Der Sänger-Antipodenbomber

Unter dem von den Alliierten 1945 erbeuteten deutschen Geheimmaterial befand sich das sensationelle Projekt eines »Hemisphärenbombers« von Eugen Sänger, dessen Tragfähigkeit, Reichweite und Geschwindigkeit weit über das damals überhaupt vorstellbare Maß hinausging. »Mit dieser Maschine und einer Atombombe sind wir die Herren der Welt«, soll Josef Stalin gesagt haben, als er 1947 die übersetzten Beuteunterlagen über den »Hemisphärenbomber« studiert hatte.


Der geniale Konstrukteur Eugen Sänger

Hatte Stalin erkannt, was sein ehemaliger Konkurrent in Berlin für den Fall plante, dass der Krieg noch länger gedauert hätte? Die gesamte deutsche Kriegsstrategie wurde nach der verlorenen Schlacht auf Zeitgewinn ausgelegt und wenn einige wichtige Ereignisse anders verlaufen wären, hätte das sogar funktioniert. Bei Prof. Sängers bis heute technisch immer noch nicht verwirklichtem Projekt ging es um die Schaffung eines bemannten Interkontinentalraketenflugzeugs. Am Rande des Weltraums fliegend, sollte es in 40 bis 150 Kilometern Höhe in 150 Minuten die Erde umkreisen und nach seiner Rückkehr vom anderen Ende des Globus für den nächsten Einsatz wieder verwendbar sein.

Dies wäre die Verwirklichung der fünften Entwicklungsstufe des Hitlerschen Raumfahrtprogramms gewesen. Das Projekt wurde in der Nachkriegszeit als ehemalige deutsche »Geheime Kommandosache UM 3538« bekannt, die im August 1944 von Dr. Eugen Sänger und Dr. Irene Bredt unter dem Titel Über einen Raketenantrieb für Fernbomber fertiggestellt wurde. Sie enthielt ein geheimes wissenschaftliches Expose mit umfangreichen physikalischen, mathematischen, chemischen und gasdynamischen Studien, Berechnungen und Zahlenangaben. Das geheime Expose UM 3538 befasste sich mit einer Entwicklung, deren Anfänge bereits weit in die 1930er Jahre zurückgingen und in die schon lange vor dem Krieg beträchtliche Mittel der Luftwaffe geflossen waren. Schon 1931/32, also noch vor der Machtübernahme Adolf Hitlers, hatte Eugen Sänger die ersten Entwürfe eines Raketen-Stratosphärenflugzeuges mit interkontinentaler Reichweite veröffentlicht.

Eugen Sänger und sein Team hatten schon vor mehr als 60 Jahren die Entwicklung der halbballistischen Überschallflugkörper und Raumtransporter betrieben sowie bewiesen, dass ein mit Raketenantrieb auf entsprechende Geschwindigkeit und Flughöhe gebrachter Flugkörper bei Eintritt des Kräftegleichgewichts zwischen aerodynamischem Antrieb plus Fliehkraft auf der einen Seite und der Schwerkraft auf der anderen Seite nur sehr geringe Bremsverzögerung beim Wiedereintritt in dichteren Luftschichten der unteren Atmosphäre erfahren würde. Diese Werte sind mit dem menschlichen Belastungsvermögen durchaus vereinbar, wie die modernen Astronauten-Einsätze bewiesen haben.

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg wies Eugen Sängers Team nach, dass die in diesem »Gleichgewichtszustand« erzielbaren Flugweiten einen sehr hohen Prozentsatz des Erdumfanges erreichen würden. Dabei könnten die ins Spiel gebrachten Bahngeschwindigkeiten weit unterhalb der Orbital-Kreisbahngeschwindigkeit von etwa 28 000 km/h bleiben, wenn der Flugkörper aerodynamisch so günstig entworfen würde, dass der von ihm erzeugte Auftrieb im Vergleich zum Widerstand groß wäre. Hinzu käme im Gegensatz zu den ballistischen Raketen Peenemündes der Vorteil, dass das Fluggerät nicht verlorenginge, sondern wie die heutigen »Space Shuttle« wiederverwendet werden kann.

Ging es Eugen Sänger Anfang der 1930er Jahre noch um einen zivilen Weltraumtransporter, entstand nach Kriegsausbruch daraus der »Hemisphären-Raketenbomber«, der mit Bomben bestückt in Orbitalhöhe und im Non-Stop-Flug in 150 Minuten um die Erde fliegen sollte. Prof. Sänger reichte diesen denkwürdigen Vorschlag unter der »Geheimen Kommandosache Nr. 4268/LXXX5« mit den Konstruktionsanlagen am 3. Dezember 1941 beim Reichsluftfahrtministerium (RLM) zur Genehmigung ein. Das 900 Seiten umfassende wissenschaftliche Werk war jedoch wohl zu anspruchsvoll, um bei den zuständigen Stellen genügendes Interesse zu finden, und so wurde Eugen Sängers geniale Arbeit statt dessen zu den Akten gelegt.


Eugen Sängers Silbervogel - Eine konventionelle Abwurfwaffe sollte er nicht ins Ziel tragen...

Im August 1942 wurden Prof. Sänger und sein Team zur DFS (Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug) in Ainring versetzt. Der Chef der DFS-Ainring, Prof. Walter Georgii, sorgte dann dafür, dass Eugen Sänger seinen Bericht von 1941 völlig überarbeitete und auf ein »verständliches Maß« kürzte. Er wurde als UM 3538 am 22. September 1944 herausgebracht und fand dieses Mal Verbreitung weit über die »Fachidioten« des RLM hinaus. Prof. Georgii wusste, wie man einer Idee Raum schuf! Auch nach dem Ende des Krieges kursierte Sängers Bericht bei zahlreichen Stellen. Er gilt noch heute als der entscheidende Meilenstein auf dem Weg zum wieder verwendbaren Raumtransporter, obwohl es sich nur um eine verständlichere Version der Erkenntnisse Sängers handelte, die dieser bereits drei Jahre vorher den zuständigen deutschen Stellen vorgelegt hatte.


Ganz in weiß gekleidet: Professor Walter Georgii neben dem Segelflieger-As Peter Ernst Riedel

Es ging darin um einen halbballistischen Raketen-Stratosphärenbomber, welcher auf einer wellenförmigen Flugbahn mit etwa 26 000 km/h Geschwindigkeit die Erde umkreisen und typischerweise in 19 200 Kilometern Grösstkreisentfernung als Standardlast eine etwa 3,8 Tonnen wiegende Bombe in 40 Kilometern Höhe auslösen sollte. Der »Sängerbomber« sollte nach einem vier bis acht Minuten dauernden Aufstieg bis in 150 Kilometer Höhe zu einem wellenförmigen Gleitflug übergehen. Dabei wäre das Flugzeug beim Eintauchen in die Atmosphäre an den tieferen Luftschichten nach der Art eines flachen Kieselsteines auf der Wasseroberfläche jeweils abgeprallt und wieder nach oben geschleudert worden. Wie bei einem Kieselstein wären auch beim Sänger-Projekt durch den Verbrauch der kinetischen Energie die »Sprünge« immer kürzer geworden, bis sie am Ende in einen normalen Gleitflug übergegangen wären.[...]

Primärquelle: Georg, Mehner, Atomziel New York
http://www.danielsww2.com/page14.html
https://twitter.com/ron_eisele/status/1175535908323581953

Der Silbervogel in der Entwicklung

Zwei bemannte Versionen und eine unbemannte Ausführung des Sängerbombers wurden für Interkontinentalangriffe vorgeschlagen. Der Unterschied zwischen beiden bemannten Versionen bestand im Weg ins All und in der transportierten Nutzlast.


Der Silbervogel über dem Suezkanal - Solche neuralgischen Ziele dürften sicher diskutiert worden sein, zumal die Luftwaffe bereits dort Angriffe geflogen hatte.

Bei dem mit einer größeren Bombenlast beladenen »Antipodenferngleiter« sollte ein steiler Startwinkel verwendet werden. Dies hätte die Reichweite so verkürzt, dass das Fluggerät nach dem Bombenabwurf auf New York auf einem eigens dafür eingerichteten Stützpunkt auf der Pazifikinsel Tinian landen sollte. Sie gehörte damals zu den japanisch besetzten Marianen, die vor dem 1. Weltkrieg zu Deutschland gehörten. Diese Ausführung lief deshalb auch unter dem Namen »Marianenversion«.

Der anderen Version, dem sogenannten »Globalferngleiter«, sollte ein flacher Startwinkel die Rückkehr nach einer Erdumkreisung möglich machen. Eugen Sänger rechnete hierbei mit vierzehn nötigen »Sprüngen« für eine Erdumkreisung. Der 100 Tonnen schwere Bomber wäre schließlich nach etwa 150 Minuten Gesamtflugdauer wieder an seinem Ausgangspunkt angelangt und auf Kufen oder einem Fahrwerk gelandet.


Tinian in den Marianen - Die Amerikaner flogen von hier aus ihre Atombombenangriffe auf Japan. Hier sollte der Antipodenfernbomber nach seinem New-York-Angriff landen

Welche der beiden bemannten Versionen zuerst verwirklicht werden sollte, ist unbekannt. Erste Hinweise sprechen dafür, dass die Japaner bereits über das Projekt »Antipodenferngleiter« eingeweiht waren. Soweit bis jetzt bekannt wurde, bestanden äußerlich keine erkennbaren Unterschiede zwischen »Antipodenferngleiter« und »Globalferngleiter«. Prof. Sängers wieder verwendbares Raumflugzeug wäre jedenfalls eine echte Alternative zu den unwirtschaftlichen ballistischen »Einmalraketen« aus Peenemünde gewesen.

Bei der unbemannten Version sollte der Sängerbomber mit einer Bombenlast von 17 Tonnen als Verlustgerät mit erdumfassender Reichweite dienen. Um diese Leistungen zu erreichen, war vorgesehen, den Sängerbomber mit einer Ausstoßgeschwindigkeit der Triebwerksverbrennungsgase von 5000 m/s zu beschleunigen. Bei den bemannten Versionen waren wegen der menschlichen Beschleunigungsempfindlichkeit nur Ausstoßgeschwindigkeiten von 3000 bis maximal 4000 m/s möglich.

Je nach Reichweite betrug die typische Bombenlast bei einem Einsatz zwischen 250 Kilogramm auf dem »Interglobalferngleiter« und 4600 Kilogramm auf dem »Antipodenferngleiter«. Aufgrund der stratosphärischen Bedingungen ähnelten die Bomben des Sänger-Flugzeuges äußerlich einer EMW-A-4 Rakete ohne Schwanzflossen, womit die den Anforderungen zum Abwurf aus großer Höhe angepasst waren. Je nach Waffenart konnte zum Abbremsen der Fallgeschwindigkeit ein Bandfallschirm der FGZ (Forschungsanstalt Graf Zeppelin) im Heckteil eingebaut werden. Die typische Bombenlast zum Abwurf auf New York sollte 4000 Kilogramm betragen. Die 6,1 Meter lange Waffe hatte einen Durchmesser von einem Meter und sollte in 40 Kilometer Höhe ausgelöst werden. Es wäre aber auch der Einsatz mehrerer Waffen mit einem Gesamtgewicht von etwa 4000 Kilogramm möglich gewesen.


New Yorks Trefferplan, der Zielpunkt lag im Wasser, oder besser über dem Wasser: In einer Computeranalyse auf Basis der Daten, die im Trefferplan für den New Yorker Stadtteil Manhattan ausgewiesen sind, wurde eindeutig bestätigt, dass es sich hierbei nicht um irgendeine Phantasiedarstellung handelt, sondern dass der Einsatz einer Kernwaffe mit einer genau definitierten Sprengstärke wiedergegeben wurde. Die Daten lassen Rückschlüsse auf den Typ der Atombombe zu, die eingesetzt werden sollte: es handelte sich hierbei um eine Uran-235-Waffe. Die Analyse beweist außerdem, dass die in der Geschichtsschreibung vertretene Behauptung, man hätte die Wirkungen einer Atomwaffe deutscherseits erst nach dem Krieg genau berechnen und verstehen können, unwahr ist. Die Autoren Georg und Mehner dankten in diesem Zusammenhang Herrn Ing. Bernd Schulze, Chemnitz, für seine selbstlose Unterstützung bei der Realisierung der Arbeit Ingenieurtechnische Computeranalyse, Zielplan New York, Abbildung 104, Chemnitz, 2004 (Archiv d. Verf.) Herr Schulze wies uns zudem daraufhin, dass der Sängerbomber-Einsatzplan vorsah, mit neun Atomwaffen a' 500 Kilogramm nach New York zu fliegen und dort diese abzuwerfen. Die Folgen hätten die schlimmsten Befürchtungen der US-Militärs und der Politiker übertroffen - New York hätte aufgehört zu existieren!

Eugen Sänger versah seine Arbeit bereits mit hypothetischen Trefferplänen für einen Bombenangriff auf New York, wobei in der Literatur meist jener Plan publiziert wird, der die Wirkung einer einzigen frei fallenden Bombe darstellt. Dieser Trefferplan wurde später von der US-Air Force veröffentlicht und zeigt, was die Zerstörungen angeht, fast identische Wirkungskreise wie die Atombombe, die auf Hiroshima fiel. Dies dürfte kaum Zufall gewesen sein! Obwohl es nach der veröffentlichten Geschichtsschreibung seit 1942 kein deutsches Atombombenprojekt mehr gab, sprechen heute fast sämtliche Fachleute ungeniert darüber, dass letztlich eine A-Bombe die Nutzlast des Stratosphärenbombers bilden sollte. Dieser Widerspruch scheint niemandem aufzufallen oder irgendwie zu stören - ein typisches Zeichen eines offen zur Schau gestellten gespaltenen Bewusstseins. Immerhin hat man heute in der Wikipedia auch diese Bombenvariante von David Myhra zitiert: "Der Plan war, dass eine Bombe mit radioaktivem Sand über New York explodieren sollte, damit sich eine radioaktive Wolke bilden würde, die die gesamte Stadt bedecken würde."

Primärquelle: Georg, Mehner, Atomziel New York

Abwurfwaffen und Antrieb des Antipodenferngleiters

Als alternative Bewaffnung war für kurze Streckenziele eine riesige 30-Tonnen-Bombe vorgesehen. Wegen ihrer Größe hätte diese 30-Tonnen-Riesenbombe mit der Bezeichnung »SB 30000« im Gegensatz zu den 1000- und 4000-Kilogramm-Bomben nicht mehr im Bombenschacht mitgeführt werden können, sondern wäre statt dessen auf dem Rücken des Sängerbombers nach dem »Mistel«-Verfahren mitgeführt worden.


Links die vorgesehene 3000 m lange Startrampe für den »Antipodenferngleiter«

Die 11,2 Meter lange und 1,4 Meter breite Riesenbombe hätte 110 Meter Erdreich oder zehn Meter Eisenbeton durchschlagen sollen. Auf die gleiche Weise sollten übrigens auch die Lockheed YF-11- und SR-71-Überschallhöhenflugzeuge der Amerikaner in den 1970er Jahren große Nuklearbomben und RPVs (Fernlenkdronen) auf ihrem Rumpfrücken bis zum Ziel transportieren. Der Sängerbomber hätte mit einer 30-Tonnen-Bombe immerhin noch Ziele im gesamten europäischen Bereich einschließlich Moskaus und Londons wie auch den Suezkanal und die Erdölquellen im Mittleren Osten angreifen können.

Sogar 40- und 60-Tonnen-Bombenlasten wurden zumindest rechnerisch vorgesehen. Mit einer maximal einsetzbaren 60-Tonnen-Bombe hätte der Raketengleiter gerade noch etwa die Reichweite einer Rakete vom Typ A-4 gehabt. Leider haben sich bis heute keine Daten über die vorgesehenen 40- und 60-Tonnen-Bomben-Einsätze finden lassen.

Der Sängerbomber hatte zweifellos das Zeug, eine fürchterliche Vernichtungswaffe zu werden, wenn er rechtzeitig vor Kriegsende fertig geworden wäre. Für eine leichtere Entscheidungsfindung der obersten Führung ließ Eugen Sänger seinem Vorschlag Karten beilegen, die je nach Größe der Nutzlast jeweils in Reichweite befindliche Millionenstädte als lohnende Vernichtungsobjekte für den Hemisphärenbomber vorschlugen.
Außer diesen Angriffen auf großflächige Ziele waren auch Attacken gegen wichtige Punktziele vorgesehen. So wurden von Prof. Sänger überraschende Vernichtungsschläge gegen einzelne Regierungsgebäude oder entscheidende Zusammenkünfte wichtiger Personengruppen vorgeschlagen. Am Ende des Krieges fanden derartige Zusammenkünfte hochrangiger Politiker und Militärs auf alliierter Seite tatsächlich statt. Wie würde unsere Welt heute aussehen, wenn Sängers Bomber plötzlich eine der zahlreichen alliierten Konferenz attackiert hätte? Hierbei sollte auch unter ausdrücklicher Hinnahme des anschließenden Verlusts von Flugzeug und Pilot durch Prof. Sänger kein Ort der Welt vor einem plötzlichen Vernichtungsschlag mehr sicher sein können!


Im Dritten Reich boten sich als Piloten für den »Antipodenferngleiter« tatsächlich einige Testflieger und Segelflug-Asse an, die in Kontakt mit Professor Walter Georgii standen: In der Bildmitte Peter Ernst Riedel, links Heini Dittmar (Testflieger des Raketenjägers Me 163) und rechts Ludwig Hoffmann (Me 262). Inwieweit Professor Walter Georgii bereits vorgefühlt hatte ist zwar unbekannt, doch war wegen seinen Verbindungen durchaus möglich. Denn wenn das Projekt verwirklicht worden wäre, hätte dieser sicher nur Piloten dafür vorgeschlagen, denen er das zu traute und selbst auch kannte. Riedel kannte sogar New York aus der Luft und von seiner kurzen Internierungszeit in den USA, von wo er nach Deutschland zurückkehren konnte. Erst als er als Luftattaché nach Schweden ging waren die Würfel gefallen, dass er nicht als Pilot in Frage gekommen würde

Prof. Sängers Flugzeug der besonderen Art wäre nur von einem Besatzungsmitglied, das in einer Druckkabine untergebracht war, geflogen worden. Die Belastung für den Piloten sollte beim Start und während des gesamten Fluges erstaunlicherweise nicht über 1,5 G (Beschleunigung) hinausgehen.

Obwohl der Sängerbomber für die Landung mit Einziehfahrwerk oder Kufen ausgerüstet war und demzufolge hätte auch so starten können, hatte man für seinen Start eine drei Kilometer lange Startschiene aus Stahl vorgesehen. Von ihr sollte das Gerät durch einen mit Raketenantrieb versehenen Startschlitten »abgeschossen« werden. Sein abwerfbares Triebwerk hätte dabei den riesigen Startschub von 600000 Kilopond erzeugt. Es ist bis heute nicht geklärt, über wie viele Raketentriebwerke der Startschlitten verfügen sollte. Als Treibstoffe des von EMW/Peenemünde zu liefernden Antriebs sollten Sauerstoff und Alkohol dienen. Am Ende der Startstrecke hätte der Startschlitten eine Abhebegeschwindigkeit von 500 m/s gewährleisten müssen. Bis heute streiten sich die Sachverständigen, ob ein, sechs oder 24 Triebwerke hierzu benutzt werden sollten. Lediglich die äußeren Umrisse des Zusatzantriebs wurden veröffentlicht.

Für den Bomber selbst waren ein oder für spätere Ausführungen auch zwei Raketenmotoren mit einem Schub von 100000 Kilopond nach einem Eigenentwurf von Prof. Sänger vorgesehen. Als Antriebsstoffe dienten Sauerstoff und Dieselöl. Alternativ kamen mehrere verschiedene Flüssigkeits- oder Staustrahlantriebe zur Planung. Leider sind kaum Details über sie oder ihre Treibstoffe veröffentlicht worden. Hinweise sprechen dafür, dass Eugen Sänger auch intensiv an der Entwicklung von Wasserstoff-Raketentriebwerken gearbeitet hat und dabei recht weit gekommen ist. Belegbar hingegen ist, dass Sängers ursprünglich vorgesehenes Raketentriebwerk flüssigkeitsbetrieben war und von seinem eigenen Treibstoff gekühlt werden sollte, der in Leitungen um die Verbrennungskammer zirkulierte.

Eugen Sängers Flüssigkeitsraketenmotor zeigte bereits 1941 Leistungen, die jene der Peenemünder A-4-Triebwerke übertrafen. Sein »Motor« erzeugte die überraschend große Ausstoßgeschwindigkeit von 3048 m/s. Im Vergleich dazu erreichte der (spätere!) A-4-Antrieb nur 2000 m/s! Russische Nachkriegsberichte besagen, dass als schnelle Alternativ-Notlösung auch mehrere gebündelte V-2-Triebwerke für die Starteinheit und zwei nebeneinander angeordnete einzelne V-2-Triebwerke für das eigentliche Flugzeug vorgesehen waren.


Der riesige Bombenschacht des Antipodenferngleiters

Prof. Sänger erwähnte auch die Möglichkeit des Einbaus eines atomaren Triebwerks. Da die normale Raketentriebwerksbrenndauer des Sängerbombers nur acht Minuten betragen hätte, wären durch die im Vergleich um ein Vielfaches größere Laufzeit und Schubstärke des atomaren Antriebs ungeahnte erdumfassende Einsatzmöglichkeiten entstanden. Wäre der Einbau solcher Triebwerke gelungen, hätte man sich der siebten Entwicklungsstufe des Hitlerschen Raumfahrtprogramms genähert. Dass an derartigen Atommotoren im Dritten Reich schon gearbeitet wurde, ist nachgewiesen. Bei der normalen Ausführung des Sängerbombers sollten fünf Raketenmotoren verwendet werden. Über und unter dem Hauptantrieb befanden sich zwei kleinere Motoren mit je zehn Tonnen Schub. Zusätzlich befanden sich mindestens zwei weitere Hilfstriebwerke an beiden Seiten.


Das unmanipulierte Foto der Verdampfungsanlage des 100-Tonnen-Verdampfungsanlage für das Sängerbomber-Triebwerk.

Die Hilfsraketen sollten wahrscheinlich der Höhenkontrolle des Sängerbombers dienen. Hätten die Motoren auch zur Steuerung außerhalb der Atmosphäre dienen können - und wenn ja, wäre dies bei der Gewicht/Treibstoffrelation des Raketenflugzeugs damals schon möglich gewesen? Heutige Forscher meinen »Ja«! Wie weit gelangte man bei der Antriebsentwicklung? Es existiert ein Foto der Luftfahrtforschungsanstalt »Hermann Göring« in Trauen aus dem Jahr 1942 (!), das die Vorausentwicklung des Verdampfersystems der 100-Tonnen-Raketen-Hochdruckbrennkammer zeigt. Dieses Foto beweist, dass am Sängerbomber - oder zumindest seiner Triebwerksanlage - bereits früh und intensiver gearbeitet wurde, als heute zugegeben wird. Veröffentlichte Nachkriegsinterpretationen desselben Fotos in anerkannten Referenzwerken behaupten, dass es sich hierbei in Wirklichkeit um ein 2-Tonnen-(!)Raketentriebwerk Eugen Sängers gehandelt hätte. Das ist aber falsch. Der deutsche Original-Bildtext am unteren linken Bildrand der Akte UM 3538 wurde einfach geschwärzt! Durch derlei Manipulationen avancierte die Verdampfungsanlage des 100-Tonnen-Triebwerks zum harmlosen 2-Tonnen-Triebwerk!

Mit solcherlei Methoden kann man freilich unerwünschte Wahrheiten »korrigieren«, und wir müssen uns fragen, wie viele weitere verfälschte Fotos von anderen deutschen Kriegsprojekten noch unerkannt im Umlauf sind. Die Manipulation ist aber auch ein Beweis, dass jemand versuchte, den tatsächlichen Entwicklungsstand bestimmter deutscher Hochtechnologieprojekte zu verfälschen. Aus diesem Grund ist äußerste Vorsicht geboten, wenn behauptet wird, die bisherigen »etablierten« (Technik-) Geschichtsdarstellungen entsprächen der Wahrheit!


Primärquelle: Georg, Mehner, Atomziel New York

Die Entwicklungsgeschichte des Antipodenferngleiters bis Kriegsbeginn


Der "Silbervogel" gleitet antriebslos auf sein Angriffsziel zu...

Der Sängerbomber, der manchmal auch »Silbervogel« genannt wurde, war sicher eines der geheimsten Projekte des Reichsluftfahrtministeriums (RLM). Am 22. September 1944 wurde Prof. Sängers UM 3538 - UM = Untersuchungen und Mitteilungen der deutschen Forschungsanstalt für Segelflug e.V. »Ernst Udet«, z. Zt. Ainring - mit dem Titel Über einen Raketenantrieb für Fernbomber zur Veröffentlichung an die Creme de la Creme der Politik sowie der Luftfahrt- und Raketenforschung des Dritten Reiches freigegeben. Die erwähnte »Geheime Kommandosache UM 3538« wurde in etwa 125 Exemplaren angefertigt und an Reichsmarschall Hermann Göring, Generalfeldmarschall Milch, die Professoren Messerschmitt, Prandl, Heisenberg, die Fachexperten Kurt Tank, Wernher von Braun und an andere Prominente des Dritten Reiches übermittelt. Die Exposes durften nur durch Kuriere und mit persönlichem Schreiben von Hand zu Hand weitergegeben werden.

Bereits die Verteilung der »Geheimen Kommandosache UM 3538« gibt ein Rätsel auf: Obwohl 125 Kopien davon hergestellt wurden, spricht die Verteilerliste von 100 Exemplaren, von denen wiederum nur 70 »offiziell« ausgegeben wurden, während die Exemplare 71 bis 100 als »Reserve« dienen sollten. Es kann also davon ausgegangen werden, dass einige weitere UM-3538-Empfänger ungenannt bleiben sollten oder mussten. So ist z. B. nachgewiesen, dass die Sowjets in der Nachkriegszeit ein komplettes UM-3538-Exemplar bei der Firma Siebel in Halle fanden, die bemerkenswerterweise nicht auf der offiziellen Verteilerliste stand. Ab 1944 arbeitete der Versuchsbau des Siebel Flugzeugwerkes am Überschallflugzeug DFS 346 mit um 45 Grad nach hinten gepfeilten Flügeln und Raketenantrieb, womit das Werk sicher eine gute Adresse war für die Umsetzung dieses Projekts.


Oberst Siegfried Knemeyer

Gern wird heute behauptet, dass die UM 3538 nur durch Zufall gerade im Spätsommer 1944 veröffentlicht wurde und dies lediglich aus persönlichem Forscherinteresse geschah. Doch ganz so »privat« war der Vorgang in Wahrheit nicht: Oberst Siegfried Knemeyer bekam im Spätsommer 1944 von Reichsmarschall Hermann Göring die Aufgabe übertragen, schnellstens nach Wegen zu suchen, den seit Jahren von der Industrie und Rüstungsplanung vernachlässigten »Amerika-Bomber« zu schaffen. Der fähige »Beweger« Knemeyer wollte dazu binnen kürzester Zeit die Schaffung einer revolutionären Trias von bis dahin nie gesehenen Flugmaschinen: den Interkontinentaldüsenbomber, Wernher von Brauns A-9/A-10 und eben Prof. Sängers Orbitalbomber. Wenn auch nur eines dieser unterschiedlichen Systeme rechtzeitig einsatzbereit würde, so die Meinung des RLM-Planers Knemeyer, würde Deutschland vor der bedingungslosen Kapitulation gerettet, weil man die USA nun mit A-Bombenabwürfen zum Rückzug aus Europa und Asien zwingen konnte!

Eugen Sängers Projekt war von den drei Konkurrenz-Entwicklungen zwar das technisch riskanteste, versprach aber durch die Vielseitigkeit erdumspannender Einsatzmöglichkeiten in Verbindung mit dem Transport einer Atombombe (oder einer ähnlichen Waffe) die Perspektive echter Weltherrschaft.


Der Flugplatz von Ainring (1938)

Oberst Knemeyer, der aufgrund seiner guten Kontakte zur DFS Ainring schon vorher einen guten Überblick über Sängers Antipodenbomberprojekt hatte, dürfte klar erkannt haben, dass das Projekt nur dann eine Chance auf Erfolg hatte, wenn alle Institutionen des Dritten Reiches gemeinsam daran arbeiten würden. Entsprechend arrangierte dann Prof. Walter Georgii, Prof. Sängers Chef bei der DFS Ainring, die Verbreitung der »Geheimen Kommandosache UM 3538«. Oberst Knemeyer hatte damit sein Ziel erreicht: Nachdem Prof. Sänger seinen »Hemisphärenbomber« bereits im Oktober 1938 und im Dezember 1941 dem RLM zweimal vergeblich vorgeschlagen hatte, wurde jetzt nach dem Erscheinen des UM-3538-Exposes die Entwicklung eines Stratosphärenbombers offiziell gefordert. Vor allem die SS machte zunehmend Druck!
Am 26. Januar 1945 übernahm SS-Gruppenführer Hans Kammler dann offiziell die Kontrolle über den Sängerbomber zusammen mit den Raketenprogrammen der Luftwaffe.

An dieser Stelle muß gefragt werden, ob nicht auch in diesem Fall deutscherseits viele Jahre verschenkt wurden? Sicher ist, dass Eugen Sänger schon im Juni 1935 und Februar 1936 in der österreichischen Zeitschrift Flug Artikel über raketengetriebene Flugzeuge veröffentlichte. Daraufhin erhielt er das Angebot des deutschen Reichsluftfahrtministeriums, ein geheimes Forschungsinstitut in Trauen (Lüneburger Heide) zu bauen, in dem sein Weltraumflugzeug innerhalb von zehn Jahren gebaut werden sollte. Dort wurde dann auf einem weiträumigen abgelegenen Gelände ein Forschungsareal mit großen Prüfständen und verbunkerten Unterständen, Labors und Werkstätten gebaut. Das Ganze erhielt den unverfänglichen Namen »Flugzeug-Prüfstelle Trauen«. Das RLM musste vorsichtig agieren, da es damals noch einen Befehl Hitlers gab, demzufolge die Raketenforschung das ausschließliche Aufgabengebiet des Heereswaffenamtes war.


Raketenversuchsanstalt Trauen

Trauen wurde trotzdem zu »Görings Peenemünde« ausgebaut, in das bis Kriegsausbruch scheinbar unlimitierte finanzielle Mittel flossen, was sich u. a. in der Ausstattung niederschlug. So besaß die Prüfstelle in der Lüneburger Heide den größten jemals konstruierten Flüssigsauerstoffbehälter, der 56 Tonnen des verflüssigten Gases fassen konnte. Die Konstruktion eines weiteren von Prof. Sänger vorgesehenen gigantischen unterirdischen Flüssigsauerstoffbehälters mit einem Fassungsvermögen von einer Million Tonnen Flüssiggas wurde durch den Kriegsausbruch verhindert.

Die Triebwerksteststände von Trauen/Faßberg waren bereits so ausgelegt, daß sie ohne weiteres den Probelauf von Eugen Sängers 100-Tonnen-Triebwerk erlaubt hätten. Bereits im Jahr 1938 konnte Sänger die wesentlichen Einzelheiten seines Überschall-Stratosphärengleiters fertigstellen und ein Modell im Maßstab 1:20 fertigen. Noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Juni 1939 war Sänger soweit fortgeschritten, dass mit den ersten Belastungsversuchen begonnen werden konnte. Darüber hinaus begann man schon die Arbeiten für die Lösung des Problems der Reibungswärme beim Wiedereintauchen in die Atmosphäre.

Bis Juni 1939 konnte Prof. Sängers Team beweisen, dass die Konstruktion des Startschlittenprinzips und das Erreichen der zum Start nötigen Geschwindigkeiten - schon damals - möglich waren. Technisch gesehen stand man aber noch vor dem Problem, dass die beim Uberschallflug entstehenden Schwierigkeiten gelöst werden mussten. Wohl aufgrund dieser technischen Risiken scheute sich das RLM nach Kriegsausbruch, seinem eigenen - immer noch vor dem Heereswaffenamt versteckten - Vorhaben die gleiche Unterstützung zu geben, wie sie dem offiziellen Peenemünder Raketenprojekt des Heeres massiv gewährt wurde.

Primärquelle: Georg, Mehner, Atomziel New York
https://www.geschichtsspuren.de/artikel/...alt-trauen.html

Sollte der Sängerbomber im Komplex Wolfsberg gefertigt werden?

Doch wie weit schritt der Bau des Sängerbombers bis Kriegsende foran und wo sollte er hergestellt werden und in welchem Gebiet war die Errichtung der drei Kilometer langen Startschiene vorgesehen?

Nur soviel ist klar: In Vorversuchen war diese Startanlage in Peenemünde in einer verkleinerten Version bereits erfolgreich erprobt worden. Selbst wenn man nun davon ausgeht, dass am Sängerbomber-Prototyp bei DFS/Siebel und Junkers gebaut wurde, fehlt das eigentliche Herstellerwerk für die geplante Serienfertigung. Ein möglicher Kandidat hierfür ist das Objekt »Riese« im schlesischen Eulengebirge. Beim Objekt »Riese« handelt es sich um eines der größten Geheimnisse, die die Geschichte des Zweiten Weltkrieges zu bieten hat. Sämtliche Pläne für dieses geheime Objekt gelten bis heute als verschollen oder vernichtet, und aus den Unterlagen über offizielle polnische Untersuchungen aus den 1960er Jahren sind sämtliche Aussagen von Zeitzeugen zu dieser Anlage verschwunden.


Wüstewaltersdorf - Der Komplex Wolfsberg entstand in unmittelbarer Nähe und möglicherweise wäre dort der Sängerorbitalbomber gebaut worden.

Relativ gesichert dürfte sein, dass es bei dem Bauvorhaben um die Schaffung eines gigantischen Führerhauptquartiers ging, aber auch die Errichtung von mehreren unterirdischen Fabrikations- und Testanlagen eine Rolle spielten. Ungeklärt ist bis heute, welche Produkte dort getestet, entwickelt und produziert werden sollten. Die Palette der Möglichkeiten reicht hier von nuklearen Forschungen - es gab in Bezug auf »Riese« Gerüchte von einer »Atomstadt« - und der Entwicklung von Strahlenwaffen bis hin zu den Projekten »Chronos« und »Laternenträger«.

Von Mai 1944 bis Februar/März 1945 wurde unter Einsatz von KZ-Häftlingen durch die SS an einer unterirdischen Fabrik zur Munitions- und/oder Flugzeugfertigung gebaut. Es handelte sich dabei um die zweitgrößte Fertigungsstätte nach Mittelbau-Dora im Südharz. Diese auch »Komplex Wolfsberg« genannte Stollenanlage befindet sich östlich des Bergmassivs in einer Höhe von 811 Metern oberhalb des Dorfes Oberdorf, zwei Kilometer westlich von Wüstewaldersdorf. Soweit bis jetzt bekannt wurde, besteht der Komplex aus vier parallel verlaufenden Stollen mit einer Länge von 180 und 240 Metern, die mit einem rechtwinkligen System von Gängen und Galerien verbunden sind, welche rechtwinklig zu den Stollen verlaufen.

Bei einem der Gänge zwischen dem zweiten und dritten Stollen (nördlicher Eingang) existiert ein Transportschacht, der bei ca. 40 Meter Tiefe einen Durchmesser von vier Metern hat. Am Ende der Verlängerung des Stollens Nr. 1 befindet sich eine große Halle, die 50 Meter lang, acht Meter breit und zehn Meter hoch ist. Diese wurde absichtlich mit einer Sprengung verschlossen. Nach Meinung von Forschern befinden sich dahinter noch weitere fertige Teile der Stollenanlage, und Zeitzeugen gaben an, dass es unter dem Komplex noch weitere Anlagen gegeben hätte. Die Länge der bis heute erreichbaren Gänge beträgt ungefähr zwei Kilometer. Das große Rätsel ist, für was der als Flugzeug- oder Munitionsfabrik geltende Komplex bei Wolfsberg wirklich vorgesehen war.

Die dort tätigen Rechercheure sind der Ansicht, dass mit der Bezeichnung »Munitions- oder Flugzeugfabrik« die tatsächlichen Absichten der deutschen Führung lediglich verschleiert werden sollten, und auch der Hinweis, dass der Komplex für die Produktion des Düsenflugzeugs Me-262 oder der Rakete A-4 vorgesehen war, kann nicht überzeugen. Es ist deshalb zu prüfen, ob der mysteriöse Wolfsberg-Komplex nicht der Ort war, wo später die Endfertigung des Sängerbombers stattfinden sollte.


Ein Stollen des Komplexes Wolfsberg

Bereits am 20. Juni 1944 hatte Rüstungsminister Speer Adolf Hitler gegenüber zugesagt, den Komplex »Riese« bis August 1945 fertigzustellen. Gewisse Anzeichen sprechen dafür, dass bestimmte Anlagenteile bereits bei der Räumung 1945 fertiggestellt waren oder kurz vor der Fertigstellung standen. Nach der Räumung der Anlage »Riese« im Februar 1945 drangen die Sowjets in das Gebiet ein, ohne es dauerhaft zu besetzen. Daraufhin nahmen die Deutschen die Arbeiten wieder auf. Erst nach der deutschen Kapitulation kam es zwischen dem 8. und 10. Mai 1945 zum endgültigen Einmarsch der Roten Armee. In den Stollen von »Riese« wurden noch nach dem Mai 1945 immer wieder von deutschen Sprengungen berichtet. Erst nachdem die Polen und Russen 1947 die letzten »Werwolf«-Gruppen ausgeschaltet hatten, war »Riese« fest in kommunistischer Hand.

Die geplante Endmontage des Sängerbombers ist jedenfalls eine von mehreren möglichen Antworten auf das Rätsel »Riese«.

Primärquelle: Georg, Mehner, Atomziel New York
https://www.nicolos-reiseblog.de/stollen-walim/

Das Startrampen-Problem

Im Pazifik sollten die Japaner auf der Insel Tinian in der Marianengruppe auch eine Startrampe für den Rückstart des Sängerbombers bauen, so dass der gelandete »Antipodenbomber« nach Wartung wieder aufsteigen und neu mit Bomben beladen auf seinem Rückweg nach Deutschland neue Ziele angreifen konnte. Doch das hätte nur funktioniert, wenn die Kriegslage als Rahmenbedingung es erlaubt hätte. Bei diesem Retoureinsatz wäre jedenfalls ein erneuter Bombenangriff auf Ziele in den Vereinigten Staaten möglich gewesen. Sollten dafür japanische »Spezialbomben« verwendet werden?


Auch wenn eine zweite Startrampe auf Tinian geplant war, dieses Projekt konnte von den Japanern nicht umgesetzt werden, denn im Sommer 1944 verloren sie die Marianen an dem Feind. Die Rampe hätte man nur in Deutschland verwirklichen können, womit der Sängerbomber die gesamte Erde umrunden musste und der deutsche Pilot der erste Astronaut der Menschheitsgeschichte gewesen wäre.

Wir wissen leider nicht, ob die Konstruktionsarbeiten für die Starteinrichtung des Sängerbombers auf den Marianen schon begonnen hatten, als am 11. Juni 1944 amerikanische Bombenangriffe die alliierte Invasion der Inselgruppe einläuteten. Nach der blutigen Eroberung richteten die USA selbst dort große Stützpunkte für Fernbomber ein, die ein Jahr später Atombomben auf Japan abwarfen: Im August 1945 starteten B-29-Bomber mit Atomwaffen an Bord dann von der Marianeninsel Tinian aus gegen Hiroshima und Nakasaki! Tinian hatte sich gerade wegen seiner flachen Beschaffenheit für einen Luftstützpunkt angeboten und die Deutschen kannten diese Insel aus ihrer Kolonialzeit. Selbst heute sind auf den Marianen (Guam) immer noch moderne amerikanische Interkontinentalbomber mit A- und H-Bomben stationiert.

Die »Weitsicht« der deutschen Weltkrieg-Zwei-Planer ist jedenfalls recht auffällig! Oder sollen wir ketzerischerischerweise besser fragen, wer hier wohl von wem die Idee dazu kopiert hat?

Begann »Star Wars« also um Haaresbreite schon Mitte der 1940er Jahre? Was wäre möglich gewesen, wenn Prof. Sänger ab 1938/39 die gleiche Unterstützung für seinen Raumtransporter erhalten hätte wie die Peenemünder Wissenschaftler für ihre Rakete?!

Obwohl klar sein dürfte, dass der Aufwand für dieses technologisch extrem waghalsige Projekt nie wegen des Abwurfs einzelner konventioneller Bomben betrieben wurde, plante Eugen Sänger schon in den Jahren 1944/45, sein Raketen-Langstreckenflugzeug auch für den zivilen Personen- und Frachttransport in der Nachkriegszeit einzusetzen. Als großer Befürworter der Weltraumfahrt sah er viele weitere Einsatzmöglichkeiten voraus. Neben der Versorgung von Raumstationen sollte der Sängergleiter als Zubringer für interplanetarische Raketen und als eigenständiges Raumfahrzeug für transplanetarische Flüge dienen.

Nach der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 senkte sich eine merkwürdige Wand des Schweigens über das, was die Alliierten über den Sänger-Orbitalbomber vorfanden. Von den 125 Kopien des Exposes UM 3538 fanden die Russen drei Exemplare (RLM Berlin, Firma Siebel in Halle und Versuchsplatz Peenemünde). Die US-Truppen erbeuteten mindestens eine Kopie bei der DFS Ainring. Wo sind aber die Originalberichte über die Erbeutung von Plänen, Teilen oder vielleicht sogar von Prototypen der experimentellen interkontinentalen »bemannten Raketen« geblieben?


Die Umsetzung des Sängerprojektes, samt Startrampe war nicht nur eine technologische Herausforderung, die Kriegslage musste sie auch erlauben. Dass heißt der Krieg um Zeit, also um eine verlängerte Kriegszeit hätte einige Erfolge dafür benötigt. Beste Voraussetzung wäre die Abwehr der Normandie-Invasion gewesen, oder einige glücklichere Momente während der Ardennen-Offensive.

Immerhin sind wir heute soweit, dass die jahrzehntelang hartnäckig verbreitete These von der »völligen Aufgabe« der Arbeiten am Sängerbomber ab 1941/42 die ersten Schwachstellen bekommt. Nach jüngeren Berichten amerikanischer Autoren wurde zumindest bis Kriegsende am 100-Tonnen-Triebwerk für den Orbitalbomber gearbeitet. Dabei teilt ein wesentlich älterer, zuverlässiger Bericht mit, dass dieses Triebwerk schon im Februar 1943 so gut wie fertig war. Zudem seien die Forschung nach Hochtemperatur-Materialien sowie die Arbeiten an der Orbitalmechanik, exoatmosphärischen Drei-Achsenkontrolle, Trägheitsnavigation, Wiedereintrittsdynamik und fortgeschrittenen Sensorsystemen im vollen Gange gewesen. Merkwürdig nur, dass dieselben Autoren weiterhin versichern, dass trotz all dieser Maßnahmen das eigentliche Projekt noch nicht einmal das vorläufige Entwurfsstadium erreicht hätte. Uns soll also allen Ernstes doch glauben gemacht werden, dass die Erde eine Scheibe ist!

Auch wenn man heute einige Rechenfehler für den Wiedereintrittswickel gefunden hat, betont man, dass dieses Projekt ein realistisches Umsetzungspotential hatte. Man hätte tatsächlich alle Schwierigkeiten bewältigen können, selbst wenn der erste Einsatz zum Verlust des Bombers geführt hätte. Man hätte daraus gelernt und nachjustiert, wenn etwa der Wiedereintrittswinkel noch etwas flacher sein musste. Klar ist, dass der Tinian-Plan wegen der Kriegeslage nicht umgesetzt werden konnte und man nach dem Angriff direkt nach Deutschland zurückkehren musste. Und wenn man bis zum Schluss daran baute, war das sowieso allen klar. Die erste Startrampe wäre damit in Deutschland gebaut worden und der Antipodenferngleiter auch nur dort zurückgekehrt. Die Startrampe selbst hätte dazu getarnt werden müssen und es wäre wegen der alliierten Lufthoheit erforderlich gewesen, sie erst in Nacht kurz vor Einsatz in Modulbauweise zusammenzusetzen, wofür sich ein gerades Stück Autobahn anbot.

Primärquelle: Georg, Mehner, Atomziel New York

Ersteinsatz des Orbitalbombers 1946/47

Am 27. August 1945 informierte die renommierte amerikanische Tageszeitung New York Times über die Erkenntnisse amerikanischer und britischer Techniker, die unmittelbar dem Vormarsch der alliierten Truppen durch Frankreich und Deutschland gefolgt waren und so direkt aus erster Hand eine Vielzahl von Informationen über deutsche »Geheimwaffen« erhalten konnten:
»... außer der Atombombe, bei der, wie bekannt wurde, die Deutschen beträchtliche Fortschritte erzielt hatten, entwickelten deutsche Ingenieure eine Verteidigungsmaßnahme gegen Radar, und sie experimentierten mit bemannten Raketen, bei denen man damit rechnete, dass sie den Atlantik in 17 Minuten überqueren konnten. Diese und viele andere deutsche Kriegsgeheimnisse wurden heute vom Office of War Information der Öffentlichkeit mitgeteilt...«

Eine offizielle alliierte Regierungsstelle gab also zu, dass der Sänger-»Antipodenbomber« bereits das Experimentalstadium erreicht hatte, denn er wäre die einzige deutsche Wunderwaffe gewesen, die so schnell hätte den Atlantik überqueren können. Dass der Sängerbomber im Experimentalstadium fertig war, wird auch durch Berichte aus dem Verwandtenkreis Eugen Sängers bestätigt.

Über Flugversuche existieren keine Aussagen aus den genannten Quellen. Es existiert lediglich ein vager unbestätigter Bericht, der eine horizontal startende Rakete zum Inhalt hat. Im April 1946 erschien im American Magazine ein Artikel über die deutsche Luftrüstung, der unter dem Motto geschrieben wurde: »Es ist besser, wir erfahren die volle Wahrheit, um uns im nächsten Krieg, vor dem uns Gott schützen möge, nicht mehr allein auf unsere Kraft verlassen zu müssen.« In einem Abschnitt befasst sich dieser Artikel mit einer Waffe, bei der nur das Sänger-»Hemisphärenprojekt« gemeint gewesen sein kann: »Über ein Dutzend anderer Waffen (V-Waffen) waren noch in der Entwicklung ... Eine weitere sollte mit 25 750 km/h und 800 Kilometern Gipfelhöhe den Atlantik überqueren. Es waren Angriffe auf New York geplant. Das war keine Utopie, in spätestens einem Jahr wäre er ausgeführt worden ...«


In nur 17min hätte man New York erreicht...

Da alle anderen Aussagen des Berichts nachprüfbar richtig sind, kann davon ausgegangen werden, dass die Geschichte über den Sängerbomber ebenfalls stimmt. Demnach hätten - so unwahrscheinlich das für heutige Ohren klingen mag - spätestens im Zeitraum 1946/47 Sängerbomber-Angriffe auf New York stattgefunden! Doch dafür war eine wesentlich günstigere Kriegslage erforderlich, wobei die mögliche Abwehr der Normandie-Invasion am 6. Juni 1944 eine unabdingbare Grundvoraussetzung war. Nur so wäre ein entsprechender Zeitpuffer entstanden, in dem man weitere wichtige V-Waffen zum Einsatz gebracht hätte. Die Abwehr der Normandie-Invasion hätte aus alliierter Sicht sogar bedeutet, dass man nie wieder in der Normandie gelandet wäre und man lieber den Umweg über die italienische Front in Kauf genommen hätte. Dorch dort ging es schon ziemlich langsam vorwärts und wäre noch langsamer geworden, wenn die Wehrmacht ihre frei gewordenen Reserven nach Italien geschickt hätte. Auch die Ostfront konnte nun besser gestützt werden. Möglicherweise auch deshalb, weil mit einer abgeschlagenen Landung und dem gescheiterten Hitler-Attentat, die Helfershelfer der Schwarzen Kapelle gefasst wurden und alle etwaigen schwankenden Sympathisanten mit dem Abwehrsieg wieder auf ein besseres Kriegsende hoffen konnten. Und möglicherweise hätte bereits ein atomarer Angriff auf New York gereicht, damit der Krieg beendet wurde. Denn niemand konnte wissen, wann der nächste auf welcher Stadt erfolgte. Selbst dann, wenn der erste Einsatz mit dem Verlust des Anitpodenferngleiters geendet wäre. Man wollte schließlich nicht nur ein Exemplar bauen.

Merkwürdigerweise sind zu diesem Thema in der Fachpresse bis heute nie die oben genannten Informationen ergänzende oder dementierende Berichte erschienen. Es sieht ganz danach aus, dass sich im Sommer 1945 jemand bei seiner Veröffentlichung zu weit vorgewagt hatte und danach zurückgepfiffen wurde. Bis heute gilt deshalb wieder (oder immer noch) die »offizielle« Ansicht: der Sängerbomber ist nur ein Reißbrettprojekt gewesen ... genauso wie die A-9/A-10 und die deutsche Atombombe und vieles andere mehr.

Primärquelle: Georg, Mehner, Atomziel New York

Was der Trefferplan offenbarte

In den letzten Jahren war ein von der US Air Force veröffentlichter Trefferplan, der einst erbeutet worden war, mit Zielpunkt Manhattan Gegenstand erbitterter Diskussionen. Forscher stellten nämlich fest, daß die darauf eingezeichneten konzentrischen Kreise mit den Angaben »Zone des ersten Zerstörungsgrades« und »Zone des zweiten Zerstörungsgrades« relativ genau den späteren Vernichtungsradien der Hiroshimabombe entsprachen. Außerdem fiel die maximale Intensität der darauf eingezeichneten Belegungsstärke mit 1,96 X 108 Kilokalorien/Quadratkilometer (Zone des ersten Zerstörungsgrades) und von 1,4 X 108 Kilokalorien/Quadratkilometer (Zone des zweiten Zerstörungsgrades) wegen ihrer außergewöhnlichen Stärke auf.


Manhattan mit einem atomaren Krater - So hätte es aussehen können nach einem erfolgreichen Angriff des orbitalen Antipodenferngleiters

Gegner der Interpretation führen an, dass dieser Plan nicht zum Sängerbomber gehöre, sondern eine Originalkarte des Oberkommandos der Luftwaffe aus dem Jahr 1943 (oder vom Mai 1942?) sei, welche die Auswirkungen eines geplanten Flächenangriffs einer Vielzahl deutscher Fembomber auf New York darstelle. Andere Quellen sehen den Trefferplan statt dessen im Zusammenhang mit dem geplanten Beschuss Manhattans durch die A-9/A-10. Und fehlgeleitete moderne »Realisten« hielten das Ganze kurzerhand für ein Machwerk aus der Nachkriegszeit., weil ja nicht sein kann, was nicht sein darf.

Die Verwirrung rührt wohl daher, dass keiner der die Echtheit des Planes leugnenden Personen auf den Originalbericht aus dem Jahr 1944 oder auf seine amerikanische Übersetzung zurückgreifen konnte. Andernfalls hätte man sofort feststellen können, dass der Plan wirklich in der Drucksache UM 3538 vom August 1944 enthalten war und Bezug auf einen Abwurf der 4-Tonnen-Stratosphärenbombe des Sängerprojekts nahm. Damit ist die These von der Datierung aus den Jahren 1942 oder 1943 nicht länger haltbar! Alle anderen Deutungsversuche lagen genauso daneben, wobei die Annahme, hierbei hätte es sich um einen Trefferplan für einen A-9/A-10-Angriff gehandelt, der Wahrheit noch ziemlich nahekam.

Mit der Bezeichnung »Flächenangriff« meinte Eugen Sänger auch nicht den Angriff einer Vielzahl von Bombem, sondern eine von zwei Angriffsarten: Angriffe gegen Flächenziele z. B. Millionenstädte oder Angriffe auf Punktziele z. B. Regierungsgebäude. Für beide Angriffsarten sollte sein Bomber einsetzbar sein. Ein Wissenschaftler errechnete dann, dass die im Plan erwähnte Belegungsdichte von größer als 7 X 106 Kilokalorien pro Quadratkilometer bei einem Radius von vier Kilometern einer Stärke von ca. 2.2 X 1025 MeV entspricht. Damit kommt die auf dem Trefferplan angegebene Detonationsstärke der Hiroshimabombe recht nahe.

Diese Aussage wurde durch eine unabhängig davon durchgeführte Computeranalyse insofern untermauert, als festgestellt werden konnte, dass die auf der Karte eingetragenen Daten Rückschlüsse auf den Typ der eingesetzten Waffe und ihre Sprengstärke zulassen. Danach handelte es sich um eine Uran-235-Waffe, die der Sängerbomber transportieren sollte. Auch der Begriff »Zerstörungsgrad«, der auf der Karte auftaucht, konnte einwandfrei geklärt werden: In einer Entfernung von 1,5 Kilometern um den Einschlagspunkt hätten sämtliche nicht besonders verstärkten Gebäude einstürzen sollen (Zerstörungsgrad 2), während über vier Kilometer vom Einschlagspunkt entfernt immer noch der Zerstörungsgrad 1 (alle betroffenen Industriebetriebe auf Tage in ihrer Arbeit gestört) erzielt werden sollte.

Fachleute des Royal-Air-Force-Museums in Hendon (England) bestätigten die Einzigartigkeit der Karte, die keinem im Zweiten Weltkrieg gebräuchlichen Mittel zur Angriffsplanung oder Wirkungsabschätzung entsprechen würde. Auch sei nach Ansicht der dortigen Fachleute die Graphik der Energieverteilung nur dann zulässig, wenn die gesamte Energie in einem Punkt freigesetzt werde. Ihr muss also der geplante Einsatz eines Sprengkörpers von erheblicher Wirkstärke zugrunde gelegen haben.

Ergänzend lagen der Sänger-Akte weitere Trefferpläne von konventionellen 3-Tonnen-Bomben bei, in die nur ein Bruchteil der Wirkungen der »Manhattanbombe« eingetragen war. Flächenangriffe mit Streuung durch mehrere Flugzeuge wurden in Prof. Sängers UM-3538-Akte in separaten Diagrammen dargestellt. In anderen Zeichnungen wird auf die über Vier-Kilometer-Wirkung »der anderen Bombe« hingewiesen. Man wird in diesem Zusammenhang an Hitlers Bemerkungen gegenüber dem rumänischen Staatschef Antonescu über den Wirkungskreis seiner neuen Waffe oder an die englischen Räumungspläne für London, die dieselbe Distanz umfaßten, erinnert.

Fazit: Prof. Dr. Eugen Sänger stellte schon im Sommer 1944 die Auswirkungen eines Atombombentreffers auf Manhattan dar, die merkwürdigerweise mit den späteren Wirkungen der Hiroshimabombe so gut wie identisch sind.

Primärquelle: Georg, Mehner, Atomziel New York

Stratosphärenbomben für den Antipodenferngleiter


Die 4 t-Bombe des Sänger-Projekts und 4 t-Stratosphärenbombe 4000. Beide wurden als Nuklearbomben angesehen


Eine besondere Art von 4 t-Bombe war für den Sänger-Antipodenbomber vorgesehen. Dieser sollte auf wellenförmiger Flugbahn mit einer Geschwindigkeit von 26000 km/h die Erde umkreisen und nach etwa 19200 km Großkreisentfernung eine A-Bombe von 4 t Gewicht in 40 km Höhe auslösen. Aufgrund der in der Stratosphäre herrschenden Abwurfbedingungen mussten an diese Waffe spezielle Anforderungen gestellt werden. Über Aussehen und Konfiguration der Bombe liegen nur wenige Informationen vor. Demnach soll die Bombe eine Länge von 6,1 m und einen Durchmesser von etwa 1 m gehabt haben. Ihr Aussehen war den ballistischen Anforderungen für den Abwurf aus großer Höhe angepasst und ähnelte in der Form etwa einer kleineren V-2 ohne Schwanzflossen.

Damit wurde auch hier das gleiche Prinzip wie bei der SB 30 000-Bombe angewandt. Für die Abbremsung der Fallgeschwindigkeit sollte ein FGZ-Bandfallschirm sorgen, der im Heckteil untergebracht war. Es darf als beinahe sicher angenommen werden, dass man es bei dieser 4 t-Bombe des Sänger-Projekts mit einer Nuklearwaffezu tun hat. Dr. Sänger reichte diesen Vorschlag im August 1944 in der berühmten geheimen Kommandosache »Nr.4268/L XXX 5« mit Konstruktionsunterlagen und hypothetischen Trefferplänen an die deutsche Führung und die damalige wissenschaftliche Fachprominenz ein.

Die Exposes durften nur durch Kuriere und mit persönlichem Schreiben von Hand zu Hand weitergegeben werden. Der darin unter anderem enthaltene Zielplan New York, den die USAF in der Nachkriegszeit veröffentlichte, dürfte der errechnete Trefferplan für die 4 t-Stratosphärenbombe gewesen sein. Die in diesem Plan angegebenen kreisförmigen Zerstörungsradien entsprechen ziemlich genau denen der späteren Hiroshima-Bombe vom August 1945 und ähneln beim Zerstörungsradius sehr genau dem der von Hitler beschriebenen Geheimwaffe von 4,5 km. Man muss sich beim Betrachten dieser Skizze fragen, woher die Verfasser bereits im August 1944 so genau über die zu erwartenden Auswirkungen Bescheid wissen konnten. Eine schlüssige Erklärung hierzu wäre, dass die Väter des Trefferplans im Sommer 1944 bereits Kenntnisse von vorherigen nuklearen Probeexplosionen gehabt haben müssen.


Hier wurde Deutsch gesprochen. Dr. Ernst Stuhlinger und Wernher von Braun bei der NASA. ‎Schon in den 1950er Jahren arbeitete Stuhlinger im Redstone Arsenal, an Entwürfen für solarbetriebene Raumfahrzeuge. Die beliebtesten dieser Designs beruhten auf Ionenstromdampf, der entweder von Cäsium- oder Rubidiumatomen emittiert wurde, um durch negativ geladene Elektroden beschleunigt zu werden, die den Ionenstrom durch einen Antriebskanal drücken würden. Der Mechanismus würde von dem einen Kilowatt Strahlungsenergie angetrieben, das von der Sonne auf jeden Quadratmeter Raum fällt. Er bezeichnete es als "Sonnenschiff".‎ Wo würde heute Deutschland in der Raumfahrt stehen, wenn es keinen 2. Weltkrieg gegeben hätte?

Der Sprengkopf dürfte von seiner Größe und Konstruktion her den Stadtilmer Uranbomben des Hiroshima-Typs geglichen haben. Auch wissen wir, dass der Ballistiker Dr. Stuhlinger, einer der führenden Mitarbeiter Wernher von Brauns, im Frühjahr 1945 mehrere Monate lang in Stadtilm gearbeitet hat. War die auffallende Ähnlichkeit der Bombenhülle der Stratosphärenbomben zur V-2-Form unter seiner Mitarbeit entstanden?

Es gab für den Stratosphärenbomber zusätzlich noch den Entwurf einer 1 t-Stratosphärenbombe, der im Aussehen einer verkleinerten Version der 4 t-Bombe entsprach. Als Ladung dürften hier entweder radioaktive Isotope oder der sich auch für die A4 und A9/A10 in Entwicklung befindliche 850 kg schwere Nuklearsprengkopf vom Typ TX-8 vorgesehen gewesen sein. Beide, die 4 t- und die 1 t-Bombe, hätten sich auch für den Abwurf aus anderen Flugzeugmustern, wie zum Beispiel der He 177, Ho XVIII, Ju 287 und Ju 390, verwenden lassen.
Über den Stand der Entwicklung dieser Bomben bei Kriegsende liegen noch keine gesicherten Erkenntnisse vor.

Primärquelle: Georg, Hitlers letzter Trumpf