Die Gepiden

Wiederholt wird behauptet, die Ostgermanen hätten keinen Anteil an der Ethnogenese des deutschen Volkes gehabt. Aber von den Ostvandalen ganz abgesehen hatten die Ostgoten an der Stammesbildung der Bayern einen offenbar nicht ganz kleinen Anteil, was bereits mit den germanischen Besatzungstruppen der römischen Kastelle an der Donau um Regensburg begann. Der vermeintlich gotische Teilstamm der Gepiden hat mit einem größeren Anteil an der Entstehung des Neustammes der Siebenbürger Sachsen noch im hier betrachteten Zeitraum teilgenommen, sie sind nach 1945 und besonders 1989 zum größten Teil nach Deutschland zurückgekehrt und wurden damit Teil des historisch deutschen Volkes germanischer Abstammung.


Wie kein anderer Ort symbolisiert die Festung Weichselmünde, die Mündung der Weichsel in die Ostsee. Hinter ihr begann das früheste fassbare Siedlungsgebiet der Gepiden, was sich mindestens flussaufwärts bis Thorn ausdehnte.

Nach früherer Ansicht kamen die Gepiden aus Süd- bis Mittelschweden als ein Teil der Goten in das Weichselmündungsgebiet. Ihr Wohngebiet wurde nach der Trennung von den Goten Gepidojos genannt. Ob die Trennung von den Goten bei deren Abzug aus den Gebieten an der unteren Weichsel bis Thom und östlich davon in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n.Chr. stattfand und die Gepiden nach der gotischen Volkssage die zuletzt "mit dem dritten Schiff" gekommenen waren oder ob sie erst nach Räumung der gotischen Gebiete aus Schweden kamen, ist nicht sicher zu beantworten, aber die erste These fand früher wohl die meisten Anhänger. Der sogenannten Wielbark-Kultur gehörten beide Stämme schließlich gemeinsam an. Ihr Wohngebiet nach Abzug der Goten wird verschieden groß angegeben, zwischen Ostsee-Passarge-Neidenburg-Graudenz und Weichsel aber auch bis nach Thorn, zur Warthe und einschließlich Pommerns. Der Gaufürst, dessen Grab man in Pilgramsdorf bei Neidenburg fand, könnte Gote wie Gepide gewesen sein.

Der heutige Standpunkt über die Herkunft der Gepiden geht von einer Formierung der Gepiden erst im 3. Jahrhundert aus und sieht wegen fehlender Nachweise eine skandinavische Herkunft eher kritisch. Für die Vorfahren der Gepiden bedeutet das, dass ihr Ursiedlungsgebiet vermutlich immer an der unteren Weichsel lag. Hier muss zur Asenzeit wegen der Halbinsel Hela, Elbing und den Helvekonen das myhische Helheim als realer Ort befunden haben, dass heißt, es stand immer wieder ein Dilmun, als künstliche Schöpfungsinsel vor der Weichselmündung, dem die Ahnen der Gepiden entstammen werden. Dieser Hintergrund muss auf der bis heute nicht geklärten Namensdeutung der Gepiden berücksichtigt werden. Dessen ungeachtet ist eine solche Ahneninsel den Gepiden als "Gepidoi" bekannt gewesen, die sich vor der Weichselmündung befand. Es ist also vorstellbar, dass man diese künstliche Insel in den Überlieferungen zu einem Schiff umgedeutet hatte und angeblich nach den Goten ankam.

Die gebräuchlichsten lateinischen Schreibweisen des Gepidennamens lauten Gepidae, Gipidae, Gipedae, Gipides. In ähnlicher Weise verwendet prokopische Schrift auf Griechisch einen Stamm γηπαιδ-, der als Giped- transkribiert werden sollte. Trotzdem wurden die Gepiden mit den im altenglischen Widsith und Beowulf erwähnten Personen als Gifðas oder Gefþas gleichgesetzt. Diese Namen gelten als etymologisch äquivalente altenglische Formen der Gepidae, die nicht durch Entlehnung aus bezeugten lateinischen Formen entstanden sein konnten.


Krieger der Gepiden - Eine gemeinsame Herkunft mit den Goten lässt sich trotz Sage nicht nachweisen.

Obwohl Walter Goffart eingewandt hat, dass "mir keine ernsthaften Argumente zur Begründung der Identifizierung dargelegt zu sein scheinen", interpretieren Linguisten das "p" im Lateinischen und Griechischen als beleidigenden gotischen Spitznamen für die Gepiden. Zusätzlich zu den altenglischen Wörtern werden Ortsnamenbeweise in Italien und eine einzige mittelalterliche lateinische Genitiv-Pluralform "Gebodorum" verwendet, um anzuzeigen, dass das "p" in Wirklichkeit ein Frikativ war, der einem "b" ähnelte. Viele Linguisten rekonstruieren daher die ursprüngliche germanische Form als *Gíbidoz, basierend auf dem germanischen Verb "geben", wie es immer noch im Englischen (deutsch geben, niederländisch geven) zu finden ist, was anscheinend darauf hindeutet, dass sie sich selbst als begabt oder belohnt oder großzügig bezeichneten. Doch genau das unstimmig, so ist kein einziger Stammesname als Eigenename in Europa entstanden. Eigenenamen aus der Barbarenzeit beziehen zu großen Teilen auf dem Schöpfungsort ihrer Ahnen, leiten sich namentlich von den Clans und Kasten der Asenzeit ab und weisen noch Bezugshinweise zu bestimmten Asen auf, dem sie einst als Gefolge angehörten.

Die moderne Idee, dass der aufgezeichnete Name der Gepiden eine Beleidigung war, stammt von Jordanes im sechsten Jahrhundert, der in seiner gotischen Ursprungsgeschichte die Getica berichtete, dass der Name der Gepiden von gepanta kam, eine Beleidigung im Gotischen, die "träge, stoisch" (Pigra) bedeutet, weil die Gepiden hinter ihren gotischen Verwandten zurückgeblieben waren, als sie mehr als tausend Jahre zuvor migrierten. Eine solche Zeitdimension muss jedoch nur als unbewiesene Ausschmückung angesehen werden. Und die Herleitung von "Pigra" lässt sich in keiner bekannten Namensvariante bestätigen.

Auch die schräge Namensdeutung von Isidor von Sevilla wonach sich der Name lateinisch von "Füße" als pedestri ableiten würde und für "zu Fuß in die Schlacht zu ziehende" bedeutet, hat sich wegen einer lateinischen Herleitung an der Weichsel nicht durchsetzen können. Eine eigenständige Formierung an der Weichsel widerspricht auch Deutungen als Gētípaides für "Kinder der Goten (als Geatae)".

Am Ende bleibt wegen der Nähe zu den Venetern östlich der Weichsel nur ein Blick in das Indogermanische Wörterbuch, wo wir entsprechend den bekannten Namensformen einen Eigenenamen rekonstruieren können, der sich auf die Herkunft ihrer Ahnen an der Weichselmündung bezieht. Das indogermanische Kompositum *g̑ʰē-pī̆tu lässt sich zum Beispiel mit "trinkender Mund" übersetzen, oder als *g̑ʰē-poitu von Mund und Saft herleiten. Die Silbe *pōi steht im Indogermanischen sogar für Mundschenk und Trankmischer, was insgesamt von einer Herkunft aus einem Dilmun erzählen würde. Was fehlt ist noch der Beiname eines Asen, unter dem die Ahnenkontingente der Gepiden an der Weichsel angelandet wurden. Anbieten würde sich auf jeden Fall Pythius, als Beiname des Apollon (Horus). Diesen Name erhielt er als er das Schlangenungeheuer Python tötete. In wie weit sich das bestätigt ist noch unklar, es würde jedoch erklären, warum Goten und Gepiden gegeneinander Krieg führten, was zugleich gegen eine gemeinsame Herkunft spricht.

Primärquelle: Schröcke, Germanen - Slawen
Stiehler, Diener und Krieger
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Die Gepiden fallen in die römische Provinz Dakien ein

Es gibt wenig direkte Beweise für die ursprüngliche Sprache der Gepiden, aber sie soll eindeutig der gotischen Kultur entstammen, als die Römer über sie berichteten. Der byzantinische Schriftsteller Prokopius aus dem 6. Jahrhundert zählte die Gepiden in seinen Justinianischen Kriegen unter den "gotischen Nationen" zusammen mit den Vandalen, Westgoten und Goten auf, die "die gleiche Sprache, weiße Körper, blonde Haare und die arianische Form des Christentums teilen".


Die Region um Neidenburg gehört einst zum Siedlungsgebiet der Gepiden, bevor große Verbände unter König Fastida Richtung Dakien abwanderten.

Laut Jordanes beschlossen die Gepiden während der Herrschaft eines Königs namens Fastida ihr Siedlungsgebiet an der unteren Weichsel zu verlassen. Er behauptet, dass die Gepiden erst in den Süden zogen, nachdem die Goten bereits vor längerer Zeit umgezogen waren. Währenddessen besiegten sie die Burgunder und andere Stämme, wobei sie die Goten provozierten. Fastida verlangte Land von Ostrogotha, dem König der Westgoten, weil das Territorium der Gepiden "von schroffen Bergen und dichten Wäldern umgeben" war. Ostrogotha lehnte Fastidas Forderung ab und die Gepiden beschlossen die Goten "bei der Stadt Galtis, in deren Nähe der Fluss Auha fließt" anzugreifen. Sie kämpften ergebnislos bis zur Dunkelheit, als Fastida und seine Gepiden sich vom Schlachtfeld zurückzogen und in ihr Land zurückkehrten.


Hinter der Stadt Galtis wird die rumänische Stadt Galați vermutet, hier wurden dakische und römische Siedlungen entdeckt

Die Gepiden brachen im Jahre 248 aus ihren Wohngebieten südlich der Ostsee auf, durchzogen das von vandalischen Rasdingen bewohnte Gebiet, durchstießen die Karpaten wahrscheinlich im Duklapaß, durchzogen die Zips und drangen in die römische Provinz Dakien ein.

Kaiser Philipp (244-249) kämpfte gegen sie, Kaiser Darius entriß ihnen Norddakien im Jahre 250 wieder, schloss mit ihnen Frieden und überließ ihnen die nordsiebenbürgischen Kastelle. Diese Daten sind durch römische Chronisten gesichert. Sie widersprechen den von Kokowski mitgeteilten Daten zur Räumung der gotischen Sitze in Gothiskandza.

Den Gepiden gehörten jetzt die Gebiete nördlich der Theiß bis zum Theißknie nach Westen. Westlich von ihnen saßen die Vandalen und nordöstlich der Karpaten die Goten, die um 260 Siebenbürgen besetzten. Im Jahre 262 kämpften sie mit den Goten um Landbesitz in Siebenbürgen, unterlagen aber. "Die Gepiden waren das "schattenhafteste aller großen germanischen Völker der Völker der Völkerwanderungszeit", so der Historiker Malcolm Todd. Weder Tacitus noch Ptolemäus erwähnen sie in ihren detaillierten Listen der "Barbaren" im 1. und 2. Jahrhundert. Sie erscheinen erstmals im späten 3. Jahrhundert. Und zu diesem Zeitpunkt leben sie bereits im Großraum Dakiens, wo sie für den Rest ihrer bekannten Geschichte geblieben sind.

Nach der unzuverlässigen augusteischen Geschichte des Kaisers Claudius Gothicus waren Gepiden an der "skythischen" Invasion der römischen Provinzen auf der Balkanhalbinsel im Jahr 269 beteiligt; der Kaiser schlug sie in die Flucht. Andere aufgeführte waren Greuthungi, Ostgoten, Tervingi, Vesi, Peucini, Heruli und Kelten, letztere ist jedoch nur ein römisch-griechischer Oberbegriff für Barbarenvölker. Die gleiche augusteische Quelle sagt auch, dass Kaiser Probus, der zwischen 276 und 282 regierte, Gepiden, Vandalen und Greuthungi-Kriegsgefangene im Römischen Reich auf dem Balkan ansiedelte.

Um 290 misslang ein weiterer Versuch der Gepiden den Goten Siebenbürgen zu entreißen. In der 11. Panegyrik an Kaiser Maximian, die 291 in Trier gegeben wurde und auch das erste Mal ist, dass die Tervingi und Taifali erwähnt wurden, wird in dieser Passage eine Schlacht außerhalb des Reiches beschrieben, in der die Gepiden auf der Seite der Vandalen standen. Beide Stämme wurden zu dieser Zeit von Taifali und einem Teil der Goten angegriffen. Die Gepiden unterlagen dabei unter ihrem König Fastida. Der andere Teil der Goten hatte die Burgunder besiegt, die von Tervingi und Alemannen unterstützt wurden. Sie waren jedoch "weit genug von der kaiserlichen Grenze entfernt, um nicht in der Verona-Liste oder in der Geschichte von Ammianus oder Orosiuszu erscheinen".

Primärquelle: Schröcke, Germanen - Slawen

Die Gepiden während und nach der Hunneninvasion

Eine große Gruppe unterschiedlicher Völker aus dem Gebiet der Mittleren Donau überquerte den Rhein und fiel 405 oder 406 in das Römische Reich ein. Obwohl die meisten zeitgenössischen Quellen nur die Vandalen, Alanen und Sueben unter den Invasoren aufführten, nahmen laut Dem heiligen Hieronymus, der zu dieser Zeit in Bethlehem lebte, auch Gepiden an der Invasion teil. Nach einer wissenschaftlichen Theorie zwang die Westwanderung der Hunnen die Stämme zur Flucht aus dem Karpatenbecken Richtung Grenze des Römischen Reiches. Unabhängig von der genauen Abfolge der Ereignisse wurde der mittlere Donauraum in der Folge von Völkern aus dem Osten dominiert, die mit Goten und Hunnen in Verbindung gebracht wurden.


Schomlenmarkt - Auf dem neuzeitlichen Stadtgebiet muss eine Siedlung der Gepiden existiert haben.


Eine Goldkette aus dem Gepidenschatz aus Schomlenmarkt (Șimleu Silvaniei)

Jordanes berichtete, dass Thorismund, König der Ostgoten, der den Hunnen Untertan war, "einen großen Sieg über" die Gepiden "errang", aber in der Schlacht fiel. Jordanes' Bericht legt nahe, dass die Gepiden gezwungen waren, die Oberherrschaft der Ostgoten innerhalb des aufstrebenden Hunnenreiches zu akzeptieren. Ein Schatz an Goldjuwelen, der in Șimleu Silvaniei gefunden wurde, wurde in den ersten Jahrzehnten des 5. Jahrhunderts versteckt, höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit den Kämpfen, die mit der Unterwerfung der Gepiden unter die Hunnen endeten, so István Bóna. Nach ihrer Niederlage genossen die besiegten Gepiden wie die Ostgoten weitgehende politische Autonomie im Hunnenreich.

Die Gepidenkrieger kämpften in den nächsten Jahrzehnten auf der Seite der Hunnen. Laut Jordanes schätzte der Hunnenführer Attila den Gepidenkönig Ardaric und auch Valamir, den König der Ostgoten, "vor allen anderen Häuptlingen", die in den 440er Jahren unterworfen hatte, so Jordanes. Goffart, der skeptisch Jordanes hinterfragte, schlug vor, dass einige Beweise, einschließlich Überlieferungen von Attila darauf hindeuten, dass ihm Ardaric und die Gepiden wichtiger gewesen sein könnten, als die Ostgoten. König Ardaric war jedenfalls ein angesehener Teilnehmer im Rate Attilas. Nach Einfällen der Hunnen in das byzantinische Reich wurden die römischen Jahrgelder (1 röm. Pfund= 412,7 g Gold) von 350 Pfund Gold auf das Doppelte erhöht und nach weiteren Einfällen 441 auf das Dreifache und zusätzlich einmalig 6000 Pfund(= 2,5 t Gold), die Attila seinen Hilfsvölkern freigiebig weitergab.

Die Teilnahme der Gepiden an den Feldzügen der Hunnen gegen das Römische Reich brachte nicht nur viel Beute ein, sie förderte auch die Entwicklung einer reichen Gepidenaristokratie. Besonders die isolierten Gräber aristokratischer Frauen aus dem fünften Jahrhundert zeugen vom Reichtum der Gepidenführer: Sie trugen schwere silberne Fibeln auf ihren Schultern, Perlenketten, silberne Armbänder, große goldene Ohrringe und silberne Verschlüsse an ihrer Kleidung und ihren Gürteln.


Die epochale Schlacht Attilas auf den Katalaunischen Feldern: Tausende von Gepiden kämpften auf der Seite der Hunnen

Eine riesige Anzahl gepidischer Krieger unter dem Kommando von Ardaric bildete 451 in der Schlacht in der Katalanischen Ebene den rechten Flügel des Hunnenheeres. Am Vorabend des Haupttreffens zwischen den verbündeten Horden trafen die Gepiden und Franken aufeinander, wobei letztere für die Römer und erstere für die Hunnen kämpften. Es blieben bis zu 15.000 Tote auf dem Schlachtfeld zurück, beide Seiten haben bis zur Erschöpfung gekämpft.


Das Gepidenreich im 6. Jahrhundert, östlich davon behaupten sich ostvandalische Stämme

Attila der Hunne starb unerwartet im Jahr 453. Konflikte unter seinen Söhnen entwickelten sich zu einem Bürgerkrieg, der es den unterworfenen Völkern ermöglichte, sich in mehreren Aufständen zu erheben. Laut Jordanes war es der Gepidenkönig Ardaric, der "wütend wurde, weil so viele Stämme wie Sklaven in den untersten Kasten behandelt wurden", der erste, der gegen die Hunnen zu den Waffen griff. Die entscheidende Schlacht wurde 454 oder 455 am (nicht identifizierten) Fluss Nedao in Pannonien ausgetragen, der ein Nebenfluss der Save sein soll. In der Schlacht schlug das vereinte Heer der Gepiden, Rugier, Sarmaten und Sueben die Hunnen und ihre Verbündeten, einschließlich der Ostgoten, die nach der Meinung einiger dieser Schlacht sogar fern geblieben wären. Es waren die Gepiden, die die Führung unter den alten Verbündeten Attilas übernahmen und eines der größten und unabhängigsten neuen Königreiche gründeten. Dieses Gepidenreich hatte für mehr als ein Jahrhundert Bestand. Das gepidische Dacien wurde seitdem Gepidia genannt. Ihr Reich umfasste zunächst Siebenbürgen, Oltenien, Banat, als Westgrenze die Theiß und nördlich die Zips.

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Das Gepidenreich bis zu seinem Untergang

Die Schlacht an der Nedao gilt in der Geschichtsforschung als eine der großen europäischen Entscheidungsschlachten gegen asiatische Einfälle. Die Goten, die vermutlich auf der falschen Seite, der der Hunnen, gekämpft hatten, zogen nach Pannonien ab, das die Vandalen zu ihrem Zug nach Gallien verlassen hatten. Die Reste der Hunnen kehrten in die Gebiete östlich des Dnjepr und des Don zurück, nachdem sie von dem Gotenkönig Valamir in Pannonien nochmals geschlagen worden waren. Zuvor hatten im Jahr 468 die letzten Hunnenhorden unter Atillas Sohn Dengizich die Stadt Bassianae belagert und verwüstet, wurden jedoch von heraneilenden Ostgoten unter Valamir angefallen und aufgerieben.

Die Römer schlossen derweil mit den Gepiden einen Freundschaftsvertrag, der 100 Jahre eingehalten wurde. Nachdem die Goten im Jahre 473 aus Pannonien nach Oberitalien gezogen waren, kam Pannonien mit Sirmium unter gepidischen Einfluß, und dieses wurde Sitz von gepidischen Königen bis Theoderich 504 Sirmium wieder eroberte.


Klausenburg mit Bewohnern in alten Trachten - Im 6. Jahrhundert gehörte die Region zum Gepidenreich

In diesem großen Reich besiedelten die Gepiden die Gebiete östlich der Theiß, nördlich der Marosch und westlich des Römerwalles. Am Ende des 5. Jahrhunderts gelangten auch gepidische Clans nach Siebenbürgen. In der Nähe von Klausenburg wurden gepidische Reihengräber und goldreich ausgestattete Fürstengräber (Apahida) gefunden, deren kulturelle Ähnlichkeit mit dem Grab des Frankenkönigs Childerich (t 481) auffällt, was die Bindungen zwischen den germanischen Volks- und Fürstengruppen erkennen lässt. Auch einige Spangenhelme, Kennzeichen höchster militärischer Führung, wurden gefunden. Ebenso sind die Kulturhinterlassenschaften der gepidischen Reihengräber denen aus der fränkischen Merowingerzeit ähnlich.

Besonders kennzeichnend sind die prächtigen Gürtelschnallen mit Adlerkopf sowie die Maskenfibeln, Fibeln, deren Fußteil in eine männliche Maske ausläuft. Der erste Tierstil erreichte die Langobarden wie die Gepiden um die Mitte des 6. Jahrhunderts besonders als Fibelschmuck. Die im Gegensatz zu den kriegerischen Goten friedliebenden Gepiden setzten sich schon unter den Hunnen ein einzigartiges Denkmal mit einem 405 vergrabenen Schatz mit einer Goldkette, die als kleine Anhänger Werkzeuge für Ackerbau, Viehzucht, Holzarbeit, Schmiede-, Schuster- und Waffenhandwerk sowie Schifferei enthält.


Auch die Steinsalzvorkommen bei Thorenburg (Turda) gehörten einst den Gepiden. Zuerst wurde der Ort von den Dakern Patreuissa genannt.

Dass die Gepiden aus ihren Wohnsitzen östlich der Theiß Innersiebenbürgen besetzten und besiedelten, ist wahrscheinlich mit der Verfügung über die dort unmittelbar an der Erdoberfläche anstehenden Steinsalzvorkommen von Thorenburg (Turda) und Salzburg (Ocna Sibiului) begründet. Ob das Gold der Gepiden aus den bereits von den Dakern und Römern ausgebeuteten Goldvorkommen im Siebenbürgischen Bergland (Bihargebirge) stammt, ist fraglich, dann müssten die Goldfunde der Gepiden wesentlich reicher gewesen sein (J. Bona 1976).

Die Gepiden wurden etwa gleichzeitig mit den Goten Arianer. Sie übten jedoch schon vorher die vereinzelte Körperbestattung und gingen nach 450 zur Reihengräberbestattung über. Sie hielten am Ritus der Grabbeigaben fest bis in die Zeit ihrer Unterwerfung durch die Awaren, als sie sicherlich die oberflächliche Christianisierung wieder abgestreift hatten.

Im Jahre 546 überließ Kaiser Justinian den Langobarden das ehemals gotische Pannonien mit Sirmium, das die Gepiden 539 wieder in ihren Besitz gebracht hatten. Das führte zu einem ersten langobardisch-gepidischen Krieg, dem 552 und 565 zwei weitere verlorene Kriege folgten. Nach einem Sieg der Gepiden entstand mit den inzwischen bis östlich zu den Karpaten vorgedrungenen Awaren ein langobardisch-awarisches Bündnis, das 568 mit Angriffen beider zum Untergang des Gepidenreichs, zur Räumung Pannoniens durch die Langobarden, deren Zug nach Oberitalien und zur Ausdehnung der Awarenherrschaft über ganz Dacien und Oberpannonien führte. Sirmien besetzten die Oströmer.

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Der weitere Weg von Gepiden-Verbänden

Ein Teil der Gepiden, vor allem der aus Unterpannonien, zog mit den Langobarden nach Oberitalien und wurde dort angesiedelt. Sie wurden noch von Paulus Diakonus erwähnt. Die Hauptmasse der Gepiden blieb in ihrem Wohnsitz östlich der Theiß und mußte den Awaren Kriegsdienste leisten. Aus Firtuseni in Siebenbürgen stammt ein vergrabener Münzschatz mit der Schlußmünze aus dem 7. Jahrhundert. Auch Reihengräberfriedhöfe der Gepiden sind aus Siebenbürgen noch aus der Mitte des 7. Jahrhunderts bekannt.


Göding in Mähren - Die Gegend wurde nach dem Abzug von Langobarden von Ostvandalen und möglicherweise Gepiden besiedelt

Aus Ortsnamen konnte erschlossen werden, dass sich Teile der Gepiden in die Gebirge zurückzogen. In die leergewordenen Gebiete drangen die Ostvandalen ein. Nachdem mit dem Abzug der Langobarden aus Böhmen und Mähren dort sich Ostvandalen niedergelassen hatten, begann in Mähren und speziell in Mikultschitz bei Göding wieder eine germanische Nachwanderung als Herrschaftsschicht in Erscheinung zu treten, welche dann bruchlos in das Großmährische Reich mündete. Dabei deuten Fundzusammenhänge auf die Gepiden hin. Es besteht also die Wahrscheinlichkeit, dass Teile der Gepiden vor den Awaren nach Mähren ausgewichen sind.


Debrecen entstand aus einer gepidischen Siedlung

Um die Zeit des Beginns der vorgroßmährischen Entwicklung in Mähren um 650 brechen viele gepidische Gräberfelder in ihrem bisherigen Wohngebiet östlich der Theiß und nördlich der Marosch ab. Aus dem Bihargebirge kamen sie Arpad bei seiner Eroberung Ungarns entgegen, unterwarfen sich ihm und wurden bei Heereszügen als Vorhut verwendet.

Die erste Schwächung der awarischen Macht erfolgte mit der mit gepidischen Hilfstruppen fehlgeschlagenen Belagerung von Konstantinopel im Jahre 626. Eine weitere waren die Siege Samos über die Awaren. Um 650 konnten die Gepiden die Ostvandalen mit Billigung der Awaren vernichtend schlagen und nach Westen vertreiben. Der Kern der frühawarischen Siedlungen lag im Donau-Theiß Zwischengebiet. Sie beherrschten den Donauraum bis Wien, jedoch nicht den nördlich der Donau und zogen nach den Niederlagen sich bis zur Raab zurück.


Östlich der Theiß befand sich ohne Zweifel das größte zusammenhängende Siedlungsgebiet der Gepiden

Nach 670 dehnten sie jedoch ihr Herrschaftsgebiet nach Niederösterreich, Südmähren bis in die Südslowakei aus. Dabei sind wahrscheinlich Teile der Gepiden mit nach Westen umgesiedelt worden, die dann nach weiteren Umsiedlungen in der Diaspora ihr Volkstum verloren.

Nach den Siegen Karls des Großen über die Awaren vernichtete 802 der Bulgarenkhan die Awarenreste, und gepidische Teilfürsten aus dem Raume östlich der Theiß unterstellten sich diesem. Erst mit dem Einbruch der Ungarn kurz vor 900 wurde die bulgarische Oberherrschaft beseitigt. Der erste ungarische Chronist (Anonymus) erwähnt aus Dacien Gaufürsten mit germanischen Namen.

Noch 300 Jahre nach ihrer Unterwerfung durch die Awaren ist in der Chronik des Salzburger Erzbistums 871 bekannt, "dass die Hunnen Römer, Goten und Gepiden vertrieben. Von den Gepiden wohnen noch welche dort." (J. Weidlein 1985).

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Die letzten Gepiden

Nach den Siegen Karls des Großen berichtete der Mönch Bernhard von Kremsmünster: "Karl... unterwarf den Teil Pannoniens von der Enns bis zur Raab mit seinen Ostrogoten [=Gepiden], die dort wohnten und schlug ihn zu Bayern.". Es wurde eine Präfektur des Ostlandes eingerichtet mit der Grafschaft Traungau, der Grafschaft zwischen Enns und dem Wiener Wald, dem von eigenen Fürsten weiterregierten Karantanien und einem awarischen Fürstentum in Oberpannonien. Im Jahre 803 wurde diese Präfektur von Bayern getrennt und selbständig.


War zuerst nur als Odinsburg bekannt: Ödenburg (heute Sopron)

Die Gepiden halfen mit, sich von den Awaren zu befreien. Nach ungarischen Ausgrabungen wohnten am Ende der Awarenzeit in der Plattenseegegend Germanen, Ostvandalen und sogenannte Romanen (Abkömmlinge spätrömischer Familien-Clans). Dieses Gebiet wurde mit Siedlern aus dem Frankenreich versehen. Dort sind germanische Ortsnamen wie Ödenburg ( = Odinsburg) und Pressburg (Prezlasburg) germanisch weitergegeben worden, d.h., dort wohnten noch Reste von Germanen, etwa der Langobarden.

Die germanische Kontinuität im westlichen Dacien beleuchtet auch der Bericht des Passauer Bischofs Pilgrim von 974 nach Rom, dass es noch sieben Bistümer in Mähren und vier Bistümer gab, die zum vormaligen Erzbistum Lorch gehörten. Damals neu angelegt wurden Orte wie Moosburg, Wieselburg, Güns, und andere. Die karolingische Herrschaft wurde noch über die Theis nach Osten ausgedehnt bis zu dem großen spätantiken Grenzwall. ln dieses Gebiet wurden die Gepiden aus Pannonien wieder rückgesiedelt.


Kobersdorf im Burgenland wurde schon als Kundpoldsdorf identifiziert

Aus diesem Transdanubien sind Dorfnamen wie Kundpoldsdorf, Reginiwardsdorf u.a., die 860 aufgezeichnet wurden, bekannt, die auch die ungarische Landnahme überstanden. Die fränkischen Reichsannalen für 822-825 berichten aus Dacien in dem Donaugebiet von Praedenecentern in der Nachbarschaft der Bulgaren, die 822 den Reichstag besuchten, d.h., ihre Stammesabgesandten erschienen dort. Das Wort wird als "Breitenbewohner" gedeutet. Das sind wahrscheinlich die dort ansässigen Gepiden gewesen. Auch Paulus Diakonus berichtet von Gepiden im alten Siedlungsgebiet.


Auf gepidischem Siedlungsgebiet entstanden: Szentes

Bei der ungarischen Landnahme kam dem ungarischen Stammesfürsten Ösbö 896 beim Überschreiten der Theiß bei Szentes 60 km nordöstlich von Szegedin ein Volk entgegen und schloss sich ihm an, das vom ersten ungarischen Chronisten Anonymus Sikuli genannt wurde. Das war im alten Siedlungsgebiet der Gepiden. Der Stammesname Szekler stammt vom germanischen Sekel und entwickelte sich lautgesetzlich aus dem gotisch-gepidischen Sakuleis = Kämpfer. Der letzte bekannte Stammesführer der Gepiden war in ungarischen Chroniken Ajtony, verdeutscht Achtwin, aus dem Siedlungsgebiet südlich der Kreisch. Er widersetzte sich Stephan dem Heiligen (996-1038) und der ungarischen Landnahme und wurde von Stephan 1003 besiegt. Die Szekler werden in einer Urkunde König Roberts von 1329 als "hospites Hungarorum" bezeichnet. Da hospites Angehörige anderer Rechtsordnungen sind, müssen sie damals noch als Stammesorganisation anerkannt gewesen sein (W. Knopp 1991).

Auf ehemalige Wohnsitze der Szekler weisen ungarische Ortsnamen wie Szakul, Szokoly, Sokol, Sekul, Sekal hin. Die Szekler wurden als Grenzwächter gegen Osten vor den Karpaten angesiedelt und waren im 12. Jahrhundert als solche in Westungarn und zwischen March und Waag bekannt. Dort gibt es den Ortsnamen Sekely (Sekelsdorf) und in der Zips Szekelyfalya. Sie wurden weitgehend madjarisiert.


Begreifen sich heute als ungarischer Volksteil: Die Szekler, die gepidische Wurzeln haben

Jedoch unter König Geisa Il. kamen bei der Ansiedlung der Siebenbürger noch beträchtliche Reste mit ihrer gepidisch-gotischen Sprache hinzu, nach Schätzungen 40%. Es müssen also damals noch Gebiete mit geschlossener Besiedlung bestanden haben, die das Weiterbestehen ihres Volkstums ermöglichten. Bei der Landzuteilung an den Deutschen Orden im Burzenland bei Kronstadt um 1210 wurden die Szekler von dort in die Ostkarpaten umgesiedelt. Im Großfürstentum Siebenbürgen (1541-1848) bildeten die Szekler neben Ungarn und den Siebenbürgener Sachsen eine eigene "Nation", d.h. einen Teilstaat unter eigener innerer Hoheit.

Noch nach 1200 sind die Gepiden bei damaligen Chronisten bekannt. 1180 werden von Bischof Eustathios von Thessaloniki die Mitglieder der Delegation der Siebenbürgener Sachsen zum Begräbnis Kaiser Manuals als Gepiden bezeichnet, und der ungarische König Bela III. (1172-1196) wird vom byzantinischen Chronisten Niketas Choniates (1155-1215) als König der Gepiden benannt. Auch Chronisten des 15. und 16. Jahrhunderts sind die Gepiden nicht unbekannt. E. G. Piccolomini, als Papst Pius Il. (t 1466) Begründer der humanistischen Kosmographie, schreibt, dass die Zipser Sachsen Nachfolger der Gepiden seien. Magister Johannes Carion schrieb in seiner damals weitverbreiteten Weltgeschichte, 1532 in Wittenbergerschienen (Chronikon Carionis), in einer der vielen deutschen Übersetzungen: "Denn ich zweifel die Siebenbürger seien noch von den Dacern und alten Gotten her/des Orts übrig blieben/ und lassen mich duenken/daß sich auch die Einwohner in Oberpannonia so Deutschen gewesen sind/ zu ihnen damals geschlagen haben/als sie von den Hunnis vnd Auris vertrieben und neue Sitze zu suchen gedrungen wurden" . Von dort stammt die durch seine Vorlesungen an der Wittenberger Universität bekannt gewordene Ansicht Melanchtons (t 1560): "Ich halte die Daker; die Siebenbürger heißen und eine germanische Sprache sprechen, für alte Überreste des gotischen Volkes."

Primärquelle: Schröcke, Germanen - Slawen