Wendische Zamzizi

Wer bewohnte im 10. Jahrhundert wirklich Ostelbien? Diese Frage beantworten Systemhistoriker heute nur mit "westslawischen Stämmen" und haben mittlerweile einen Berg an Literatur angehäuft, der diese Antwort belegen soll. Dabei werden auch keinerelei übergeordnete Zusammenhänge hergestellt und konsequent die tatsächlichen Sprachen Ostelbiens durch "slawischen" Kunstsprachen ersetzt. Wo auch immer irgendein vermeintlicher Stammesname während christlicher Missionsunternehmen festgehalten wurde, gilt er heute als "slawisch". Wie dieser Name tatsächlich zu übersetzen, vermittelt der Zeitraum und wer ihn festgehalten hat. Dieser schrieb ihn in seiner Sprache nieder, weshalb die meisten dieser Namen grundsätzlich Fremdbezeichnungen sind.

Zu diesen Komplex gehört auch der Name der Zamzizi, die man im gleichen Großraum rund um den Ruppiner See auch als Zemzizi festhielt. Nach der Wikipedia werden beide vermeintliche Stämme den Wenden zugeordnet, womit diese Leute (=Lutizen, Liutizen) sich aus teilweise schon christianisierten und wieder dem Heidentum Zugewendeten (=Wenden) zusammensetzten. Vor 983 war Ostelbien größtenteils schon christianisiert, doch die wie in Havelberg oft geknechteten Ostelbier hatten ihre alten Ahnenkulte noch lange nicht vergessen. Mit dem Zusammenbruch der ottonischen Herrschaft in Ostelbien kehrten sie wieder zu ihrem alten Glauben aus der Asenzeit zurück.


Im Vordergrund die Insel Poggenwerder, wo ab Ende des 9. Jahrhunderts die ehemalige Befestigungsanlage der Zamzizi ("Unterjochten") stand. Als "Ruppiner" sind sie germanisch mit Plünderer zu übersetzen, die von ihrer Burg aus das Umland unsicher machten. Nach ihnen ist auch der See und die heutige Stadt benannt.

Aus einer Urkunde des Jahres 948 geht hervor, dass die Zamzizi das Ruppiner Land bewohnten, wobei ihr Siedlungsschwerpunkt rund um die Ruppiner Seenkette lag: der Tornowsee, Zermützelsee, Ruppiner See, Bützsee und andere. Diese einzige Urkunde geht also auf eine Zeit zurück, wo Ostelbien zwar von ottonischen Missionen durchdrungen wurde, doch die neue Religion sich nur innerhalb erster Kirchen und Klöster entfaltete. Betrat man noch den nahen Urwald, um die Herrschersitze führender ostelbischer Clans aufzusuchen, wurde dort weiter die uralten Ahnenkulte (Götzenkulte) praktiziert.

Ob nun Zamzizi oder Zemzizi, beide Namen werden bisher "slawisch" von "zem", "zemlja", "země" für "Land" oder "Boden" hergeleitet, obwohl man sich nicht einmal die Mühe machte festzustellen, ob der urkundliche Stammesname eine Eigenname oder eine Fremdbezeichnung ist. Dazu kommt noch, dass die ottonischen Schreiberlinge nicht nur das Lateinische verwendeten, sondern bis zur Elbe-Saalelinie das Althochdeutsche. In Ostelbien herrschten dagegen noch germanische Dialekte vor, die besonders an der südlichen Ostseeküste durch Wikinger-Clans vom Altnordischen durchsetzt waren. Für die sogenannten "Zamzizi" oder "Zemzizi" kommt deshalb nur eine Althochdeutsche Deutung in Frage, die dazu noch die damalige Zeit wieder spiegelt. So setzt sich der Name aus "zam" und "zizi" zusammen, wobei "zam" laut Althochdeutschen Wörterbuch mit "ans Joch gewöhnt" übersetzt wird! Das war 948, also genau zu jener Zeit, als die Ottonen Ostelbien schon unterworfen hatten. Das nachfolgende "zizi" lässt sich hingegen von "ziziohan" für auseinandergezogen oder verstreut herleiten, was das betreffende unterworfenen Land nur dünn besiedelt beschreibt.

Sinngemäß als Unterjochte beschrieben, handelte es sich bei den "Zamzizi" nicht um einen "slawischen" Stamm im Ruppiner Land, sondern nur um eine Beschreibung der Bevölkerung, die 948 dank geringer Kopfzahl kaum noch fähig war gegen ihre Unterwerfung Widerstand zu leisten. Und wie auch immer heute ihr vorgebliches Stammesgebiet beschrieben wird, um sie herum lebten die gleichen unterworfenen Ostelbier, die sich durch nichts von einander unterschieden. Sie alle sind Nachfahren suebischer Verbände, die immer wieder Durchzüge nordischer Krieger-Clans erlebten. Als ihre Nachbarn gelten die Dossanen, die offensichtlich immer wieder nordischen Zuzug erhielten und das Land an der Dosse mit ihrer Kriegerkaste kontrollierten. Im Norden saßen hingegen herulische Redarier und im Süden die Heveller - alle als Nachfahren früherer suebischer Verbände.

Spätestens seit dem Beginn des 10. Jahrhunderts wird das Machtzentrum der Zamzizi auf der Insel Poggenwerder im Ruppiner See verortet, wo sie eine wallartige Holzburg Ruppin unterhielten. Auf der vorgelagerten Halbinsel, dem Amtswerder von Alt Ruppin, entstand gleichzeitig mit der Burg eine befestigte Vorburgsiedlung. Sie war vermutlich stadtartig und von Handwerkern bewohnt; ein Abschnittsgraben trennte sie vom nördlichen Festland. Die Siedlung erreichte ihre Blütezeit im 11. Jahrhundert. Ähnlich der Anlage in Groß Raden war die Inselburg und die Vorburgsiedlung mit einer hölzernem Brücke verbunden. Man hält es für möglich, dass sich innerhalb der Inselburg der Tempel einer Gottheit befand. Spätestens um 1150 wurde die Inselburg Ruppin im Zuge des Wendenkreuzzuges (ab 1147) zerstört oder aufgegeben. Um 1200 wurde auf dem Amtswerder die deutsche Burg Ruppin errichtet, die zum Machtzentrum der Herrschaft Ruppin wurde.

Im Zusammenhang mit ihrem Hauptsitz stellt sich die Frage, ob der Ruppiner See Namensgeber der Burg ist, oder der See einfach nach der Burg benannt wurde. In Sachen Etymologie schweigt sich die Wikipedia komplett aus, offensichtlich konnte noch kein slawophiler Historiker etwas aus ihren glagolitischen Kunstsprachen herleiten. Schaut man jedoch in das Germanische Wörtbuch wird man nur dort fündig, denn der Name ist ziemlich eindeutig von "ruppjan" für plündern abgeleitet, was für die Zeit von 948 bedeutet, dass es keineswegs sicher war, einfach mal durch Ostelbien zu reisen. Wer es dennoch ohne entsprechenden Schutz riskierte, der musste wohl mit einem Überfall der "Unterjochten" rechnen.

Einen weiteren kultischen Mittelpunkt der Zamzizi bildete vermutlich der Burgwall Altfriesack am Bützsee. In dessen Nähe wurde die Figur eines Pfahlgottes gefunden, der aus Eichenholz geschnitzt als „Altfriesacker Götze“ bezeichnet wird. Ein weiterer Burgwall im Siedlungsgebiet war der Burgwall Treskow am Westufer des Ruppiner Sees.


Primärquelle: Wikipedia
Bild: http://ferien-am-ruppiner-see.de/umgebung.html

Der nordische Hintergrund von Altfriesacks Pfahlgottheit


Der Rest des Burgwalls von Altfriesack

Sagt uns schon die althochdeutsche Bezeichnung "Zamzizzi" für Unterjochte, dass wir im Ruppiner Land keinen "slawischen" Stamm vor uns haben, sondern verstreute Clans als Nachfahren suebischer Verbände, war man sich zum Beispiel im Burgwall Altfriesack nicht zu schade eine aufgefundene Holzfigur als "slawischen Götzen" zu bezeichnen. Der Burgwall war vom 9. bis zum frühen 13. Jahrhundert besetzt und diente angesichts der Namensdeutung von Ruppin einem größerem regionalen Clan einen gesicherten Rückzugsort für Überfälle auf Händler oder Missionierungsmissionen. Der nahe Ort Wustrau weist dabei auf den gleichen nordischen Namenshintergrund wie Wusterhausen an der Dosse oder Wusterhusen an der Ostsee. Der Name Altfriesack verdankt seinen Namen friesischen Kolonisten, die sich im 12. Jahrhundert nach dem Wendenkreuzzug ansiedelten.

Der Ruppiner und Altfriesacker Clan sind nicht die einzigen Clans in dieser damaligen Urwaldlandschaft gewesen und sich haben wohl nur in ihrer Aktivität unterschieden. Sie alle stammten wieder von suebischen Verbänden ab, die einst hauptsächlich über Elbe und Oder kommend, das Land dazwischen besiedelt haben. Dabei behielten sie bei ihren Wallbauten auf kreisförmigen Inseln, wie im altnordischen Raum die Rundform bei, was noch an den Herkunftsort ihrer Ahnen erinnerte.


Der Pfahlgott aus Altfriesack
Anagoria, Wikimedia Commons, CC-BY-3.0

Der sogenannte Pfahlgott von Altfriesack ähnelt von der Gesichtsform her dem Viborger Pfahlgott.


Der Pfahlgott aus Viborg
Stefano Bolognini, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Pfahlgottheiten sind insgesamt nur Beleg für die Anwesenheit germanischer Verbände, wie es etwa auch das sogenannte Götterpaar von Braak in Ostholstein belegt. Deutschland kennt inzwischen sieben Fundorte germanischer Pfahlgottheiten, wozu jedoch auch der von Altfriesack zwingend hinzugezählt werden muss. Dazu kommen noch neun Fundorte in Dänemark und zwei in Schweden, was Altfriesack ziemlich allein stehen lässt, wenn man hier ausgerechnet auf einen erlogenen "Slawen"-Hintergrund beharren würde. Nur in Ralswiek und Groß-Raden behauptet man noch "slawische" Pfahlgottheiten vor sich zu haben, obwohl beide Orte in engem Kontakt zu Wikingern standen.

Tacitus behauptete, die Germanen hätten weder menschengestaltige Götterbilder beziehungsweise Idole noch ein Bedürfnis nach diesen. In seiner Germania beschreibt er jedoch abweichend, dass beim Nerthuskult durchaus ein Idol, ein Götterbild Verwendung fand: „Außerdem meinen sie, dass es der Größe der Himmel nicht würdig sei, die Götter in Wänden einzuschließen oder auch nur im entferntesten dem menschlichen Aussehen nachzubilden: Sie weihen die Lichtungen und heiligen Haine und sie rufen mit den Namen der Götter jenes Geheimnisvolle an, das sie in großer Verzückung betrachten.“

Der wahre Hintergrund verbindet sich jedoch mit einer heiligen Insel im Ozean. Tacitus: „Auf einer Insel des Ozeans ist ein heiliger Hain und darin ein geweihter, mit einem Tuch bedeckter Wagen. Berühren darf ihn allein der Priester. Dieser erkennt es, wenn die Göttin im Heiligtum ist und geleitet ihren mit Kühen bespannten Wagen in tiefer Ehrfurcht. Fröhlich sind dann die Tage, Feste an allen Orten, die die Göttin ihres Besuches und Aufenthaltes würdigt. Kein Krieg wird geführt, keine Waffen ergriffen, eingeschlossen ist jedes Schwert; aber Frieden und Ruhe kennt man nur, liebt man nur, bis derselbe Priester die Göttin, die des Verkehrs mit den Sterblichen satt geworden ist, ihrem Heiligtum zurückgibt. Hierauf werden Wagen und Tücher und, wenn man es glauben mag, die Gottheit selbst in einem einsamen See gewaschen. Den Dienst verrichten Sklaven, die auf der Stelle derselbe See verschlingt“

Wir können also sehr gut sehen, dass an den Seen im Ruppiner Land der Nerthus-Kult blühte, wofür man auch entsprechende runde Seeinseln als heilige Inseln nutzen konnte. Der germanische Begriff der Götterbezeichnung, Ase, von der gemeingermanischen Wurzel *ans, ansuz abgeleitet, hat die Bedeutung für Balken oder Pfosten, die auf das bestimmende Innenleben ihrer künstlichen Inseln weisen (Dilmun). Gastierte eine dieser Götterinseln vor der Küste oder in einem Süßwassersee, konnte man über ihr immer wieder eine Himmelssäule aus Dampf beobachten. Irminsul wurde davon ebenfalls abgeleitet. Deswegen ist auch eine namentliche Zuordnung dieser Pfahlgottheiten nicht möglich, wenn sie nur vergöttlichte Himmelssäulen darstellen.

Primärquelle: Wikipedia
Bild: https://deacademic.com/pictures/dewiki/6...Altfriesack.jpg

Wodans Land: Der Burgwall von Treskow


Auch dem Burgwall von Treskow im Landkreis Ostprignitz-Ruppin hat man eine "slawische" Herkunft angedichtet, nichts davon lässt sich nachweisen. Der Burgwall liegt südöstlich von Treslkow auf einer spitzen Halbinsel im Ruppiner See, womit sie sich von dort aus als "Unterjochte" sicher an den Überfällen der Ruppiner beteiligt haben. Bei der Anlage von Treskow handelt sich um den Burgstall einer Niederungsburg, wie sie auch an anderen Orten in Mitteleuropa entstand.


Man sieht nicht mehr viel vom Treskower Burgwall
RonnyKrüger, Wikimedia Commons, CC0

Ihr ovales Burgplateau von etwa 80 m Durchmesser ähnelt den nordischen Rundlingen in Skandinavien und bestätigt wieder nur, dass die herrschenden Kriegerkasten Stämmen entstanden, deren Vorfahren schon seit Asenzeit im ostelbischen Raum siedelten. Die Burgreste sind heute nur in den kälteren Jahreszeiten zu erkennen, im Sommer ist die Gegend hingegen stark zugewuchert und schwerer zugänglich. Die einstige Wallburg liegt der Ortschaft Gnewikow genau gegenüber.


Die alte Kirche von Stöffin aus dem 13. Jahrhundert
Doris Antony, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0

Im Umkreis von Neuruppin entstand auch das Dorf Stöffin, das 1256 als Steuin erstmals erwähnt wurde. Es gehört zu den wenigen Orten im Ruppiner Land, von dem man eine "slawische" Namensherkunft behauptet. So versucht man den Orstnamen von einem "slawischen" Wort "Stavn" abzuleiten, was "am stehenden Wasser liegendes Dorf" bedeuten soll. Tatsächlich und das ist besonders bizarr, leitet sich der Name vom althochdeutschen "Stafn" ab, was mit wenden übersetzt wird! Es belegt zugleich, dass sich das Ethnonym Wenden von Umgewendete ableitet, wofür noch weitere Wörter damals verwendet wurden.


Wuthenow wurde erstmals 1319 als Wotenowe urkundlich erwähnt und geht auf Wodan (Wuotan) zurück!
Kuhwert, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0

Eine "slawische Ortschaft" soll auch Wuthenow an der Lanke gewesen sein, ein weiteres "slawisches" Dorf soll nahe der Grenze zur Gemarkung Neuruppin am Rande des Lankebergs existiert haben. Wuthenow soll zugleich das älteste Dorf des Ruppiner Landes sein. Der uralte Name geht über das althochdeutsche wuoten und altsächsische wōdian auf die höchste Gottheit Wotan (Wodan) zurück, die im Althochdeutschen als Wuotan belegt ist. Im Ruppiner Land wurde also nur Wodan alias Odin von den "Unterjochten" angebetet! Die Kirche von Wuthenow wurde übrigens auf dem Lankeberg errichtet, ein untrügliches Zeichen, dass sich hier zuvor ein Heiligtum oder Heiliger Hain Wodans befand. Gleichzeitig weist der in Europa mehrfach vorkommende Flussname Lanke weit in die Asenzeit zurück und dürfte sich noch von der kosmischen Stadt "Lanka" der Asen ableiten.

Primärquelle: Wikipedia