der Elbe drei Gruppen von Schwierigkeiten gegeben habe: Die natürliche Verkehrsfeindlichkeit der Landschaft, die künstlichen Anlagen, durch die der Gegner die Feindschaft der Natur zu unterstützen verstand, und die äußerst geringe landwirtschaftliche Erschließung, die vor allem größeren Heeren die Versorgung der Soldaten und Tiere versagte. Wie schwerfällig sich die Heere des Mittelalters schon unter normalen Verhältnissen bewegten, ist hinlänglich bekannt. Lehensrechtliche Bindungen schränkten die Heere oft zusätzlich ein.

Die Feldherren waren oftmals vom Willen des Heeres abhängig und mussten auf die Stimmung achten. Im Zusammenhang mit dem Wendenkreuzzug mussten die militärischen Führer wahrscheinlich die Kreuzzugsbegeisterung wach halten und auch Beute versprechen. Sie hatten ihre Heere bisweilen nicht genug in der Gewalt, eine Schlacht auf Befehl auszuführen zu lassen. So konnten sie oftmals nur angreifen, wenn nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Krieger die Schlacht wollten. Fühlte man sich für eine Schlacht gewappnet, das heißt die Schlacht wurde politisch gewollt und die Heerhaufen konnten aufgestellt werden - taktische und strategische Überlegungen waren zu dieser Zeit zunächst sekundär - beschäftigte man sich mit Fragen der Ausrüstung, der Ordnung des Marsches und der Sorge für die Verpflegung. Je mehr Verpflegung für die Mannschaft mitgeführt werden musste, umso mehr Pferde waren nötig, für die auch wieder Futter erforderlich war. Auf einem schmalen, schlechten Weg zog sich ein Heerzug bei großen Heeren über viele Kilometer auseinander und im Wendenland waren die Straßen nicht nur rar, sondern auch oft schlecht und schmal.

Eine solche Ausdehnung des Zuges konnte im Feindesland verhängnisvoll sein. Man war daher bemüht, kleinere Trupps zu bilden. Die Verpflegung wurde, wenn es ging, im Kriegsgebiet ergänzt, um den eigenen Tross zu entlasten und ihn kompakter zu machen. Doch damit schrumpfte auch die Zeit, die man für einen Feldzug zur Verfügung hatte, auf zwei bis drei Monate zusammen. Erst wenn das Korn um Anfang August reif war, konnte man ein Heer versammeln. Nach acht bis zehn Wochen musste man schon wieder an den Rückzug denken, sonst konnte man vom Winter überrascht werden. Die meisten Feldzüge des Reiches im Osten haben sich tatsächlich auf die Zeit von Anfang August bis Mitte Oktober beschränkt, so auch der Wendenkreuzzug. Wollte man vor August ausrücken und war klar, dass der Proviant nicht im Feindesland ergänzt werden konnte, musste man entweder mit einer zahlenmäßig kleinen Truppe ausrücken oder die Zeit es Unternehmens drastisch verkürzen. Winterfeldzüge wurden nur innerhalb weniger Wochen mit kleinen Reiterheeren unternommen, auch weil die Lehnspflichten nur für wenige Wochen bestanden.

Die knappe Zeit erzwang einen Feldzugplan, der auf dem kürzesten Weg ins Herz des Feindeslandes vorstieß und den feindlichen Führer selbst zu treffen versuchte. Gerade zwischen Elbe und Oder konnten sich die wendischen Anführer aber den Zusammenstößen beliebig entziehen. Die wendische Aufklärung war der feindlichen Aufklärung überlegen, weil sie aus meist besonders ausgebildeten, leicht beweglichen, im Grenzgebiet angesiedelten Verbänden bestand, die extrem geländekundig waren, sodass sie sich mit Leichtigkeit auch abseits von den Straßen bewegen konnten. Bei der Wegearmut des Landes konnten daher die wendischen Späher alle Bewegungen der Angreifer genau vorausberechnen und Zusammenstöße beliebig vermeiden. Die Kundschafter des Reichs standen in den ausgedehnten Wald- und Sumpfgebieten fast unüberwindlichen Schwierigkeiten gegenüber. Oft genug waren die Truppen aus dem Reich auf die Führung ortskundiger Einheimischer angewiesen und ging dabei bisweilen in die sorgfältig vorbereitete Falle.

Der günstigste Verkehrsweg des Mittelalters war der Flusslauf. Hier konnten einfach Streitkräfte und Vorräte mitten ins Feindesland transportiert werden. Die großen Flüsse im Wendenland fließen jedoch meistens senkrecht zur Ost-Westrichtung und oftmals in die falsche Richtung und Treideln birgt immer Gefahren, sind somit für die Angriffe von Westen her nicht geeignet. Höchstens die Havel konnte genutzt werden, doch sie zwang die Angreifer zu erheblichen Umwegen. Die Havel führte bis tief ins Redarierland mit dem Zentralheiligtum Rethra hinein. Parallel bot die Havel mit den zahlreichen Fischer- und Viehzüchterdörfern an ihrem Ufer einen verhältnismäßig dichtbesiedelten Landstreifen. Karl der Große hatte 789 die Havel zum Kampf gegen die Wenden genutzt, auch 805 wurden Schiffe für den Aufmarsch gegen suebische Wilzen (Nachfahren der Lemovier) genutzt. Schließlich behauptete die Havel ihre militärische Bedeutung auch im 11. Jahrhundert, als Bischof Burchard von Halberstadt 1068 Rethra zerstörte. Zu dieser Zeit hatten die Wenden eine Reihe von Festungen entlang der Havel angelegt, um einerseits Sicherheit und andererseits Übergänge zu schaffen. Der Festungsbau hatte zur Folge, dass die Kämpfe der ostelbischen Clans sich sehr oft um den Besitz der Havelfestungen drehten, vor allem um die Brandenburg (Brendanburg) selbst. Einige Anlagen wurden nach dem Wendenkreuzzug von den Sachsen übernommen, z.B. Havelberg, Potsdam und wahrscheinlich Spandau.


Das von Deutschen gegründete ostelbische Guben existierte an der Neiße bereits vor dem Wendenkreuzzug 1147 und gehört heute zu den deutschen Städten an der Ostgrenze, die der 2. Weltkrieg geteilt hat.

Was abseits der Havel-Wasserstraße lag, lag auch abseits von Verkehr und Handel -und darum auch meist außerhalb des Bereichs der Feldzüge. Es erklärt sich aus diesem Umstand, dass der Barnim und der Teltow und das Land Lebus erst sehr spät von Siedlern erschlossen worden sind. Auch das Land um Berlin lag vor der Kolonisationsbewegung im toten Winkel des Verkehrs. Abgesehen von der Havel waren die übrigen wendischen Flüsse eher ein Hindernis für die westlichen Heere. Wo keine nützlichen Wasserstraßen zur Verfügung standen, musste versucht werden, die wenigen waldfreien Räume im Wendenland für den Vormarsch zu benutzen. Hier lagen auch die Siedlungen und Felder. Außerdem war es leichter, das Gebiet zu überblicken und es gab eine größere Bewegungsfreiheit. Schünemann betont, dass hierin die Bedeutung der alten mitteldeutschen Landbrücke nach Osten läge. Vom waldfreien Raum an der mittleren Elbe gelangte man verhältnismäßig einfach zu den Siedlungsinseln von Cottbus und Guben an der mittleren Oder - und von der Leipziger Ebene über Meißen zum alten Siedlungsland von Bautzen und von dort zu den waldfreien Inseln am Oberlauf der Oder. Es gab keinen der insgesamt 12 Kriegszüge des Reiches gegen das Herzogtum Gnesen der Daglinger zwischen 963 und 1157, der nicht einem dieser beiden Wege gefolgt wäre. Die Einmarschmöglichkeiten in die östlich des Reiches gelegenen Gebiete drängten sich auf Grund der geografischen Verhältnisse auf ganz wenige Stellen zusammen. Das vereinfachte den Wenden erheblich, die feindlichen Truppen abzuwehren.

Primärquelle: Hermann, Der Wendenkreuzzug 1947

Die befestigte Heidengrenze

Obwohl die östliche Thüringische Mark und das lemovische Daleminzerland Anfang des 11. Jahrhunderts vorübergehend unter die Herrschaft der Daglinger geriet, war das Reich nicht gewillt Reich diese Ostländer einfach abzuschreiben. Der Besitz der Marken Meißen und Lausitz war eine strategische Notwendigkeit für die Aufmarschfähigkeit und die Machtstellung des Reiches gegenüber seiner östlichen Nachbarn. Die Kraft der Wikinger im Herzogtum Gnesen reichte bei weitem nicht aus, kurzfristige Eroberungen auch langfristig zu halten. Das trat besonders bei den Pomeranen zu Tage, die erst im 12. Jahrhundert für immer ihre Selbstständigkeit an die Dänen verloren.

In Joachim Hermanns Buch "Der Wendenkreuzzug 1147" behauptete der Autor in dem folgenden Satz, dass es die Awaren gewesen wären, die den "Slawen" den Festungsbau beigebracht hätten: Hatten es bereits im 7. und 8. Jahrhundert die Awaren verstanden, durch umfangreiche Festungsarbeiten im Landesinneren und Erdwerke an den Grenzen, ihren Feinden die Angriffe zu erschweren - so haben sie vermutlich nach ihrem Untergang ihre Technik der Fortifikationskunst an die Slawen, die zuvor oftmals als Sklaven für die Awaren gearbeitet haben, vererbt.

In Relation gesetzt zu Schröckes Recherchen über die ostvandalischen Sclavenen, die von den Awaren mit Hilfe ostvandalischer Anten teilweise unterworfen und nach Westen vertrieben wurden, lässt sich damit resümieren, dass die nach Westen abgewanderten Ostvandalen ihren Festungsbau tatsächlich von den Awaren haben könnten. Während der Przeworsk-Kultur haben Vandalen nur in ungeschützten Dörfern gelebt.


Der Limes Saxoniae stellt hauptsächlich ein Waldgebiet dar, hinter dem das sumpfige wegearme Land der Heruler begann

Interessanterweise sind die großen Landsperren an den Grenzen des Frankenreiches, wie das Danewerk und andere, nicht von den Franken, sondern immer nur von ihren Nachbarn angelegt worden. Weder der Limes Saxoniae noch der Limes Sorabicus waren eine Militärgrenze im eigentlichen Sinn. Es fehlte im Reich völlig an einer zusammenhängenden Befestigungskette, die Landschaft von Landschaft trennte. Man erbaute einzelne große Burganlagen zur Beherrschung der Gegend, als Ausgangsbasen für die hier dauernd stationierten militärischen Kräfte.

In nachfränkischer Zeit hat das Reich diese fränkische Methode der Grenzsicherung beibehalten. Die großen Grenzsperren, die um das Reich herum, zunächst vom Awarenreich, dem Großmährischen Reich, von Dänemark, später von Böhmen, Daglingern und Ungarn errichtet worden sind, erforderten eine straffe politische Organisation. Die Wenden zwischen Elbe und Oder mit ihrer dezentralen theokratischen Organisation hatten solche Anlagen nicht gebaut. Ob sie überhaupt in der Lage gewesen wären, große, zusammenhängende Verteidigungsanlage zu besetzen, zu verwalten und zu verteidigen, sei dahingestellt. Die Wenden verfügten lediglich über Fürstensitze und Tempelburgen im Landesinneren und einfachen Fluchtburgen der Landbevölkerung.

Die herulischen Obotriten verstanden sich jedoch auf das Straßensperren. Eine exemplarische Probe von der Kampf- und der Sperrtechnik der Obotriten liefert uns der Wendenfeldzug Ottos des Großen von 955. In den Berichten des Gesandten Ibrahim ibn Jaqub steht, dass die Heere Ottos nur mit großer Mühe in Mecklenburg („in das Gebiet Nacons") eindrangen, „da das gesamte Land niedriges Weideland, Rohrsumpf und Morast ist". Die Obotritenfürsten Stoinef und Nakon ließen Otto bis zu einem sumpfigen Fluss, der Raxa, vorrücken. Um weiterzukommen, mussten die Sachsen eine Brücke bauen, die über das Sumpfufer und den Fluss führte. Die Wenden verhinderten vom anderen Ufer aus den Brückenbau.

Eine zweite herulische Abteilung sperrte inzwischen im Rücken der Sachsen die Straße, auf der Otto gekommen war, durch einen Baumverhau und eine bemannte Straßensperre. Mehrere Tage saßen die Sachsen in der Falle: Sie litten Hunger und es drohte eine Seuche. Letztlich wurde der Feldzug dennoch durch einen geschickten Schachzug für die Sachsen entschieden. Die hier von den Wenden angewandte Taktik wiederholt sich in ihrer Kriegsführung immer wieder und ist charakteristisch: Man lässt den Gegner weit ins eigene Land einmarschieren, wo Weg und Gelände günstig sind, sucht man dann aus vorbereiteter, versteckter Stellung gleichzeitig vorn und im Rücken den Angreifern den Weg zu sperren und den in der Falle sitzenden Gegner auszuhungern. Eine andere Kampfweise als aus dem Hinterhalt heraus konnte sich auf Grund der geringen wendischen Truppenstärken als nicht wirkungsvoll zeigen.

Primärquelle: Hermann, Der Wendenkreuzzug 1147
https://stolpe-am-see.de/2014/05/limes-s...on-h-j-feldner/

Heidenburgen und ihre Belagerung

Die im Landesinneren Ostelbiens errichteten Festungen stellten die Truppen aus dem Reich, die mit den steinernen italienischen Festungen ihre Erfahrungen gesammelt hatten, vor eine sehr große Herausforderung. Dem Festungsbau des europäischen Ostens stand die Belagerungstechnik der sächsischen Heere ziemlich machtlos gegenüber. Steinerne Mauern konnten durch unermüdliche Stöße der Sturmböcke vielleicht zu Fall zu bringen. Hingegen konnten solche Erschütterungen bei den mit mächtiger Erdschicht gefüllten doppelten Palisadenwände herulischer Wallmauern nichts ausrichten. Bei einfachen Fluchtburgen konnte versucht werden, den Fuß der Holzmauern mit Äxten oder mit Feuer zu durchlöchern und so die Erde zum Abgleiten zu bewegen. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies jedoch äußerst selten gelang. Trotzdem ist es seltsam, warum die angreifenden Truppen aus dem Reich nicht über eigene Erfahrungen im Kampf gegen die Wenden verfügten. Waren die Lehren der vorherigen Generationen in Vergessenheit geraten? Schließlich bekämpfte man die Wenden doch seit 200 Jahren.

Noch weniger Aussicht hatte man mit der Belagerung. Denn im nahezu unbebauten Land zwischen Elbe und Oder verhungerten eher die Belagerer als die Burgbesatzungen. Die vielen kleinen Fluchtburgen der Landbevölkerung konnten relativ schnell erobert, doch die großen Fürstenburgen konnten nur durch günstige Umstände eingenommen werden. Heinrich I. (um 876-936), der seit seiner Jugend im Grenzgebiet kämpfte, konnte die Brendanburg (Brandenburg) zum Beispiel nur einnehmen, weil er überraschend über die zugefrorene Havel angriff und die Burgbesatzung unvorbereitet war. In späterer Zeit hat die Brandenburg bis auf die Zeit Albrechts des Bären immer nur durch Verrat den Herrn gewechselt.


Die überlieferte Burg Suithleiscranne wird bisher bei Schwedt vermutet, wo sich semnonische Clans hielten. Der Name lässt sich altnordisch mit "von einer Brühe (=Sumpfwasser) umflossen" übersetzen, was sicher kein Eigenname war, sondern nur eine Lagebeschreibung

In der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts machte die Eroberung der ostelbischer Burgen noch größere Schwierigkeiten als vorher. Heinrich I. brauchte 20 Tage, bis er die lemovische Festung Jahna (Gana) in der Hand hatte. Ab 950 wurde der Festungsbau der Wenden auf eine solche Höhe gebracht, dass mit Belagerungen nicht mehr viel auszurichten war. 955 zum Beispiel wollte Herzog Hermann die herulische Burg Suithleiscranne durch Handstreich nehmen, was ihm jedoch gründlich misslang. Im Oktober 1004 lag Kaiser Heinrich II. vor Bautzen. Die Burg war erst kürzlich den Daglingern aus Gnesen in die Hand gefallen. Heinrichs Truppen versuchten, Feuer an die Wallmauern heranzubringen. Aber der Angriff als solcher scheiterte.

1011 zogen die Sachsen an der Festung von Glogau vorbei und wagten keinen Angriff. Sechs Jahre später stand der Kaiser wieder vor Glogau und wieder griff er nicht an, stattdessen wandte er sich der unbedeutenderen Festungsanlage Nimptsch zu, deren Burg - wie Thietmar von Merseburg (975-1018) schloss - von Sachsen erbaut worden war. Die Burg wurde von sächsischen Truppen eingeschlossen und mit Belagerungsgeräten und Kriegsmaschinen angegriffen. Aber die vandalische Besatzung baute Abwehrvorrichtungen. Die Disziplin und die Verzweiflung mit der die Verteidiger vorgingen, erregte Thietmars Bewunderung. Als nach dreiwöchiger Bauzeit die sächsischen Belagerungswerke fertig waren und der Sturm auf Nimptsch begann, gelang es den Verteidigern, die Holztürme der Angreifer in Brand zu stecken und die Leitern zurückzustoßen. Der Kaiser sah ein, so beschreibt es jedenfalls der heinrichkritische Thietmar, dass der Angriff aussichtslos war und gab den Befehl zum Abzug. Ähnlich verliefen in den nächsten 150 Jahren viele Belagerungen. 1109 scheiterte Heinrich V. vor den Oderfestungen Beuthen und Glogau.


Glogau in Schlesien - Die Festung vandalischer Dadosanen wurde Ende des 10. Jahrhunderts von den Daglingern ausgebaut und konnte nachfolgend längere Zeit nicht erobert werden. Erst 1157 wurde die Festung von Kaiser Barbarossa erobert. Im Jahr 1010 wurde die Stadt als urbs Glogua von Thietmar von Merseburg erstmals urkundlich erwähnt. Der Name bedeutet soviel, wie "lichtes Gau"

Die Wendenkreuzfahrer lagen 1147 vergeblich vor den Wallmauern von Dobin, Demmin und Stettin und es gelang ihnen nicht, auf militärischem Weg auch nur eine dieser Festungen einzunehmen. Delbrück notiert:

„Dadurch wächst die Kraft der Defensive gegenüber der Offensive, und es wird dem Schwächeren leicht gemacht, sich der Entscheidung zu entziehen, dem Stärkeren aber erschwert, selbst wenn er einen Sieg errungen, davon auch Frucht zu pflücken..."

Der wohl wichtigste Faktor, warum es schwer war, die wendischen Festungen einzunehmen, war der Hunger. Die ostelbischen Clans schafften - wie alle anderen auch - , im Falle eines Angriffes, im Voraus planmäßig das Vieh und das Getreide fort oder es wurde vernichtet. Waren die Angreifer weit ins Landesinnere vorgedrungen, mussten sie sich zwangsläufig fragen, wie sie nun wieder nach Hause kommen sollten. So erklärt sich die Aussage des Vinzenz von Prag aus dem Jahre 1147. Es heißt dort, dass das Heer, welches gegen Stettin gezogen war, auf dem Rückweg viele Ritter verloren hätte. Oftmals nahmen daher die Kriegszüge im Wendenland einen anderen Rückweg - dabei stießen sie oftmals auf neue wendische Sperren und Hinterhaltstellungen. War der Feldzug noch so erfolgreich verlaufen: Der Rückmarsch brachte fast immer schwere Verluste, denn der bisher zurückgewichene Gegner wurde nun zum Verfolger.

Immer wieder brachten Verpflegungsschwierigkeiten die sächsischen Feldzüge zum Scheitern. 805 war Karl der Jüngere - anfangs noch recht erfolgreich - gezwungen umzukehren, als die Vorräte für Menschen und Pferde erschöpft waren. 955 stand Ottos (I.) Wendenfeldzug dicht vor einer Katastrophe durch Hunger und Seuche. Heinrich II. musste kurz vor Posen umkehren, weil sein Heer nicht mehr kampffähig war. Von Verpflegungsschwierigkeiten wird auch im Zusammenhang mit dem Zug Konrads II. 1029 in der Oberlausitz berichtet; Konrad musste letztlich das Unternehmen abbrechen. Gewisse Parallelen zwischen den ostelbischen Stämmen und Ungarnfeldzügen lassen sich erkennen - sieht man einmal von den Entfernungen ab - vor allem die Gefahr, durch Hunger zu scheitern. Die Verpflegungsschwierigkeiten östlich der Elbe waren bis Mitte des 12. Jahrhunderts so groß, dass es als unwahrscheinlich gelten muss, wenn ein großes Heer, wie das der Wendenkreuzfahrer, ohne Problem damit fertig geworden ist. Im Gegenzug belagerten die Angreifer die heidnischen Clans auf eine gewisse Weise.

Delbrück schreibt:
„Statt einer wirklichen Belagerung finden wir öfter das System einer lockeren Blockade angewandt: man umgab die feindliche Stadt mit Kastellen, die ihr den Verkehr mit der Außenwelt abschnitten."

Es lässt sich für das ostelbische Gebiet der Satz aufstellen: Je kleiner (aber motivierter) das Heer, umso größer die Aussicht auf Erfolg. Als Konrad II. auf seinem ersten Feldzug im Jahr 1035 viele 'Stämme' des Reiches im Verein mit böhmischen Truppen aufgeboten hatte, wurde nicht viel erreicht. 1036, als er sich mit dem Aufgebot der Sachsen begnügte, erreichte er die Unterwerfung. Burchard von Halberstadt konnte 1068 mit verhältnismäßig schwachen, aber schnellen Kräften die Tempelburg von Rethra erobern. Ein Jahr später unternahm Heinrich IV. einen überaus erfolgreichen Winterfeldzug ins Wendenland mit einem kleinen Heer, das sehr schnell vordrang. Es zeigte sich, dass im Sumpf- und Seenland jenseits der Elbe kleine, durch nichts beschwerte Reiterscharen im Vorteil waren. Sie konnten im Winter über die Eisflächen der zugefrorenen Seen und Sümpfe reiten. Solche Wendenzüge des 10. und 11. Jahrhunderts waren gewissermaßen die Vorläufer der späteren Preußen- und Litauerfahrten im Spätmittelalter. Obwohl logistisch und strategisch im Nachteil brach 1147 ein großes Kreuzheer auf, vermutlich weil es für viele Anrainer galt, ihre Ansprüche durchzusetzen und keinem Kontrahenten auch nur ein Stück Land zu viel zu überlassen.

Die mittelalterliche Kriegsführung im Reich war bis ins 14. Jahrhundert durch die bestimmende Rolle der Reiterei gekennzeichnet, sie war militärisch der entscheidende Faktor. Das Fußvolk war eher untergeordnet. Große Heere waren eher für die weiten Landschaften des Westens und des Südens geeignet. Hier bestand weniger die Gefahr, in einen Hinterhalt zu geraten oder nach einigen Wochen vor dem Hungertod zu stehen. Die Landschaft östlich des Reiches und ihre Ausnutzung durch die Wenden hat die Angreifer oftmals scheitern lassen. Sollte das Wendenland dauerhaft in den Reichsverbund einbezogen werden, musste erst das Gesicht der Landschaft verändert werden: Wälder mussten gerodet, Sümpfe trockengelegt und Felder angebaut werden. All dies war nötig, um Krieg so zu führen, wie es seit Jahrhunderten im Westen und Süden des Reiches Sitte war. Somit könnte man meinen, dass nicht die Eroberung und die politische Eingliederung des Ostens ins Reich die Voraussetzung für die Ostkolonisation ist, sondern umgekehrt: Die Kolonisation Ostelbiens ist die Voraussetzung für die politische Eingliederung gewesen. In weiten Gebieten ließen die Wenden die Kolonisten gewähren, ohne dass sich eine politische Herrschaft des Westens darum kümmerte. Das Wendenland konnte nicht durch Waffengewalt gewonnen werden, sondern erst durch die Arbeit der Siedler aus dem Westen.

Primärquelle: Hermann, Der Wendenkreuzzug 1147