Thietmar von Merseburg über die ostelbischen Heiligtümer

Mission, Bekehrungswerk, Neophytenbetreuung oder auch nur eine Pfarrkirchenorganisation blieben also, wie die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg verdeutlicht, im Gebiet der Sorben eher rudimentär. Die sächsischen Eroberer strebten ganz offensichtlich neben der militärischen Durchdringung des Landes mit Burgwarden vor allem nach Entpaganisierung, weniger nach Christianisierung, denn sie bemühten sich durch die Zerstörung der heiligen Haine vor allem um die Unterbindung des paganen Kultes. Und während sie damit bei den Sorben erfolgreich bleiben sollten, scheiterten sie weiter nördlich schon schnell nahezu vollkommen.

Im Jahr 983 erhoben sich gentes, quae suscepta christianitate regibus et imperatoribus trubutariae serviebant, offenbar deshalb, weil sie den fortschreitenden Ausbau des Burgwardsystems auch im Norden als Einschränkung ihrer überkommenen Lebensweise empfanden. Und während bisher von Gewalt nie explizit die Rede war, so wird Thietmar von Merseburg nicht müde, nun die Exzesse der Rebellierenden hervorzuheben: In Havelberg wurden die Besatzung der Burg niedergemacht und der Bischofssitz zerstört; in Brandenburg an der Havel wurde „Dodilo, der zweite Bischof des Ortes, der von den Seinen erdrosselt nun schon drei Jahre im Grab lag, aus seiner Gruft gerissen; seine Leiche und sein Bischofsornat waren noch unversehrt; die habgierigen Hunde plünderten sie aus und warfen sie dann achtlos zurück. Alle Kostbarkeiten der Kirche wurden geraubt und das Blut vieler elendiglich vergossen."

Die Aufständischen schlossen sich in einem von Priestern geleiteten Bund zusammen; ihr Zentrum wurde der Tempel von Rethra, einem Ort, der seit den Forschungen von Volker Schmidt in der Lieps am Südwestende des Tollensesees bei Neubrandenburg lokalisiert wird. Thietmar erzählt dazu:

„Im Redariergau liegt die dreieckige und dreitorige Burg Riedegost, rings umgeben von einem großen, für die Einwohner unverletzlich heiligen Walde (silva ab incolis intacta et venerabilis). Zwei ihrer Tore sind dem Zutritt aller geöffnet. Das dritte und kleinste Osttor mündet in einen Pfad, der zu einem nahe gelegenen, sehr düsteren See führt. In der Burg befindet sich nur ein kunstfertig errichtetes, hölzernes Heiligtum, das auf einem Fundament aus Hörnern verschiedenartiger Tiere steht. Außen schmücken seine Wände, soviel man sehen kann, verschiedene, prächtig geschnitzte Bilder von Göttern und Göttinnen. Innen aber stehen von Menschenhänden gemachte Götter, jeder mit eingeschnitzten Namen; furchterregend sind sie mit Helmen und Panzern bekleidet; der höchste heißt Swarozyc, und alle Heiden achten und verehren ihn besonders. Auch dürfen ihre Feldzeichen nur im Falle eines Krieges, und zwar durch Krieger zu Fuß, von dort weggenommen werden. Für die sorgfältige Wartung dieses Heiligtums haben die Eingeborenen besondere Priester eingesetzt. Wenn man sich dort zum Opfer für die Götzen oder zur Sühnung ihres Zorns versammelt, dürfen sie sitzen, während alle anderen stehen; geheimnisvoll murmeln sie zusammen, während die zitternd die Erde aufgraben, um dort durch Loswurf Gewissheit über fragliche Dinge zu erlangen. Dann bedecken sie die Lose mit grünem Rasen, stecken zwei Lanzenspitzen kreuzweise in die Erde und führen in demütigender Ergebenheit ein Ross darüber, das als das größte unter allen von ihnen für heilig gehalten wird; haben sie zunächst durch Loswurf Antwort erhalten, weissagen sie durch das gleichsam göttliche Tier nochmals. Ergibt sich beide Male das gleiche Vorzeichen, dann setzt man es in die Tat um. Andernfalls lässt das Volk niedergeschlagen davon ab. Auch bezeugt eine alte, schon mehrfach als falsch erwiesene Kunde, aus dem See steige ein großer Eber mit weißen, von Schaum glänzenden Hauern empor, wälze sich voller Freude schrecklich im Morast und zeige sich vielen, wenn schwere grausame und langwierige innere Kriege bevorstehen."


Der Himmelsgott Svarog könnte zwar mit Sonnenrad- und Hammerattribut dem nordischen Thor entsprechen, tatsächlich weist er auf einen Schmiedegott, wie Hephaistos einer war. Bisher leitet man Svarog namentlich von svar aus dem Sanskrit her und setzte ihn deshalb mit Indra gleich. Alle sogenannten "slawischen" Götter stellen nur Asen-Manifestationen dar


Wie die Feldzeichen ausgesehen haben, können wir vom Symbolismus Svarogs ableiten, der überwiegend von der Swastika bestimmt wurde. Die Swastika wurde auch von den sogenannten "Kelten" als Symbol verwendet und offenbart einen gemeinsamen alteuropäischen Hintergrund. Die Swastika wurde ursprünglich ebenfalls als Sonnenradsymbol verwendet.

Thietmar berichtet im anschließenden Kapitel noch, dass jede Region im Liutizenland einen Tempel mit einem Götzenbild habe; Rethra jedoch sei das unumstrittene Zentrum, von dem Kriegszüge ausgingen, an dem Volksversammlungen abgehalten und an dem gelegentlich auch Menschen- und Tieropfer dargebracht würden. Die Grausamkeit der über fast zwei Jahrhunderte erfolgreich widerständigen und zwischenzeitlich sogar mit Kaiser Heinrich II. gegen die christlichen Piasten (Daglinger) verbündeten Liutizen findet sich auch in der auf Thietmar von Merseburg folgenden Historiographie. Adam von Bremen nutzte die Schilderung eines Offensivkrieges der Liutizen gegen die Abodriten nach 1018 zur Darstellung des Martyriums von Priestern in Wagrien, denen kreuzförmig die Kopfhaut geritzt und denen dann der Hirnschädel mit einem Eisen geöffnet worden sei, und die man schließlich so durch verschiedene Orte geschleppt habe, bis sie gestorben seien.

Gegen den im Lüneburger Michaels-Kloster christlich erzogenen abodritischen Fürsten Gottschalk, der im Zuge der Wiederaufrichtung des Christentums in Folge dieser Ereignisse ebenfalls nicht zimperlich vorgegangen war, schürten die herulischen Liutizen bald einen neuen Aufstand. Gottschalk wurde am 7. Juni 1066 in Lenzen erschlagen. Adam von Bremen berichtet über die damalige Steinigung der Christen in Ratzeburg, und den Bischof Johann von Mecklenburg habe man nach Rethra gebracht, wo er am 10. November getötet und sein Kopf auf eine Stange gesteckt worden sei.

Primärquelle: Kamp, Kroker, Schwertmission
Wikipedia
https://www.wulflund.de/metal-musik/paga...d-serbien.html/

Schwertmissionen gegen die Liutizen


Der von heidnischen Prussen geköpfte Erzbischof Brun von Querfurt rief zu seinen Lebzeiten zur gewaltsamen Christianisierung auf und starb selbst eines gewaltsamen Todes. Er weilte vor seinem Tode auch am Hof Rurikidenfürsten Waldemar I. (Valdamarr) für dem er einen Frieden mit den Petschenegen vermittelte

Die vergleichsweise ausführliche Beschreibung liutizischer Gewalttaten kann aber auch mit der Intention verbunden werden, nunmehr auch von christlich-sächsischer Seite ein hartes Vorgehen gegen die Apostaten zu begründen. So findet sich schon in einem Brief Bruns von Querfurt an Heinrich II. aus dem Jahr 1008 die Forderung nach jenem neutestamentarischen compellere intrare (Lukas 14, 23), das schon der Kirchenvater Augustinus von Hippo für die Donatisten vorgesehen hatte: sie zu nötigen, einzutreten. Dementsprechend ließen christliche Gräuel auch nicht lange auf sich warten. Im gleichen Brief an Heinrich II. berichtete er auch von seiner Ostmission zum Rurikidenreich unter Waldemar I., dem Großen. Dem Urenkel Ruriks hatte einst das Gefolge von Brun von Querfurt zu gesungen: „Möge Gott Dir das Paradies aufschließen, wie Du uns den Weg zu den Heiden aufgeschlossen hast“. Heiden in den Schwarzmeersteppen, damit sind aus der Sicht des Erzbischofs die Petschenegen gemeint, zu denen er mit der Absicht zog sie zu missionieren und Frieden zu stiften. In beiden hatte er Erfolg, doch als er zurückkehrte fiel dieses Reitervolk am unteren Don wieder von diesem Glauben ab.


der rothaarige Kaiser Konrad II.

Im Jahr 1035 war Konrad II. gegen die Liutizen gezogen, und Wipo berichtet im Zusammenhang damit von der Verstümmelung eines Kruzifixes durch Liutizen, mit denen Konrad II. nach deren Gefangennahme dann ähnlich verfahren sei. Konrad wurde hier nach Meinung Herwig Wolframs wie flavische Kaiser in ihren antijüdischen Kriegen als „Rächer des Glaubens" dargestellt. Konrad II. kämpfte zusammen mit dem böhmischen Herzog Bretislav gegen die Liutizen, die ab 1033 die heute nicht mehr existierende Burg Werben in der Altmark überfallen hatten. Eine sächsische Hilfsarmee wurde von den Liutizen besiegt, wobei 42 Ritter getötet wurden. Die Burg Werben fiel danach durch Verrat an die Liutizen. Der erste Feldzug 1035 verlief ergebnislos und beide Seiten mussten hohe Verluste beklagen. Eine Jahr später folgte 1036 ein weiterer Feldzug von Konrad II. , der wiederum hauptsächlich von sächsischen Adligen getragen wurde. Er führte zur Niederlage der Liutizen, die einer hohen Ehrerbietung zustimmen und Geiseln geben mussten. Trotz der Niederlage behielten die Luitizen ihre Autonomie, und die Bistümer von Brandenburg und Havelberg wurden nicht wieder eingesetzt.


Das ostelbische Nitzow

Zum Bistum Havelberg, einer Schenkung Heinrich II., darf noch ein bemerkenswerter Aspekt hinsichtlich der Sprachforschung nicht unerwähnt bleiben. Diese Schenkung fiel aller Wahrscheinlichkeit nach in die Zeit zwischen 1003 und 1009. Eine Analyse der Besitz- und Zehntrechte, die in der Konradurkunde in Verbindung mit dem Namen Werenzo auftauchen, wirft interessante Fragen über den Machtbereich des Markgrafen der Nordmark zu Beginn des 11. Jahrhunderts auf. Werner verfügte - dem Wortlaut des Diploms zufolge - über die provinciae Zemzici und Nielietizi sowie über die provincia Mintga. Das letztgenannte Gebiet läßt sich aufgrund der Identifizierung einiger darin genannter Dörfer mit großer Sicherheit am linken Ufer der Elbe, ungefähr in Höhe der Havelmündung, lokalisieren. Die provinciae Zemzici und Nielietizi, in der auch Havelberg und Nitzow lagen, müssen jedoch östlich der Elbe gesucht werden. Und jetzt kommt nach Dr. Uwe Czubatynski der entscheidende Aspekt über die Identität der angeblich "slawischen" Bewohner: Sprachliche Unterschiede zwischen dem ost- und westelbischen Machtbereich des Markgrafen sind - soweit es das Deperditum aus der Konradurkunde zuläßt - nicht feststellbar!


Der böhmische Herzog Bretislav I. - Seine Gemahlin war zu dieser Zeit die Deutsche Judith von Schweinfurt, die er bereits 1019 als Tochter des bayerischen Adeligen Heinrich von Schweinfurt, dem Markgraf des Nordgaus in Schweinfurt entführt hatte.

1056/1057 brachen innerhalb der liutizischen Föderation Machtkämpfe aus, wobei sich die Kessiner und Circipanen einerseits mit den Tollensianern und Redariern bekriegten. So entscheidend geschwächt folgte im Winter 1067/1068 nun der Zug des Bischofs Burchard II. gegen Rethra am Tollensesee, von wo er rittlings auf dem heiligen Pferd der Liutizen zurückkehrte. Ebo von Michelsberg berichtet in seiner Lebensbeschreibung Ottos von Bamberg erneut über die Zerstörung eines gentilreligiösen Hauptheiligtums durch Lothar von Supplingenburg. Wolfgang Brüske nahm an, dass es sich dabei durchaus um Rethra gehandelt haben könnte, das damit zum zweiten und wohl endgülligen Mal zerstört worden wäre. Seine Bedeutung nahm nun Arkona auf Rügen ein.

Zusammenfassend kann nach diesem Überblick über Eroberung, Marken- und Kirchenorganisation und ihre Folgen in Heidenaufstand und Liutizenbund festgestellt werden, dass die Christianisierung von ostelbischen Heiden zunächst nur auf eine Depaganisierung ausgerichtet war, bei der nach dem Ende der unmittelbaren militärischen Eroberergewalt nur die auch in späteren Jahrhunderten berühmte ,Gewalt gegen Sachen' ausgeübt wurde, gegen die heiligen Haine nämlich, die zerstört wurden, um die Ausübung heidnischer Kulte zu unterbinden. Nach dem als gewalttätig geschilderten Aufstand von 983 glaubten sich die christlichen Gegner der Rebellen dazu befugt, die Apostaten mit Gewalt in die Kirche zurücktreiben zu dürfen. ,Gewaltmission' im Sinne karolingischen Vorgehens gegen die heidnischen Sachsen war dies, darauf hat auch Hans-Dietrich Kahl in zahlreichen Arbeiten immer wieder hingewiesen, aber nicht, sondern es handelte sich allenfalls um indirekte Missionskriege und das, was die Zeit unter ,Apostatenexekutionen' verstand. Für die davon Betroffenen allerdings werden solche terminologische Differenzierungen unerheblich gewesen sein.

Primärquelle: Kamp, Kroker, Schwertmission
http://www.geschichtsverein-prignitz.de/3.pdf
Wikipedia

Bayern als "Sclavi istius patriae"

Alles nördlich und nordöstlich der Donau war in Bayern zur Zeit des Römischen Reiches Barbarenland, was sich weiter noch nach Böhmen hinein fortsetzte und von dort in den Osten Europas. Barbarisch blieben diese Gebiet so lange, bis sich von Westen her das Fränkische Reich Karls des Großen expandierte und in Regionen vorstieß, die nie etwas von einem Christengott wussten. Der barbarische Götterhimmel kannte keinen alleinigen Gott, man verehrte und opferte gleich mehreren Asen unter ihren altnordischen Namen. Wer den Christengott nicht kannte blieb demnach im Unglauben befangen, weshalb die Kirche alle diese Stämme unter den Neubegriff "Sclavi" zusammenfasste. Nicht nur weil man sich in den Barbarengebieten mit Sklaven versorgte, sondern auch keine Kenntnis von den wahren Eigennamen dieser Stämme hatte. So etwas vereinfachte alles im Sprachgebrauch, was sich wieder im Kartenmaterial niederschlug. Das Land wurde Sclavinia oder in Bayern "Sclavi istius patriae" genannt.

Die ersten entscheidenden Schritte auf dem Weg dorthin wurden allerdings erst im späten 8. und 9. Jahrhundert unternommen, als die barbarische Welt der Sclavi in den Blick der Karolinger geriet. Die Kenntnis dieser Bewohner aus westlicher Perspektive war noch älter, hatte man sie doch bereits im Zusammenhang der Expansion des Avarenreiches nach Mitteleuropa hinein wahrgenommen. Für die Folgezeit ist ein im Großen und Ganzen friedlicher Rahmen der Begegnung mit den Sclavi-Stämmen hervorzuheben, konnte man sich doch zu dieser Zeit noch ohne Probleme mit diesen Bewohnern verständigen. Dazu gehörte auch, dass diese Bewohner, wie selbstverständlich ihre eigenen Stammesangehörigen als Sklaven auf westlichen Märkten verkauften. Im 8. Jahrhundert kämpften noch die Sachsen gegen ihre Christianisierung und erzählten auch ihren östlichen und nördlichen Nachbarn von diesen fränkischen Schwertmissionierungen.

Dieses noch bestehende Heidentum willkürlich heute in eine "Slawenimigration" umzudeuten wurde bisher nur von deutschen Slawisten fertiggebracht. Nichts von dem stimmt, kein einziger dieser Bewohner im östlichen Grenzraum des Frankenreiches kannte "Slawen", geschweige sah sich selbst als ein solcher an. Germanischsprachige Heiden wurden hingegen in Wendendörfern von der Kirche angesiedelt, die alles tat, ihre neuen Untertanen das Christentum beizubringen, sie also dahin zu bringen, dass sie sich von ihren alten Göttern abwendeten. Das gelang nicht von heute auf morgen, sondern brauchte mehrere Generationen, wobei es immer wieder Rückschläge gab, wenn etwa die Umgewendeten wieder vom Christentum abfielen.

In Bayern siedelten ebenfalls viel dieser Sclavi, die im 9. Jahrhundert am oberen Main von den Karolingern als Moinwinida et Radanz winida, als Main- und Rednitzwenden bezeichnet wurden. Karl der Große bemühte sich um die Integration ihrer Stammesgebiete als regio Sclavorum in das Frankenreich und befahl die Einrichtung spezieller Kirchen zur Beschleunigung ihrer Christianisierung. Die hier unter karolingischer Regie angelegten Siedlungen führten häufig altdeutsche beziehungsweise germanisch-lateinische Mischnamen, die heute von Slawisten als "slawische" oder "deutsch-slawische" Mischnamen umgedeutet wurden.


Raffelstetten gehört heute zu Asten in Österreich, was früher nur zu Bayern gehörte (Bayrische Ostmark)
Isiwal, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0

Die für das bayerische Donaugebiet niedergeschriebene Zollordnung von Raffelstetten vom Beginn des 10. Jahrhunderts sprach schließlich sogar ausdrücklich von den »Sclavi istius patriae« , womit der heidnische Teil Bayerns gemeint war. Heute für Slawisten verwunderlich, blieb die sprachliche und ethnische Besonderheit dieser heidnischen Bewohner innerhalb des Frankenreiches offenbar vielfach bestehen, woran die weltlichen Autoritäten und Grundherren kaum Anstoß nahmen, wohl aber vereinzelt Kirchenleute, von denen dem Missionar Bonifatius und seinem Schüler, dem späteren Abt Sturmi von Fulda, insbesondere der angeblich furchtbare Gestank der Sclavi auffiel

Die Idee, die östlichen Barbaren mit Hilfe der Taufe an das neue Imperium zu binden oder sogar zu integrieren, spielte dagegen eine allenfalls in Ansätzen erkennbare Rolle. Es scheint, als hätten sich die Karolinger völlig auf die Festigung und Sicherung einer gut sichtbaren Reichsgrenze an den Flüssen Elbe und Saale konzentriert. Diese Grenze war aber in der Realität nicht etwa nur linear, sondern sie war zugleich eine echte Grenzzone, eine Mark, in der beiderseits dieser Flüsse Menschen wohnten, die noch lange Zeit mit einer germanischen Sprache Asen, wie Freya, Freyr, Thor und Odin verehrten. Es war eine Zone, wo in der Mitte des 9. Jahrhunderts der damalige dux Sorabici limitis Thakulf die leges et consuetudines Sclavicae gentis kennen lernte, wie die Fuldaer Annalen zum Jahr 849 berichteten. Damit lässt sich zugleich vermerken, dass kein einziger Annalist zu dieser Zeit irgendeinen "Slawen" kannte.

Primärquelle: Lübke, Von der Sclavinia zur Germania Slavica

Ostvandalen in Nordostbayern

Nach der Zerstörung des Thüringerreiches im Jahre 531 waren und wurden die Gebiete zwischen Thüringer Wald, Frankenwald, Oberpfälzer Wald, Steigerwald und Regnitz bis auf das Regnitztal so gut wie menschenleer. Die Wiederbesiedlung begann schon im 6. Jahrhundert und um 700 mit Reihengräberfriedhöfen der Ostvandalen. Brandgräber fehlen in Nordostbayern.

In der Weisung Karls des Großen von 793/94 zur Errichtung von vierzehn Kirchen »in terra Sclavorum, qui sedent inter Moinam et Radantiam fluvios, qui vocantur Moinwinidi et Ratanzwinidi« werden sie "Winidi" = Vandalen, Mainvandalen und Rednitzvandalen, genannt.

Als Beigaben erscheinen in den Gräbern Keramikreste des Prager Typs ohne und mit Wellenbändern und Formen der dem Prager Typ folgenden spätvandalischen Keramik, die Slawisten in "slawische" Keramik umgedeutet haben. Gleiche Keramik kam auch aus Siedlungen zum Vorschein. Diese Keramik mit Gefäßen vom Prager Typ ist eben nicht typisch "slawisch" - sie ist außer bei den Ostvandalen auch bei Westgermanen verbreitet. Die Beigaben umfassen die als "typisch slawisch" angesehenen Schläfenringe, die sich jedoch vielfach auch bei den Franken und Alemannen, sogar bei Gepiden finden, ferner Messer, Kämme, Fibeln. Dazu kommen in Reihengräbern der Oberpfalz Glasperlenketten, selten Schwerter, Sicheln, Bommeln und Halbmondohrringe.


Amlingstadt - Kein einziger "Slawe" hat jemals in diesem Ort gelebt. Die erwähnten Sclavi leiten sich von den ostvandalischen Sclaveni ab. Die älteste Namensform „Amelungestat“ deutet auf eine ostgotisch-thüringische Gründung hin. Das Herrschergeschlecht der Ostgoten waren die Amaler. Der bedeutendste und bekannteste Vertreter war Theoderich der Große.In der bekannten Heldenlieddichtung, dem Nibelungenlied leben die Amaler unter dem Namen Amelungen fort. Im Jahr 510 verheiratet Theoderich der Große seine Nichte Amalaberga mit Herminafried, dem König des thüringischen Reiches (Vermutliche Gründung von "Amelungestat"). Dadurch könnte der Ortsname mit „Nachkomme der Amaler“ übersetzt werden, nach Joachim Andraschke, Magister der älteren deutschen Sprachwissenschaft. Dieser schreibt über Amlingstadt: "Das Grundwort `stat´ beruht in seiner Bedeutung auf Stätte, Stelle, Ort, Platz oder Wohnstätte. Der Personenname Amelung kommt im altsächsischen und auch bei den Ostgoten, deren Herschergeschlecht die Amaler waren, vor. Eine Ableitung davon kann mit `Nachkommen der Amaler´übersetzt werden. Im Nibelungenlied wird der Volksname der Goten mit Amelungen wiedergegeben. Damit könnte der Ortsname im Sinne zur `Wohnstätte eines Goten´ übersetzt werden." 1013 wird der Ortsname „Amelungestat“ zum ersten Mal urkundlich genannt.

Die Bestattungen auf diesen Reihengräberfriedhöfen unterscheiden sich nicht von denen, die sich neben einer von vierzehn durch Karl den Großen "Slawenkirchen" befinden, der von Amlingstadt bei Weissmain. Dort begannen die Rodung und der innere Landesausbau seit dem Regierungsantritt Karl Martells 719. Da nach Bestattung und Beigaben der dort gemeinsam angesiedelten und bestatteten freien fränkischen Wehrbauern und der Ostvandalen keine Unterschiede bestehen, »sind wir deshalb zu der Annahme gezwungen, die von Südwesten/Westen kommenden alemannisch/ostfränkischen Siedler hätten ihre Verstorbenen gemeinsam und unterschiedslos auf Ortsfriedhöfen uns bekannter Art bestattet« (K. Schwarz 1984). Das bedeutet, beim fränkischen Landesausbau wurde keinerlei Unterschied zwischen Franken, Alemannen und Ostvandalen gemacht. Es bestanden auch keinerlei kulturelle Unterschiede etwa in Grabbeigaben. Auch ethnische Unterschiede, die anthropologisch nachweisbar wären, fehlen.


Ebern in Unterfanken könnte bereits im 7. Jahrhundert im Zuge der fränkischen Landnahme nach dem Zerfall des Thüringer Reiches bzw. Herzogtums entstanden sein. Der Ortsname dürfte „bei den Ebern“ bedeuten. Einige Forscher deuten den Stadtnamen als Erinnerung an einen germanischen Eber-Kult. Möglicherweise wurden an dieser Stelle Eber als Opfertiere gezüchtet. Der Eber war das Reittier Freyrs!

Außer im Westen und Süden um das Gebiet gehäufter Ortsnamen ostvandalischer Herkunft gibt es einen Streifen mit Ortsnamen, die Wind, Winden, Windisch in Verbindung mit einem zweiten Namensteil deutscher Herkunft enthalten. Sie fehlen aber auch im Kern des ostvandalischen Gebietes in Oberfranken und der Oberpfalz nicht. Dieser Streifen geht von Ebern bei Coburg über Höchstadt bis Ansbach und von dort bis Roding (E. Schwarz, 1960). Hier wurden Ostvandalen beim inneren Landesausbau angesiedelt und ihre Dörfer gegen die der westgermanischen Nachbarn gekennzeichnet.

Unter diesen wiederum gibt es in besonders alten Urkunden auch Namen mit "vinid" und "vined" als Hinweis auf Winidi und Winedi, etwa Gerolswind, im 9./ 10. Jahrhundert Gerharteswinidin; Egloffswinden, im Jahre 1168 Egelolueswineden; Nabin (Kreis Deggendorf), im Jahre 863 Villa Nabawinida; Windischhausen bei Gunzenhausen, im Jahre 1057 Slauuanishusen (Ableitung von Sclavi = Slavi) (E. Schwarz, 1960).


Windsheim in Mittelfranken

Diese Ortsnamen haben wahrscheinlich verschiedene Bedeutungen. Bei E. Förstemann (1916) werden aufgeführt auf den Seiten:
1370: Winid (althochdeutsch), urdeutsch wohl Vinithos, Winid ist sicher vorgermanisch, verwandt mit Veneti. Beispiele: Windsheim Mittelfr., Winidhoresdorf Kr. Trier, Winederoda Kr. Goslar,

1373: Windisk, wendisch; Beispiel: Windisch Graz, Wimpassing b. Miesbach Obb., Ortsnamen aus Personennamen "winedas", "wineden", "winden", "wenden", Beispiele in Oberbayern, Oberpfalz, Österreich.

1375: Winethi aus winja (althochdeutsch), ithi (sächs.-thüring.); Bedeutung "Weide", Ortsnamen aus Personennamen Wineda, Wineden, Winden - Geiselwind, Franken.
Zur letzten Bedeutung werden auch die bei Unterregenbach beiderseits der bayrisch-württembergischen Grenze liegenden wendischen Ortsnamen wie Herrenwinden, Reinswinden, Morlitzwinden unter anderem gehören (U. Gross, 1989). Daneben ist zu berücksichtigen, dass das gleiche vinid, winid die Bedeutung des Stammes der Winidi oder Winedi besitzt und es weiter einen althochdeutschen Wortstamm vinid mit der Bedeutung "Genosse im Ring" gibt.

Nach E. Schwarz (1960) kamen die Ostvandalen nach Oberfranken nicht aus Böhmen sondern von Norden und waren dann Sorben, die östlich der Saale von Hermunduren mit abstammen. Die restliche Oberpfalz wurde hingegen von Böhmen aus von Ostvandalen besiedelt. Burgen und Stammesorganisationen sind nicht bekannt. Ihre Niederlassung fand um 800 und im Einvernehmen mit dem fränkischen König statt. Sie nahmen am inneren Landesausbau als vollkommen gleichberechtigte "Reichswenden" teil. Wenden ist wiederum ein typischer Sammelbegriff aus der Missionierungszeit und bezeichnet in der Regel Apostaten, die immer wieder vom Christentum abfielen.

Primärquelle: Schröcke, Die Vorgeschichte des deutschen Volkes
https://www.strullendorf.de/HKV/cms/core...ionen&Itemid=57
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