Im Havelland werden in der Gründungsurkunde des Bistums Havelberg an der Dosse 946/948 erstmals die sogenannten Doxani benannt. Vielmehr weiß man nicht über diese Leute, deren Name sich von der Dosse ableiten soll. Trotzdem mutmaßt man heute, dass diese Dosse-Leute noch 983/991 dem Liutizenbund (Leute-Bund) angehörten, die im Gebiet östlich der Elbe ihre Unabhängigkeit verteidigt hätten. Doch so einseitig war die Grenzlage an der Elbe nicht, heidnische Verbände überfielen auch immer wieder das Westufer. Deswegen wurden an der Elbe-Saale-Grenze Befestigungen errichtet um das jeweilige Ufer zu schützen.
Neben Doxani sind die Dossanen namentlich auch als Desseri oder Dasseri bekannt, wobei der namensgebende Flussname Dosse heute der ältesten indogermanischen Namensschicht zugeordnet wird. Damit ist schon einmal ausgeschlossen, dass dieser angebliche Stamm einen "slawischen" Namen hat. Dazu sei noch bemerkt, dass am rechtsrheinischen Dossenbach immer nur Stämme siedelten, die man heute den Germanen zuordnet. Freilich leitete der gute Albrecht Greule diesen Namen auch von einem angeblichen Personennamen Tosso her, während er die Dosse im "Slawengau" platziert und den Namen von "vorslawischen Grundformen", wie Dossal oder Dussa herleitet. "Vorslawisch" bedeutet in der Germanica Sclavica nur einen elbgermanischen Hintergrund, weshalb einige jetzt sich an das "Restgermanenphänomen" denken werden. Dieses Phänomen taucht jedoch nur immer dann auf, wenn man auch die absurdesten "slawischen" Herleitungen nicht mehr auftischen kann. Und natürlich greift Greule auch in die "altpolabische" Kunstsprachkiste um die Dosse zu erklären, die schließlich über die Havel zur Elbe führt. Sie soll angeblich für hin und her bewegen oder schütteln stehen, so Greules Erklärung. In der Wikipedia wird jedoch nur die Deutung aus dem Deutschen Ortsnamenbuch (Manfred Niemeyer (Hrsg.) berücksichtigt, wo die Dosse vom indogermanischen *dhü- bzw. *dheu für "wirbeln" hergeleitet wird.
Neben all diesen Deutungsversuchen ist jedoch noch nicht einmal sicher, ob die Dosse der Namensgeber war oder doch nach den Anwohnern benannt wurde. So bietet sich auch das indogermanische *dous an, was "arm" bedeutet und durchaus ihren Vermögensstand beschreiben könnte. Doch das erwähnte indogermanische *dheu steht im Wörterbuch auch für Tod, was die Dosse als Totenfluss beschreibt. Damit erhalten wir eine mythologische Verbindung zu den Ahnenkulten in Alteuropa. Gleiches gilt auch für den Namen der Havel, wo das indogermanische *u̯el ebenfalls für Tote (Leiche) steht.
Was bleibt uns also, um noch etwas Licht in die Heidenzeit an der Dosse zu bringen. Auf jeden Fall ein paar Stadtnamen, denen man vielleicht eine "slawische" Herkunft unterstellt. Um das nicht ausarten zu lassen - kein einziger ostelbischer Ortsname ist "slawischer" Herkunft - nehmen wir uns nur die bekannteren vor und fangen mit Freyenstein an. Tatsächlich erst 1263 erstmals als Virgenstene urkundlich erwähnt, handelt es sich um eine brandenburgische Grenzbefestigung ohne nachgesagten "slawischen" Namenshintergrund. Doch diese Stadt gehört heute zu Wittstock an der Dosse, die in der Wikipedia als "slawische" Siedlung bezeichnet wird. Die um ihr herum befindlichen eingemeindeten Orte wurden fast allen eine "slawische" Vorgeschichte aufgedrückt.
Wittstock an der Dosse - Der Ort war zur Zeit von Otto I. ein Fürsten- oder Richtersitz zugleich, der dem gegründeten Bistum Havelberg unterstand
Am 13. September 1248 wurde Wittstock durch Bischof Heinrich I. von Havelberg das Stendaler Stadtrecht verliehen. 1251 erhielt die Stadt einen Abdruck des Stadtsiegels, das eines der ältesten in ganz Brandenburg ist. Die auf den Fundamenten einer heidnischen Befestigung errichtete Wittstocker Burg diente den Bischöfen von Havelberg von 1271 bis 1548 als Wohnsitz. Sie wird daher auch als Alte Bischofsburg bezeichnet. Wittstocks Name leitet sich von dem 948 benannten „Wizoka“, ab und nachfolgend 1271 „Wiztok“, 1284 „Witzstock“ und 1441 in „Witstock“ umbenannt, wobei dieser volksetymologisch an niederdeutsch witt (weiß) und stock (Wurzelstock) angeglichen wurde. Doch dann kommt die "Slawenkeule" bei Wikipedia: Wittstock würde auf "altpolabisch" (= altelbisch) vysoka (die hoch gelegene) zurückgehen, da die Wittstocker Burg ab 946 so genannt wurde. Der Name ist dann auf die Siedlung im Tal übertragen worden.
Schlagen wir deshalb deshalb in einschlägigen Wörterbüchern nach, was vysoka wirklich bedeutet. Wegen der Nähe zum Ostfränkischen Reich lässt sich Vysoka oder Wizoka noch vom anfrk. *saka herleiten, was den Ort als Richtersitz ausweist. Der Name wurde also fast zeitgleich vergeben, als das Bistum Havelberg entstand. Das vorstehende Vys - vysoka ist sicher von vis-saka herzuleiten - ist altnordisch von vīsi für Fürst oder Führer abgeleitet, womit der Ort zur Zeit von Otto I. tatsächlich als Hauptsitz eines ihm unterworfenen heidnischen Stammes ausgewiesen wird. Nur "Slawen" sind sie nicht gewesen!
Das Quellgebiet der Dosse befindet sich heute in der Nähe von Wendisch Priborn auf einer Hochfläche. Wendisch Priborn entstand als Bauerndorf im Lehnswesen und entspricht als Rundling den wendischen Rundlingsdörfern im hannoverischen Wendland. Ein perfektes Beispiel also, was den Ort als planmässige Ansiedlung missionierter Heiden (= Wenden) erklärt. Bei Streitigkeiten zwischen den Großherren wurde zwar erst im Jahr 1502 Priborn erstmals urkundlich erwähnt, doch sein Ortsteil Tönchow wurde bereits im Jahr 1289 urkundlich erwähnt. Eine Gründungsurkunde von Wendisch Priborn existiert nicht. Nach einer Urkunde der Meyenburger Rohr aus dem Jahr 1516 hieß das Dorf zu dieser Zeit nurGroßen Priborn.
Das 1346 erstmals erwähnte Ganzlin - Der nichtslawische Gemeindename berichtet nur von der Ankunft eines reichen Mannes
Heute gehört Wendisch Priborn zur Gemeinde Ganzlin, der man eine "slawische" Namensherkunft angedichtet hat. So soll er auf den Personennamen Gasla zurückgehen, womit Gaselin, das "Dorf des Gasla" bedeuten würde. Das passt jedoch überhaupt nicht, wenn man einfach so den Konsonanten "n" verschwinden lässt. Im Germanischen lässt sich wenigstens selin von sēlinga für "reicher Mann" herleiten, wobei das vorstehende "gan" im 14. Jahrhundert schon vom althochdeutschen gān abstammt, dass insgesamt von einem "angekommenen reichen Mann" berichtet.
Ein gutes Stück westlich der mittleren Dosse erreicht man die Stadt Kyritz, die zum außerordentlich alten Siedlungsgebiet in der Priegnitz gehört. Bis in die Zeit vor 7000 v.Chr. werden bisher über 3500 Fundstellen datiert. Im nacheiszeitlichen Mesolithikum sollen Jäger und Sammler in das Urstromtal der Elbe eingedrungen sein, wobei die Wanderung überwiegend von der Mündung stromaufwärts erfolgte. Das Großsteingrab Mellen wurde als Megalithanlage zwischen 3500 und 2800 v.Chr. errichtet, womit die Erbauer noch Asen-Clans angehörten. Früher war das Großsteingrab Mellen nur eines von mehreren in dieser Gegend. Alle übrigen wurden für den Straßen- oder Brückenbau verwendet.
Das Großsteingrab von Mellen stellt mittig einen Dolmen auf, umringt von mehreren Wächtersteinen, die insgesamt einen Ort der Asen symbolisieren Doris Antony, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0
Über zwei Jahrtausende später zeugt das "Fürstengrab von Seddin" von einem vorzeitlichen Machtbereich um 800 v.Chr., wo sich die Asenzeit bereits ihrem Ende näherte. Bei weiteren Untersuchungen 2003 konnten ca. 50 m nördlich des Grabhügels eine über mehrere hundert Meter Ost-West verlaufende Reihe von Feuergruben nachgewiesen werden. Diese gehören zu einem vermutlich älteren Kultfeuerplatz, wie sie von anderen Plätzen Norddeutschlands und Südskandinaviens bekannt geworden sind. Erste C-14-Daten der Feuergruben ergaben ein Alter von 904 und 1001 v. Chr. Der durch seine Größe herausragende Grabhügel gehört zur sogenannten Seddiner Gruppe weiterer Großhügel in der Umgebung, die jedoch im 19. Jahrhundert dem Chausseebau zum Opfer fielen. Sie datierten in die Zeit der Periode III–VI und sind gekennzeichnet durch die Beigabe von Schwertern, Metallgefäßen, Wagen- und Zaumzeugteilen. Die nächsten Parallelen solcher reich ausgestatteter Grabhügel finden sich auf Fünen und in Dithmarschen.
Das könnte zugleich die Frage beantworten, woher zu dieser Zeit die Bewohner rund um Kyritz stammten.
Um die Zeitenwende nennt Tacitus Semnonen und Langobarden als Bewohner der östlichen Elbufer, wobei letzteren ebenfalls eine nordische Herkunft attestiert wird. Doch dann wären im 7. Jahrhundert auch in Kyritz "Slawen" aufgetaucht, die man ab 800 von Westen her mit dem Schwert zu missionieren versuchte. Unter Otto I. wurde die Prignitz dem Missionsbistum Havelberg eingegliedert, wobei 948 der Gau Chorizi erstmals urkundlich erwähnt, der wohl eine frühe Form des Namens Kyritz sein dürfte.
Kyritz ist nur ein alter Kirchenortname und völlig ohne erfundene "slawische" Herkunft
Der Name Chorizi wird bisher von der "altpolabischen" Kunstsprache hergeleitet und soll als *Kyrica "Siedlung bei den Büschen" bedeuten. Mit solchen unsinnigen Deutungen hat man bis heute die ältesten ostelbischen Ortsnamen versehen. Tatsächlich dürften die ältesten ostelbischen Namen nur während der Missionierungszeit entstanden sein, wobei Kyritz vom germanischen *kirika (an.kyrkja) hergeleitet werden kann und nur einen Ort mit einer christlichen Kirche beschreibt, die spätestens zu dieser Zeit erstmals errichtet wurde. Nach dem Heidenaufstand um 983 wird diese wohl zerstört worden sein, doch westlich der Elbe blieb ihr Name erhalten und später erneut eingeführt, als mit dem Wendenkreuzzug das ostelbische Heidentum vernichtet wurde.
Südöstlich von Kyritz, in Wusterhausen, findet sich eine Wallburg von 100 m Durchmesser (nebst Vorburgsiedlung) aus dem 11. Jahrhundert, die man einen Regionalfürsten der Dossanen zuordnen will. Dazu sei angemerkt, dass der Begriff Dossanen vereinfacht im Germanischen mit "Wächter an der Dosse" übersetzt werden kann. Die Wallburg wurde bis über die Mitte des 12. Jahrhunderts hinaus, für einige Zeit auch von den deutschen Eroberern genutzt, die nach dem Wendenkreuzzug 1147 endgültig das Land beiderseits der Dosse beherrschten. In der Nähe der dortigen Stadtkirche wurden auch heidnische Schwerter entdeckt.
Primärquelle: Wikipedia Stiehler, Diener und Krieger
Unternimmt man einen Streifzug durch die Heidengeschichte rund um Wusterhausen an der Dosse, stoßen wir bei Friesack auf den Namen Zootzen, der im Jahre 1315 als "Zuzen" erstmals erwähnt wurde. Über die Deutung ist man sich bis heute uneins. So schlägt man vor, dass er für eine im Luch gelegene Erhöhung oder Insel in einem früheren Sumpfland stehen würde. Doch nach der unvermeidlichen "Slawen"-Deutung Ostelbiens soll sich der Name gar von "sosna" für Kiefer (!) ableiten und untermauert das bei Wikipedia mit dem russischen (!) Wort сосна (ausgesprochen als sasná), um es so als "passende Erklärung" darzustellen. Dazu sei schon einmal angemerkt, dass vor 1945 sich kaum eine nennenswerte Russentruppe nach Zootzen verirrte und auch die polnische Sprache ohne Belang ist, die 1315 nirgendwo an der Dosse gesprochen wurde! Im gleichen Beitrag wird jedoch auch erzählt, dass der Zootzen urwaldartig bewaldet war, wo die ältesten und mächtigsten Eichen gestanden haben, da man sie wegen des sumpfigen Umlands nicht fällen und transportieren konnte. Wenn dem so ist, dann fragt man sich doch sofort, wie man auf diese "Kiefer"-Idee kommt, wenn das ein Eichenurwald war!
Friesack (1935) befindet sich nahe dem heutigen Urwaldrest von Zootzen
Der im 14. Jahrhundert festgehaltene Name ist jedenfalls nicht "slawischen" Ursprungs und kann sogar wissenschaftlich untermauert werden. So kommt nur im Mittelalter ein altdeutscher Hintergrund aus der Zeit der Ostkolonisation Ostelbiens in Frage, wo man rund um Friesack die Urwälder rodete. Hergeleitet vom altdeutschen "zuscen" für Verbrennen, erzählt dieser Name, dass dabei über lange Zeit die Urwälder mittels Brandrodung gelichtet wurden. Das geschah nicht nur bei Friesack, sondern auch rund um Wusterhausen an der Dosse, wo man 2006 im Stadtkern Teile eines heidnischen Gräberfeldes freilegte und archäologisch untersuchte. Insgesamt konnten fast 70 Bestattungen vollständig ausgegraben werden, darunter zwei reich ausgestattete Kammergräber mit Schwertbeigabe. Die Skelette wurden durch die Anthropologin Bettina Jungklaus untersucht. Man stellte eine vergleichsweise niedrige Kindersterblichkeit und hohe Lebenserwartung fest, was auf eher günstige Lebensumstände hindeutet. Daneben wurden auch häufig Spuren chronischer Atemwegsinfekte nachgewiesen, was man sich bisher mit der Wohnweise in Häusern mit offenen Herdstellen erklärt. Doch wenn man sich vor Augen führt, dass auch Wusterhausen einst mitten im Urwald stand, dürften sich diese Leute mit der Rodung dieser Urwälder beschäftigt haben, um Flächen für den Ackerbau zu gewinnen.
Wusterhausen an der Dosse
Aus der Heidenzeit an der Dosse künden noch der Burgwall Klessener Zootzen aus dem 7. Jahrhundert und der Briesener Zootzen als Fluchtburg, wo Ostelbien noch weiter von suebischen Verbänden besiedelt war. Wusterhausens gibt als erstmalig erwähntes "Wusterhusen" ebenfalls keine Rätsel auf und erzählt vom althochdeutschen "wuosten" hergeleitet, nichts anderes, als das die Gegend verwüstet oder eine Einöde gewesen wäre. Ab wann genau Wusterhausen wirklich existiert kann man nur mutmaßen, sicher ist jedoch, dass die Gegend auch nach der Christianisierung weiter dem regionalen Herrschergeschlecht Plotho gehörte, der das Gebiet an der Dosse schon gehörte, als der Wendenkreuzzug von 1147 über Ostelbien hereinbrach. Denn hatte sicher auch der 1170 verstorbene Burgherr Hermann von Plotho aus Altenplathow erlebt, dessen Familie man eine "slawische" Herkunft andichtete. Sie müssen jedoch zu den ostelbischen Herrscherfamilien im Havelland gerechnet werden, denn ihr ursprünglicher Herrschersitz war die Wasserburg Plothe. Der Burgname wäre nach heutiger Ansicht "slawisch", erlässt sich jedoch von germanischen *plat für ein flaches breites Stück Land herleiten, worauf sich die Wasserburg ausgerechnet zwischen zwei Flussarme des Havel-Nebenflusses Stremme befand.
"Slawen"-Unsinn findet sich auch in den Namensgeschichten von nach Wusterhausen eingemeindeten Dörfern. So wird zum Beispiel dem erst 1491 erwähnten Läsikow eine " altpolabische" Herleitung von einem hypothetischen Ortsnamen Lěskov angedichtet und mit "Ort, wo es Haselsträucher gibt" deutet. Das Problem ist nur, dass Läsikow eine wendische Rundform besitzt und offiziell nicht mehr als "typisch slawische" Dorfform gilt! Läsikow gilt deshalb als eine Plansiedlung der frühen deutschen Ostsiedlung, wo Rundlinge unter deutscher Oberschicht für missionierte Heiden (= Wenden) angelegt wurden. Das wohl durch den Wendenkreuzzug verödete Land um Wusterhausen wurde somit planmäßig neu besiedelt. Läsikow lässt sich vom althochdeutschen "lesk" für Schilfaue herleiten, was wohl die frühere Nackeler Luch beschreibt, bevor sie entwässert wurde.
Die Kirche von Metzelthin Doris Antony, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0
Auch dem heutigen Ortsteil Metzelthin von Wusterhausen hat man eine Slawenlegende verpasst. 1293 zum ersten Mal erwähnt, gehörte er als Mutzeltyn zum Land Wusterhausen und würde nach einem aus der Luft gegriffenen "slawischen" Namen benannt sein, der vielleicht als Myslota von Myslibor abstammen könnte. Auch das ist Unsinn, den vom Althochdeutschen hergeleitet beschreibt Mutzeltyn einen Ort, wo Abgaben gezahlt wurden. Das vorstehende "mut" steht als "muta" für eine Zoll- oder Abgabenstätte und "zeltyn" von "zelt" hergeleitet für Hütte. Tatsächlich war Metzelthin sogar bekannt dafür, die Abgaben der Bauern einzuziehen, wie es auf der Wikipedia-Seite entsprechend dargestellt wird.
Bisweilen schafft es bis heute die slawophile Namensumdeutung auch für Erheiterung zu sorgen. Zum Beispiel für die Herleitung des Namens Gartow, einem nach Wusterhausen eingemeindeten Ortsteil. Der Ort wird 1293 erstmals als Garthowe urkundlich genannt, was absolut kein Grund ist ihm eine "altpolabische" Namensgrundform *Chartov anzudichten, was "Ort, wo es Windhunde gibt" bedeuten soll. Weile das offensichtlich zu abenteuerlich ist kommt auch eine Herleitung von einem Personennamen *Chart in Frage, was dann "Ort eines Chart" bedeuten soll. Auch das ist aus der Luft gegriffen und eine völlig unbelegbare These. Zu guter Letzt kann man sich nur mit dem althochdeutschen Wörterbuch behelfen, wo "gart" für Garten steht und "hove" für Hof, es kann also direkt mit Hofgarten übersetzt werden, ein in deutscher Sprache weit verbreitetes Toponym. Zumindest sinnidentisch hat man hingegen Wusterhausens Ortsteil Bückwitz "slawisch" von Bukovec als Buchenwald gedeutet, es reicht aber beileibe schon die Herleitung aus dem Germanischen von "buk-widu" für Buchenwald.
Steht auf uraltem Siedlungsgebiet: Barsikow Hans G. Oberlack, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0
Wegen seiner Großsteingräber gilt das heute zu Wusterhausen gehörende Barsikow, als megalithischer Ort, der die Besiedelung des mittleren Dosselandes bereits zur Asenzeit belegt. Im Jahr 1491 als Barssekow festgehalten, soll er von einem Personennamen abgeleitet sein, doch wegen des uralten Siedlungsortes, kommt auch eine Indogermanische Deutung in Frage, wo sich dieser Name von einem Kompositum "bʰars-sekᵘ̯" herleiten könnte und einen "Hügel der Krieger" beschreibt. Dem vorzeitlichen Clanwesen entsprechend, muss dieser Hügel der Sitz einer Kriegerkaste gewesen sein, die sicher über Elbe, Havel und Dosse die Gegend des späteren Wusterhausen erreichte. Der heute nicht mehr existierende Wald Karpow könnte dabei auf ein Kar-Kriegerkaste weisen. Die Großsteingräber von Barsikow wurden leider schon im 19. Jahrhundert bei Straßenbauarbeiten zerstört. Nach Leopold von Ledebur wurde 1828/29 nordöstlich von Barsikow, auf einer sandigen Erhebung südlich der Rohrlake ein Grab beseitigt. 1843 geschah dies etwas weiter westlich mit weiteren Gräbern. Die Anlagen werden durch von Ledebur lediglich als zusammenhängende Steinlager aus flachen Steinplatten beschrieben, was durchaus auf einen zerfallenen Dolmen hindeutet.
Die Kirche in Kriele, einem Ortsteil von Kotzen Clemensfranz, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0
Ein weiteres "slawisches" Namenskuriosum findet sich bei Kotzen im Havelland, was 1352 erstmals unter dem Namen Cozym erwähnt wurde. 1353 wurde der heutige Ortsteil Landin als Besitz der Familie von Bredow urkundlich erwähnt, die schon länger im Havelland weilte. In Kneschkes Neuem allgemeinen deutschen Adels-Lexicon von 1860–70 heißt es über die legendären Ursprünge der Familie: „Aus den Niederlanden kam dasselbe Geschlecht in früher Zeit in die Marken, nach Einigen zur Zeit des K. Heinrich I., der die Familie zur Bezwingung der Wenden um 929 in die Marken zog, nach Angelus aber erst 1150, wo es sich Bredau, auch Bredow schrieb. Markgraf Albrecht der Bär gab, als er die Wenden um die Elbe vertrieben, das Städtchen Friesack in der Mittelmark der Familie, und dieselbe erbaute sich das Schloss Bredau, Bredow, welches schon 1208 in der Hand derselben sich befand.“ Damit könnte die Familie Bredau auch am Wendenkreuzzug 1147 teilgenommen haben, was dann wohl der Grund für die Schenkung von Friesack gewesen sein könnte. Der Ortsname Kotzen wird bisher "slawisch" gedeutet und soll „Ort, wo haarige Pflanzen wachsen“ bedeuten. Wie auch immer diese lächerliche Namensdeutung zustande kam, lässt sich der Name Cozym schon vom Zeitrahmen her eher althochdeutsch deuten, was von kōsōn oder kōsa für Rechts- oder Streitsache hergeleitet, den Ort einer Rechtssprechung zuweist, wo sicher ein Richter wirkte.
die Reste der ehemaligen Höhenburg Landin Gregor Rom, Wikimedia, Commons, CC-BY-SA-4.0
Der Ortsteil Landin verbindet sich jedoch auch mit einer Höhenburg, die Mitte des 12. Jahrhunderts stark besiedelt war. Diese befand sich auf dem Teufelsberg, der vielleicht in der Teufelssage von Friesack eingebunden ist. Dieser Bergname könnte aber auch auf ein ehemaliges heidnisches Heiligtum innerhalb der Burg Landin hindeuten, die nach dem Wendenkreuzzug womöglich noch weiter genutzt wurde. Die Kuppe des Teufelsberges war planiert, die Hänge terrassiert und unterhalb befanden sich Gräben und Wälle zum Schutz. Es soll sich bei der Landiner Burg um eine Turmhügelburg gehandelt haben, die zur Kreuzzugszeit vollständig aus Holz bestand. Die letzte Baukonstruktion der Burg ähnelt jenen des Harzer Vorlandes, welches unter Herrschaft der Askanier stand. Die Burg wird entsprechend als nördliche Sicherung der in jener Zeit unter askanischer Herrschaft stehenden Mark Brandenburg verstanden.
Namensphänomene über größere Entfernungen hinweg haben es in sich, das sie bei ihrer Aufklärung bisherige Geschichtsverläufe zumindest in Frage stellen oder im extremen Fall vollkommen auf den Kopf stellen. Fragt man sich also, welcher Gottheit die Heiden an der Dosse opferten, kann bisher nur der in Havelberg überlieferte Jarovit angegeben werden, der bis heute als "slawische" Gottheit erklärt auch in Wolgast an der Ostsee einen Tempel hatte. Man will Gemeinsamkeiten mit der ranischen Gottheit Svantevit erkennen, doch bei ihm handelte es sich nur um eine vergöttlichte Variante von Sven Gabelbart (Svend Tveskæg), als nachgesagter "Sohn Odins" ("vit" = Viðrir). Wenn man jedoch Gemeinsamkeiten sieht, darf man durchaus die Frage stellen, ob sich hinter Jarovit ein weiterer Wikinger verbirgt, dessen Taten dafür sorgten, dass er als Sohn Odins vergöttlicht wurde.
der mit einem Speer bewaffnete Jarovit als Kriegsgott Riverobserver, Wikimedia, Commons, CC BY-SA 3.0
Das Jarovit-Phänomen existiert also nur rund um Wolgast und rund um Havelberg, was wenigstens auf eine Wanderung von Leuten zwischen diesen Orten hindeutet, die diesen Kult von Wolgast (Hologost) nach Havelberg verpflanzten. Mit dieser Wanderung lässt noch ein weiteres Namensphänomen verknüpfen, wo in den jeweiligen Regionen ein Stadt namens "Wusterhusen" entstand. An der Dosse wurde Wusterhusen (heute Wusterhausen) erst 1232 erwähnt, während Wusterhusen bei Lubmin als „Wostrose“ urkundlich erstmals am 3. Dezember 1150 belegt ist. Der Name Wostrose wird in der Knytlinga Saga als Voztrosa erwähnt, was trotz des Jomsgau-Hintergrundes nur "slawisch" gedeutet wird. So soll der Name Wostrose "mit Palisaden umzäuntes Land, Gebiet" bedeuten und auf eine Burg oder Kultstätte hindeuten. Die Gegend um Wostrose gilt jedoch schon seit 5500 v.Chr. besiedelt, weshalb die Gegend im Umfeld der Peenenündung schon einem Kata-Clan der Asenzeit unterstand. Wie der Name Wusterhusen an der Dosse weist auch das andere Wusterhusen nahe der Peene auf eine verwüstete Gegend (germ. "wōsta") hin, die tatsächlich immer wieder von Dänen oder Sachsen mit Krieg überzogen wurde. Der andere Namensteil "rose" dürfte sich auf das nordische Wort "Röse" beziehen, was meist als Steinhügel im Sinne von Grabhügel verstanden wird.
Wusterhusen an der Ostsee
Wie Jarovit nach Havelberg kam ist auch bekannt. So wurde das Jarovit-Heiligtum erst in diesem Ort errichtet, als die Burg im Zuge des Heidenaufstandes von 983 von den Barbaren erobert wurde und das entstandene Bistum samt der Kathedralkirche vernichtet wurde. Statt des christlichen Bischofsitzes wurde nur ein Heiligtum von Jarovit errichtet, der wie an der Ostsee auch an der Dosse als Gerovit bekannt war. Leider fehlt für den Vergleich, seit wann für Jarovit in Hologost (Wolgast) ein Tempel existierte. In ihrer Nähe befand sich die Stadt "Uznoimia civitas“ , die jedoch erst 1124/1125 von den Biografen des hier missionierenden Bischof Otto von Bamberg erstmals bezeugt ist. Seit dem 10. Jahrhundert stand auf dem heutigen Schlossberg eine Burgsiedlung, die später als „urbs Osna“ überliefert, um 1115/1119 von den Dänen unter König Niels zerstört wurde. Zu dieser Zeit gehörte das gesamte Gebiet zum Jomsgau, dessen Wikinger immer wieder vom Dänischen Reich abfielen und sich danach wegen ihrer Unbotmäßigkeiten dänischer Angriffe erwehren mussten. Im Jomsgau lag aber auch jenes Rethra, wo nach heutiger Ansicht der Heidenaufstand von 983 beschlossen und geplant wurde. Dabei wurde Wert daraufgelegt, soviel wie möglich christliche Missionierungshorte zu vernichten, wozu auch Havelberg als Ziel gehörte.
Gedenk der namentlichen Herleitung von Jarovit, von einem Jarl und Odin ("vit" = Viðrir) kann dieser angebliche Gott zuerst für einen von Odin beauftragten Anführer gestanden haben, der von Rethra aus an die Havel entsandt wurde und dort die örtlichen Heiden gegen Havelberg sammelte. Jarovit zog also im Sinne Odins in den Krieg, um die alte Glaubenswelt vor dem Untergang durch das Christentum zu retten. Das wurde auch geschafft, weswegen Jarovit erst verehrt und später vergöttlicht wurde. Ca. 150 Jahre verflossen, wo der Kult um ihn in Havelberg und Usedom erhalten und durch Priester weiter ausgeschmückt wurde. Als Bischof Otto von Bamberg im Jahr 1128 auf einer Missionsreise nach Pommern durch Havelberg kam, wurde dort zum Entsetzen des Bischofs gerade das Fest eines Gottes namens Gerovit (Jarovit) gefeiert, worauf der Bischof schwere Vorwürfe gegen den herrschenden Fürsten Wirikind erhob. Doch nach seinen Worten war niemand mehr bereit das Christentum anzunehmen, weder er, noch seine Söhne und auch sein Stamm nicht, der wegen der Knechtschaft von Erzbischof Noribert rebelliert hatte. Er teilte ihm mit, dass sie nicht gezwungen werden konnten, sich das Christentum lehren zu lassen. Eher war man bereit zu sterben, als sich dieser derart belastenden Knechtschaft zu unterwerfen.
1130 gelang es wohl für mehrere Jahre Havelberg unter Kontrolle des Reiches zu bringen, doch 1138 konnte Wirikind Havelberg erneut zurückerobern und die zwischenzeitlich neuerrichtete Christenkirche zerstören. Erst 1147 wurde Havelberg endgültig Teil des Reiches und man begann mit dem Bau des Doms.
Havelberg - nach 983 wurde etwa 150 Jahre lang in der Stadt Jarovit verehrt, bei dem es sich um einen vergöttlichten Jomswikinger oder sogar Dänen handeln könnte, unter dem die Stadt zum Heidenaufstand vielleicht erobert wurde
Am Ende wäre noch darauf hinzuweisen, dass der Jomsgau Ende des 10. Jahrhunderts zum Dänenreich von Harald Blauzahn gehörte. Just zu dieser Zeit lag dieser im Kampf gegen das Kaiserreich, in dem er 974 nach dem Tode Otto I. einfiel und Schleswig eroberte. Doch schon gegen Otto II. verlor er seine Eroberung wieder, was Harald Blauzahn nicht akzeptieren konnte. Denn ausgerechnet 983 konnte er Schleswig zurückerobern, als zeitgleich der Heidenaufstand in Ostelbien ausbrach. Letztlich könnte Dänemark diesen Aufstand durch Jomsburger Wikinger nicht nur unterstützt, sondern gerade durch diesen anonymen Jarovit sogar ausgelöst haben. Der einzige berühmte Jarl dieser Zeit, war Jarl Sigvaldi, weswegen er von Harald Blauzahn den Auftrag bekam Havelburg anzugreifen, wodurch er wieder relativ ungefährdet Schleswig zurückerobern konnte. Wegen des militärisch starken Jomsgaus kann man auch Zufälle oder nur die simple Nutzung einer guten Gelegenheit ausschließen. Es war einfach eine gut konzertierte Aktion, ähnlich eines Mehrfrontenkrieges, wodurch das Kaiserreich seine Kräfte splitten musste.
Heinrich Kunstmanns Beitrag über das Dosseland in seinem Buch Beiträge zur Geschichte der Besiedlung Nord- und Mitteldeutschlands mit Balkanslaven fasst so zielmlich alles zusammen, wie deutsche Slawisten die Geschichte des Havellandes im Sinne einer vorgegeben "slawischen" Leitgeschichten bisher umgedeutet haben. Und leider ist es so, dass weitere Jünger dieser Lügengeschichte nachwachsen. Als Basis fungieren heute hauptsächlich die Werke von DDR-Slawisten, angeführt von Joachim Herrmann, den der verstorbene Autor Wolf Lüdeke von Weltzien ("Wikinger aus genealogischer Sicht") in seinem Buch erwähnte:
"Später wurden die Wenden einfach mit Slaven übersetzt, an diesen Fälschungen trug Helmold keine Schuld und dann wurden Slaven, anstatt Wenden einfach von den Historikern übernommen. Diese stellten keine Nachforschungen an, schrieben einfach nur ab und das wurde noch von der römisch-katholischen Kirche begünstigt. Auch Eike von Repkow "der Sachsenspiegel", 1230, handelte so. Die bilderläuterungen wurden ebenso gefälscht und dadurch entstand leider ein völlig falsches Geschichtsbild. Dem fielen die Heruler und Warnen zum Opfer und verschwanden im Papierkorb der Geschichte, weil der Slaven-Papst Joachim Herrmann (STASI-Zuträger) es so beschlossen hatte.
In dieses Lügengebäude hat sich auch der 2009 verstorbene Slawist Heinrich Kunstmann verirrt, der immerhin nachweisen wollte, dass ostelbische "Slawen" von Balkan stammen würden. An sich stimmte zumindest die Richtung, denn vom Balkan wanderten nur die Ostheruler als Ostabotriten Richtung alte Ostseeheimat zurück und zwar in mehreren Wellen. Die Herrscherkaste war teilweise schon zur orthodoxen Kirche übergetreten und zog ein Gefolge byzantinischer Mönche hinter sich her. Diese verbreiteten unter den herulischen Obotriten in Ostelbien die von Kyrill und Methodos entwickelte Glagoliza-Liturgie, von der sich wieder die altslawische Kunstsprache ableitete. Als Alltagssprache damals noch völlig unbrauchbar, wurden daraus unter führender Mithilfe deutscher Gelehrter ähnliche Sprachen weiterentwickelt, die sich europaweit in den betroffenen Gebieten mit Zwang (Deutschverbote in Polen) erst nach dem Mittelalter durchsetzten. Und zwar wiederum aus kirchenpolitischen Machtkalkül, um mit Sprachgrenzen fragile Herrschaftsgrenzen von päpstlichen Bistümern (z.B. das Erzbistum Gnesen) zu stabilisieren.
In Heinrich Kunstmanns Kapitel D o x a n i. D a s s i a . D o s s e keimt bereits in der Überschrift der Verdacht auf, ob die "Doxani" als Namensform der Dossanen sich sogar zeitweise auf die orthodoxe Kirche an der Dosse beziehen. Quasi als Momentaufnahme für die rivalisierende Missionare, denn im ostelbischen Gebiet wurde ganz sicher die Präsenz der byzantinischen Kirche von ostfränkischen Missionaren bemerkt. Rivalisierend deshalb, weil die Reichskirche zumindest zeitweise Kyrill und Methodos feindlich gegenüberstand und sie sogar längere Zeit für ihr Unwesen in den Kerker warf. Für Kunstmann sind alle diese Namen und Beinamen im wesentlichen Gau- und Flussnamen, die vereinzelt auch als Ortsnamen vorkommen.
Für Gaunamen hält die Forschung im allgemeinen die Formen Doxani, Dassia und Desseri. Bei den Doxani, nur einmal zu 1074 bei Adam von Bremen erwähnt, soll nach Kunstmann mit Sicherheit das "slavische" Suffix ־ jane beinhalten, das nach Ansicht des DDR-Slawisten Fischer (1976, 58), dem Flussnamen *Dosa ’Dosse' angehängt wurde und damit soviel wie 'Dosseanwohner' bedeuten würde. Also auch als Stammesname verstanden werden kann. Damit ist recht deutlich beschrieben, wie hier ein Stamm installiert wurde, denn es womöglich überhaupt nicht gab, geschweige das die Betroffenen dieses Namenskonstrukt überhaupt als eigenen Stammesnamen verwendeten.
Die Dosse bei Wittstock - Ihr ursprünglich indogermanischer Name (*dʰeus, germ. *deuza) weist womöglich auf Odins begleitende Wölfe
Und doch genügte das den DDR-Slawisten nicht. Kunstmann weiter: Doxani läßt auf eine Ausgangsform Doks-jane oder Dokšane schließen. Als altsächsisches Gegenstück zu den slavischen Doxani verstehen DDR-Slawisten Fischer und Schlimpert (1971. 664) den Namen Desseri, der in dieser Form zu 948 und als Dessere für 1150 sowie 1179 belegt ist. Desseri, das aus *Dasswāriōs bzw. Dassārjōz entstanden sein soll (Fischer 1976, 58), ist nach Meinung von Fischer und Schlimpert (1971, 664) möglicherweise die ursprünglich germanische Bewohnerbezeichnung, die der gleichbedeutenden slavischen Bildung Doxani, einer Lehnprägung aus dem Altsächsischen, gegenüberstehe. Als dritte Gaubezeichnung wird der für 948 und in den Bestätigungen dieser Urkunde (1161, 1188) der belegte Name Dassia angesehen, der, wiederum nach Fischer, in dieser Form nicht aus dem Atlsächsischen erklärt werden könne, sondern aus dem FIN Dosa ,Dosse' mit "slavischen" Suffix [...] entstanden sei und für [...] Land an der Dosse stehen würde.
Damit blieb nur die Dosse als Hydronym übrig, während die Bewohner entweder germanisch "swāriōs" oder nur "wāriōs" genannt werden. Die "Swāriōs" würden jedenfalls auf Svear deuten, was sich auf die überlieferten Waräger in der Brendanburg (Brandenburg) beziehen lässt. Gleichzeitig greift dieser Name als *swarō auch auf die männerbündische Schwurgemeinschaft dieser Zeit zurück, was innhaltlich das Wesen von Wikinger-Clans beschreibt. Dazu kommt noch das 948 das Havelland zum dänischen Vindland in Ostelbien gehörte.
Im Vergleich zu den "Swāriōs" ist der Flussname Dosse relativ spät bezeugt, trotzdem ist er für die DDR-Slawisten Fischer und Schlimpert germanischer Herkunft. Kunstmann: "Die frühesten, im Grunde jedoch spät einsetzenden Belege dieses Hydronyms sind: 1172 iuxta...Doxam (Helmold 40); 1274 dossa; 1284 in tradosam. Fischer und vordem Schlimpert hielten den Gewässernamen Dosse für germanisch bzw. altsächsisch; zwar sei er für das Altsächsische, wo er Dass- oder Daks- gelautet habe, nicht belegt, doch müsse er daraus ins Slavische übernommen worden sein.[...] Der heutige Name Dosse sei dann während der deutschen Besiedelung dieses Gebietes im 12. Jhd. aus dem Slavischen ins Deutsche (rück)übertragen worden."
Ohne diese willkürlich erfundene "Slawengeschichte" gelingt diese Herleitung völlig unkompliziert aus dem Germanischen, selbst wenn das Hydronym als "vorgermanisch" sprich indogermanisch betrachtet wird: "Auf jeden Fall aber gehöre das wahrscheinlich vorgermanische Wasserwort, dessen Etymologie unklar bleibe, nach Fischer und Schlimpert (1971, 667) einer sehr alten Sprachschicht an." Im Indogermanischen bietet sich jedenfalls nur eine Herleitung von *dʰeus an, was den Fluss einen göttlichen heiligen Hintergrund verleiht. Das germanische *deuza weist jedoch einen tierischen Bezug als Bestie auf, was uns zumindest an die ostelbischen Wolfnamen denken lässt. Wölfe also, den mythischen Begleittieren Odins.
Primärquelle: Kunstmann, Beiträge zur Geschichte der Besiedlung Nord- und Mitteldeutschlands mit Balkanslaven
Kann man die Wolfsdeutung für die Doose untermauern? Ausgehend von der Herleitung von den wolfsbezogenen Dasswāriōs als Anhänger Odins, sollte sich diese Namensformen nicht nur auf den ostelbischen Raum beschränken. Deutsche Slawisten haben die Namensdeutung für die Dosse nur östlich der Elbe auf vermeintlich "slawischen" Gebiet beschränkt und bezogen nur die relativ spät entstandenen "slawischen" Sprachgebiete mit ein, was die Findung eines überregionalen Zusammenhanges erheblich erschwert. Dieser bezieht sich nun mal nicht auf einen Eigennamen eines Stammes, sondern auf eine Bestie oder Raubtier, dass wieder in Bezug zu einem Asen stand.
Regional sind natürlich nicht nur Ortsnamen von der Dosse abgeleitet, sondern es existieren auch weitere Flussnamen, die diesen Namen tragen. Von der eigentlichen Dosse unterscheidet sich der bei Oranienburg in die Havel mündende Fluss Dossow. dessen Name entstellt zu 1238 belegt ist: fluvius, qui dicitur Massowe, in fluat in Obułam; 1772 Dosse. Wie in dem nachfolgenden gleich lautenden Ortsnamen handelt es sich fraglos um eine Erweiterung von Dos(s)- durch das germanische *awjō als abgeleitetes ov. Diese Endung steht für Au, Wasserland, Wasser oder Insel.
Der Ortsname Dossow benennt einen Ort an der Dosse im Kreis Wittstock, der 1273 als Dosse und 1325 als major Dossa bestätigt wird. Die Endung - ow ( - ov) kommt infolge Analogie zu den häufigen Ortsnamen mit -ow im deutschen Sprachraum erst im 16. Jahrhundert auf und leitet sich wiederum vom germanischen *awjō ab. Das Toponym war die Bezeichnung einer Wüstung südlich von Oranienburg: 1412 daz halp dorff dosszow.
Die böhmische Stadt Doxan mit seinem gleichnamigen Kloster. Es wurde in noch älterer Zeit nur Dogsan geschrieben.Tatsächlich leitet sich dieser Name vom Kloster Doxan ab, dessen Name sich wohl vom indogermanischen dʰōigᵘ für "ans Kreuz Geschlagener" ableitet - ein Name der das Kloster als Ort des Gekreuzigten beschreibt!
Für Kunstmann stellten sich diese Dossenamen im Havelland als einmalig dar und doch versuchte er den "slawischen" Hintergrund mit ähnlichen Namen anderen Ortes zu untermauern. Parallelen in Form mehrerer vom Grundwort Doks- bzw. Dox- gebildeter Ortsnamen fand er etwa in Nordböhmen. Sie befinden sich überwiegend auf dem Gebiet zwischen Roudnice an der Elbe und an der Eger: Außer Doksany nordwestlich von Roudnice gehören dazu Doksy (deutsch. Hirschberg) nö. von Dubâ (dtsch. Dauba) sowie Doksy nw. von Unhost, westlich von Prag. Der Wortsippe nahesteht sehr wahrscheinlich auch Duchcov (dtsch. Dux), alttschechisch Tockczaw (1240). Profous führte diese Namen auf vorslavisches dokz- zurück, und auch Flajshans hielt das Grundwort für nichtslavisch, was im Endeffekt nur eine germanisch-indogermanische Herleitung bestätigt.
Der richtigen etymologischen Deutung soll nach Kunstmann erst E. Schwarz nahegekommen sein, der dokz - mit dem "venetisch-illyrischen" Wort daksa ,Wasser, Meer' zusammenbrachte. Nach Schwarz konnte eine "vorkeltische" Form daksa für idg. adoksa in Böhmen und Mitteldeutschland ״entweder direkt ־ wenn das Vorkeltische noch im 6. Jhd. gesprochen worden sein sollte ־ oder durch germanische Vermittlung den im 6. Jhd. einwandernden Slawen übermittelt werden..." Doch genau hier muß berichtigt werden, denn es gab weder Illyrer, Kelten oder "Slawen", sondern nur alteuropäische Stämme eines ursprünglich einzigen Sprachraumes. Gegen Schwarz argumentierte deshalb schon Bilek (1960), dass es in Brandenburg keine illyrischen Siedlungen gegeben habe, was wieder der DDR Slawist Fischer für nicht stichhaltig hielt, da die strittigen Namen zu den sog. alteuropäischen Gewässerbezeichnungen, also zu einer vorindogermanischen Schicht zu rechnen seien. Dosse wäre damit sogar urindogermanischer Herkunft, was damit klar der Asenzeit entstammt.
Auf der Suche nach einer befriedigenden "slavischen" Herleitung sah Kunstmann sogar Beispiele im nordwestlichen Russland, was insofern interessant ist, dass dieser Großraum immer wieder seit der Vorzeit bis zur Wikingerzeit von skandinavischen Verbänden (Svear, Goten, Waräger) durchdrungen wurde. Nicht zu vergessen die halblegendären Ynglinge, die sich namentlich grundsätzlich auf Yngvi alias Freyr (!) beziehen.
Die von Doks- oder Dos- gebildeten brandenburgischen Namen finden sich nach Kunstmann im ON Dokśicy, poln. Dokszyce, Kr. Borisov (Gouv. Minsk), heute Rayonhauptstadt der Region Vitebsk wieder. Der Name Dokśicy, poln. Dokszyce, wiederholt sich gleich zweimal in diesem Großraum, zum einen heißt so ein Gut im Kreis Vilejka, Gouv. Wilna, zum anderen ist es ein Gutsname bei Wilna. Dieser Namensippe gehörte nach Kunstmann auch der Ortsname Doksina (Burakovo). Kr. Kirillov, Groß Novgorod an. Interessanterweise gibt es dazu im Kreis Režica. Gouv. Vitebsk, noch einen Bach namens Dassa, der dem brandenburgischen Hydronym Dosse auffallend ähnlich ist. Für Kunstmann sind diese Beispiele alles Belege, dass eine germanisch-indogermanische Herleitung so nicht möglich wäre. Und wie der Titel seines Buches schon vermittelt, stammen alle diese Namen von den "Balkanslaven", doch auch diese These begründet Kunstmann mit einer indogermanischen Herleitung: Nach Mayer geht die Grundform dažā für Meer' auf das indogermanische ed(h)eg(h) zurück. Aus dem Illyrischen soll sich damit auch die Vielfalt der Formen erklären, weil Dox-, D oss- und Dos dort alles das gleiche bedeuten würden. Das illyrisch-epirotische Wort dakšā spiegelt sich deshalb noch heute im Namen der nördlich von Dubrovnik am Kanal liegenden Insel Daksa wieder, die in mittelalterlichen ragusanischen Urkunden auch Daxa oder Axa hieß.
Die Insel Daksa - auch ihr Name dürfte sich nur von einem ehemaligen Kloster ableiten: das Franziskanerkloster der Heiligen Sabina von 1281 – eines der ältesten in der Gegend um Dubrovnik und einst Treffpunkt für Gläubige aus ganz Europa. Im 2. Weltkrieg wurde die Insel eines bestialischen Kriegsverbrechens durch Titos Partisanenbanden, die auf der Insel 300 kroatische Zivilisten ermordeten
Am Ende seiner Dosse-Laudatio versuchte sich Kunstmann auch an einer illyrischen Herleitung der germanischen Dasswāriōs. Dabei stellte er die These auf, dass die Dasswāriōs mit dem illyrischen Stamm der Dassaretae identisch wären. Die Dassaretae waren tatsächlich einer der bedeutendsten Stämme auf dem Balkan, dessen Siedlungsgebiet sich von der Stadt Lychnidos am gleichnamigen See bis zur Stadt Antipatria am unteren Apsos erstreckte. Im ostelbischen Havelland hätten nur diese illyrischen Doksjane oder Dokšane, die Dosse nach sich selbst benannt, wovon sich später auch der Gauname Doxani abgeleitet hätte.
Der Heidenstein von Niederschwörstadt - er ist ein Zeugnis der Asenzeit vor 5000 Jahren. Zieglhar, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-4.0
Damit kommen wir am Ende zu einem Ort in Baden-Würtemberg, der die illyrische Herleitung Kunstmanns dem Boden entzieht. Name: Dossenbach, ein heutiger Ortsteil der Schwörstadt. Wir erinnern uns an die Dasswāriōs, deren Namensbestandteil swāriōs, auf das germanische swarō für Schwur zurückgeht. Dossenbach wurde zwar erstmals 1247 erwähnt, doch er weist megalithische Artefakte vor, wie etwa den "Menhir von Dossenbach" oder den "Heidenstein (Lochstein) von Niederschwörstadt" aus einer Zeit um 3000 v.Chr. Damit stammen diese megalithischen Zeugnisse aus der Asenzeit, was im Umkehrschluss erneut eine indogermanische Herkunft des Namens Dosse untermauert. Und zwar ausschließlich im Sinne eines Wolfsbezugs zu Odin.
Primärquelle: Kunstmann, Beiträge zur Geschichte der Besiedlung Nord- und Mitteldeutschlands mit Balkanslaven Wikipedia
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20.03.2021 17:09 (zuletzt bearbeitet: 21.03.2021 15:46)
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