Der Raub des deutschen Memellandes



Das deutsche Memel - ab 1920 wurde es von den Franzosen besetzt, als Erfüllungsgehilfen polnischer Annexionsforderungen

In Litauen erwartete man von den Friedensverhandlungen in Versailles größere Geländegewinne auch westlich der Memel, also einen erheblichen Abschnitt Nordostpreußens, von Litauen als „Klein-Litauen“ bezeichnet. Eine litauische Delegation legte dazu im März 1919 einen Forderungskatalog vor, der bis zu 10.000 Quadratkilometer ostpreußischen Bodens mit bis zu einer halben Million Einwohnern umfasste. Aber auch die Polen erhoben Ansprüche auf die Provinz Ostpreußen. Deshalb ersannen die Siegermächte einen Kompromiss. Im Versailler Vertrag, durch den ohne Befragung der betroffenen Bevölkerung u. a. Westpreußen abgetrennt und Danzig zur Freien Stadt erklärt wurde, separierte mangemäß Artikel 99 im Jahr 1920 ohne Volksabstimmung auch das Memelland mit 2.650 qkm und einer Bevölkerung von 142.000 Personen, wobei ihnen nach dem Vorbild Danzigs ein „Freistaat Memelland“ vorgeschwebt haben mag. 90 % der Bevölkerung verstanden sich jedoch als Deutsche, 95 % waren evangelischer Konfession, während die Litauer im Memelland vornehmlich katholisch waren. Erstmalig in der Geschichte nannte man diesen Teil Ostpreußens jetzt das „Memelland“. Dieses wurde mit dem Mandat des Völkerbunds unter französische Verwaltung gestellt.


März 1920, die Franzosen in Memel

Am 8. 2. 1920 übernahm der französische General Dominique-Joseph Odry mit einem Bataillon Alpenjäger die Verwaltung des Memellandes und die letzten deutschen Truppen verließen das Gebiet.

Die Franzosen sahen sich als Sachwalter der Interessen ihres Verbündeten Polen. Am 17. Februar setzte Odry ein siebenköpfiges Direktorium aus Vertretern der deutschen Ortsbevölkerung ein. Nach Protesten von litauischer Seite nahm er noch zwei preußische Kleinlitauer, Erdmonas Simonaitis (Erdmann Simoneit) und Pfarrer Mikelis Reidys (Hugo Reidys), zusätzlich in das nun neunköpfige Direktorium auf. Am 27. März 1920 erlaubte Odry, dass litauischsprachige Kinder in ihrer Sprache in Religionskunde unterrichtet werden können, der Schulunterricht erfolgte jedoch weiter in deutscher Sprache. Die im Memelgebiet lebenden Klein-Litauer waren evangelisch, während ihre großlitauischen Landsleute zu 98 Prozent katholisch waren. Am 27. April 1920 wurde die Zollgrenze nach Deutschland errichtet. Die Zollgrenze nach Litauen blieb aber vorerst bestehen, und die Währung blieb weiter die Mark. Am 10. August 1922 wurde Litauisch neben Deutsch zweite Amtssprache.

Die litauische Regierung in Kaunas warf dem französischen Hochkommissar eine deutschfreundliche Politik vor. Am 1. Mai 1921 verließ Odry Memel und der französische Zivilbeamte Gabriel Petisné übernahm seinen Posten.

Nach dem 1. Weltkrieg wurde der Memelstrom, der in Preußen bis dahin nie eine Grenze war, plötzlich zu einer scharfen Grenzlinie, die mitten durch die alten preußischen Kreise führte. Um die danach entstandenen Probleme, die sich verwaltungsmäßig, schulisch, kirchlich und auf vielen anderen Gebieten durch die willkürliche Trennung ergaben, zu bewältigen, wurde das vom Deutschen Reich abgetrennte Memelland 1920 auf Anordnung der französischen Militärverwaltung in neue Verwaltungsbezirke aufgegliedert. Während die Kreise Memel-Stadt und Memel-Land ihre alten Kreisgrenzen behielten, verlor der Kreis Heydekrug kleinere Teile seines Gebietes südlich des Memelstromes.


Heydekrug vor dem 1.Weltkrieg

Neu gebildet wurde ein Kreis aus Teilen von vier alten Kreisen, deren Kreisorte alle südlich der Memel lagen. Zwei Drittel des neuen Kreises hatte bis zur Abtrennung zum Landkreis Tilsit gehört und ein Drittel etwa zum Kreis Ragnit. Vom Stadtkreis Tilsit wurde der auf dem nördlichen Memelufer gelegene Stadtteil Übememel abgetrennt und vom Landkreis Niederung kam noch der Gutsbezirk Perwallkischken dazu. Dieser neu gebildete Kreis bekam seinen Namen von dem Ort Pogegen, der wegen seiner verkehrsmäßig günstigen Lage zum Kreisort bestimmt wurde. Alle Eisenbahnen und Steinstraßen liefen im Dorf Pogegen, das Tilsit gegenüberliegt, zusammen. Hier gabelte sich nicht nur die von Tilsit kommende Eisenbahn nach Memel und Tauroggen, hier war auch die Endstation der Kleinbahnen von Laugßargen und Schmalleningken. Ferner teilte sich die aus Tilsit kommende Chaussee in Mikieten in drei wichtige Verkehrswege: nach links in Richtung Memel (über Pogegen), geradeaus nach Tauroggen und nach rechts ins südliche Memelland bis Schmalleningken und weiter nach Litauen hinein.


das willkürlich abgetrennte Memelland

Der Kreis Pogegen war ein langgestrecktes Gebilde von 60 km, das im Osten und Norden bis zur alten deutsch-russischen jetzt litauischen Grenze, im Süden bis an den Memelstrom und im Westen bis zur Grenze des Kreises Heydekrug reichte. Mit 93.900 ha umfaßte dieser neue Kreis 40 % des gesamten Memelgebietes. In ihm lag auch über die Hälfte aller memelländischen Waldungen. Außerdem hatte er eine ertragreichere Landwirtschaft als jeder der anderen Landkreise. Die Bewohner blieben weiterhin stark nach Tilsit orientiert, da der größte Teil des Gebietes zum sogenannten kleinen Grenzverkehr gehörte."

Quellen: https://ostpreussen.net
https://paz.de

Das Memelland als Kriegsbeute

Das heidnische Gebiet wurde 1252 vom deutschen Ordensrittern erobert, die nachfolgend auch die Memelburg erbauten. Von ihr aus wurde die Kontrolle über das Memelgebiet ausgeübt, als man auch in späterer Zeit immer wieder in Kreuzzügen gegen baltische Stämme zog. Um die Burg entwickelte sich die Stadt Memel, die nach dem gleichnamigen Fluss benannt wurde. 1422 wurde die Grenze im Vertrag von Melno zwischen Preußen und Litauen anerkannt, danach blieb die Grenze bis 1918 unverändert, also rund 500 Jahre lang oder mit anderen Worten ein halbes Jahrtausend!


Memel 1922 - Fern französischer Grenzen, schwebte den Franzosen sogar vor, in der besetzten Stadt einen französischen Marinestützpunkt einzurichten...

Im Geschachere um die Kriegsbeute "Memelland", oder wie es die französischen Besatzer als "Territoire de Memel" bezeichneten, mischten von Anfang an nicht nur Litauen sondern auch das faschistische Polen Pilsudskis mit. Niemand in den ostpreußischen Kreisen nordöstlich der Memel wollte in einem fremden, nichtdeutschen Staat leben, doch das interessierte weder Litauen noch Polen und erst recht nicht Frankreich.
Frankreich wünschte, dass dieses "Territoire de Memel" entweder ein exterritorialer Teil eines "Großpolens" werde oder unter französischen Schutz als Marinestützpunkt genutzt werden sollte. Litauen war gegen diese Pläne und wollte sich selbst das Memelland einverleiben. Bis Mitte 1922 wurde verhandelt, doch es waren besonders die Franzosen, die sich gegen eine Übergabe an Litauen stellten. Sie wollten ähnlich Danzigs eine "Freie Staat Memel", am besten unter Oberkontrolle Polens. Litauen wollte eine solche "Freie Stadt Memel" schon deshalb nicht, weil sich Polen mit Wilna einen großen Teil von Litauen bemächtigt hatte.

Da im Memelgebiet keinerlei Polen lebten, die eine polnische Oberherrschaft rechtfertigten, zogen seit 1921 polnischer Krämer und Spekulanten ins Memelgebiet, die viele Häuser und Grundstücke erwarben, in der Erwartung, dass das Gebiet Polen zugeschlagen würde. Dazu der polnische Gesandte in Memel erklärte Pestiné: „Wenn es keine Polen in Memel gibt, dann werden wir welche bringen". Am 6. April 1922 wurde zwischen Polen und den Alliierten ein Abkommen bezüglich Memel geschlossen, das den Polen bevorzugte Kaufbedingungen für Liegenschaften und im Hafen garantierte.


Memel 1922 - Unter französischem Wohlwollen begannen polnische Spekulanten Liegenschaften in Memel aufzukaufen, in der Hoffnung das "Memelland" würde Polen zugeschlagen.

Die Gefahr wuchs, dass das Memelgebiet eher zu Polen oder Litauen kam, als wieder zum Deutschen Reich zurückzukehren, fand das Modell eines Freistaates, wie er im Falle Danzigs Anwendung fand, in der deutschen Bevölkerung des Memelgebietes immer mehr Zustimmung. Handelskammerpräsident Joseph Kraus übereichte Petisné eine dementsprechende Petition. Auch die reichsdeutsche Presse begann sich mit dieser Idee anzufreunden. Für die litauische Regierung in Kaunas (Kauen) war vor allem die am 24. März 1922 vom polnischen Parlament beschlossene Annexion der bereits seit 1920 polnisch besetzten litauischen Hauptstadt Wilna, ohne dass der Völkerbund dagegen protestiert hätte, ein starkes Warnsignal. Sie fürchtete, dass die Polen die Memelfrage ebenfalls durch eine Annexion in ihrem Sinne lösen könnten. Am 22. September 1922 fiel auf einer Geheimsitzung des litauischen Kabinetts die Entscheidung, den Polen bei der militärischen Besetzung des Memelgebietes zuvorzukommen. Geheimunterhändler Vincas Kreve holte sich in Berlin die Zustimmung der deutschen Reichsregierung und erhielt sogar von Generaloberst Hans von Seeckt 1500 Gewehre mitsamt Patronen als Geschenk und die Versicherung, dass „kein Deutscher auf die Litauer schießen wird".

Quellen: https://paz.de
https://lithuanianphilately.com/memel-klaipeda/history/

Die litauische Eroberung des Memellandes


Die Franzosen hatten sich für längere Zeit im Memelland eingerichtet, man marschierte manchmal herum, um auch den letzten Deutschen im Memelland zu zeigen, wer das Sagen hatte.

Nach dem Ergebnis einer von den Franzosen genehmigten Unterschriftenaktion, sowie einer vorläufigen Entscheidung der Pariser Botschafterkonferenz war das Memelland dazu bestimmt auf mindestens zehn Jahre in einen „Freistaat Memelland“ umgewandelt werden. Derweil herrschte nach dem Tagebuch eines französischen Besatzungssoldaten triste Langeweile, die ca. 700 Soldaten sehnten sich nach der fernen Heimat. Man organisierte Hasenjagten oder hatte Spaß daran die Waffen von verhafteten Schmugglern zu zerstören. Bei Razzien in Memel hatte man 4000 Mausser, 1 Maschinengewehr und Tausende von Schuss Munition gefunden, die man anschließend auf den Schießständen verschoss. Die Tristesse war aber so groß, dass man wegen den pünktlich geschlossenen Geschäften in Memel den Deutschen vorhielt, die Franzosen mit Absicht mit Langeweile strafen zu wollen. Preußisch-deutsche Ordnung konnte eben auch so ausgelegt werden, wenn man nichts von den Sitten des besetzten Landes wusste. Mit unter wurden auch Deutsche so verprügelt, dass sie einen Schädelbruch erlitten oder andere auch verhaftet, weil man, wie in Pogegen passiert, einen vollgetankten Gotha-Jäger in einem Versteck fand, der dazu noch über 2 Schuss (!) Munition verfügte. Nachdem was die Franzosen herausfanden, sollte der Gotha-Jäger zu den Bolschewisten geflogen werden. Im Herbst 1922 haben die Franzosen auf 180 Soldaten und 6 Offiziere reduziert, scheinbar nichts und niemand bedrohte ihre Präsenz im Memelland. Was sie wohl nur am Rande bemerkten: Jeder Deutsche im Memelland lehnte die Franzosen ab, die quasi die gesamte Bevölkerung, wie Geißeln behandelte. Umfeld des französischen Kommandanten Odry agierte zudem ein polnischer Geheimdienstler so geschickt, dass er die Franzosen glauben ließ, dass das gesamte Memelland nur von Polen bewohnt wurde. Das gelang auch deshalb, weil Odry kein einziges Wort des altbaltischen Dialekts verstand. Kein einziger Pole lebte zu jedoch zu Beginn der Besatzungszeit im Memelland.

Der Plan eine Revolte gegen die französische Besatzungsmacht zu inszenieren, kursierte wohl schon Ende 1922 unter hohen litauischen Regierungsbeamten. Entscheidend für den Erfolg eines solchen Unternehmens war aus litauischer Sicht die deutsche Haltung, die eindeutig Signale aussendete, dass sich die Deutschen im Memelland nicht gegen einer litauischen Übernahme wehren würden. Die drohende polnische Annexion wollte offenbar überhaupt niemand. Darüber hinaus soll der deutsche Gesandte in Litauen, Franz Olshausen, Anweisungen aus Berlin weitergeleitet haben, die den Litauern die stillschweigende Zustimmung der deutschen Regierung vermittelten. Es lag also angesichts des Raubes deutscher Gebiete im Interesse Deutschlands, dass Litauen reagieren sollte, um das Memelland weder den Franzosen, noch den Polen zu überlassen.


Auf dem Foto posieren einige der "litauischen Rebellen", die am 23. 1. 1923 Memelland besetzten und so auch die französischen Besatzer festsetzten.

Am 9. Januar 1923 marschierten etwa 1000 von Jonas Polovinskas kommandierte litauische Freikorpsangehörige, die ihre Uniformen im Zug von Kaunas nach Memel gegen Zivilkleidung ausgetauscht hatten, über Krettingen und Tauroggen ins Memelland ein. Der Zeitpunkt war günstig, denn am folgenden Tag besetzten die Franzosen das Rheinland. Ein selbsternanntes „Komitee zur Rettung Kleinlitauens" rief die französischen Soldaten auf, in ihren Kasernen zu bleiben. Pestiné bat Paris um Verstärkung. Schnell meldeten sich 2000 einheimische Freiwillige, um auf Seiten der Franzosen gegen die Eindringlinge zu kämpfen. Da aber nur 40 dieser Freiwilligen bewaffnet werden konnten, weil es plötzlich an Waffen fehlte, hatten die Aufständischen leichtes Spiel. Sie errichteten in Heydekrug eine neue Landesregierung unter Simonaitis, die jedoch von Frankreich nicht anerkannt wurde.


Berittene Litauer vor deutschen Geschäften in Memel


Januar 1923: Memel unter litauischer Besatzung

Am 14. Januar hatten die Aufständischen die Stadt Memel eingekreist, wobei 300 Ortsansässige sich ihnen anschlossen. Gekämpft wurde nur um die Eisenbahnlinie zwischen Heydekrug und Memel. Dabei verloren zwölf Aufständische und zwei Franzosen ihr Leben. Als die Aufständischen am 15. Januar das Stadtzentrum erreichten, hisste der Hochkommissar die weiße Flagge und unterzeichnete einen Waffenstillstand. Pestiné zog sich ins Hotel Victoria zurück und wies die französischen Truppen an, in ihren Kasernen zu bleiben.


Die "Voltaire" verlässt mit den letzten Franzosen Memel

Am 23. Januar kam schließlich das französische Linienschiff „Voltaire" in Memel an, um Verstärkung zu bringen. Mit diesem verließen Pestiné und die französischen Soldaten am 18. Februar 1923 sang- und klanglos das Memelgebiet. Die unrühmliche Franzosenzeit im Memelgebiet war zu Ende.


Quelle: https://www.atviraklaipeda.lt/2019/12/17...r-neramumai-ii/
https://paz.de

Das Memelland unter litauischer Herrschaft


Memel wird 1923 von litauischer Reiterei besetzt, die machtlose Weimarer Republik schaute nur zu

Im Memel-Abkommen, das zwischen dem Völkerbund und Litauen unterzeichnet wurde, erhielt die Region ein eigenes Parlament, zwei Staatssprachen, das Recht auf eigene Steuern, eine Änderung der Zölle, die Selbstverwaltung ihrer kulturellen und religiösen Angelegenheiten, ein eigenes Justizsystem, eine interne Kontrolle der Land- und Forstwirtschaft sowie ein eigenes Sozialversicherungssystem. Der Völkerbund akzeptierte das endgültige Abkommen und bestätigte die Autonomie der Region innerhalb der Republik Litauen. Am 8. Mai 1924 bestätigten weitere Abkommen die litauische Annexion des Memellandes. Der endgültige Autonomievertrag wurde in Paris unterzeichnet. Das Gebiet von Memel wurde als Teil Litauens und der Weimarer Republik anerkannt. Im Litauisch-Deutschen Schieds- und Vergleichsvertrag vom 29. Januar 1928 einigten sich die Republik Litauen und die Weimarer Republik "als Zeichen des freundschaftlichen Charakters ihrer Beziehungen" unter anderem auf den Abschluss eines Grenzregelungsabkommens, das den Status des Memelgebiets beinhaltete.


Antanas Smetona - Ab 1926 in Litauen an der Macht, seine deutschfeindliche Politik im Memelland gefährdete den Frieden zwischen Litauen und dem Deutschen Reich

Dieses diplomatische Gezerre um das Memelland sah keinerlei Einspruch durch Deutschland vor und auch das Selbstbestimmungsrecht der mehrheitlich Deutschen im Memelland, interessierten weder das deutschfeindliche Frankreich noch Litauen. Die Deutschen im Memelland hatten auf dem Stimmzettel keine Wahl, ob sie Teil des litauischen Staates oder Teil Deutschlands sein wollten. Da die pro-deutschen Parteien in der Zwischenkriegszeit bei allen Kommunalwahlen (siehe Wahlstatistik unten) über eine Gesamtmehrheit von mehr als 80 % verfügten, kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass ein solches Referendum zugunsten Deutschlands ausgegangen wäre. Tatsächlich war das Gebiet seit dem Mönchsstaat des 13. Jahrhunderts vereint, und selbst viele Litauischsprachige, die sich selbst als Ostpreußen betrachteten, bezeichneten sich in der offiziellen Volkszählung als "Memelländer" und wollten keinem litauischen Nationalstaat angehören. Aus litauischer Sicht galten die Memelländer als germanisierte Litauer, die unter Zwang wieder litauisch gemacht werden sollten.

Die litauische Regierung stieß auf erheblichen Widerstand seitens der autonomen Institutionen im Memelland, unter anderem des Parlaments der Region. Im Laufe der Jahre wurden die Forderungen nach einer Wiedereingliederung in ein wiedererstarkendes Deutschland immer lauter. Das autoritäre Regime von A. Smetona setzte eine Politik der Diskriminierung und Litauisierung durch: Es schickte Verwalter aus Litauen, deutsche Lehrer, Beamte und Priester wurden entlassen. Einheimische – sowohl Deutsche als auch preußische Litauer – wurden im Memelgebiet nicht zum Staatsdienst zugelassen. Stattdessen wurden Menschen aus Kaunas geschickt. Dies stieß auf noch mehr Widerstand, da religiöse und regionale Unterschiede langsam unüberwindbar wurden.

Einheimische Litauer, die etwas mehr als die Hälfte der Einwohner der Region ausmachten (zusammen mit der Stadt Memel hauptsächlich Deutsche), wurden in zwei etwa gleiche Teile geteilt: Während sich einige eindeutig mit dem litauischen Volk identifizierten, neigten andere dazu, sich einfach als "Einheimische" oder "Memelländer" zu bezeichnen und hielten an einer prodeutschen politischen Ausrichtung fest. Infolgedessen behielt die deutsche politische Elite der Region ihren politischen Einfluss und setzte alles daran, wieder zum Deutschen Reich zurückzukehren. Die prodeutschen politischen Parteien verfügten über eine 80% Mehrheit im Regionalparlament. Nach 1933 kamen zwei nationalsozialistische Parteien hinzu.


Litauische Truppen mit deutschen Stahlhelmen 1926 in Memel - Das gesamte deutschsprachige Memelland galt von der Infrastruktur als der modernste Teil von ganz Litauen

1934 wurden einige Führer nationalsozialistischer Organisationen in der Region von Litauen vor Gericht gestellt. In den Jahren 1934-1935 fanden in Kaunas Prozesse gegen die deutschen Memelländer Ernst Neumann und Theodor von Sass statt. Vier Mitglieder der Organisationen wurden zum Tode verurteilt und 76 Deutsche inhaftiert. Aufgrund des anschließenden politischen und wirtschaftlichen Drucks aus Deutschland wurden die meisten Angeklagten freigelassen.

Am 21. Mai 1935 erhob Adolf Hitler Ansprüche an Litauen wegen der Verfolgung der deutschen Sprache in Memel und nannte es wegen der Unterdrückungspolitik durch A. Smetona ein Land, das nicht den "allgemein anerkannten Normen der menschlichen Gesellschaft" entspreche. Der lettische Außenminister Wilhelms Munters notierte in seinem Tagebuch vom 19. September 1935, dass Litauen durch die mangelnde Unterstützung Lettlands und Estlands beleidigt war. Die baltischen Bruderländer nutzten jedoch die Tatsache, dass Deutschland Litauen einen Handelskrieg erklärte und die Lebensmittelkäufe um 60 % reduzierte: Lettische und estnische Milch und Butter traten an die Stelle der litauischen Milch.


Ein Teil der angeklagten Deutschen im Kaunasprozeß 1934/35 und festgestellte Beweismittel...

Als Litauen Ende 1937 440 Hektar Land in der Memelregion für militärische Zwecke von deutschen Eigentümern beschlagnahmte, überzeugte der lettische Gesandte in Kaunas, Ludvigs Seja, auf Anweisung von Minister Munters seinen litauischen Amtskollegen Stasys Lozoraitis, die Beziehungen zu Deutschland "nicht zu verschlechtern". Die prodeutschen Wahlergebnisse in der Memel-Region waren für das autoritäre Smetana-Regime irritierend, und es versuchte, das Memel-Gebiet mit Litauern zu "kolonisieren". Die litauischen Siedlungen Jakai und Smeltė wurden gebaut. Die Zahl der Neuankömmlinge nahm zu: 1926 waren es 5.000, 1939 30.000. Litauen führte eine harte Litauisierungskampagne ein, die zu einem noch tieferen Antagonismus zwischen den einheimischen preußischen Litauern, Memelländern, Deutschen und Neuankömmlingen führte.

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Das Memelland im Jahr 1938

Von 1923 bis 1932 verließen fast 10000 Deutsche das Memelland und zogen nach Ostpreußen. Die deutsche Regierung versuchte jedoch, die Deutschen daran zu hindern, die Region zu verlassen, da sie die beschleunigte Litauisierung von Memel befürchtete. 1938 kamen 9000 Litauer aus der Region Kaunas in das Memelland.


Der deutsche Memellandführer Ernst Neumann bei Hitler

Die Absichten des Dritten Reiches gegenüber dem ehemaligen deutschen Memelland, was unter französischer Regie dem Deutschen Reich entrissen wurde, wurden völlig klar, nachdem Hitler am 21. Mai 1935 eine Rede hielt, in der er erklärte, dass er Litauen wegen der Verfolgung der deutschen Minderheit durch die Regierung in Kaunas keinen Nichtangriffspakt vorschlagen könne, wie er es im Falle anderer Länder getan habe. Ab diesem Zeitpunkt kam Bewegung in die Sache, einerseits durch weitere Litauisierungsmaßnahmen und andererseits durch deutschen Druck auf Litauen. Obwohl die Beziehungen zu Deutschland nur verbessert werden konnten, wenn den Deutschen das Selbstbestimmungsrecht im Memelland nicht verweigert wurde, bewegte sich die litauische Regierung nicht und so wurde die Lage von Tag zu Tag ernster. Als Polen im März 1938 sein Ultimatum an Litauen stellte, gab das Deutsche Reich offen bekannt, dass im Kriegsfall die Wehrmacht ins Memelland und in den Großteil Westlitauens einmarschieren würde. Eine Woche nachdem Litauen das polnische Ultimatum angenommen hatte, präsentierte Deutschland ein Elf-Punkte-Memorandum, das Aktionsfreiheit für die pro-deutsch gesinnten Aktivisten im Memelland und die Linderung des litauischen Einflusses verlangte. Ernst Neumann, Hauptangeklagter bei den Prozessen von 1934, war im Februar 1938 aus dem Gefängnis entlassen worden und zum Anführer der prodeutschen Bewegung geworden. Im Dezember 1938 wurde er von Adolf Hitler empfangen, der ihm versicherte, die Memelfrage werde bis März oder April 1939 gelöst werden.

Es kam noch zu zahlreichen Zusammenstößen zwischen der deutschen und der litauischen Bevölkerung, die sogar das Eingreifen der Armee erforderten und mit Todesopfern endeten. Trotz der Entlassung der zuvor verurteilten Führer der nationalsozialistischen Bewegung aus der Haft und der Duldung prodeutscher Verordnungen in Memel und schließlich der Aufhebung des Kriegsrechts am 30. Oktober 1938 war Hitler bereits entschlossen, diese Gebiete so schnell wie möglich für Deutschland zurückzuholen. Gleichzeitig begann die deutsche Bevölkerung, die in diesen Gebieten lebte, Milizen und paramilitärische Organisationen zu bilden, die im Winter 1939 praktisch das gesamte Gebiet kontrollierten.

Auf Grund polnischen Drucks - Polen wollte ebenfalls das deutschsprachige Memelland annektieren - gelangten verantwortliche litauische Politiker zu der Überzeugung, das Verhältnis zu Deutschland zu verbessern: „So war Mitte September 1938 Legationsrat von Grundherr im Auswärtigen Amt zweimal von dem litauischen Journalisten – Chefredakteur des halbamtlichen ‚Lietuvas Aidas‘ – Gustainas, der gute Beziehungen zum Staatspräsidenten Smetona, zum Ministerpräsidenten Mironas und auch zum litauischen Außenminister hatte, besucht worden.


Obwohl Litauen keinerlei Ansprüche auf Memel (1938) als Hafen hatte, wurde von litauischen Diplomaten während den Sondierungen über eine Rückgabe des deutschen Memellandes "Sonderrechte" für die litauische Hafennutzung gefordert.

Von Grundherr berichtete, dass Gustainis sehr offenherzig die Befürchtung äußerte, die Memelbevölkerung könne das Selbstbestimmungsrecht und die Volksabstimmung verlangen. Nach der Aufhebung des Kriegsrechts gestattete die litauische Regierung im Dezember 1938 Wahlen für den litauischen Landtag, die einen „überwältigenden Sieg für die deutsche Liste“ erbrachten. Für die Beibehaltung des Memelgebietes könne Litauen nicht seine ganze Existenz aufs Spiel setzen. Es sei besser, sich mit der deutschen Regierung ins Benehmen zu setzen, falls sie den Litauern Rechte am Memeler Hafen belassen würde. Deutliche Anzeichen, dass litauischerseits eine Bereitwilligkeit bestand, auch über das Memelgebiet hinaus Konzessionen zu machen, ergaben sich Anfang Dezember 1938. So wurde am 1. Dezember 1938 Peter Kleist von der Dienststelle Ribbentrop, einem Privatbüro des Außenministers in seiner Eigenschaft als Ratgeber Hitlers in außenpolitischen Angelegenheiten, vom litauischen Generalkonsul Dymscha in Königsberg aufgesucht, um über das deutsch-litauische Verhältnis und insbesondere über das Memelgebiet zu sprechen.“

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Die Heimkehr des Memellandes


Urbsys und Ribbentrop unterzeichnen den Vertrag über die Rückgabe des Memelgebietes an Deutschland

Am 19. März 1939 kehrte Juozas Urbšys von der Krönungszeremonie von Papst Pius XII. zurück und machte Halt in Berlin. Am 20. März traf er mit dem Außenminister des Dritten Reiches, Joachim von Ribbentrop, zusammen. Während des 40-minütigen Treffens forderte dieser in einem Ultimatum die sofortige Rückgabe des Memellandes an das Dritte Reich und drohte mit einer militärischen Intervention im Falle einer Weigerung.


Hitler in Memel - Er traf mit dem Panzerschiff "Deutschland" ein

Juozas informierte sofort die Regierung in Kaunas (Kauen), die sich heimlich an die Länder wandte, die dem Botschafterrat angehörten. Doch Japan und Italien hielten zu Deutschland und Großbritannien und Frankreich boten Litauen keine Hilfe an und setzten ihre bisherige Politik, das Selbstbestimmungsrecht deutschen Volksgruppen auch außerhalb deutscher Reichsgrenzen zugestehen. In dieser Situation stimmte Litauen den deutschen Bedingungen zu, was 1920 schon die Region Wilna an Polen verlor.

Währenddessen wurde in Swinemünde ein deutsches Expeditionskorps versammelt, das aus 3 Panzerschiffen, 3 Kreuzern, 17 Zerstörern, 9 U-Booten, 5 Begleitschiffen, 12 Hilfsbooten, 13 Minensuchern und mehreren kleineren Einheiten bestand. In der Nacht vom 22. auf den 23. März fuhr die deutsche Flotte Richtung Memel ab. Am 22. März brachte ein deutsches Flugzeug Minister Urbšys zurück nach Berlin, wo er darüber informiert wurde, dass die deutsche Flotte auf See sei. Hitler drohte, Kaunas zu bombardieren, wenn Litauen nicht bereit wäre, das Memelland an Deutschland zurückzugeben. In der gleichen Nacht vom 22. auf den 23. März 1939 fand die Unterzeichnung des entsprechenden Vertrages durch Urbšys statt und später die Ratifizierung durch den litauischen Seimas am 30. März während einer fünfminütigen Schweigesitzung. Zu diesem Zeitpunkt wehten bereits die deutschen Fahnen über Memel, denn schon am 23. März 1939 liefen deutsche Schiffe in den Hafen von Memel ein und Adolf Hitler selbst kam dort mit dem Panzerschiff "Deutschland" an.




Deutsche Marineinfanterie wird in Memel jubelnd empfangen


Ausgeschiffte Panzerwagen in Memel, auch ihre Besatzungen werden herzlich begrüßt

Wie in Berlin erwartet, fand die Rückgabe des Memellandes an Deutschland keinen Widerhall in einer Welt, zu unbedeutend war das Ereignis im Weltmaßstab. Das Memelland wurde in die Provinz Ostpreußen zurück gegliedert und kam unter Wiederherstellung der historischen Kreiseinteilung zum Regierungsbezirk Gumbinnen. Memelländer, die ihre deutsche Staatsbürgerschaft wegen der Abtretung an Litauen verloren hatten, wurden wieder deutsche Staatsbürger.

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Der Memellandort Heydekrug



Der Ort entstand 1511 aus einem „Dorfkrug“ als Gaststätte, auf der Heide in der Nähe des Marktplatzes am Hafen, wo bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs das Hotel „Germania“ stand. Heydekrug entwickelte sich zum bedeutendsten Marktflecken zwischen Memel und Tilsit. Krüge waren zunächst einfachste Lokale mit oft nur einer geringen Zahl an Trinkgefäßen. Sie wurden von Deutschen betrieben und fungierten als Umschlagplatz von Waren und Neuigkeiten sowie als Orte, an denen die baltische Landbevölkerung mit der deutschen Sprache und Kultur in Kontakt kam. Der große Marktplatz ist heute noch in weiten Teilen erkennbar.

1709 herrschte ein selten strenger Winter. Noch im Monat Mai konnte man mit Schlitten über die eisbedeckte Ostsee fahren. Die Erde war über 1 m tief eingefroren. Die Wintersaaten waren ausgefroren. Die Folge waren eine große Teuerung und Hungersnot. Der Verzehr von Sägemehl im Brot, Brennnesselsuppe und Baumrinden verursachte schwere Magen- und Darmkrankheiten. Obendrein wurde die Pest aus Litauen eingeschleppt. In Heydekrug überlebte niemand. Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. sorgten für die Rekultivierung der Gegend durch Salzburger Exulanten. Im 18. Jahrhundert war Heydekrug Sitz des preußischen Königlichen Domänenamts Heydekrug, das zum Memelschen Kreis gehörte und um 1782 ein Vorwerk und 92 Dörfer mit insgesamt 854 Feuerstellen (Haushalten) umfasste.



Seit 1818 war Heydekrug Sitz des neu gegründeten Landkreises Heydekrug, in dem es keine Stadt gab. Der Kreisort an der russischen Grenze wurde Sitz eines Justizamts (ab 1879 Amtsgericht Heydekrug), eines Landratsamts und eines Hauptzollamts. 1911 wurden die Nachbargemeinden Barsduhnen, Cyntionischken und Szibben und am 1. Mai 1939 die Gemeinden Schlaszen und Werden sowie der Gutsbezirk Adlig nach Heydekrug eingemeindet. In der Zeit von 1925 bis 1938 wurde die Gemeinde Kallwellischken auf die Gemeinden Heydekrug, Kirlicken, Pagrienen und Werden aufgeteilt.



Nach dem Versailler Raubdiktat wurde 1920 das Memelland mit Heydekrug von Deutschland abgetrennt und unter französische Verwaltung gestellt. 1923 fiel es an Litauen. Am 22. März 1939 wurde es Deutschland mit dem gesamten Memelland zusammen zurückgegeben. Heydekrug wurde 1941 zur Stadt erhoben.

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Der Memellandort Pogegen



Die erste gesicherte Erwähnung des Ortes stammt aus dem Jahr 1307. Der Name beschreibt einen Hain, der möglicherweise einer heidnischen Gottheit geweiht war. Zu dieser Zeit hatte der Deutsche Orden im Zuge der Christianisierung der Prußen seinen nordöstlichsten Vorstoß abgeschlossen. Da deutsche Bauern wenig Interesse an der Besiedlung der Wildnis nördlich der Memel hatten, zogen vorwiegend litauische Flüchtlinge dorthin, die angeblich in ihrer heidnischen Heimat ihren Glauben nicht ausüben konnten. Möglicherweise war das in Pogegen etwas anders, wenn dieser Ort einen heidnischen heiligen Hain benennt.

Wegen der größtenteils unzugänglichen Landschaft war die Grenze zwischen dem Ordensstaat und Litauen lange Zeit unbestimmt, sie wurde erst 1398 vertraglich festgelegt. Danach wurde das Dorf Pogegen durch die Ordens-Komturei Ragnit verwaltet. Unter dem Einfluss der Ragniter Schalauerburg strahlte das Deutschtum weiter nach Norden aus, so dass sich die ehemals litauischen Einwanderer mehr und mehr assimilierten und vielfach die deutsche Sprache als Zweitsprache annahmen.



Um etwa 1785 hatte das Dorf 39 Feuerstellen (Haushaltungen) und es war dem Amtsbezirk Baublen zugeordnet, zu dem zwei Vorwerke und 70 Dörfer gehörten, die 881 Feuerstellen enthielten. Die Einwohner Pogegens lebten hauptsächlich von der Landwirtschaft und der Fischerei auf der Memel. Sie teilten bis ins 18. Jahrhundert hinein das Schicksal des Memellandes, das immer wieder durch Einfälle von Litauern, Russen und Schweden sowie unter Pest und Cholera litt. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts besserten sich die Verhältnisse. Die Nähe zum aufstrebenden Ragnit, das seine Handelsbeziehungen nach Norden ausdehnen wollte, verhalf Pogegen zum Anschluss an die neu geschaffenen modernen Verkehrswege, wie die Chaussee in Richtung Riga und die am 15. Oktober 1875 fertiggestellte Bahnlinie Memel – Tilsit – Insterburg. Am 12. August 1902 wurde die Kleinbahnstrecke Pogegen – Schmalleningken eröffnet, mit der auch die östlich gelegene Region verkehrsmäßig erschlossen wurde. Mit 684 Einwohnern, die sowohl 1885 als auch 1910 ermittelt wurden, blieb Pogegen jedoch noch ein relativ unbedeutender Ort, in dem es lediglich einige wenige Geschäfte und Handwerksbetriebe sowie ein Gasthaus, zwei Restaurants, eine Käserei, eine Bierbrauerei und eine Viehhandels-Gesellschaft gab.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde der Ort im Herbst 1914 zeitweise von russischen Truppen erobert. Nach Kriegsende wurde Pogegen vom Deutschen Reich zwangsabgetrennt und von franmzösischen Militär kontrolliert. Am 10. Januar 1923, dem Tag vor der französischen Ruhrbesetzung, besetzten gleichzeitig litauische Soldaten als Freischärler getarnt unter Bruch des Versailler Vertrages das Memelland. Der Völkerbund sah sich gezwungen, der Einverleibung des Memellandes in den litauischen Staat zuzustimmen, erreichte jedoch ein Autonomiestatut unter seiner Aufsicht.

Litauen musste auf deutschen Druck das Memelland am 22. März 1939 an Deutschland zurückgeben. Durch eine Neuordnung der Landkreise verlor Pogegen am 1. Oktober 1939 seinen Status als Kreisort und wurde mit 2.761 Einwohnern in den Landkreis Tilsit-Ragnit eingegliedert. Während des Zweiten Weltkrieges unterhielt die deutsche Wehrmacht in Pogegen ein Kriegsgefangenenlager für Offiziere. Am 23. März 1943 wurden der Gemeinde Pogegen unter Umbenennung ihres Namens in "Ordenswalde" die Stadtrechte verliehen.


Gefangene deutsche Soldaten in Pogegen

In der letzten Phase des Krieges wurde Pogegen, das zuvor schon bei Rückzugsgefechten der deutschen Wehrmacht Zerstörungen erlitten hatte, am 20. Oktober 1944 von der sowjetischen Roten Armee erobert.

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Willkischken und Nattkischken


Das deutsche Willkischken

Willkischken wurde im 15. Jahrhundert gegründet und war bereits vor 1560 ein Kirchdorf. Das Gut Willkischken existierte seit 1628. In der nachfolgenden Zeit hatten die Bewohner von Willkischken sehr unter den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Brandenburg-Preußen und den Schweden, aber auch unter Pestepidemien zu leiden. Den dadurch bedingten Bevölkerungsschwund glich der Zuzug von Salzburger Exulanten aus. Ein verheerender Brand vernichtete bei der Eroberung durch die Russen im Jahre 1757 zahlreiche Häuser, die Kirche, das Pfarrhaus und die Schule.

Im Jahre 1785 war Willkischken ein „köllmisches Gut“ und Dorf mit 70 Feuerstellen. Am 8. April 1874 wurde der Ort Zentrum und namensgebend für einen neu errichteten Amtsbezirk, der bis 1922 zum Kreis Tilsit gehörte. Nach der Zwangsabtrennung durch Franzosen und Litauer zwischen 1923 und 1939 gehörte es von 1939 bis 1945 wieder zum Landkreis Tilsit-Ragnit im Regierungsbezirk Gumbinnen der preußischen Provinz Ostpreußen. Im Jahre 1910 waren im Dorf Willkischken 747 und im Gutsbezirk 145 Einwohner registriert. Als am 7. Oktober 1944 der Befehl zur Räumung des Memellandes gegeben wurde, verließen auch die Willkischker für immer ihre Heimat.


Nattkischken

Nattkischken wurde vor 1740 gegründet und war (vermutlich) seit 1874 Sitz eines Amtsbezirkes im (Land)kreis Tilsit. Nattkischken hatte seit 1904 eine evangelisch-lutherische Kirche, eine Jubiläumskirche im neugotischen Sti. Im Jahr 1920 erfolgte die Zwangsabtrennung durch franzöisches Militär und die Besetzung durch Litauen. Nach Rückgabe gehörte Nattkischken von 1939 bis 1944 wieder zum Landkreis Tilsit-Ragnit. Die Kirche wurde 1944 zerstört.

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Nimmersatt im Memelland


Nimmersatt im Kaisereich - Die Grenze zum Russischen Zarenreich

Während der Kreuzzüge ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurden die Ostseegebiete im Bereich der als Heiden angesehenen Schalauer und Kuren von Ritterorden erobert, zunächst durch die Schwertbrüderorden, nach der Schlacht von Schaulen (1236) durch die Ritterorden. Das stark bewaldete Gebiet um Nimmersatt war dünn besiedelt, galt als gefährlich und unfriedlich. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts befand sich der Staat des Deutschen Ordens mit dem benachbarten Großherzogtum Litauen und dem Königreich Polen in Gebietsstreitigkeiten und kriegerischen Auseinandersetzungen, die erst 1422 mit dem Frieden vom Melnosee beendet werden konnten. Im Friedensvertrag kam Samogitien unter litauische Verwaltung. Der Ort wird um 1430 deutsch als Nymmersatt erwähnt.

Im Zuge der Reformation kam im Jahr 1525 das preußische Ordensland zu einem erheblichen Teil unter polnische Lehnshoheit. Nimmersatt wurde zum nördlichsten Vorposten des säkularisierten Herzogtums Preußen, ab dem Jahre 1618 zu Brandenburg-Preußen mit dem lutherischen Haus Hohenzollern.


Nimmersatt im Dritten Reich

Durch den Vertrag von Oliva 1660 konnte sich der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg von der polnischen Oberhoheit lösen. Als das Königreich Preußen 1871 in das Deutsche Reich einging, wurde Nimmersatt die nördlichste Siedlung des Deutschen Reichs - Schülerreim: „Nimmersatt, wo das Reich sein Ende hat“. Der Grenzort mit dem Zollhaus und einer Gastwirtschaft wurde von Reisenden aus den und in die litauischen Provinzen des kaiserlichen Russlands belebt. Die Evangelischen des Dorfs gehörten zum Kirchspiel von Deutsch-Crottingen, wo Gottesdienste in litauischer und deutscher Sprache abgehalten wurden, dem nördlichsten preußischen Kirchspiel überhaupt; dieses war 1654 vom Kirchspiel Memel abgezweigt worden. In Nimmersatt bestand die Posthalterei Immersatt. Die Dorfschule wurde am Ende des 19. Jahrhunderts von 60 Kindern besucht, die in deutscher Sprache Unterricht erhielten.

Ein Teil der zum Deutschen Reich gehörenden preußischen Provinz Ostpreußen wurde nach dem Ersten Weltkrieg durch den Versailler Vertrag dem Deutschen Reich entrissen: Am 10. Januar 1920 kam Nimmersatt mit dem Memelland unter die Verwaltung des Völkerbunds und wurde von den Franzosen verwaltet. Es dominierten weiterhin Deutsche und „Kulturdeutsche“. Nach dem Einfall litauischer bewaffneter Banden wurde 1923 das Gebiet von Litauen annektiert.

Für eine kurze Zeit wurde Nimmersatt wieder ein Grenzübergang, als der litauische Außenminister Juozas Urbšys unter dem Druck des nationalsozialistischen Deutschlands am 22. März 1939 eine Vereinbarung traf, nach der das Memelgebiet wieder an das Deutsche Reich fiel. Durch das Geheimprotokoll des Molotow-Ribbentrop-Pakts wurde die Region dem deutschen Einflussbereich zugeordnet. Zwei Jahre später wurde das Reichskommissariat Ostland gegründet; damit erübrigte sich hier die Grenze. Im Oktober 1944 wurde Nimmersatt von der Roten Armee besetzt, die deutschen Bewohner wurden vertrieben.

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1944: Die letzten deutschen Tage von Memel


Memel 1943

Am 5. Oktober 1944 begann die Rote Armee ihren Angriff auf Raus' 3. Panzerarmee an einer sechzig Meilen langen Front und konzentrierte seine Durchbruchskräfte gegen die relativ schwache 551. Grenadierdivision. Die HKL wurde im Bereich dieser Division durchbrochen und die Sowjets drängten nördlich von Memel zur Küste. Am 7. Oktober kam es zu einem allgemeinen Zusammenbruch der Stellungen der 3. Panzerarmee und zu einem weiteren Angriff der Sowjets weiter nach Süden. Innerhalb von zwei Tagen hatten sie die Küste südlich von Memel erreicht, Memel wurde von Norden her umzingelt. Das Hauptquartier der 3. Panzerarmee wurde von den Sowjets überrannt, und Raus und sein Stab mussten sich nach Memel durchkämpfen.


Vor Memel im Spätsommer 1944, Panzergräben werden ausgehoben...

Der benachbarte Heeresgruppenkommandeur Ferdinand Schoerner signalisierte am 9. Oktober, dass er einen Angriff zur Entlastung von Memel starten würde, wenn die Truppen durch die Evakuierung Rigas befreit werden könnten. Eine Entscheidung in dieser Angelegenheit verzögerte sich, aber der Kriegsmarine gelang es in der Zwischenzeit, einen Großteil der Garnison und einige Zivilisten aus dem Hafen abzuziehen. Das deutsche XXVIII. Korps unter Gollnick hielt eine Verteidigungslinie um die Stadt selbst.


Memel Oktober 1944 - Die Kriegsmarine bringt Panzer in das eingeschlossene Memel

Die Sowjets begannen die nach Memel zurückgezogen deutschen Kräfte zu belagern. Die deutsche Streitmacht, setzte sich größtenteils aus Teilen der Division Großdeutschland, der 58. Infanteriedivision und der 7. Panzerdivision zusammen. Sie wurden durch stark befestigte taktische Verteidigungsanlagen, Artilleriefeuer von Schiffen (einschließlich der Prinz Eugen) in der Ostsee und eine schwache Verbindung mit dem Rest Ostpreußens über die Kurische Nehrung unterstützt.


General Hans Gollnick vor angetretenen deutschen Soldaten im Januar 1945 in Memel

Die Blockade des Hafens und seine Verteidigung wurde im November, Dezember und den größten Teil des Januars aufrechterhalten, während dieser Zeit wurden die verbliebenen Zivilisten, die in die Stadt geflohen waren, und die verwundeten Militärangehörigen auf dem Seeweg evakuiert. In dieser Zeit wurden die Division Großdeutschland und die 7. Panzerdivision nach schweren Verlusten abgezogen und durch die 95. Infanteriedivision ersetzt, die auf dem Seeweg eintraf.

Die letzten organisierten deutschen Einheiten verließen am 4. Januar um 28 Uhr morgens den Hafen von Memel. Am 27. Januar 1945 wurde die Stadt endgültig aufgegeben.

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