Das Vorspiel 991 - Die Schlacht von Maldon

Nach dem Tod des Wikingerkönigs Erik Blutaxt von York blieb England über Jahrzehnte weitgehend von skandinavischen Überfällen verschont. Zwischen Angelsachsen und dänischen Siedlern in Ostanglien entwickelten sich sogar friedliche und fruchtbare Beziehungen.

Für Unruhe sorgten hingegen die innenpolitischen Entwicklungen, so als König Edgar versäumte, einen Nachfolger zu bestimmen und bei seinem Tod 975 Streit darüber entbrannte. Sein etwa 14-jähriger Sohn Edward gelangte schließlich als Edward der Märtyrer (975-978) auf den Thron, fiel aber schon bald den Kabalen seiner Stiefmutter zum Opfer. Deren Männer ermordeten den jungen König auf ihr Geheiß, um den Weg für ihren Sohn Ethelred II. freizumachen. Als Ethelred the Unready oder zu deutsch Ethelred der Unberatene oder Unvorbereitete hat er alles andere als ruhmreich agiert. So sah er sich binnen kurzem wieder mit Wikingerüberfällen auf die südenglische Küste und andere Gebiete konfrontiert.


König Ethelred der Unvorbereitete (966-1016) - Die Dänen übersetzen seinen Namen etwas anders: Ethelred der Verwirrte

Allerdings schienen diese neuen Überfälle der Tradition unkoordinierter Piratenzüge zu folgen, die man mittlerweile in den Griff zu bekommen glaubte. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Nachricht, die Engländer hätten die Halbinsel Cotentin angegriffen, aber schließlich sei ein Friedensvertrag zwischen König Ethelred und dem normannischen Herzog geschlossen worden. Der englische Hof vermutete folglich einige Wikingerstützpunkte an der normannischen Küste - wohl nicht ganz zu unrecht, denn Bevölkerung hatte zu dieser Zeit einen starken Zuzug aus Dänemark erhalten. Und dieser folgte alten Wikingertraditionen und überfielen die Küsten ihrer Nachbarn.

Um 990 änderte sich die Situation schlagartig, als an der Themsemündung eine skandinavische Flotte von 93 Schiffen auftauchte, die unter dem Oberbefehl des Norwegers Olaf Tryggvason stand. Wenige Jahr später sollte dieser kriegserprobte Heerführer Christ werden und schließlich als König seines Landes den Tod vor Rügen finden (1000), so die Vermutung heute. Jetzt aber, im August 991, versuchten Krieger seines einige tausend Mann umfassenden Heeres an der Küste von Essex (Ostsachsen) an Land zu gehen.


Die Schlacht bei Maldon

In der Nähe des Ortes Maldon sammelten sie sich auf einer Insel, die durch eine Furt mit dem Festland verbunden war. Hier trat ihnen der höchste königliche Beauftragte des Gebietes entgegen, ein alter und bewährter Krieger namens Byrhtnod. Sein Auftrag lautete, das Land zu verteidigen - obwohl er mit seinen Kriegern den Angreifern zahlenmäßig unterlegen war. Diese Situation barg klassischen Stoff für eine Heldengeschichte und in der Tat blieb mit dem altenglischen Lied Die Schlacht von Maldon ein Zeugnis davon erhalten. Byrhtnod und seine Angelsachsen stellten sich der Schlacht.


der angelsächsische Held Byrhtnod

Byrhtnoths Krieger mit Ausnahme der persönlichen Hauswächter, waren lokale Bauern und Dorfbewohner der Essex Fyrd Miliz. Er befahl ihnen, "Die Rosse wegzuschicken und vorwärts zu schreiten": Sie kamen auf Pferden an, kämpften aber zu Fuß. Die Wikinger segelten zu einer kleinen Insel im Fluss. Bei Ebbe hinterlässt der Fluss eine Landbrücke von dieser Insel zum Ufer; die Beschreibung scheint zu dieser Zeit mit dem Northey Island Damm übereingestimmt zu haben. Dies würde den Ort der Schlacht etwa zwei Meilen südöstlich von Maldon platzieren. Olaf Tryggvason wandte sich an die Sachsen und versprach, wegzusegeln, wenn er vom Herrn mit Gold und Rüstung bezahlt würde. Byrhtnoth antwortete: "Wir werden dich mit Speerspitzen und Schwertklingen bezahlen."

Mit Ebbe der begannen Olafs Truppen einen Angriff über die kleine Landbrücke. Drei angelsächsische Krieger, Wulfstan, Ælfhere und Maccus, blockierten die Brücke und griffen erfolgreich alle Wikinger an, die vorwärts drängten. Der Wikingerführer bat Byrhtnoth, seine Truppen zur formellen Schlacht an die Küste zu lassen. Byrhtnoth ließ im Ofermōde (Übermut) die feindliche Streitmacht zum Festland waten. Die Schlacht wurde aufgenommen, wo zunächst ein Engländer namens Godrīc auf Byrhtnoths Pferd vom Schlachtfeld floh. Godrīcs Brüder Godwine und Godwīg folgten ihm. Dann flohen viele Engländer, erkannten das Pferd und dachten, dass sein Reiter Byrhtnoth war, der floh. Nach dieser Demütigung besiegten die Wikinger die Angelsachsen, nachdem sie viele Männer verloren und Byrhtnoth getötet hatten. Nach der Schlacht wurde Byrhtnoths Leiche mit fehlendem Kopf gefunden, aber sein Schwert mit Goldgriff war immer noch bei seinem Körper.


Das Schlachtfeld bei Maldon heute

Vom Ruhm abgesehen, hatte die Niederlage von Maldon für die Engländer verhängnisvolle Konsequenzen. Denn König Ethelred zahlte nun doch die geforderten Tribute, die alle Lösegeldforderungen der bisherigen Wikingerzeit in den Schatten stellten. An bloßen Überfällen und Beute waren die Dänen kaum noch interessiert. Ihr Interesse waren Tribute, die als so genanntes Danegeld (»Dänengeld«) in enormer Höhe gefordert wurden - Jahr für Jahr, bis nach einem Vierteljahrhundert weit über 100.000 Pfund Silber gezahlt worden waren.

Derartige Summen brachten Raub- und Feldzüge ein, die großangelegte Flottenoperationen des dänischen Königs Sven Gabelbart (986-1014) waren. Ab wann er bei den Wikingerüberfällen seine Hand im Spiel hatte ist ungewiss. Ganz offenkundig trat er drei Jahre nach der Schlacht von Maldon in Erscheinung, als er gemeinsam mit Olaf Tryggvason eine fast hundert Schiffe zählende Flotte befehligte, in die Themse fuhr und London belagerte. Erst nach den üblichen Tributzahlungen zog er sich zurück.

Primärquelle: Krause, Die Normannen

Der blutige Sankt-Bricius-Tag

Nach mehreren Jahren mit hohen Tributzahlungen ergriff König Ethelred seinerseits die Initiative. Denn aus seiner Hilflosigkeit gegenüber den Danegeldforderungen erwuchsen innenpolitische Probleme. Immer mehr englische Adlige kritisierten den Herrscher wegen seiner Passivität. Daraufhin machte Ethelred die dänische Bevölkerung im Osten Englands als mutmaßlichen Verbündeten König Svens aus und entschied sich zu einem rigorosen Vorgehen: Im Herbst 1002 befahl er seinen Soldaten den Angriff.

Eine Chronik vermerkt: »Der König ordnete an, alle in England lebenden Dänen am Sankt-Bricius-Tag - dem 13. November - zu töten, weil er in Erfahrung gebracht hatte, dass sie sich verschworen hatten, ihn und seine Ratgeber umzubringen und sich sein Reich anzueignen.« Beweise für eine derartige Verschwörung lagen offensichtlich nicht vor, und die Dänen schienen an diesem Tag auch ohne Arg zu sein.


Bis heute unvergessen: Das Massaker am Sankt-Bricius-Tag

Ein späterer Chronist schildert ein dementsprechendes Szenario: »Jener Tag war ein Samstag, an dem es unter den Dänen üblich war, zu baden. Aber zur dafür bestimmten Zeit wurden sie erbarmungslos vernichtet, vom Niedersten bis zum Höchsten. Sie wurden weder nach Alter noch nach Geschlecht verschont, und selbst Engländerinnen tötete man, die sich mit den Dänen vermischt hatten, und ebenso die Kinder, die diesen üblen ehebrecherischen Verbindungen entsprungen waren. Einigen Frauen wurden die Brüste abgeschnitten, andere wurden lebendig in der Erde vergraben, und die Kinder wurden an Pfählen und Steinen zerschmettert.« Die Skelette von von 34 bis 38 jungen Männern, die 2008 bei einer Ausgrabung am St. John's College in Oxford gefunden wurden, könnten die einiger der Opfer gewesen sein.

Unter den Tausenden von Opfern soll sich auch die Schwester des dänischen Königs befunden haben. Ihr Ehemann Pallig Tokesen, der dänische Ealdorman von Devonshire, könnte ebenfalls bei dem Massaker ums Leben gekommen sein oder, nach einer anderen Version, eine Rolle dabei gespielt haben, dieses Massaker durch seine Teilnahme an den Wikingerüberfällen auf die englische Südküste mit provoziert zu haben. Sven Gabelbart hatte somit allen Grund zurückzuschlagen.


König Sven Gabelbart - ab 1002 erfolgten unter ihm Rachefeldzüge gegen England

Die "Chronik von John of Wallingford" (ca. 1225–1250) berichtet von Sven Gabelbarts Beteiligung an Überfällen auf England in den Jahren 1002–1005, 1006–1007 und 1009–1012, um das Massaker am Sankt-Bricius-Tag (St. Brice's Day) an den dänischen Einwohnern Englands im November 1002 zu rächen. Laut Ashley war Sven Gabelbarts Invasion teilweise durch das von Ethelred dem Unvorbereiten im Jahr 1002 angeordnete Massaker an den in England lebenden Dänen motiviert, bei dem seine Schwester und sein Schwager getötet worden sein sollen. Lund (2001) argumentiert, dass die Hauptmotivation für die Überfälle eher die Aussicht auf Einnahmen war.

Zu Beginn der Invasionen handelte Sven Gabelbart ein Abkommen mit Herzog Richard II. von der Normandie aus, wonach die Dänen die Erlaubnis erhielten, ihre Kriegsbeute in der Normandie zu verkaufen. Sven Gabelbart führte 1003-1004 Feldzüge in Wessex und Ostanglien durch, nur eine Hungersnot zwang ihn 1005, nach Dänemark zurückzukehren. Weitere Überfälle fanden 1006–1007 statt, und 1009–1012 führte Thorkell der Große eine Wikingerinvasion nach England an. Simon Keynes hält es für ungewiss, ob Sven Gabelbart diese Invasionen unterstützte, aber "was auch immer der Fall war, er war schnell dabei, die durch die Aktivitäten von Thorkells Armee verursachten Störungen auszunutzen". Sven Gabelbart erwarb durch die Überfälle massive Summen an Danegeld.

Angriffe und Tributforderungen nahmen in den folgenden 10 Jahren noch weit größere Ausmaße an. Die Brutalität der Auseinandersetzungen mag beispielhaft das Schicksal von Elfheah, dem Erzbischof von Canterbury (1006-1012) belegen: Er wurde nach der Einnahme Canterburys von Wikingern gefangen genommen und im April 1012 in Greenwich ermordet.

Primärquelle: Krause, Die Normannen

1013: Die große Däneninvasion unter Sven Gabelbart

Die dänischen Feld- und Beutezüge entwickelten sich zu ei¬nem regelrechten Krieg mit politischer Dimension. Denn Sven Gabelbart beherrschte immer mehr Gebiete Englands, das zu-nehmend in Unordnung geriet. Die dänischen Gebiete erkann¬ten ihn schließlich als ihren Herrscher an und sogar unter den angelsächsischen Großen reifte offensichtlich der Gedanke, ihm den englischen Thron zu überlassen. Im Jahr 1013 holte Sven Gabelbart zum großen militärischen Schlag aus und landete mit einem großen Heer in England.


Die Däneninvasion unter Sven Gabelbart 1013


Der in "The Last Kingdom" verewigte Earl Uhtred the Bold als Uhtred von Bebbanburg - Schriftsteller Bernard Cornwell erschuf diesen Charakter für seine Serie The Saxon Stories, nachdem er erfahren hatte, dass er ein Nachkomme von Uhtred dem Kühnen war.

In der mittelalterlichen Peterborough-Chronik (Teil der Angelsächsischen Chronik) heißt es dazu: Vor dem Monat August kam König Sweyn mit seiner Flotte nach Sandwich. Er zog sehr schnell über Ostanglien an die Mündung des Humber und von dort dem Trent hinauf, bis er nach Gainsborough kam. Earl Uhtred der Kühne und ganz Northumbria verbeugten sich schnell vor ihm, ebenso wie alle Menschen des Königreichs Lindsey, dann die Menschen der Five Boroughs.


Sandwich in Kent - Nahe diesem Ort landete Svens Heer an. Der Ort ist seit 851 als Sondwic belegt und lässt sich germanisch mit "Sandbucht" übersetzen

Er erhielt Geiseln aus jedem Shire. Als er verstand, dass sich alle Menschen ihm unterworfen hatten, bat er darum, dass seine Streitmacht versorgt und mit Pferden ausgerüstet werden sollte. Er ging mit dem Hauptteil der Invasionstruppe nach Süden, während ein Teil seiner Truppen, sowie die Geiseln bei seinem Sohn Knut blieben. Nachdem er über die Watling Street gekommen war, gingen sie nach Oxford, und die Stadtbewohner verbeugten sich bald vor ihm und gaben Geiseln. Von dort gingen sie nach Wintanceaster (Winchester), und die Leute taten dasselbe, dann ostwärts nach London.


Das für die Serie "The Last Kingdom" visualisierte Wintanceaster (Winchester), Hauptstadt von Wessex (Westsachsen)

Die Londoner leisteten indes starken Widerstand, denn König Ethelred und Thorkell der Große, ein Wikingerführer, der zu den Angelsachsen übergelaufen war, behaupteten sich persönlich in London selbst gegen ihn. Sven Gabelbart zog darauf Richtung Westen nach Bath, wo die westlichen Dänen sich ihm unterwarfen und Geiseln gaben. Die Londoner zogen daraufhin nach, denn sie fürchteten Svens Rache, wenn sie sich noch länger widersetzten würden. König Ethelred schickte seine Söhne Edward und Alfred in die Normandie, er selbst zog sich auf die Isle of Wight zurück und folgte ihnen später mit Königin Emma ins Exil. Herzog Richard II. war bekanntlich sein Schwiegervater.

Am Weihnachtstag 1013 wurde Sven zum König von England erklärt. Mit Sitz in Gainsborough, Lincolnshire, begann Sven, sein riesiges neues Königreich zu organisieren, doch er starb dort am 3. Februar 1014, nachdem er England nur fünf Wochen lang regiert hatte. Sein einbalsamierter Leichnam wurde nach Dänemark zurückgebracht, um in der von ihm gebauten Kirche beigesetzt zu werden. Traditionell soll es sich um die Kirche in Roskilde handeln, plausibler ist jedoch, dass sie sich tatsächlich in Lund im heute schwedischen Schonen befand.

Sven Gabelbarts etwa 18-jähriger Sohn Knut stand zwar als Nachfolger bereit und wurde von seinen Kriegern auch unverzüglich zum König ausgerufen, aber die angelsächsischen Großen entschieden sich für die Rückkehr Ethelreds. Der kam mit seinem Sohn Edmund aus einer ersten Ehe nach London und bestieg erneut den Thron. Ihm blieb nur noch eine kurze, unruhige Regierungszeit. Denn bereits im folgenden Jahr fiel Knut mit einem großen Heer in England ein.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
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Knut der Große landet in England

Sven Gabelbart wurde zwar im Dezember 1013 zum englischen König erklärt, verstarb aber wenig später noch vor der offiziellen Krönung im Februar 1014. Sein etwa 18-jähriger Sohn Knut stand zwar als Nachfolger bereit und wurde von seinen Kriegern auch unverzüglich zum König ausgerufen, aber die angelsächsischen Großen entschieden sich für die Rückkehr Ethelreds. Der kam mit seinem Sohn Edmund aus seiner ersten Ehe nach London und bestieg erneut den Thron. Ihm blieb nur noch eine kurze, unruhige Regierungszeit. Der wiederhergestellte König führte jedenfalls ein Heer gegen Knut, der mit seiner Armee nach Dänemark floh, dabei die Geiseln verstümmelte, die sie genommen hatten, und sie am Strand von Sandwich zurückließ.

Knut ging zu Harald und machte angeblich den Vorschlag, dass sie ein gemeinsames Königtum haben könnten, obwohl dies bei seinem Bruder keinen Gefallen fand. Harald soll Knut das Kommando über seine Kriegerscharen für eine weitere Invasion Englands angeboten haben, unter der Bedingung, dass er seinen Anspruch nicht weiter geltend machte. Auf jeden Fall gelang es Knut, eine große Flotte zusammenzustellen, mit der er eine weitere Invasion starten konnte.

Knuts und Haralds Mutter Gunhild war eine Tochter des rugisch-ranischen Jarls Burisleif. Er ist als Herrscher des Vindlands überliefert, dass bis 955 noch als Reichsteil Dänemarks galt. Eine andere Tochter von ihm war mit Sigvaldi, einem führenden Jomswikinger in Jomsburg verheiratet. Olaf Trygvasson, der König von Norwegen weilte ebenfalls auf Rügen und in Jomsburg, wo er noch Geira eine weitere Tochter von Burisleif ehelichte, doch später an einer Krankheit starb.

Durch Sven Gabelbarts Söhne Knut und Harald gehörte zu den Verbündeten der Dänen auch Sven Gabelbarts Schwiegervater Jarl Burisleif, der heute fälschlich immer wieder mit dem Daglinger-Herzog Bolsleif (Sohn von Dago Miseko) verwechselt wird. Natürlich völlig widersinnig als "polnischer" Herzog, obwohl weder ein polnischer Staat namentlich, noch eine polnische Sprache existierte. Es existierte einzig das von Wikingern (Licicaviki) gegründete Herzogtum Gnesen, dass keinerlei Berührungspunkte zu Burisleif und Jomsburg hatte. Bursileif stellte für Knuts England-Invasion ranische Kriegerscharen zur Verfügung, die ebenfalls wie die Jomswikinger-Clans organisiert waren. Die ranischen Kriegerscharen schlossen sich nach dem im Winter 1014/1015 Knut und Harald an, als diese im Vindland weilten, um ihre von Sven Gabelbart verstossene Mutter wieder nach Dänemark zurückzubringen. Ein weiterer Schwiegervater des dänischen Königshauses, Eiríkr Hákonarson, war der Graf von Lade und der Mitherrscher Norwegens mit seinem Bruder Sven Haakonsson - Norwegen stand seit der Schlacht von Svolder im Jahr 999 unter dänischer Souveränität. Wegen Eiríkrs Teilnahme an der Invasion ließ dieser seinen Sohn Hakon mit Sven Norwegen regieren.


Knuts angelsächsischer Gegner Edmund Ironside

Im Sommer 1015 segelte Knuts Flotte mit seinem Heer von vielleicht 10.000 Mann in 200 Langschiffen nach England. Knut stand an der Spitze einer Reihe von Wikingern aus ganz Skandinavien. Das Invasionsheer bestand hauptsächlich aus Söldnern. Die Invasionstruppe sollte in den nächsten vierzehn Monaten einen oft engen und grausigen Krieg mit den Engländern führen. Praktisch alle Schlachten wurden gegen den ältesten Sohn von Ethelred, Edmund Ironside, ausgetragen.


Knuts Wikingerflotte

Laut dem Manuskript der Peterborough Chronicle, einem der Hauptzeugen der Angelsächsischen Chronik, kam Knut Anfang September 1015 "nach Sandwich und segelte geradewegs um Kent herum nach Wessex, bis er an die Mündung des Frome kam und in Dorset und Wiltshire und Somerset bedrängt wurde". Er begann einen Feldzug von einer Intensität, wie sie seit den Tagen von Alfred dem Großen noch bekannt war.

Eine Passage aus Emmas Encomium liefert ein Bild von Knuts Flotte: Es gab so viele Arten von Schilden, dass man hätte glauben können, dass Truppen aller Nationen anwesend waren. ... Gold glänzte auf den Pfeilern, Silber blitzte auch auf den unterschiedlich geformten Schiffen auf. ... Denn wer konnte auf die Löwen des Feindes schauen, schrecklich mit der Helligkeit des Goldes, wer auf die Männer aus Metall, bedrohlich mit goldenem Antlitz, ... wer auf die Stiere auf den Schiffen, die mit dem Tod drohen, ihre Hörner glänzend mit Gold, ohne irgendeine Angst um den König einer solchen Macht zu empfinden? Außerdem war bei dieser großen Expedition kein Sklave anwesend, kein aus der Sklaverei befreiter Mensch, kein niedrig geborener Mensch, kein durch das Alter geschwächter Mensch; denn alle waren edel, alle stark mit der Macht des reifen Alters, alle ausreichend geeignet für jede Art von Kampf, alle von so großer Flüchtigkeit, dass sie die Geschwindigkeit der Reiter verachteten.


Knut der Große landet mit seiner Flotte

Wessex, lange Zeit von der Dynastie von Alfred und Ethelred regiert, unterwarf sich Knut Ende 1015, wie es bereits zwei Jahre zuvor bei seinem Vater der Fall war. Zu diesem Zeitpunkt verließ Eadric Streona, der Ealdorman von Mercia, Ethelred, zusammen mit 40 Schiffen und ihren Besatzungen und verbündete sich mit Knut. Ein weiterer Überläufer war der Jomswikinger Thorkell der Große, der 1012 gegen die Wikinger-Invasion von Sven Gabelbart gekämpft hatte, mit einem Treuegelöbnis an die Engländer. Eine Erklärung für diesem erneuten Wechsel der Loyalität findet sich in einer Strophe der Jómsvíkinga-Saga. Darin werden zwei Angriffe auf Jomsborg-Söldner erwähnt, während sie in England waren, wobei ein Mann namens Henninge, ein Bruder von Thorkell, unter ihren Opfern war. Wenn das Flateyjarbók Recht hat, war dieser Mann Knuts Kindheitsmentor und erklärt zugleich, warum dieser jetzt Thorkells Loyalität aktzeptierte. Ein weiterer wichtiger Grund war die Aussicht Thorkells gegen seine eigene Jomswikinger kämpfen zu müssen, die sich Knut angeschlossen hatten. Dass wollte Thorkell sicher vermeiden, um wieder nach Jomsborg zurückkehren zu können. Die 40 Schiffe, mit denen Eadric kam, von denen oft angenommen wird, dass sie vom Danelaw sind, werden heute als Thorkells Schiffe angesehen.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
Wikipedia

Die Unterwerfung der Angelsachsen

Anfang 1016 überquerten die Wikinger die Themse und bedrängten Warwickshire, während Edmund Ironsides Abwehrversuche zu nichts geführt zu haben scheinen - der Chronist sagt, das angelsächsische Heer habe sich aufgelöst, weil der König und die Bürger Londons nicht anwesend waren. Durch den Wintervorstoß von Knuts Heer nach Norden wurde das Land verwüstet, auch Mercia war betroffen. Ein weiteres Aufgebot der Angelsachsen wurde zwar vom König empfangen, doch "es kam, wie so oft zuvor, zu nichts", und Ethelred kehrte aus Angst vor Verrat nach London zurück.

Edmund Ironside zog schließlich nach Norden, um sich Uhtred, dem Earl of Northumbria, anzuschließen, und gemeinsam bedrängten sie Staffordshire, Shropshire und Cheshire im Westen von Mercia, möglicherweise auf den Ländereien von Eadric Streona.

Knuts Besetzung von Northumbria bedeutete, dass Uhtred nach Hause zurückkehrte, um sich Knut zu unterwerfen, der einen northumbrischen Rivalen namens Thurbrand the Hold entsendete, um Uhtred und sein Gefolge zu massakrieren. Eiríkr Hákonarson kam höchstwahrscheinlich mit einer anderen Streitmacht von Skandinaviern nach Britannien, um ab diesem Zeitpunkt Knut zu unterstützen, und der erfahrene norwegische Jarl wurde anschließend mit der Verantwortung für Northumbria betraut.


Edmund Ironside

Prinz Edmund blieb in London, immer noch unbeugsam hinter seinen Mauern, und wurde nach dem Tod von Ethelred am 23. April 1016 zum König gewählt.

Knut kehrte nach Süden zurück, das dänische Heer war zu dieser Zeit in zwei Kriegerhaufen geteilt. Einige kümmerten sich um Edmund, der aus London ausgebrochen war, bevor Knuts Einkreisung der Stadt abgeschlossen war. Er wollte in Wessex, dem traditionellen Kernland der englischen Monarchie, ein neues Heer sammeln. Ein Teil des dänischen Heeres belagerte London, baute Deiche an der Nord- und Südflanke und einen Kanal, der südlich der Stadt hinter dem Ufer der Themse gegraben wurde, damit Knuts Langschiffe die Verbindung der Angelsachsen flussaufwärts unterbrechen konnten.

Es kam schließlich zur Schlacht bei Penselwood in Somerset – mit einem Hügel im Selwood Forest als wahrscheinlichem Ort und eine anschließende Schlacht bei Sherston in Wiltshire, die über zwei Tage ausgetragen wurde, aber keine Seite siegreich zurückließ.

Edmund war in der Lage, London vorübergehend zu entlasten, den Feind zu vertreiben und ihn zu besiegen, nachdem er die Themse bei Brentford überquert hatte. Unter schweren Verlusten zog er sich nach Wessex zurück, um neue Truppen zu sammeln, und die Dänen brachten London erneut unter Belagerung, aber nach einem weiteren erfolglosen Angriff zogen sie sich unter dem Angriff der Engländer nach Kent zurück, mit einer Schlacht bei Otford. An diesem Punkt lief Eadric Streona zu König Edmund über und Knut segelte nordwärts über die Themsemündung nach Essex und ging von der Landung der Schiffe den Fluss Orwell hinauf, um Mercia zu verwüsten.


Die entscheidende Schlacht von Assandun

Am 18. Oktober 1016 wurden die Dänen von Edmunds Armee angegriffen, als sie sich zu ihren Schiffen zurückzogen, was zur Schlacht von Assandun führte, die entweder bei Ashingdon im Südosten oder bei Ashdon im Nordwesten von Essex ausgetragen wurde. Im folgenden Kampf zog Eadric Streona, dessen Rückkehr auf die angelsächsische Seite vielleicht nur eine List gewesen war, seine Truppen aus dem Kampf zurück und brachte so den Angelsachsen eine entscheidende englische Niederlage bei. Edmund floh nach Westen, und Knut verfolgte ihn nach Gloucestershire, wobei eine weitere Schlacht wahrscheinlich in der Nähe des Forest of Dean (Dänenwald) ausgetragen wurde, denn Edmund hatte ein Bündnis mit einigen Walisern geschlossen.


König Knut - Sein altnordischer Name wird mit "Knoten" gedeutet, nur die Erklärung dafür kann man nicht liefern. Auf welchem Hintergrund soll also Name verweisen, als man ihn als Kind so benannte? Laut dem Altnordischen Wörterbuch steht knūtr auch für Knochenkopf oder für etwas Geballtes, was mit knǫttr für Ball Knopf und Kugel (germ. *knattu) sicher auf ein Weltenei weisen könnte. Dazu passt auf jeden Fall die Beschreibung des Riesen Ymir als Kugel! Hergeleitet von *knȳtir für "Zusammengebundener" wird auf die miteinander verbundenen Hälften des teilbaren Welteneies Bezug genommen. Weil solche Weltenei-Namen wesentlich älter sind, dazu noch die Indogermanische Deutung: *knid bedeutet Lausei, *kondo ebenfalls Geballtes,*k̑ounos glänzend

Auf einer Insel in der Nähe von Deerhurst trafen sich Knut und Edmund, die in den Kämpfen verwundet worden waren, um Friedensbedingungen auszuhandeln. Es wurde vereinbart, dass ganz England nördlich der Themse die Domäne des dänischen Prinzen sein sollte, während der gesamte Süden vom angelsächsischen König zusammen mit London regiert wurde. Der Beitritt des angelsächsischen Herrschaftsgebietes zum Dänischen Reich sollte nach Edmunds Tod an Knut erfolgen. Edmund starb am 30. November, innerhalb weniger Wochen nach der Vereinbarung. Einige Quellen behaupten, dass Edmund ermordet wurde, obwohl die Umstände seines Todes unbekannt sind. Die Westsachsen akzeptierten Knut nun als König über alle Angelsachsen, und er wurde 1017 von Lyfing, Erzbischof von Canterbury, in London gekrönt.

Primärquelle: Wikipedia

Die Herrschaft von Knut dem Großen

König Knut der Große (Canute the Great, 1016-1035) erwies sich in den knapp 20 Jahren seiner Herrschaft weniger als Wikinger denn als englischer Monarch. Im Großen und Ganzen brachte er dem Land eine lange Friedenszeit - unter anderem dadurch, dass er die Flotte ausbaute und gegen dänische Seeräuber vorging. Gemeint sind vielleicht die Jomswikinger, doch sein angeblicher Kriegszug ist nichts das gewesen, was man heute in ihm hinein interpretieren will. In Britannien erkannte er die geltenden Gesetze ausdrücklich an, denen zufolge Angelsachsen und Dänen nach ihren herkömmlichen Sitten leben durften. Deshalb respektierte man seine Herrschaft überall, und Knut fand mächtige Verbündete unter den angelsächsischen Adligen. Dabei ist an erster Stelle Graf Godwin von Wessex (gestorben 1053) zu nennen, der aus einer der einflussreichsten Familien des Landes stammte.

Wie eng in dieser Zeit die Verbindungen mit Nordeuropa waren, bewies Godwin durch zwei Ehen mit Skandinavierinnen. Zu Knuts Akzeptanz trug auch eine kirchenfreundliche Politik bei. So förderte er Kirchen und Klöster und duldete geistliche Ratgeber wie etwa den hoch angesehenen Erzbischof Wulfstan von York (1002-1023). Auch andernorts setzte Knut Zeichen als christlicher abendländischer Herrscher: Er trennte sich von seiner ersten Frau, einer Angelsächsin, die er als Heide geheiratet hatte.


König Knut mit seiner neuen normannischen Frau Emma

Dann wandte er sich an den normannischen Herzog Richard II. und bat um die Hand Emmas, der bei ihrer Familie lebenden Witwe König Ethelreds. Auf diese Weise versuchte der Däne seiner Herrschaft zusätzliche Legitimität zu verleihen. Jenseits des Ärmelkanals stimmte man dem gern zu, war man dadurch doch mit dem neuen Herrscher Englands verwandt. So wurde die Normannin 1017 ein zweites Mal Königin und schenkte ihrem Gemahl den erwünschten Thronfolger Hardiknut. Die Auswirkungen derartiger genealogischer Verstrickungen sollten sich einige Jahrzehnte später in diversen Ansprüchen auf den Thron Englands zeigen.


Knuts nordisches Imperium - Dazu gehörte wegen seiner ranischen Herkunft mütterlichseits auch das nördliche Vindland mit Rügen, dessen Gefolgschaft bereits vor seiner Krönung bestand. Um 1019 musste er die Gefolgschaft der Jomswikinger erneuern und kehrte nach Vindland zurück. Dass diese Mission erfolgreich war, kann man auch 1023 mit seiner Versöhnung mit Thorkell entnehmen. Jomsborg war also weiter ein Teil des dänischen Reiches, wird jedoch heute nicht mehr auf Wollin vermutet, sondern im Bereich der Peenemündung

Im Jahr 1018, nachdem er ein Dänisches Geld in Höhe der kolossalen Summe von £ 72.000 gesammelt hatte, die landesweit erhoben wurde, mit zusätzlichen £ 10.500, die aus London extrahiert wurden, zahlte Knut seine Armee aus und schickte die meisten von ihnen nach Hause. Er behielt 40 Schiffe und ihre Besatzungen als stehende Kraft in England. Eine jährliche Steuer namens Heregeld (Armeezahlung) wurde durch das gleiche System erhoben, das Ethelred 1012 eingeführt hatte, um Skandinavier in seinen Diensten zu belohnen.

Knut baute auf die bestehende angelsächsische Ordnung auf, mehrere Shires unter einem einzigen Ealdorman zusammenzufassen, wodurch das Land in vier große Verwaltungseinheiten aufgeteilt wurde, deren geografische Ausdehnung auf dem größten und dauerhaftesten der getrennten Königreiche basierte, die der Vereinigung Englands vorausgegangen waren. Die für diese Provinzen verantwortlichen Beamten wurden als Earls bezeichnet, ein Titel skandinavischen Ursprungs, der bereits in England lokal verwendet wurde und nun überall den von Ealdorman ersetzte. Wessex wurde zunächst unter Knuts persönlicher Kontrolle gehalten, während Northumbria an Erik von Hlathir, East Anglia an Thorkell den Großen ging und Mercia in den Händen von Eadric Streona blieb. Diese anfängliche Machtverteilung war nur von kurzer Dauer. Der chronisch verräterische Eadric wurde innerhalb eines Jahres nach Knuts Thronbesteigung hingerichtet. 1021 fiel auch Thorkel in Ungnade und wurde geächtet. Nach dem Tod von Erik von Hlathir in den 1020er Jahren wurde er als Earl of Northumbria von Siward beerbt, dessen Großmutter, Estrid (verheiratet mit Úlfr Thorgilsson), Knuts Schwester war.

Unter dem christlichen Herrscherpaar Knut und Emma (gestorben1052), die beide letztlich skandinavischer Herkunft waren, genoss England auf dem Festland beachtliches Ansehen. Dies zeigte sich 1027, als der auf einer Pilgerreise nach Rom befindliche König an der Kaiserkrönung Konrads II. teilnahm, des Herrschers des Heiligen Römischen Reiches. Knut baute jedoch auch seine Herrschaft in Skandinavien aus: Dänemark fiel ihm schon bald nach dem Tod seines dort regierenden Bruders zu. In einer Schlacht, die als Schlacht am Helgeå bekannt ist, kämpften Knut und seine Männer gegen die Norweger und Schweden an der Mündung des Flusses Helgea, wahrscheinlich im Jahr 1026, und der scheinbare Sieg ließ Knut als dominierenden Führer in Skandinavien zurück. In seinem Brief von 1027 bezeichnet sich Knut selbst als König der "Norweger und einiger der Schweden". 1028 brach Knut mit einer Flotte von fünfzig Schiffen von England nach Norwegen und in die Stadt Trondheim auf. König Olaf Haraldsson war nicht in der Lage, einen ernsthaften Kampf zu führen, sowohl da seine Adligen von Knut bestochen worden waren als auch (nach Adam von Bremen), weil er dazu neigte, ihre Frauen wegen Zauberei festzunehmen. Knut wurde zum König gekrönt, nun von England, Dänemark und Norwegen sowie einem Teil Schwedens.

Um das Jahr 1030 regierte Knut der Große über England, Dänemark und Norwegen und beherrschte ein regelrechtes Nordsee-Imperium.

Primärquelle: Krause, Die Normannen

Die Nachfolger Harold I. und Hardiknut

Nach seinem Tod 1035 übernahmen nacheinander Söhne aus sei-nen beiden Eheverbindungen die Regierung, nämlich Harald I. (Harold Harefoot »Hasenfuß«, 1035-1040) und dessen Halbbruder Hardiknut (1040-1042). Zu recht könnte man mit der Erklärung über sie hinweggehen, dass beide wenig geschätzt wurden und nach kurzen Regierungszeiten verstarben.


König Harold I. Hasenfuß - Er erhielt den Beinamen „Harefoot“ (Hasenfuß) wegen seiner Schnelligkeit und Geschicklichkeit bei der Jagd.

Doch zum einen hatte Knut selbst sein Nordseereich unter den Söhnen aufgeteilt - was allerdings nicht hieß, dass sich jeder mit der Herrschaft im eigenen Reichsteil zufrieden gab. Außerdem hätte Königin Emma, im Bündnis mit dem erwähnten Godwin von Wessex, gern ihren Sohn Hardiknut als unmittelbaren Thronfolger gesehen. Zudem setzten die Söhne aus ihrer Ehe mit Ethelred, Edward und Alfred, von der Normandie nach Britannien über, um ihre Thronansprüche durchzusetzen. Wilhelm von Jumièges berichtet, dass Edward im Frühjahr 1036 einen erfolgreichen Überfall auf Southampton durchgeführt hatte, wobei es ihm gelang, einen Sieg gegen die Besatzung zu erringen, die die Stadt verteidigten, und dann "reich beladen mit Beute" in die Normandie zurück segelte. Der schnelle Rückzug bestätigt jedenfalls Wilhelms Einschätzung, dass Edward eine größere Armee benötigen würde, um ernsthaft den Thron zu beanspruchen.

Nach heftigen und brutalen Kämpfen behauptete sich Harald I. als angelsächsischer König: Hardiknut blieb vorerst nur der dänische Thron. Emma wurde in Winchester von Haralds Kriegern ihrer Schätze beraubt und musste nach Flandern an den Hof Graf Balduins V. fliehen. Ihr Sohn Alfred geriet in die Hände Godwins von Wessex, der ihn blenden und schließlich wohl ermorden ließ.

1036 heiratete Gunhilde von Dänemark, Schwester von Hardiknut und Halbschwester von Harold, Heinrich III., König von Deutschland. Bei dieser Gelegenheit schrieb Immo, ein Priester am Hof des Heiligen Römischen Reiches, einen Brief an Azecho, Bischof von Worms. Es enthielt Informationen über die Situation in England, wobei Boten von dort berichteten, dass Harolds Mutter Elfgifu die Unterstützung der führenden Aristokraten durch Bitten und Bestechung gewann und sie durch Treueschwüre an sich selbst und Harold band.

Zunächst wurde das angelsächsische Königreich unter den beiden Halbbrüdern aufgeteilt. Harold regierte die Gebiete nördlich der Themse, unterstützt vom lokalen Adel. Der südliche Adel unter Godwin und Emma wurde weiterhin im Namen der abwesenden Hardiknut regiert. Die Angelsächsische Chronik berichtet, dass Godwin und die führenden Männer von Wessex sich der Herrschaft Harolds widersetzten, aber nichts dagegen ausrichten konnten. Der Norden war zumindest auf Harolds Seite, in Übereinstimmung mit den Bedingungen eines Vertrags, an dem Godwin beteiligt war, wurde Emma in Witanchester angesiedelt, mit Hardiknuts Huscarls. Harold schickte bald seine Krieger nach Witanchester und raubte Emma die besten Schätze von Knut dem Großen.

Diese von Hass bestimmte Situation konnte nicht lange anhalten, und Godwin wechselte schließlich die Seiten. Wilhelm von Malmesbury behauptet jedenfalls, Godwin sei von Harold "an Macht und Zahl" überwältigt worden. 1037 floh Hardiknuts Mutter Emma von der Normandie nach Brügge in Flandern und Harold "wurde überall zum König gewählt". Überlieferungen zufolge gab es 1039 noch einen Kampf zwischen Angelsachsen und Walisern. Harold starb am 17. März 1040 in Oxford, gerade als Harthacnut eine Invasionstruppe von Dänen vorbereitete.


Der letzte dänische König in England: König Hardiknut

Emmas Sohn Edward kehrte in die Normandie zurück, in der wie geschildert unter dem noch minderjährigen Bastard Wilhelm alles andere als stabile Verhältnisse herrschten. Hardiknut plante nach einiger Zeit von Flandern aus die Eroberung des englischen Thrones. Als er im Frühjahr 1040 vom Tod König Haralds hörte, setzte er mit einer Flotte nach Britannien über. Am 14. Juni 1040 landete Hardeknut mit 62 Kriegsschiffen bei Sandwich und wurde danach König auf dem angelsächsischen Thron. Den Leichnam Haralds soll er exhumieren und in einen Sumpf habe werfen lassen. Diese Untat zeugt von der Erbarmungslosigkeit des Bruderkampfs.

Hardiknuts Regierungszeit war kurz und erfolglos, wofür sein überlieferter Tod während eines Trinkgelages symbolisch stehen mag. Mit ihm endete 1042 die Zeit der dänischen Könige auf dem angelsächsischen Thron.

Primärquelle: Krause, Die Normannen

Edward kehrt nach Britannien zurück

Da Hardiknut keinen Erben hinterließ, einigten sich die angelsächsischen Großen rasch auf seinen Halbbruder Edward, den sie zum König proklamierten. Edward traf bei seiner Ankunft "die Thegns von ganz England" in Hursteshever, wahrscheinlich dem modernen Hurst Spit gegenüber der Isle of Wight. Dort wurde er als Gegenleistung für seinen Eid, dass er die Gesetze Knuts fortsetzen würde, bereits als König empfangen. Mit Edward dem Bekenner (Edward the Confessor, 1042-1066) kehrte als Sohn Ethelreds wieder ein Angelsachse auf den Thron zurück, der über seine Mutter Emma mit der normannischen Herzogsfamilie verwandt war.

In den frühen Jahren seiner Herrschaft beschwerte sich Edward, dass seine Mutter Emma "weniger für ihn getan hatte, als er wollte, bevor er König wurde, und auch danach". Im November 1043 ritt er mit seinen drei führenden Earls, Leofric of Mercia, Godwin und dem Dänen Siward of Northumbria, nach Witanchester, um sie ihres Besitzes zu berauben, möglicherweise weil sie an einem Schatz festhielt, der dem König gehörte. Ihr Berater Stigand wurde seines Bistums Elmham in East Anglia beraubt. Beide wurden jedoch bald wieder zu Gunsten gestellt. 1043 wurde Godwins ältester Sohn Sweyn (Sven) zum Earl in den südwestlichen Midlands ernannt. Bald darauf erhielt sein Bruder Harold und ihr dänischer Cousin Beorn Estrithson Earldoms in Südengland, Godwin und seine Familie regierten nun unter Edward ganz Südengland.

An deren Hof in Rouen und andernorts in der Normandie hatte der bei seiner Thronbesteigung knapp 40-Jährige Edward den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht - auch während der Herrschaft seines Stiefvaters Knut. Infolgedessen sahen ihn viele in England mehr als Normannen denn als Angelsachsen an.


Edward der Bekenner

In der Tat hatten ihn die Jahrzehnte auf dem Kontinent geprägt und von den Vorteilen der normannischen Verwaltungs-, Kirchen- und Bildungspolitik überzeugt. Spürbar ist dies an seinen Ambitionen, auch in England eine effiziente Zentralverwaltung zu etablieren. Die Zeitgenossen nahmen den starken normannischen Einfluss an jenen zahlreichen Franzosen wahr, die Edward als Geistliche bzw. Verwaltungsbeamte begleiteten und von ihm ins Land gerufen wurden. Er beorderte ebenso normannische Adlige ins westliche Grenzgebiet der walisischen Mark, um dort den Bau von Burgen zu forcieren.

Edwards Vorliebe für das Normannische findet einen persönlichen Ausdruck in seiner Freundschaft mit Abt Robert von Jumieges, den er bereits 1044 zum Bischof von London und schließlich zum Erzbischof von Canterbury (1051-1052) machte - übrigens gegen die Wahl des dortigen Domkapitels. In England selbst verfügte Edward kaum über eine Machtbasis. Infolgedessen wuchs der Widerstand im angelsächsischen Adel, an dessen Spitze die mächtige Godwin-Familie aus Wessex stand. Insbesondere mit Godwin von Wessex versuchte sich der neue König zu arrangieren. Dieser Versuch fruchtete 1045 in der Hochzeit mit Godwins Tochter Edith (Edgith, gestorben 1075) und damit in einer Ehe, die auf Dauer wenig erfolgreich verlief und dem König keinen Nachfolger bescherte. Der ständig schwelende Konflikt eskalierte schließlich 1051 mit mannigfaltigen Folgen: Godwin und sein Sohn Harald fielen in Ungnade, Kämpfe brachen aus, die große Schlacht wurde durch Verhandlungen gerade noch abgewendet.


Earl Harald Godwinson

König Edward verstieß Edith in ein Kloster, die Godwins flohen nach Flandern, Erzbischof Robert wurde seines Amtes verwiesen, viele Normannen verließen das Land. Edward setzte sich teilweise durch, musste aber zugleich Zugeständnisse und Kompromisse machen. Diese führten dazu, dass die Godwins aus dem Exil zurückkehrten und sich der König mit Edith wieder versöhnte. Als Graf Godwin ein Jahr später starb, nutzte Edward die Gunst der Stunde und machte dessen Söhne zu seinen Verbündeten. Von nun an herrschten unter seiner Regierung Harald über Wessex, Tostig über Northumbrien und Gyrth über Ostanglien.

In den 1050er Jahren verfolgte Edward eine aggressive und allgemein erfolgreiche Politik im Umgang mit Schottland und Wales. Malcolm Canmore war ein Exilant an Edwards Hof, nachdem sein Vater Duncan I. 1040 in der Schlacht gegen Männer unter Macbeth getötet wurde, die den schottischen Thron eroberten. 1053 befahl Eduard die Ermordung des südwalisischen Prinzen Rhys ap Rhydderch als Vergeltung für einen Überfall auf England, und Rhys' Kopf wurde ihm übergeben. 1054 sandte Edward Siward aus, um in Schottland einzumarschieren. Er besiegte Macbeth, und Malcolm, der die Expedition begleitet hatte, erlangte die Kontrolle über Südschottland. Bis 1058 konnte Malcolm seinen Rivalen Macbeth in der Schlacht töten und den schottischen Thron besteigen. 1059 besuchte er Eduard, aber 1061 begann er, Northumbria zu überfallen, um es seinem Territorium hinzuzufügen.

Im Umfeld dieser Ereignisse soll im Jahre 1051 ein Treffen stattgefunden haben, dessen historisches Zeugnis als ziemlich unsicher gilt, das aber nicht völlig unwahrscheinlich ist. Demnach habe König Edward den normannischen Herzog Wilhelm I. empfangen und diesen im Falle seiner eigenen Kinderlosigkeit zu seinem Nachfolger designiert. Dieses angebliche Thronversprechen sollte 15 Jahre später die Ansprüche Wilhelms auf die angelsächsische Königswürde untermauern. König Edward wurde ansonsten für seine kirchenfreundliche Politik gerühmt und erwarb schon bald den Ruf einer gewissen Heiligkeit. Dem genügte der Papst fast 100 Jahre nach seinem Tod und sprach ihn heilig. Aus der historischen Perspektive lief insbesondere in seinen letzten Regierungsjahren vieles auf die Ereignisse von 1066 hin.


Der walisische König Gruffydd ap Llywelyn

1055 etablierte sich Gruffydd ap Llywelyn als Herrscher von Wales und verbündete sich mit Elfgar von Mercia, der wegen Verrats geächtet worden war. Sie besiegten Earl Ralph bei Hereford, und Harald musste Truppen aus fast ganz England sammeln, um die Invasoren zurück nach Wales zu treiben. Der Frieden wurde mit der Wiedereinstellung von Elfgar geschlossen, der nach dem Tod seines Vaters 1057 als Earl of Mercia nachfolgen konnte. Gruffydd schwor einen Eid, ein treuer Unterkönig Edwards zu sein. Elfgar starb wahrscheinlich 1062, und sein kleiner Sohn Edwin durfte als Earl of Mercia nachfolgen. Doch Harold startete nun einen Überraschungsangriff auf Gruffydd. Dieser entkam, aber als Harold und Tostig im folgenden Jahr erneut angriffen, zog er sich zurück und wurde von walisischen Feinden getötet. Edward und Harold waren dann in der Lage, einigen walisischen Prinzen als Vasallen zu gewinnen.

Primärquelle: Krause, Die Normannen

1066: Harald Godwinson wird König

Edward starb am 5. Januar 1066 in London, ohne einen Thronerben zu hinterlassen. In dieser Situation entschied sich der oberste Rat aus Adligen und Geistlichen für Graf Harald von Wessex als Nachfolger. Dieser berief sich zudem darauf, König Edward habe ihn auf dem Sterbebett dazu berufen. Insofern war die Entscheidung nachvollziehbar, zumal Harald als Sohn Godwins eine beachtliche Hausmacht hinter sich hatte. Als Harald II. (1066) wurde er der letzte angelsächsische Herrscher Englands, obgleich sogar er dänische Wurzeln hatte. Die Regierung des neuen Königs blieb nicht unwidersprochen, denn zwei Parteien erhoben ebenfalls Anspruch auf den angelsächsischen Thron: Herzog Wilhelm I. von der Normandie und der norwegische König Harald der Harte (1047-1066).


Harald II.

Ersterer berief sich auf ein regelrechtes Geflecht von Begründungen seines Anspruchs: Als Grundlage diente die Verwandtschaft zu seiner Großtante Emma, bekanntlich die Schwester seines Großvaters Richard II., vermählt mit zwei englischen Königen und vor allem die Mutter des verstorbenen Edward des Bekenners. Dieser, immerhin ein Vetter von Wilhelms Vater und darum ein naher Verwandter, habe dem normannischen Herzog bekanntlich 1051 jenes ominöse Nachfolgeversprechen abgegeben, von dem wir bereits hörten. Schließlich führte Wilhelm noch ein drittes Argument ins Feld, das den neuen König Harald unverhohlen ins Unrecht setzte: Dieser habe ihn nämlich persönlich wenige Jahre zuvor als Thronfolger Edwards anerkannt. Geschehen sein sollte dies 1064 während eines Besuchs Harald Godwinssons in der Normandie, dessen Anlass bis heute allerdings »rätselhaft« bleibt. Jedenfalls soll die Reise im Auftrag des englischen Königs erfolgt sein. Dabei erlitt Harald vor der normannischen Küste Schiffbruch und wurde von Graf Guido von Ponthieu (Guy de Ponthieu) gefangengenommen. Dieser galt nach heftigen Auseinandersetzungen mit Herzog Wilhelm I. mittlerweile als dessen Vasall. Trotzdem hielt er den Angelsachsen in Abbeville an der Somme in einer Art Ehrenhaft und übergab ihm diesen erst nach Zahlung eines Lösegeldes.

Harald war nun Gast des Herzogs und beteiligte sich mit diesem an einem Kriegszug gegen Graf Conan II. von der Bretagne. Irgendwann soll er damals jenen Eid abgelegt haben, mit dem er Wilhelms Thronrechte anerkannte und worauf sich dieser zwei Jahre später berief. Außerdem erwähnt der Chronist Ordericus Vitalis ein - später nicht eingehaltenes - Eheversprechen Haralds gegenüber Wilhelms Tochter Adela, die damals erst ein Kleinkind war.

Warum sandte jedoch 1064 Edward den Grafen von Wessex in die Normandie? Sicherlich sollte er mit Herzog Wilhelm I. verhandeln. Etwa über die englische Thronfolge? Sollte er den Normannen von veränderten politischen Verhältnissen überzeugen? Wollte König Edward nun Harald als Nachfolger, der Wilhelm von seinen Ansprüchen abbringen sollte? Die Folgen waren jedenfalls fatal, denn Wilhelm konnte Harald nach dessen Krönung in Westminster des Eidbruchs bezichtigen - der einzige legitime Anwärter auf den englischen Thron war der Herzog der Normandie!

Im Übrigen entsandte Wilhelm schon bald einen Kleriker der Abtei Fecamp zu Harald. Er trug Wilhelms Thronanspruch vor, der über Emma erbrechtlich begründet war, die erwähnte Meineidsanschuldigung gegen Harald kam natürlich auch hinzu. Haralds Argument dagegen lautete bekanntlich, König Edward habe ihm auf dem Sterbebett das Reich übertragen. Interessant daran ist, dass hier zwei Rechtsansichten aufeinandertrafen: Nach angelsächsischen Recht hatte Haralds Erklärung als gültig zu gelten, nach normannischem Recht war das Erbrecht Wilhelms ausschlaggebend. Dieser »Widerstreit der Rechtsansichten« verlangte nach einer militärischen Entscheidung. Für den Erfolg der rasch begonnenen diplomatischen Bemühungen Wilhelms spricht, dass er von Seiten des Heiligen Römischen Reiches und Dänemarks Rückendeckung für seine Ansprüche erhielt. Selbst Papst Alexander II. legitimierte das Unternehmen und schickte Herzog Wilhelm ein päpstliches Banner für den bevorstehenden Feldzug nach England. Auch in Rom galt Harald II. als Eidbrecher, zudem versprach sich der Papst mehr Entgegenkommen von den kirchenfreundlichen Normannen.


Harald der Harte

Wilhelms Unternehmen war insofern gut abgesichert, erhielt aber eine Kokurrenz in den Ansprüchen des norwegischen Königs Harald des Harten. Dieser berief sich auf einen Vertrag zwischen Knuts Sohn Hardiknut und seinem Neffen König Magnus von Norwegen (1035-1047, seit 1042 auch König von Dänemark), wonach sich die jeweiligen Herrscher bei einem söhnelosen Tod gegenseitig als Erben einsetzten. Außerdem sah der Norweger Nordengland um York weiterhin als sein Einflussgebiet an. Harald der Harte war eine der schillerndsten Gestalten der späten Wikingerzeit, was er vor der Übernahme des norwegischen Thrones durch Kriegsdienste im warägischen Nowgorod und als leitender Offizier der Warägergarde in Konstantinopel bewies. In seiner Heimat ging er rigoros gegen regionalen Häuptlinge vor, die ihm seine Königsmacht streitig machten. Schließlich setzte er die Macht der Krone allseits durch, schloss Frieden mit den skandinavischen Nachbarn und etablierte die katholische Kirche. Der Herrscher hatte mittlerweile sein 50. Lebensjahr überschritten und hätte nun Herrschaft und Dynastie weiter stärken und ausbauen können. Da entschied er sich für seine Ansprüche auf den angelsächsischen Thron.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
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1066: Die Invasion der Norweger

Für den Machtkampf um den angelsächsischen Thron hatte Harald einen englischen Verbündeten gewonnen, auf dessen Hilfsgesuch er sich berufen konnte. Dieser Mann war Earl Tostig von Northumbria, der aus dem Wessex-Haus Godwins stammte und von König Edward in Nordengland als Graf eingesetzt worden war. Nach einigen Jahren hatte er die dortigen Großen derart gegen sich aufgebracht, dass er zuerst nach Flandern ins Exil ging, dann in Dänemark und Norwegen Unterstützung suchte und zwischenzeitlich einige Militäraktionen gegen angelsächsische Gebiete unternahm. Folglich hielt auch sein Bruder Harald Godwinsson, als er König geworden war, seine Verbannung aufrecht.


Der blonde Tostig von Northumbria war zur Hälfte dänischer Abstammung

Tostig hatte schließlich in Harald dem Harten einen Verbündeten gefunden, mit dem er zur Invasion bereit war. Sie landeten mit wahrscheinlich 300 Schiffen und 9000 Männern im nördlichen England, das mit York alte Bindungen zu Norwegen hatte. Folglich setzten sich die Angreifer hier in Northumberland rasch durch und kontrollierten schon bald große Gebiete. Der norwegische König schlug sein Lager in der Nähe Yorks auf und erwartete die aus dem Süden das heranrückende angelsächsische Heer.

König Harald marschierte mit seiner Elitetruppe der Housecarls heran, außerdem hatte er bei der Aufstellung neuer Truppen auf treffsichere Bogenschützen wert gelegt. Als Schwierigkeit sollte sich erweisen, dass nach dem angelsächsischen System ausgehobene Truppen zur Erntezeit entlassen wurden. Die Zeit drängte also in mehrfacher Hinsicht. Englische Quellen erwähnen Verhandlungen, in denen Harald der Harte signalisierte, er könne sich mit dem Land um York zufrieden geben. Englands Herrscher Harald Godwinsson habe ihm daraufhin geantwortet, er werde ihm sieben Fuß englischen Bodens zugestehen oder soviel mehr, als er größer als andere Männer sei. Damit stellte er dem Norweger ein Grab nebst Niederlage und Tod in Aussicht.

Aber die Norweger errangen zuerst einige kleinere Siege, bis es schließlich am 25. September 1066 bei Stamford Bridge zur Entscheidungsschlacht kam. Nach der Heimskringla des isländischen Historiographen Snorri Sturluson (geschrieben um 1220) ließ der angelsächsische König seinem Bruder Tostig ein Friedensangebot unterbreiten, das dieser jedoch ablehnte. Dann begann die Schlacht, und die Angelsachsen ritten auf die Norweger ein. Deren Speere und Pfeile waren jedoch nicht zu überwinden. Deshalb begnügten sie sich vorerst damit, sie mit Abstand zu umrunden. Die Norweger hielten ihre feste Schlachtordnung und gaben die dichte Speer- und Schildreihe nicht auf.


In der Schlacht an der Stamford Bridge (1066) erlitten die Norweger eine vernichtende Niederlage

Kurze Attacken der angelsächsischen Reiterei hielten sie allerdings für ein Zeichen von Schwäche und öffneten deshalb ihre sichere Schildburg, um den Feind in die Flucht zu schlagen. Doch das Gegenteil passierte: Ihrer sicheren Deckung entblößt, wurden sie nun umso heftiger von den angelsächsischen Reitern angegriffen. König Harald der Harte soll daraufhin selbst in die Schlacht gestürmt sein. In dem entstehenden Gemetzel konnte er nicht mehr von seinen Kriegern geschützt werden. Den Norwegerkönig traf ein Pfeil in die Kehle und brachte ihm den Tod. Mit ihm starben zahlreiche seiner Gefolgsmänner.

Die restlichen nebst Tostig sollen erbittert weitergekämpft und sich sogar einem Friedensangebot verweigert haben. Auch heranrückende Verstärkung der Norweger konnte nichts mehr an deren Niederlage ändern: Fast alle Großen des Norwegerheeres fielen, am Ende auch Tostig Godwinson. Erst spät am Abend fand das Blutbad ein Ende. Die Knochen der Gefallenen sollen unbestattet liegen geblieben sein - als grausiges Zeichen des letzten großen skandinavischen Angriffs auf England.

Primärquelle: Krause, Die Normannen

1066: Die Schlacht von Hastings

Wenige Tage nach diesem überragenden Sieg erhielt König Harald die Nachricht, Herzog Wilhelm sei am 28. September mit seiner Flotte bei Pevensy in Sussex gelandet. Zu einem wahrlich ungünstigen Zeitpunkt: Denn natürlich hatte der Angelsachse um die Invasionspläne gewusst und im Frühjahr des Jahres mit einem Angriff gerechnet. Seine Flotte hatte er konsequenterweise bei der Insel Wight zusammengezogen und außerdem ein angelsächsisches Heeresaufgebot für Essex erlassen. Doch die Monate von Mai bis August 1066 waren ohne normannischen Angriff verstrichen. Schließlich musste er auch hier im Süden Englands die Soldaten am 8. September wegen der Ernte entlassen. Ebenso wurde nun die Flotte in die Themse verlegt.

Harald kehrte mit seinen Housecarls nach London zurück. Dort erreichte ihn die Nachricht von der Landung der Norweger im Norden, wohin er sein Heer in Eilmärschen befahl. Der Süden Englands und insbesondere seine Küste blieben somit ungeschützt zurück. Diese Situation konnte Herzog Wilhelm ausnutzen. In der Tat hatte er das Frühjahr damit verbracht, ein Heer aufzustellen sowie für ausreichend Pferde, Waffen und Proviant zu sorgen. Zusätzlich hatte er Ritter im benachbarten Nordfrankreich angeworben, etwa in Flandern und der Bretagne. Das derart versammelte Heer wird auf 7000 Mann geschätzt.

Um dieses Heer samt Pferden und Proviant über den Ärmelkanal zu befördern, bedurfte es einer Flotte. Diese musste größtenteils erst gebaut werden, denn die Normannen folgten dem Wikingererbe nicht so weit, dass sie ständig Schiffe in großer Zahl verfügungsbereit gehabt hätten. Im Gegenteil operierten sie kaum auf See, sondern traten in erster Linie als Kämpfer zu Fuß und zu Pferd auf. Was ihre Schiffe betrifft, dürften sie vom Typ derjenigen Frachtschiffe gewesen sein, wie man sie aus eben jener Zeit im dänischen Roskildefjord bei Skuldelev gefunden hat. Für die 7000 Männer und ihren Tross sind schätzungsweise 100 bis 150 dieser Schiffe notwendig gewesen. Ihr geringer Tiefgang ermöglichte das Be- und Entladen mit den Pferden, von denen wohl nicht mehr als 300 mitgenommen wurden.

Herzog Wilhelm war nach diesen Maßnahmen durchaus bereit, allein der ungünstige Wind hielt die Flotte mehrere Wochen fest. Bemerkenswert bei der Landung am 28. September an der Küste von Sussex ist die Tatsache, dass dort in Pevensy die Abtei Fecamp über Besitzungen verfügte. Die Gegend war also in der Normandie bestens bekannt. Sobald sie gelandet waren, gingen die Normannen auf Befehl Wilhelms recht rigoros vor: Schnell legten sie Motten mit Verschanzungen an, außerdem wurden die Ländereien König Haralds geplündert, was einer Provokation gleichkam. Dann marschierte man ostwärts in Richtung Hastings. Dorthin bewegte sich auch König Harald mit seinen Angelsachsen, nachdem er in schätzungsweise einer knappen Woche in Eilmärschen nach London gezogen war, das er am 6. Oktober erreicht hatte. Unter seinem Befehl standen lediglich seine Housecearls, da er das Nordheer aus den genannten Gründen entlassen hatte - auch die effizienten Bogenschützen blieben in Northumbrien zurück. Harald benötigte folglich einige Zeit, um in London ein neues Heer zusammenzuziehen.


Die Schlacht von Hastings entschied die schwere Reiterei Wilhelms

Am Abend des 13. Oktobers bezogen die Angelsachsen nahe Hastings auf dem heute sogenannten Battle Hill (»Schlachthügel«, Senlac Hill) Stellung. Am nächsten Tag, dem 14. Oktober 1066, kam es zur der Schlacht, mit der Englands Geschichte eine grundlegende Wende erfuhr. Naturgemäß erfahren wir nur über disparate Zeugnisse von ihrem Verlauf, deren Autoren aus ihrer jeweiligen subjektiven und darum politisch einseitigen Perspektive berichten. Am knappsten behandelt die Angelsächsische Chronik das Geschehen, die den normannischen Sieg als Strafe Gottes über die Angelsachsen interpretierte: »Herzog Wilhelm kam am Vorabend des Michaelistages aus der Normandie nach Pevensey, und sobald seine Mannen imstande waren, bauten sie eine Befestigung bei dem Markte von Hastings. Dies wurde König Harald gemeldet, und da sammelte er ein großes Heer und traf Wilhelm bei dem alten Apfelbaum, und Wilhelm fiel unversehens über ihn her, noch ehe sein Heer herangerückt war. Dennoch focht der König sehr hart mit ihm, zusammen mit den Leuten, die ihm beistanden, und auf beiden Seiten wurden viele erschlagen. König Harold wurde dort getötet, und sein Bruder Graf Leofwine und sein Bruder Graf Gyrth und viele tapfere Männer, und die Franzosen beherrschten das Feld, wie Gott es ihnen um der Sünden des Volkes willen gewährte.« Dabei mag die Bezeichnung der »Franzosen« überraschen, was jedoch nicht unüblich zu der Zeit war. Dem folgen auch die lateinischen Inschriften des Teppichs von Bayeux, die Herzog Wilhelm als Normannorum ducem »Herzog der Normannen«, seine Krieger aber als Franci »Franzosen« bezeichnen. Die Angelsachsen werden durchgehend Angli genannt.

Wenden wir uns aber dem Geschehen auf dem Schlachtfeld zu, das die normannischen Quellen durchaus widersprüchlich schildern. Allen gemeinsam ist die Feststellung, das Kampfgeschehen habe sich den ganzen Tag hingezogen. Die feindlichen Heere dürften sich an Kopfstärke ebenbürtig gewesen sein und jeweils etwa 7.000 Mann gezählt haben. Nach den eminent wichtigen zeitgenössischen Darstellungen des Teppichs von Bayeux traten hier die Angelsachsen traditionell mit Streitaxt und Speer zu Fuß an, während die Normannen nicht nur über ihre Infanterie und Bogenschützen, sondern auch über schwer bewaffnete Reiter verfügten. Gewisse Vorteile dürften die Normannen gehabt haben. Ein Rekonstruktionsversuch der Schlacht sieht trotzdem anfangs die Männer Harald Godwinssons im Vorteil. Denn sie hatten bekanntlich auf einem Hügel Stellung bezogen, mit dem König und seiner Leibwache in der Mitte.

Die Normannen rückten hingegen aus einem sumpfigen Tal in der Morgendämmerung unter schwierigen Bedingungen vor: Die Pferde fanden im rutschigen Morast wenig Halt und die Fußkrieger wurden mit einem Hagel aus Speeren und Steinen eingedeckt. Die bretonischen Verbündeten Wilhelms gaben als erste auf und ergriffen die Flucht, wobei sie einen Teil der Normannen mit sich rissen. Als dies die Engländer auf dem Hügel sahen, brachen sie in Jubel aus. Es schien, als dass sie innerhalb weniger Wochen ihren zweiten großen Sieg erringen würden. Doch da begingen sie denselben Fehler wie die Norweger bei Stamford Bridge: Sie waren sich des Sieges zu sicher und gaben ihre günstige Position auf. Sie stürmten jetzt den Hügel herab, um den fliehenden Feinden nachzusetzen. Herzog Wilhelm erkannte die Gefahr dieses Überraschungsangriffs und nahm angeblich seinen Helm ab, damit ihn seine Ritter erkannten und lebend wussten. Er sammelte seine Krieger aufs Neue und schickte nun vor allem die Reiter ins Feld. Denen war es ein Leichtes, die schutzlosen Engländer in der Talsenke zur Hälfte niederzumachen. Der Rest versuchte sich über den Hügel zurückzuziehen, was mit schwersten Verlusten verbunden war. In dem ausbrechenden panischen Getümmel fanden zuerst die Brüder des Königs den Tod, dann fiel Harald Godwinsson selbst. Vermutlich lag sein Todeszeitpunkt erst spät am Tag. Aber damit war die Schlacht entschieden. Herzog Wilhelm soll Haralds Mutter Githa und dessen Geliebte Edyth Swannesha erlaubt haben, die Leiche auszulösen und zu bestatten.


Der tote Harald wird von seiner Mutter und Geliebten geborgen


In diesem Kontext sei nochmals der Teppich von Bayeux angesprochen, der ein einzigartiges Zeugnis über die Schlacht von Hastings und die Ereignisse in deren Vorfeld ist. Kunstvollste Stickereien in farbiger Wolle präsentieren auf acht Leinenstreifen, die zusammengefügt wurden und eine Länge von über 68 Metern erreichen, ein farbenprächtiges und von Figuren nur so wimmelndes Panorama des Geschehens. Die Serie von Bildern und lateinischen Bildunterschriften präsentiert ca. 1500 Figuren, Schiffe und Gebäude, außerdem tierreiche Randgestaltungen, die teils die Fabeln Äsops darstellen, teils rätselhaft in ihren möglichen Anspielungen bleiben. Die Geschichte wird im Großen und Ganzen chronologisch richtig erzählt: Wie Edward Harald Godwinsson über den Kanal schickt, wie dieser gefangengenommen und von Herzog Wilhelm befreit wird. Wie er sich am Hof zu Rouen aufhält. Schließlich vom Feldzug in die Bretagne, wobei das Kloster Mont-Saint-Michel und bretonische Burgen wiedergegeben werden. Dann folgt Haralds Schwur auf Reliquien, dass Wilhelm als englischer König nachfolgen solle. Mit dem Tod König Edwards beginnen die Ereignisse des Jahres 1066, die mit der Invasion der Normannen, der Schlacht von Hastings und dem Tod König Haralds enden, wobei das Teppichende eine Beschädigung aufweist. Dieses textile Meisterstück des Mittelalters dürfte noch vor 1082 in Südengland gearbeitet worden sein. Als Auftraggeber kommt Wilhelms Halbbruder Odo, der Bischof von Bayeux infrage, als Fertigungsort die Abtei St. Augustin in Canterbury. Für das Jahr 1476 ist der Teppich in der Kathedrale Notre-Dame in Bayeux bezeugt, wo er wohl über die Jahrhunderte auch verblieb. Napoleon ließ ihn 1803 nach Paris bringen und im Louvre ausstellen, um die Franzosen auf die geplante Invasion Britanniens einzustimmen. Während der Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg versuchten die Nationalsozialisten, sich des Teppichs ideologisch anzunehmen. Aber Heinrich Himmlers Befehl, das Stück nach Berlin zu bringen, konnte im Juni 1944 vereitelt werden.


Wilhelm wird König der Angelsachsen

Blicken wir zurück auf den Oktober 1066, schienen die Angelsachsen vor Wilhelm dem Eroberer jeglichen Widerstand aufzugeben. Nach Plünderungen der Normannen in Südengland übergab König Haralds Witwe Edith Wilhelm in Winchester den Staatsschatz. Auch die überlebenden Adligen unterstellten sich ihm, selbst in London kam nur schwacher Widerstand auf, als der 15jährige Edgar Aetheling (gestorben ca. 1125) aus dem Haus Wessex erfolglos zum König erhoben werden sollte. Ansonsten stand vorerst Herzog Wilhelms Werdegang zum neuen englischen König nichts mehr im Weg: Per Akklamation der angelsächsischen Adligen wurde er am Weihnachtstag 1066 in Westminster von Erzbischof Ealdred von York (1060-1069) zum König gekrönt. Wilhelms Bemühen, als legitimer Nachfolger der angelsächsischen Herrscher gesehen zu werden, zeigte sich während der Krönungszeremonie in der Verwendung der altenglischen und der altfranzösischen Sprache. Die Doppelsprachigkeit verwies aber auch auf das Ende der angelsächsischen Epoche der englischen Geschichte (5.-11. Jahrhundert). Von nun an herrschten Dynastien, die aus Frankreich stammten. Die eigentlichen »normannischen Könige Englands« (Plassmann 2008,179) regierten von Wilhelms Krönung bis 1154.

Primärquelle: Krause, Die Normannen

Die Eroberung Britanniens

Wilhelm I. - nach der Nummerierung der englischen Königsreihe - hätte den Beinamen des Eroberers nur aufgrund seines einen Schlachtsieges nicht verdient. Doch besonders bei den Wikingern war es Tradition einen Ökelnamen zu tragen, nit dem er sich von anderen gleichnamigen Zeitgenossen unterscheiden konnte. In den 20 Jahren seiner Regentschaft griff er zu einer Reihe von Maßnahmen, darunter umstrittene Gewaltaktionen, um seine Herrschaft zu sichern. Bei Hastings hatte der englische Adel erhebliche Verluste erlitten und schien demoralisiert. Wilhelm seinerseits signalisierte ein Entgegenkommen, indem er seinem Heer Plünderungen untersagte und Pardon bot.


Odo, Bischof von Bayeux. Seiner normannischen Namensvariante Odon nach, leitet sich dieser Name sicher von Odin ab.

Daraufhin empfing er Abordnungen aus Mittel- und Nordengland, von denen er Geiseln forderte - was damals durchaus üblich war. Bald schon kam er wieder seiner Stellung als Herzog der Normandie nach, indem er sich einige Monate bis Ende des Jahres 1067 in seiner Heimat aufhielt. Sein Empfang in Rouen glich einem Triumphzug, den er nutzte, um Teile des englischen Staats- und Kirchenschatzes zur Schau zu stellen. Der Chronist Wilhelm von Jumieges gab diesem Triumph später Ausdruck, wenn er Wilhelm als Caesar bezeichnet. Als Statthalter im südlichen England setzte er seinen Halbbruder Odo ein, eigentlich Bischof von Bayeux (1049-1097), der zum Grafen von Kent ernannt und damit zu einem der mächtigsten Männer im normannischen England wurde.


Wilhelm Fitz Osbern

Der andere war Wilhelm Fitz Osbern (gestorben 1071) als Earl von Hereford, der die Gebiete nördlich der Themse zu kontrollieren versuchte. Auch seine Einsetzung verdeutlicht Wilhelms machtpolitisches Vorgehen, nämlich einen Verwandten und damit Normannen mit reichem Grundbesitz zu versehen. Seine Herrschaft blieb jedoch trotz aller Erfolge insgesamt geprägt von Aufständen in England, in die sich auch die Herrscher von Schottland, Wales und Dänemark einmischten, und auch von Rebellionen in der Normandie. Dort sah der französische König Philipp I. (1060-1108) voller Misstrauen auf den enormen Machzuwachs seines ohnehin einflussreichsten Vasallen. In England musste Wilhelm weiterhin mit der Opposition des Wessex-Clans um die Familie des gefallenen Königs rechnen. Bei seinem Vormarsch nach Westen gelang ihnen die Flucht, die unbotmäßige Stadt Exeter wurde allerdings 1068 eingenommen und musste sich von nun an einer normannischen Zwingburg fügen.


Das Rougemont Castle von Exeter - Die Normannen belagerten 1068 die Stadt 18 Tage, danach ergab sie sich

Um 1070 erhob sich nach anfänglicher Unterwerfung mehrmals der Adel Northumbriens. Die rebellierenden Grafen Edwin und Morcar verbündeten sich mit König Malcolm von Schottland, der wiederum als Schwager des Wessex-Vertreters Edgar Aetheling involviert war. Während der nordenglischen Aufstände kam es mehrmals zu Gemetzeln an der normannischen Besatzung. So töteten die Northumbrier in Durham nicht nur etliche Soldaten, sondern auch den von Wilhelm als Earl von Northumbria eingesetzten Robert de Comines (1169), der aus Flandern stammte. Dies geschah am Hof Bischof Ethelwines (gestorben um 1072), der seinerseits der angelsächsischen Opposition angehörte, die Flucht vor Wilhelms Rache ergriff und später gefangen genommen wurde. Aber schlimmer noch: Die Aufständischen verhandelten mit dem dänischen König Sven Estridson (1047-1074), der Anspruch auf den englischen Thron erhob und mit 240 Langbooten in der Humber-Mündung auftauchte, um sein Heer mit dem Edgar Aethelings zu vereinigen. Dies rief zahlreiche Unterstützer auf den Plan, die im September 1071 das von Normannen gehaltene York verwüsteten und etliche Burgen Wilhelms zerstörten.


Das mittelalterliche York - Nach Aufständen der überwiegend dänischen Bevölkerung, wurde die Stadt von Wilhelm zerstört und von einer wiederaufgebauten Festung an der Ouse gesichert.

Als sich auch noch das mittelenglische Mercia erhob, begann Wilhelm einen entschlossenen Feldzug in den Norden. Den schon bald besiegten Engländern und Dänen gewährte er Gnade, befahl aber zugleich die rigorose Verwüstung der Städte, Dörfer und Bauernhöfe zwischen York und Durham, von Stafford, Derby und Chester, was zur »Heimsuchung des Nordens« wurde. Dem einfachen Volk wurde anscheinend wenig Gnade zuteil, weswegen Chronisten wie Ordericus Vitalis und Simeon von Durham von unzähligen Leichen berichten.


Held Hereward the Wake - er hatte einen dänischen Vater namens Asketil, weswegen er als Wikinger wahrgenommen wurde. 1069 oder 1070 soll der dänische König Sven Estridsson ein Expeditionskorps ausgesandt haben, um sich auf der Isle of Ely festzusetzen. Dieser Truppe soll sich Hereward angeschlossen haben. Seine erste Aktion sei 1070 die Plünderung der Peterborough Abbey gewesen – mit der Begründung, die Schätze und Reliquien der Abtei vor den Normannen in Sicherheit bringen zu wollen.Im Jahr darauf wurde er auf der Isle of Ely von den Normannen angegriffen und wurde nur gerettet, weil der Bohlenweg, den die Normannen legen ließen, unter der Last der Soldaten, Pferde und Waffen versank. Die Normannen, vielleicht unter Führung eines Ritters namens Belasius (Belsar), sollen danach einen Mönch von der Insel bestochen haben, ihnen eine sichere Strecke durch das Marschland zu zeigen, durch die sie Ely erobern wollten. Hereward wiederum soll in die Fens entkommen sein, von wo aus er seinen Widerstand fortsetzte. In der Gesta Herewardi von Ingulf von Croyland, einer Chronik aus dem 15. Jahrhundert, wird berichtet, Hereward sei von König Wilhelm begnadigt worden.

Dies war nicht nur die Zeit der Gewalt und des Totschlags, sondern auch die der Legenden. Die berühmteste rankt sich um den aufständischen Outlaw Hereward the Wake, der in den East Midlands gegen die Normannen focht und damit ein vielleicht historisches Vorbild für Robin Hood abgegeben hat. Nach Wilhelms rigorosem und blutigem Einschreiten herrschte relative Ruhe in England, zumal Wales durch die Grenzsicherung auf Distanz gehalten werden konnte und sich Schottlands König Malcolm III. einem Friedensschluss unterwarf und sogar einen Treueid gegenüber Wilhelm leistete. Seinem Schwager Edgar Aetheling wurde Gnade gewährt.

Auf die zahlreichen anderen Unruhen kann hier nicht im Einzelnen eingegangen werden. Erwähnt sei lediglich der 1082 aufgedeckte angebliche Aufstandsplan von Wilhelms Halbbruder Odo, dem man bis heute gern geistige Verwirrung unterstellt. Wenige Jahre später hegte mit Knut IV. noch einmal ein dänischer König Invasionspläne gegen England. Er scheiterte allerdings bereits im eigenen Land, als er 1086 in Odense einem Volksaufstand zum Opfer fiel. Sinnbildlich endeten damit die engen Beziehungen zwischen Skandinavien und England, das sich von nun an ganz nach Frankreich ausrichtete.

Primärquelle: Krause, Die Normannen
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Die Herrschaftszeit Wilhelms und seines Nachfolgers Wilhelm II. Rufus

Die zahlreichen Unruhen und Bedrohungen sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Wilhelm während seiner Regierungszeit eine typisch normannische Herrschaft etablierte, die England regelrecht umkrempelte. Die Basis dafür bildeten einschneidende Veränderungen der zeitgenössischen Eliten, nämlich im Adel und unter den führenden Klerikern. Normannische Adlige, aber auch Bretonen, Flamen und andere Nordfranzosen erhielten als Gefolgsleute Wilhelms Land als Lehen, wobei normannisches Recht angewandt wurde. Dadurch und indem sie als Vasallen Wilhelms seine Herrschaftsgeschäfte besorgten, übte diese Schicht fortan die Kontrolle über England aus. Da hiermit die alteingesessene angelsächsische Aristokratie verdrängt und entmachtet wurde, kann von einem »Elitenaustausch« gesprochen werden.

Diesen königlichen Vasallen und ihren Gefolgsleuten fiel es zu, von ihren Turmanlagen aus Holz und Stein als Motten das Land zu beherrschen. Wilhelm trieb den forcierten Bau und Ausbau solcher frühen Burgen voran, sodass nachfolgend England von einem dichtem Netz überzogen wurde. Für die Zeit um 1100 geht man von ca. 5000 Anlagen dieser Art aus. Sie symbolisierten wie der Tower von London die normannische Herrschaft und wurden dementsprechend von den Angelsachsen nicht selten als Zeichen der Unterdrückung gesehen.


Yorks Clifford's Tower - Die erste Motte an dieser Stelle wurde 1068 nach der normannischen Eroberung von York gebaut. Nachdem diese Burg bereits im Folgejahr von Rebellen und einer Wikingerarmee wieder zerstört worden war, wurde sie wieder aufgebaut und mit ausgedehnten Wasserbefestigungsanlagen, wie z. B. einem Burggraben und einem künstlichen See, besser befestigt. York Castle war eine wichtige königliche Festung im Norden Englands.

Ebenso rückten Normannen und Nordfranzosen in die höchsten Ämter der englischen Kirche - nicht zuletzt mit Hilfe päpstlicher Legaten. Bekanntlich waren die Beziehungen der normannischen Herzöge zu den Päpsten recht gut, sodass diese Wilhelms Invasion absegneten. Den Päpsten jener Zeit war an Kirchenreformen gelegen, was beim englischen König auf offene Ohren stieß: Er berief reformorientierte Äbte und Mönche aus der Normandie nach England und besetzte viele Bischofstühle neu. Beispielhaft steht dafür die Einsetzung Lanfranks als Erzbischof von Canterbury. Überhaupt etablierte sich jetzt dessen Vormachtstellung in der englischen Kirche, die wiederum stark auf den König fixiert war. Das bewährte Kirchensystem der Normandie fand nun auch dort Anwendung, was sich in Konzilien, Synoden, den kirchlichen Gerichtshöfen und der Anwendung des kanonischen Rechts zeigte.


Lanfrank von Canterbury

Was die weltliche Verwaltung betraf konnte Wilhelm auf das vorhandene angelsächsische System zurückgreifen, das hinreichend effizient war. Seine Grundlage bildeten die Grafschaften, denen die Sheriffs aus dem lokalem Adel als Vertreter des Königs vorstanden. Der Herrscher folgte noch der überkommenen Tradition des Reisekönigtums, das ihn im Land herumführte. Gleichwohl bildete der Hof die Verwaltungszentrale, die sich durch einen ungewöhnlich hohen Grad an Schriftlichkeit auszeichnete. Sie fand einen Ausdruck in den königlichen Schreiben (engl. writs), die altenglisch verfasst und besiegelt wurden.

Ungewöhnlich für die Zeit waren die hohen Geldeinkünfte der Krone, wo doch sonst eher Naturalien als Abgaben üblich waren. Dieses englische Erbe kam der normannischen Herrschaft sehr gelegen, nur dass Wilhelm es durch weitere Reformen in Verwaltung und Gesetzgebung ausbaute. In den Grafschaften (shires, counties) setzte er selbstredend seine Beamte und Gerichte ein. Als sein Meisterstück gilt bis heute die Anlegung eines Grundkatasters, des sogenannten Domesday Books. Die Angelsächsische Chronik vermeldet dazu, am Weihnachtsfest 1085, das der König mit dem Hof in Gloucester verbrachte, habe er mit seinen Ratgebern über England diskutiert, »wie es bewohnt war oder mit welchen Menschen. Dann entsandte er seine Männer in jedes einzelne Shire Englands, um herauszufinden, wie viele Hunderte von Hufen es in dem Shire gab oder welchen Grundbesitz und welches Vieh der König in diesem Land besaß oder welche Abgaben ihm jährlich von diesem Shire zustanden. Er ließ auch notieren, wie viel Land seine Erzbischöfe besaßen und seine Bischöfe und Äbte und Earls und was oder wie viel Land oder Vieh jeder Mann hatte, der Land besaß in England, und wie viel Geld es wert war. Er ließ es so gründlich prüfen, dass es nicht eine einzige Hufe gab, nicht ein Yard Land, nicht einmal ... einen Ochsen, eine Kuh, ein Schwein, die nicht berücksichtigt wurden, die nicht in seinem Bericht festgehalten wurden. Und anschließend wurden alle Berichte zu ihm gebracht.«

Das bereits im folgenden Jahr fertiggestellte und lateinisch geschriebene Domesday Book (Buch des jüngsten Gerichts, weil es bis dahin gültig sein sollte) war eine umfangreiche und detaillierte Aufstellung der Besitzverhältnisse in England und damit ein »einzigartiges Zeugnis für den verwaltungstechnischen Vorsprung« der Normannen gegenüber den anderen europäischen Reichen. Auf seiner Grundlage wurden über Jahrhunderte die Abgaben erhoben. Nicht zuletzt verschaffte es dem König einen Überblick über die königlichen Güter und die darauf fälligen Abgaben. Auf der Grundlage dieser englandweiten Erhebung lassen sich ziemlich genau Angaben über die Bevölkerungs- und Machtverhältnisse im England des ausgehenden 11. Jahrhunderts machen. Demnach standen den 1 bis 1,5 Millionen Einheimischen (Angli) höchstens 25.000 Franci (Normannen und Nordfranzosen) gegenüber, von denen wiederum 250 alle führenden Positionen des Königreichs innehatten. Ein Fünftel des Landes gehörte dem König und machte ihn zum größten Grundbesitzer, die Hälfte war in Händen von 10 Normannen, der Rest gehörte der Kirche. Nur 8 Prozent der Grundbesitzer sollen englischer Herkunft gewesen sein. Durchaus zutreffend sind diese Besitzverhältnisse als Ausdruck einer »koloniale[n] Fremdherrschaft« gewertet worden.

Allerdings wurde die umfassende Verfügungsgewalt über die wirtschaftlichen Ressourcen durch die immer wieder instabilen Verhältnisse der feudalen Herrschaftsform relativiert. Als Hauptproblem erwies sich die gemeinsame Regierung von England und der Normandie, die in beiden Gebieten die persönliche Präsenz des Herrschers nötig machte. Denn bei längerer Abwesenheit drohten Aufstände. In der Normandie standen die Nachbarn jederzeit zum Angriff bereit, so etwa der umtriebige Graf Fulco IV. von Anjou (1068-1109). Auf den konstanten Gegensatz zwischen Wilhelm und König Philipp von Frankreich ist bereits hingewiesen worden. Fatalerweise fand dieser selbst in Wilhelms Familie Verbündete, so in Robert Kurzhose.


Robert Curthose (dt. Kurzhose)

Dies änderte nichts an den grundlegenden Überlegungen zur Machtverteilung des anglo-normannischen Reiches, wobei Wilhelm sich auch um seinen Nachfolger Gedanken machen musste: Von seinen vier Söhnen erhielt der älteste Robert Kurzhose (engl. Robert Curthose, frz. Robert Courteheuse, Herzog 1087-1106, 1134) noch zu Wilhelms Lebzeiten das Herzogtum Normandie und Maine, weshalb er dem französischen König den Lehnseid ablegte. Richard starb bereits 1081 bei einem mysteriösen Jagdunfall. Der jüngste Heinrich Beauclerc erhielt bezüglich etwaiger Ansprüche eine Abfindung von 5000 Pfund Silber. Außerdem nannte er Güter in England und der Normandie sein eigen. Wilhelm Rufus nahm in Abwesenheit seines Vaters die Herrschaft über England wahr und galt als dessen Favorit.

Der Tod ereilte Wilhelm den Eroberer schließlich während eines Feldzugs gegen den französischen König. Gerade hatte er die Stadt Mantes-la-Jolie niederbrennen lassen, da stürzte er vom Pferd und erlag schließlich am 9. September 1087 in Rouen seinen Verletzungen. In der ihm verbleibenden Zeit bestätigte er die erwünschte Erbfolge an Wilhelm Rufus. Seine letzte Ruhe fand er in St. Stephan in dem von ihm gegründeten Caen.


Wilhelm II. Rufus

Seine Nachfolge trat also Wilhelm II. Rufus, engl. William II, frz. Guillaume le Roux, »der Rothaarige«, 1087-1100, an. Er blieb als ehe- und kinderloser Monarch in Erinnerung, der im Sommer 1100 wie sein Bruder Richard knapp 20 Jahre vorher im New Forest in Südengland einen tödlichen Jagdunfall hatte. Ob ihn ein verirrter Pfeil traf oder ob er einem Mordanschlag zum Opfer fiel ist bis heute ungeklärt. Jedenfalls starb er ohne Beichte und ohne einen Nachfolger. Dazwischen lagen mehr als 10 Jahre voller Unruhen, voller Konflikte mit Aristokratie und Kirche, die Wilhelm II. zu einem der unbeliebtesten Herrscher Englands machten. Laut Ordericus Vitalis wartete er die Beerdigung seines Vaters in Caen gar nicht erst ab, sondern setzte möglichst schnell nach England über. Dort galt seine Krönung keinesfalls als sicher und er musste sich noch längere Zeit gegen seinen Bruder Robert Kurzhose durchsetzen, der mit seinen Thronansprüchen durchaus Unterstützung fand. Bereits im folgenden Jahr zettelte Robert einen Aufstand an, dem aber kein Erfolg beschieden war. Die Bruderkämpfe dauerten an und führten zum Angriff König Wilhelms II. in der Normandie, wo Robert Gebiete östlich der Seine abtreten musste. Sie fanden erst ein Ende, als sich Herzog Robert 1096 zur Teilnahme am ersten Kreuzzug entschloss und Wilhelm die Normandie nebst aller herzoglichen Rechte auf drei Jahre verpfändete.

Unter dem neuen König erfuhr das übliche gute Verhältnis zur Kirche etliche Schwankungen. Wilhelm wollte sich nach dem Tod von Erzbischof Lanfrank von Canterbury 1089 nicht für eine rasche Neubesetzung entscheiden - mutmaßlich weil bei unbesetzten Bistümern deren Einnahme an die Krone gingen und Wilhelm für seine großzügige Hofhaltung bekannt war. Mit dem dann doch berufenen Anselm von Canterbury entbrannte ein sich Jahre hinziehender Streit über Abgaben an den König bei Neubesetzung eines Bistums. Letztlich ging es um die auch andernorts im Abendland umstrittene Frage des Verhältnisses von König und Kirche bzw. Papst. In England führte sie zu einem Streit, der Anselm 1097 ins Exil führte.


Primärquelle: Krause, Die Normannen

Das normannische England

Mit dem Tod Wilhelms II. war gewissermaßen die Halbzeit der vier normannischen Monarchen erreicht. Während die beiden Wilhelme noch stark ihrer Herkunft aus der Normandie verpflichtet waren, sahen sich ihre beiden Nachfolger Heinrich I. und Stephan von Blois stärker dem Land der Angli verbunden. Nehmen wir also das Jahr 1100, um ein kurzes Resümee über die normannische Herrschaftsepoche zu ziehen.

Mit der Invasion von 1066 und der gleichzeitigen Niederlage des norwegischen Königs im Norden Englands fand, wie geschildert, ein Orientierungswechsel statt. Denn die traditionellen Verbindungen Englands und der gesamten Britischen Inseln zu Skandinavien wurden mehr oder weniger gekappt. Damit endete eine ein halbes Jahrtausend andauernde Epoche von Beziehungen, die mit der Einwanderung der Angeln und Sachsen aus Süddänemark und Norddeutschland im 5. Jahrhundert ihren Anfang genommen hatten und die in der Wikingerzeit ihre intensivste Phase erlebten bis hin zu dänischen Königen auf dem angelsächsischen Thron.

Mit den normannischen Herzögen und ihren französischen Nachfolgern stand nun der südliche Nachbar jenseits des Ärmelkanals im Fokus des politischen, militärischen und kulturellen Geschehens, was letztlich bis ins 15. Jahrhundert währen sollte. Aus diesem Kontrast entwickelte sich die Dominanz der neuen tonangebenden Elite. Gleichwohl gilt festzuhalten, dass die verfemende Beurteilung der normannischen Unterdrücker erst in der angel-sächsischen Romantik des 19. Jahrhunderts aufkam. Im Mittelalter schien hingegen eine ausgesprochen »normannische Identität« nach 150 Jahren verschwunden. Was aber nicht ausschloss, dass die mit ihnen verbundene französische Kultur ein starkes Gewicht hatte und mit der Zeit auch von Engländern angenommen wurde.


Gewandeltes angelsächsisches Widerstandsidol: Vom blonden Robin zum dunkelhaarigen - Entsprechend seines angelsächsischen und dänischen Hintergrundes passt nur ersteres

Als Zug durchgehender Neuerung seit 1066 hat die konsequente Anwendung des Lehnswesens zu gelten, verbunden mit der Ausrichtung auf den König als obersten Lehnsherrn. Obwohl der Adel nun normannisch-französischer Herkunft war, blieben die Herrschaftsverhältnisse für die englischen Bauern im Großen und Ganzen gleich. Eine wichtige Neuerung bestand darin, dass die Sheriffs der einzelnen Grafschaften nicht mehr den Grafen, sondern unmittelbar dem König unterstanden. Überhaupt erfuhr die Gesetzgebung etliche Veränderungen zugunsten des Königs, wobei die Forstrechtsprechung als besonders störend oder ungerecht empfunden wurde. Das Wild der Wälder hatte nämlich ausschließlich der königlichen Jagd zu dienen. Das dementsprechende Jagdverbot galt auch für den Normannenadel und sah für Wilderer hohe Strafen vor und diente als Hintergrund bei Verfilmungen des Robin-Hood-Stoffes. Den englischen Dörfern drohten übrigens auch dann hohe Strafen, wenn in ihrer Mitte ein Normanne getötet und der Täter nicht gefunden werden konnte.

Das bis heute prägendste Erbe der normannischen Herrschaft zeigt sich in der englischen Sprache. Sie war durch die Dominanz des Französischen starken Veränderungen ausgesetzt. Allerdings blieb dieses immer die Sprache der Oberschicht und konnte sich in der ganz überwiegenden Bevölkerungsmehrheit der angelsächsischen Bauern nicht durchsetzen. In den Schriftzeugnissen ist jedoch über mehrere Jahrzehnte der Rückgang englischer Texte zu beobachten, erst um 1200 nimmt ihre Zahl wieder zu. Der Adel sprach allerdings französisch und dies wurde auch am königlichen Hof gepflegt.

Erst unter Edward III. (1312-1377) griff man wieder auf englisch als Hofsprache zurück. Richard II. (1367-1400) schließlich soll Englisch als Muttersprache gesprochen haben. Dazu kam es unter anderem, weil die städtischen Mittelschichten in London und andernorts ihre Geschäfte in englischer Sprache betrieben und weil der Adel mit seinen militärischen Interventionen in Frankreich zurückgeschlagen wurde und sich auf einen englischen und englischsprachigen Patriotismus besann. Als deutlichstes Vermächtnis blieb dem Englischen eine Vielzahl französischer Lehnwörter wie beef »Rindfleisch«, pork »Schweinefleisch«, joy »Freude«, pleasure »Vergnügen«, damage »Schaden«, judge »Richter« und zahlreiche andere.

Primärquelle: Krause, Die Normannen

Die Anglo-Normannen

Wilhelm Rufus starb, ohne Erben zu hinterlassen. In der Thronfolge sprach darum alles für seinen jüngeren Bruder Heinrich, zumal der zweite Sohn Wilhelm des Eroberers, Herzog Robert, noch im Heiligen Land war.


Heinrich I. (Henry Beauclerc)

Heinrich war beim Tod des Königs zugegen und ergriff offensichtlich die Initiative, indem er in Witanchester (Winchester) den Staatsschatz an sich brachte. Rigorosen Widerstand von Adel und Klerus gab es nicht, und damit stand seiner Krönung nichts im Wege. Mit Heinrich I. (Henry I, Henry Beauclerc, 1100-1135) bestieg ein Mann Anfang 30 den Thron, der in Yorkshire geboren worden war und dem die englische Sprache vertrauter als seinen Vorgängern gewesen sein dürfte. Dass ihm stark an der Verwurzelung in seinem englischen Reich gelegen war, belegt die Heirat im Jahr des Thronantritts: Mit Edith (gestorben 1118) verband er sich mit der Tochter des schottischen Königs Malcolm, die über ihre Mutter Margarete von Ethelred II. abstammte und damit aus der Linie der angelsächsischen Wessex-Herrscher.

Edith kam insofern dem skeptischen normannischen Adel entgegen, als sie den normannischen Namen Mathilde (Matilda) annahm. Mit ihr sollte Heinrich zwei Kinder haben, nämlich Wilhelm Aetheling (geboren 1120) und Mathilde (Matilda, engl. Maud, 1102-1167, Kaiserin 1114-1125).

Drei Jahre nach dem Tod der Königin ehelichte er mit Adelheid von Löwen eine Tochter des Grafen Gottfried I. von Löwen, mit der er allerdings keine Kinder hatte. Zahlreiche Nachkommen zeugte er hingegen mit Frauen aus diversen informellen Beziehungen, nämlich knapp zwanzig. Dies änderte freilich nichts an Heinrichs anfänglicher Intention, die alte englische mit der normannischen Herrscherlinie zu verknüpfen.
Ebenso schlug Heinrich in der Staatspolitik neue Wege ein: Unmittelbar mit Beginn seiner Herrschaft erließ er eine Freiheitscharta (Charter of Liberties), die dem Adel gewisse Rechte gegenüber der Krone zugestand und damit als Vorläuferin der berühmten Magna Charta von 1215 gilt. Das betraf vor allem den hohen Adel in seinen säkularen wie kirchlichen Machtpositionen.

Daneben legte Heinrich viel Wert darauf, Niedergeborene und soziale Aufsteiger als Ausgleich gegen die Barone zu etablieren, sie somit als Verbündete der Krone zu gewinnen. Diese Politik griff über die Grenzen der normannischen Elite hinaus und berücksichtigte auch Engländer. Man darf sogar von einer Anglisierung sprechen, die einen bedeutenden Ausdruck in der Angleichung der unterschiedlichen Rechtstraditionen fand. Die königliche Gesetzessammlung der Leges Henrici Primi (»Gesetze Heinrichs I.«) erfasste ganz bewusst die angelsächsische Volksüberlieferung.

Heinrich I. betrieb zudem einen in seiner Zeit modernen Ausbau der Administration, in deren Zentrum der König stand. Nirgendwo sonst im Europa nördlich der Alpen war eine Verwaltung zu finden, die sich eines ähnlich hohen Grades an Schriftlichkeit bediente. Dafür sprechen im Schnitt 4500 Urkunden pro Jahr. Aus der Fülle der Reformen in Rechtswesen und Verwaltung sei die damals ungewöhnliche Einrichtung einer Finanzbehörde herausgegriffen, die als Schatzamt (engl. exchequer) der Stärkung der Monarchie diente und vergleichbares nur im normannischen Königreich Sizilien fand. Der Exchequer (von lat. scaccarium, frz. Echiquier »Schachbrett«) kontrollierte die Einnahmen der Sheriffs als Verwalter des königlichen Landbesitzes. Diese mussten Einnahmen und Ausgaben nach einem schachbrettartigem Schema abrechnen - daher der Name -, und das Ergebnis in Schriftrollen (engl. pipe rolls, erst seit Johann Ohneland erhalten) dokumentieren. Der Exchequer orientierte sich dafür am Domesday Book und den vorherigen Abgaben. Außerdem mussten die Sheriffs zweimal im Jahr bei Hof vorsprechen. Die gewonnenen Einnahmen wurden derart genauestens dokumentiert und verwaltet.

Die zunehmende Macht der Finanzen und des Geldes zeigte sich hier erstmals in Europa. Insgesamt war Heinrichs Politik einer effizienten Verwaltung und des rechtlichen wie gesellschaftlichen Ausgleichs zwischen Normannen und Engländern von Erfolg gesegnet - immerhin scheinen sich sogar unter den Sheriffs Engländer befunden haben. Und zu Aufständen gegen ihn ist es den Berichten nach kaum gekommen. Insofern könnte die Beschreibung des Chronisten Ordericus Vitalis durchaus der historischen Wirklichkeit entsprechen: »Engländer und Normannen lebten friedlich in Dörfern, Burgen und Städten zusammen und verbanden sich einander in der Ehe. Man konnte in vielen Dörfern oder auch auf den städtischen Märkten französische Waren und Handelsgut ausgelegt sehen, und man konnte die Engländer, die früher mit ihren einheimischen Kleidern den Franzosen verächtlich erschienen, jetzt verändert nach fremder Sitte sehen.«

Primärquelle: Krause, Die Normannen