Polens kriegerischer Griff nach Posen


Posens Dom 1900 - Ohne 1.Weltkrieg wäre sie heute noch eine deutsche Stadt.


Posen 1916 - Posen wird erstmals mit der deutschen Gründung des Bistums Posen benannt, dass 968 zuerst dem Erzbistum Magdeburg unterstand. Auch die ersten Bischöfe Jordan (968-984) und Unger (984-1012) sind Deutsche. Niemand hat zu dieser Zeit den Begriff "Polen" gekannt oder verwendet, er wurde erst um 1250 unter Kadlubek alias Gottlobus eingeführt. Die um 1253 bestehende Siedlung erhielt auch nur das Magdeburger Stadtrecht.

Polen aus der deutschen Provinz Posen hatten schon während des 1.Weltkrieges im südlichen Polen geheime Bürgerkomitees gebildet, die ihre Spitze im zentralen Bürgerkomitee in Posen sahen und die Aufgabe übernehmen sollten, in Aktion zu treten, wenn die Zeit reif geworden wäre. In der Regel handelte es sich sogar um Soldaten die im kaiserlich deutschen Heer dienten. So kam dann im ungünstigsten Moment der deutschen Niederlage im 1. Weltkrieg alles zusammen, was am Ende die Losreißung Posens und Westpreußens vom Deutschen Teich bewirkte. Als am 10. November 1918 die politische Macht den Arbeiter- und Soldatenräten übertragen wurde, fand das auch in Posen und Westpreußen statt, wo die Soldatenräte und örtlichen Behörden von Polen durchsetzt waren, die für eine Abtrennung Westpreußens und Posens kämpften. Das führte dazu, dass die Deutschen in diesen Soldatenräten verschwanden und die Polen ein sicheres Übergewicht gewannen.

Schon am 12. November 1918 erkannte dieser Arbeiter- und Soldatenrat dieses vormals geheime Bürgerkomitee an und forderte es zur Absendung von Delegierten auf. Tags darauf wurde das Provinzialernährungsamt gegründet. Damit gelang es den Polen, Einfluss auf Berliner Regierungsstellen zu gewinnen, denen sie nunmehr mit der Abschneidung der Lebensmittelzufuhr drohen konnten.

Am 14. November verkündete die polnische Reichstags- und Landtagsfraktion in einem Aufruf an die Öffentlichkeit die Einsetzung eines obersten polnischen Volksrates, dem jeder Pole zu Gehorsam verpflichtet sei. Am 16. November wurden Wahlen zum polnischen Teilgebietslandtag ausgeschrieben. Tags darauf rief der oberste Volksrat zur Bildung einer polnischen Volkwehr auf, während die deutschen Truppen gleichzeitig demobilisiert und in ihre Heimat entlassen wurden. Während so die Autorität der deutschen Behörden immer weiter sank , sammelten sich die Polen der Provinz Posen und organisierten sich bis hin zu militärischen Banden.

Noch war aber der Geltungsbereich dieses obersten polnischen Volksrates und des am 3. Dezember zusammentretenden Gebietslandtags immerhin noch recht beschränkt. Denn wenn es den Polen erst gelang, die preußische Regierung und den von ihr am 19. November gesandten Herrn Helmuth von Gerlach über den Charakter ihrer Bewegung zu täuschen, so fehlte es doch andererseits nicht an Gegenbewegungen. Am 15. November 1918 erfolgte die Gründung einer deutschen Abwehrfront, der "Heimatbund Ost" entstand. Schon viel früher, zuerst im September 1918, war es zur Gründung zahlreicher deutscher Volksräte in Stadt und Land der Provinz Posen gekommen, während in Westpreußen vergleichsweise alles ruhig blieb. Im übrigen waren die tatsächlichen Machtmittel der Polen gering, und alles war in unsicherem Schwebezustand. Aber dann erfolgte der Auftritt des weltberühmten polnischen Pianisten Paderewski am 27. Dezember im Gefolge einer englischen Militärmission auf der Reise von Danzig in Warschau. Man ließ ihn einreisen, weil der englische Oberst Wade zu Unrecht angab, Paderewski reise im Auftrag der Waffenstillstandskommission.


Paderewski in Posen

Eine Antwort auf den begeisterten Empfang Paderewskis durch die polnische Bevölkerung Posens erteilten dann in einer Gegenkundgebung die Soldaten des gerade zurückgekehrten 6. Grenadierregiments, welche die fremden Fahnen von den Häusern Posens herunterholten. Irgendwie kam es dabei zu einer Schießerei, welche zur Folge hatte, daß die freilich mangelhaft geführten deutschen Truppen am nächsten Tage zurückgezogen und abberufen wurden. Zwischen Polen und Deutschen kam es besonders auf dem Flugplatz Lavica zu erbitterten Kämpfen, aber auch im Warthelager.


Posen Januar 1919, die Stadt wird von polnischen verbänden kontrolliert.

Wenige Tage darauf, am 4. Januar 1919, vermochte der oberste polnische Volksrat die Militär- und Zivilverwaltung zu übernehmen, nachdem diese Behörden in den letzten Monaten nur noch eine traurige Rolle gespielt hatten. Damit war tatsächlich ein politischer Aufstand ausgebrochen. Aber er vermochte sich, obwohl bewaffnete Polentrupps auf den Bahnlinien strahlenförmig nach allen Richtungen hin vorgeschoben wurden, niemals über Südposen hinaus durchzusetzen. Dort war der ländliche Polenanteil auch am größten.


Nach der Einahme von Hohensalza wurde umgehend das Germania-Denkmal von einer polnischen Bande zerstört

Zwar gelang es den Polen, nach Auflösung der deutschen Truppenreste in der Stadt Posen und nach Abtransport der 6. Grenadiere nach Schlesien einzelne kleine Truppenteile in Innerposen aufzureiben, so bei Gnesen der Rest des 54. Infanterieregiments. In Hohensalza kämpfte der Rest des 140. Regimentes tapfer. Kleinere Kommandos wurden entweder abgeschlachtet oder erreichten freien Abzug. Die fast rein deutsch besiedelten Landgebiete im Westen des Landes, aber vor allen Dingen die Warthe- und Netzelinie im Norden, vermochten die polnischen Banden niemals zu nehmen.


Vereidigungen von Polen in Posen für das entstehende Heer.

Die deutsche Bevölkerung dieses Gebietes, Freiwillige unter Führung des unerschrockenen Hauptmanns der Reserve Hans Schulz und anderer junger ortsgebürtiger Offiziere, stellte sich den Polen entgegen. Hier reiften Früchte vorschauender Arbeit; denn schon im September 1918 hatten sich nach sudetendeutschem Vorbilde, auf Veranlassung Georg Cleinows, deutsche Volksräte gebildet, die die Keimzelle des Selbstschutzes der deutschen Bevölkerung wurden. Jedenfalls hat deutsche Selbsthilfe bereits in Westposen und am Südrande Nordposens dem polnischen Vordringen ein sehr rasches Ende bereitet. Im späteren Korridorgebiet und in Schlesien, also im Rücken der deutschen Volksabwehr, blieb alles ruhig. Das Echo auf den polnischen Aufstand blieb örtlich begrenzt, ein polnischer erhoffter Flächenbrand blieb aus.


ein deutsches Landgut bei Gnesen - über den Dach flattert die Flagge des Kaiserreichs.

Schließlich vermochte auch die Zentrale Grenzschutz Ost Truppen zur Verfügung zu stellen, die aber zunächst zur Wiedergewinnung der gesamten Provinz Posen noch nicht ausreichten. Als dann im Februar eine planmäßige deutsche Aktion das Land wieder in Besitz zu nehmen sich anschickte, erzwangen die Siegermächte am 16. Februar anläßlich von Verhandlungen über die Verlängerung des Waffenstillstandes in Trier eine Einstellung der "Offensive gegen die Polen", und es wurde eine ethnisch falsche Demarkationslinie abgesteckt.


Bildquelle u.a.:https://gloswielkopolski.pl/kadry-wolnos...873/zd/26792811

Wie die Provinz Posen dem Deutschen Reich entrissen wurde


Eine polnische Straßensperre vor Birnbaum

Der polnische Staat verdankt hauptsächlich seine Entstehung der Zertrümmerung des zaristischen Rußland durch die Siege der deutschen Armeen im Weltkrieg und den Selbstbestimmungsrechtsparolen des US Präsidenten Wilson. Auch die politische Werbearbeit des im Polnischen Nationalausschuß 1917/18 in Paris wirkenden Kreises um Roman Dmowski und Paderewski spielte eine Rolle. Josef Pilsudskis Kriegspolitik verschaffte dem faschistischen Polen eine expansiv-annexionistische ausgerichtete Machtstellung in Osteuropa. Die neuen polnischen Westmarken gehören zu jenem Staatsgebilde des Versailler Diktats, das auf Grund des Punktes 13 der Wilsonschen Friedensvorschläge geschaffen wurde, in dem es heißt, dass sich der unabhängige polnische Staat "über die Gebietsteile ausdehnen wird, die von "unbestreitbar polnischen Bevölkerungsschichten bewohnt sind".


der faschistische General Pilsudski leitete eine brutale Entdeutschungspolitik in den ehemaligen ostdeutschen Reichsgebieten ein

In dem Wort "unbestreitbar" war der Grundsatz klar ausgesprochen, dass die polnische Westgrenze nur Gebiete mit einwandfrei polnischer Bevölkerung in sich schließen sollte. Man weiß heute, dass Präsident Wilson zunächst nicht im entferntesten daran dachte, Westpreußen (Weichselkorridor) und Oberschlesien zu Polen zu schlagen, und dass er den Polen zugesicherten "freien Zugang zum Meere" nur durch einen Freihafen in Danzig und die Internationalisierung der Weichsel, nicht aber durch Abtrennung deutschen Reichs- und Volksbodens schaffen wollte. Denn das Korridorgebiet war ebenso wie Ostoberschlesien unbezweifelbar nicht "von unbestreitbar polnischen Bevölkerungsschichten" bewohnt!


Das imposante Rathaus von Posen wurde 1560 von dem Schweizer Giovanni Battista di Quadro erbaut, der zuvor schon in Sachsen und Schlesien gearbeitet hatte.

Die Tatsache, dass in den zwanzig Jahren polnischer Gewaltherrschaft über die alten deutschen Reichsgebiete fast 1,5 Millionen Deutsche teils durch antideutsche Politik zur Abwanderung gezwungen wurden ,teils aber auch durch polizeiliche Ausweisung infolge der planmäßigen Polnisierungsspolitik Pommerellen, Posen und Ostoberschlesien verlassen mussten, beweist, wie unnatürlich die polnische Westgrenze vom Standpunkt des völkischen Selbstbestimmungsrechtes aus gezogen wurde. Die aggressive polnische Minderheitenpolitik gegen die deutsche Volksgruppe führte dann aller Welt den Widersinn einer Grenzziehung von Danzig bis Teschen vor Augen. Das ansässige, bodenverbundene deutsche Volkstum bekam dann die ganze Gewaltpolitik Pilsudskis zu spüren.


Lissa in der Provinz Posen - Auch diese Stadt erhielt das Magdeburger Recht und war 1920 überwiegend von Deutschen bewohnt!


Und selbst 1919, als die Stadt von polnischen Banden bedroht wurde, sieht man in Lissa nur ein deutsches Stadtbild

Die Tragödie des Deutschtums in den annektierten neupolnischen Westmarken gehört zu den schwersten Leidperioden, die das Versailler Diktat über die deutschen Volksgruppen und Volkssplitter außerhalb des Altreiches gebracht haben. Und dabei ist es im Wartheland weniger der ungeheure Verlust deutschen Besitzes und auch nicht das schwere Opfer der Zerschlagung kultureller Güter sowie des weitverzweigten deutschen Organisationslebens, als der moralische und seelische Druck, dem das gesamte Deutschtum der polnischen Willkür ausgesetzt war.


Neutomischel zur deutschen Zeit - Bei der Volkszählung 1905 waren 92 % der Bevölkerung von Neutomischel deutschsprachig.

Die Deutschen der Provinz Posen wurden unter polnischer Herrschaft in steigendem Maße der politischen Unzuverlässigkeit bezichtigt und staatsfeindlicher Umtriebe verdächtigt. Mit dem Vorwurf als landfremde Eindringlinge beschimpft zu werden, trifft es eine deutsche Volksgruppe, die sich ihren Pflichten gegenüber der jetzt fremden Staatsmacht und dem fremden Wirtsvolk stets voll bewusst war.


Wreschen nahe der russischen Grenze - 1905 lebten etwa 7000 Menschen in der Stadt. 65,4 % waren Polen, 28,9 % Deutsche und 5,5 % Juden. Bereits am 28. Dezember 1918 kam es in Wreschen zu Unruhen gegen die Deutschen

Für die Deutschen in Pommerellen, Posen und vor allem auch Ostoberschlesien - Oberschlesien gehört seit über 700 Jahren (1163) zum Deutschen Reich, und die ehemalige deutsch-russische Grenze ist eine der ältesten und dauerhaftesten Grenzen Europas gewesen! - sind die Gebiete, in denen sie seit zwanzig Jahren entrechtet und terrorisiert werden, die angestammte Heimat: sie hatten in diesen Gebieten nicht weniger Lebensberechtigung als die dort ansässigen Polen! Aber die Masseneinwanderung kongreßpolnischer und galizischer Polen, die massenweise Verwendung landfremder polnischer Elemente in den Regional- und Lokalbehördenstellen, wie auch die Ansiedlung aus dem polnischen Hinterland herbeigeholter landfremder Kräfte haben im Verein mit der Schikanierung und wirtschaftlichen Existenzberaubung der Deutschen ein ethnisches von Polen beabsichtigten Spannungszustand geschaffen!

Während die alte polnische Landbevölkerung kaum gegen die deutsche Kultur ankämpfte, war es jetzt ganz besonders das faschistische Polen Pilsudskis ,was in allen ehemaligen Reichsgebieten eine gewalttätige Entdeutschungspolitik aufzog.


Polnische Kriegszielkarte gegen das Deutsche Reich zur Pilsudski Zeit

Die polnischen Faschisten sahen die Sicherung des Staates in der restlosen Verdrängung der Deutschen am besten gewährleistet. Sie fordern darüber hinaus "aus historischen und ethnographischen Gründen" die "Befreiung der unerlösten Brüder" auf dem heutigen Reichsgebiet bis weit über die Oderlinie hinaus. Mit anderen Worten: der polnische Expansions- und Annexionsdrang hatte das Ziel der Vernichtung alles dessen, was deutsch ist!


Bildquellen:https://www.behance.net/gallery/62096283...Jozef-Pilsudski

Wie die deutsche Landwirtschaft in der Provinz Posen von Polen zu Grunde gerichtet wurde

Die ertragreiche Landwirtschaft der Provinz Posen aber auch in Pommerellen wurde nach 1919 von Polen systematisch mit ihrer Polonisierungspolitik zu Grunde gerichtet. Innhalb des Reichsgebiets war es ein dokumentierter ertragreicher und einträglicher Agrarbesitz, und nach 1919 unter polnischer Herrschaft von Jahr zu Jahr nur noch eine schrumpfende Agrarproduktion mit steigender Verschuldung und unzureichenden Preisen.

Die von Warschau geförderte Ansiedlung von mittel- und ostpolnischen Bauernsiedlern auf ehemaligen vom polnischen Staat geraubten deutschen Grundbesitz ruinierte die vormals exellent eingespielte deutsche Landwirtschaft. Technologisch rückständig und nicht mit dem hohen Wissen deutscher Bauern ausgestattet, brach die Produktion regelrecht zusammen. Dieses polnische Kleinbauerntum bekam wegen ihrer unzureichenden Wirtschaftlichkeit auch den Namen "Poniatowskische Dörfer", angelehnt an die Anektode über sogenannte "Potiemkinschen Dörfern" im zaristischen Russland, wo man angeblich in der eroberten Ukraine der deutschstämmigen Zarin Katharina, eine aufstrebendes Wirtschaftswachstum vorgauckeln wollte. Auch wenn das nur auf bestimmte Depeschen von Georg von Helbig zurückgeht, steht dieses Synonym bis heute für eine verlogene Berichterstattung.


Das Neue Städtische Krankenhaus in Krotoschin - Vom 6. bis 21. Februar 1919 kämpften deutsche Freikorps um die Stadt, in deren näheren Umgebung sich viele Deutsche als Bauern angesiedelt haben.


eine deutsche Offiziersfamilie in der Garnisionsstadt Krotoschin

Ohne den Export zu guten Preisen nach Deutschland nahm der Verfall der Landwirtschaft der neupolnischen Gebiete unaufhaltsam zu. Und der Enteignungsfeldzug der Polen gegen deutsche Musterbetriebe mit Hilfe der sogenannten Agrarreform, was nichts anderes als Diebstahl war, trug den größten Teil dazu bei, dass die polnische Landwirtschaft in die Bedeutungslosigkeit versank. Neben dem rücksichtslosen Bodenraub, war auch die Zerschlagung gutfunktionierender ländlicher Genossenschaften der Polonisierung ausgesetzt. Um das polnische Wirtschaftschaos zu komplettieren wurde auch noch das industriell gebundene Deutschtum Ostoberschlesiens durch Massenentlassungen deutscher Arbeiter und Angestellter geschädigt. Auch die Vernichtung des besonders blühenden deutschen Kultur- und Vereinslebens spricht die eindeutige Sprache der Entdeutschung.


Das Deutschtum in Posen und Westpreußen 1918

Die Zahl der Deutschen in Polen in der Zwischenkriegszeit wurde von der polnischen Statistik mit 741.000 Volksgenossen, von volksdeutscher Seite mit 1.030.000 Köpfen angegeben - verteilt sich auf die Westgebiete wie folgt:

Deutsche Schätzung
Posen: 325.000
Pommerellen: 105.400
Teschener Schlesien: 50.000
Ostoberschlesien: 180.000

Die polnische Entdeutschungspolitik bewirkte, dass sich in Posen-Pommerellen das Deutschtum der Städte viel weniger gut gehalten hat als die dortige Landbevölkerung und als die Arbeiter- und Angestelltenschaft des ostoberschlesischen Industriereviers. Seit 1919 sank der städtische deutsche Prozentsatz um 85,5 %. Auf dem Land degegen waren es nur 55,4 % Deutsche, die freiwillig ihre angestammte Heimat verließen, um wieder als Deutsche im Deutschen Reich zu leben.

Wie der Korridor Deutschland teilte

In der Preußischen Zeitung erschien am 27. April 1939 folgende Meldung: "Ein einundzwanzigjähriger Berliner namens W. war zur Ableistung seiner Arbeitsdienstpflicht nach Ostpreußen einberufen worden. Am 2. April trat er die Fahrt nach Ostpreußen an. Während eines Aufenthaltes des visumfreien D-Zuges im Korridor entspann sich von einem Zugfenster aus eine Auseinandersetzung zwischen einem Fahrgast und dem Wagenmeister Kempinski aus Konitz, an der W. vollkommen unbeteiligt war, weil er in seinem Abteil saß und schlief. Ein Fahrgast, der nicht ermittelt werden konnte, hatte nach Aussagen einwandfreier Zeugen eine wirklich harmlose und eher als Anerkennung denn als Beleidigung aufzufassende Bemerkung über die Mütze des gerade mit seinem Hammer hantierenden Wagenmeisters K. gemacht. Da die Fahrgäste des Abteils den angeblichen 'Übeltäter' nicht gesehen hatten, konnten sie dem Verlangen der polnischen Beamten, ihn zur Festnahme zu bezeichnen, nicht nachkommen. Daraufhin nahmen die polnischen Beamten W. als Geisel mit. Das Tollste ist jedoch, dass sich ein polnisches Gericht gefunden hat, das diesem Willkürakt die Krone aufsetzte und W. zu acht Monaten Gefängnis verurteilte. W. büßte dann für die Provozierung des Wagenmeisters K. aus Konitz und seine Auseinandersetzung mit einem unbekannten Dritten in einem polnischen Gefängnis."




Bis zur willkürlichen Errichtung des Korridors war Konitz eine unbeachtetes westpreußisches Städtchen.

Der Inhalt dieser Meldung wurde durch eine Notiz der Gazeta Pomorska vom 21. April 1939 ergänzt, wonach W. wegen "Beleidigung des polnischen Staates" zu acht Monaten Gefängnis ohne Bewährungsfrist verurteilt wurde. Wie war es möglich, dass im Korridor aus einem deutschen Zug heraus ein Arbeitsdienstpflichtiger, der sich zu einem Lager begibt, verhaftet werden konnte?


Durch das Versailler Raubdiktat entstanden: das Unrechtskonstrukt "Korridor" unter polnischer Herrschaft - Wer auch immer als Deutscher den Korridor durchqueren musste, unterlag den absurdesten Auflagen des polnischen Staates

Der Vorfall und viele andere, zeigten, was die Zerreißung des Reiches in zwei Teile bedeutete. Der diktierte Korridor, war ein ganz besonders schweres Verbrechen der Siegermächte, wussten doch Frankreich und England ganz genau, dass man damit das Deutsche Reich auf Dauer schwächen konnte. Mit dem Korridor wurde zum Nachteil des Deutschen Volkes ein menschenrechtsverletzendes Kriegsziel durchgeboxt, was wie im Falle der DDR abertausende deutsche Familien zerriss!

Um einem 30-Millionen-Staat einen Zugang zum Meer zu geben, wurde die Lebenseinheit eines damals 65-Millionen-Volkes im Deutschen Reich zerschnitten. Diese ganze absurde Tragweite dieser Raubdiktatsgrenze wurde erst sichtbar, wenn Deutsche damals selbst durch den Korridor fuhren und plötzlich im deutschen Zug ein polnischer Beamter in fremder Uniform ins Abteil trat und in fremder Sprache das Vorzeigen der Fahrkarten verlangte. Als sich Deutschland in Versailles gegen das Unrecht des Korridors wandte, wurde ihm in der Note vom 16. Juni 1919 entgegengehalten, "dass sich der Verkehr Ostpreußens immer überwiegend auf dem Seeweg abgewickelt habe". Diese Begründung war ebenso falsch, wie die Auslegung der Wilsonschen vierzehn Punkte dahin, dass Polen seinen freien Zugang zum Meer über einen breiten Streifen eigenstaatlichen Gebietes, den Korridor, erhalten sollte. Auf Kosten deutscher Gebiete natürlich!

Im Personenverkehr war zwischen Ostpreußen und dem übrigen Reichsgebiet als ordentliches Verkehrsmittel nie der Seeweg benutzt worden, ebensowenig wie an anderen Teilen der deutschen Ostseeküste ein überlokaler Seeverkehr bestand. Im Frachtverkehr zwischen Ostpreußen und dem übrigen Reich wurden 1913 befördert:

mit der Eisenbahn: 2 377 534 Tonnen
über See: 632 116 Tonnen

Vier Fünftel des Verkehrs mit Ostpreußen beförderte also die Eisenbahn. Die Zerschneidung des Reiches bedeutete eine so schwere Gefährdung des Wirtschaftslebens Ostpreußens, dass man sich sogar in Versailles dazu bequemte, besondere Bestimmungen über eine Erleichterung des Verkehrs zwischen Ostpreußen und dem übrigen Reichsgebiet vorzusehen. Diese Bestimmungen sollten ihre Ausführung durch einen deutsch-polnischen Vertrag finden, der binnen Jahresfrist abzuschließen war. Die Verhandlungen über diesen Vertrag begannen am 23. Februar 1920. Da sie ergebnislos blieben, wurden sie vom August 1920 an unter Vermittlung des Botschaftsrates fortgeführt, der zu den Verhandlungen einen französischen Eisenbahnfachmann hinzuzog. Am 16. Februar 1921 wurden sie durch das "Abkommen zwischen Deutschland, Polen und der Freien Stadt Danzig über den freien Durchgangsverkehr zwischen Ostpreußen und dem übrigen Deutschland" abgeschlossen. Das Abkommen wurde am 21. April 1921 in Paris unterzeichnet. In Kraft trat diese Regelung erst am 1. Juli 1922.


Konitz 1915 - Eine deutsche Einheit auf dem Weg zur Ostfront

Bis zum Inkrafttreten des Abkommens herrschten im Eisenbahnverkehr völlig unhaltbare Zustände. Anfangs war er fast gänzlich unterbrochen. Auf der nördlichsten Durchgangsstrecke Lauenburg (Pom.) - Danzig - Marienburg konnte allmählich ein Personenverkehr stattfinden, aber unter Passzwang und Zollrevisionen. Auf Grund einer vorläufigen Vereinbarung vom 1. Dezember 1920 wurde der Verkehr auf der Strecke Konitz - Marienburg freigegeben. Die Anzahl der Züge war völlig unzureichend und der Fahrkartenverkauf musste rationiert werden. Reichsdeutsche Reisende brauchten überdies ein polnisches Visum, dessen Beschaffung zunächst eine Reise zum nächsten polnischen Konsulat erforderte und auch sonst auf zahlreiche Schwierigkeiten stieß.

Der Güterverkehr wickelte sich noch unregelmäßiger ab. Ein bestimmter Fahrplan oder eine Vereinbarung über Zugfolgen konnte nicht getroffen werden. Grundsätzlich wurden für den Güterverkehr nur Nebenstrecken freigegeben. Tausende von beladenen Güterzugwagen mussten auf beiden Seiten des Korridors wochenlang abgestellt werden, da die polnischen Bahnen den Verkehr nicht bewältigten. Im August 1921, also schon nach Abschluss des Übereinkommens, wurde der Eisenbahnverkehr für acht Tage durch einen Streik der polnischen Eisenbahnangestellten fast völlig lahmgelegt.


Pillau 1938: Mit dem Seedienst Ostpreußen kommt japanischer Besuch im Hafen an.

Die vielen Hemmnisse und Zwischenfälle legten es nahe, den unbeliebten Weg durch den Korridor über See zu umgehen. Zwischen Pillau und Swinemünde wurde ein ständiger Passagierdampferverkehr, der vor dem Kriege nie bestanden hatte, eingerichtet. Er brachte es bereits im ersten Jahre (1920) auf eine Rekordzahl, nämlich 183.021 Fahrgäste gegen 146.599 Fahrgäste beim Seedienst Ostpreußen im Jahre 1938. Auch im Güterverkehr wurde, besonders nach dem völligen Ausfall des Binnenschiffahrtsweges über Warthe, Netze, Weichsel, Nogat, der Seeweg unter erheblichen Kosten und Zeitverlusten aufgebaut.


Trotz Werbung ein erhebliches Verlustgeschäft für Deutschland: Der unter polnische Willkür stehende Durchgangsverkehr nach Ostpreußen.

Das "Pariser Abkommen" regelte in erster Linie den Eisenbahnverkehr durch den Korridor. Für den gewöhnlichen Durchreiseverkehr, waren die allgemeinen Regeln des zwischenstaatlichen Eisenbahnverkehrs mit Passzwang und Zollrevision vorgesehen. Er gewann aber neben dem sogenannten privilegierten Durchgangsverkehr keine besondere Bedeutung. Auf zuerst sieben Strecken wurde die Durchführung von geschlossenen Zügen oder Zugteilen ohne Passzwang und Zollrevision vorgesehen. Die Züge bestanden aus deutschen Wagen, werden aber von polnischen Beamten mit polnischen Loks als "polnische Züge" durch den Korridor geleitet. Die Reisenden waren den Gesetzen des Durchgangslandes unterworfen. Die Zahl der Züge war begrenzt, der Fahrplan wurde in gemeinsamen Fahrplankonferenzen festgelegt. Polen konnte den völligen Wegfall von Zugverbindungen beantragen, wenn die privilegierten Züge im Durchschnitt weniger als 60 % der vorhandenen Plätze besetzt sind.

Im August, dem stärksten Reisemonat, betrug die Durchschnittsbesetzung im reichsdeutschen Schnellzugverkehr nur 50 %, im Korridor wurde die täglich angebotene Platzzahl im Jahresdurchschnitt nur zu 30% ausgenützt, wobei beachtet wurde, dass eine Mindestzahl von 28 Achsen je Zug vertraglich vorgeschrieben war. In den Verhandlungen, die auf dem Pariser Abkommen fußen, hat Polen es verstanden, die Zahl der benutzten Strecken von sieben über fünf auf zwei Durchgangsstrecken herabzudrücken, von denen die Strecke Lauenburg - Danzig - Marienburg fast keine Bedeutung hatte. Auf der Strecke Konitz - Marienburg verkehrten dann täglich zwölf Zugpaare, davon zehn regelmäßig.


Und auch für das war Polen verantwortlich: Während der Volksabstimmung in Westpreußen, brachten am 20.1.1920 drei polnische Staatsangehörige nahe Schneidemühl (im Bild) einen Güterzug zum Entgleisen. Ein nachfolgender Schnellzug konnte nicht mehr rechtzeitig gewarnt werden und fuhr in die Trümmer. Im Zug gab es 18 Tote und 20 Verletzte. Die drei Attentäter wurden gefasst, zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Bezeichnend für den Vertrag waren aber die Verkehrserschwerungen, die jeder einzelne Reisende als Schikane empfand. Auf den Transitstrecken durften nur Wagen mit innerem Durchgang verkehren. Die Fenster durften während des Aufenthaltes auf Stationen im Korridor überhaupt nicht geöffnet werden, während der Fahrt nur auf der Gangseite. Was das an warmen Sommertagen bei den langen Aufenthalten in den Übergangsstationen bedeutete, weiß nur derjenige, der diese Strecke einmal befahren hatte. Erst 1933 wurde diese Bestimmung durch ein besonderes Abkommen fallengelassen. Angehörige der Wehrmacht durften nur die blanken Waffen (Säbel, Seitengewehr), aber keine Schusswaffen mitführen. Auch diese mussten anfangs im Gepäckwagen abgegeben werden. Das Herausreichen oder Hereinnehmen von Gegenständen und das Aussteigen ist den Reisenden untersagt. Dies verhinderte aber nicht, dass auf diesen Stationen alle verfügbaren volksdeutschen Zeitungen angeboten wurden.

Besondere Erschwerungen traf den Reiseverkehr nach Danzig. Der Reisende, der ohne polnische Zollkontrolle und polnisches Visum nach Danzig wollte, musste, wenn er den Weg über Konitz gewählt hatte, die gesamte Korridorstrecke nach Marienburg fahren, von dort auf der gleichen Linie bis Dirschau zurückfahren, nur deshalb, weil Polen das Umsteigens aus dem Transitzug in einen Zug nach Danzig auf der polnischen Station Dirschau ohne polnisches Visum verboten hatte. Überdies gab es nur zwei visumfreie Personenzüge von Marienburg nach Danzig, so dass Reisende, die diese Anschlusszüge nicht benutzen konnten, auf den Danziger Postomnibusverkehr angewiesen waren, der zwar in der Hauptreisezeit einen guten Ersatz bot, im Winter und im Frühjahr aber durch den Weichseleisgang oft tagelang unterbrochen war.


Die Weichselbrücken bei Dirschau

Die Dirschauer Eisenbahn- und Straßenbrücken reichten nicht ohne Grund als polnische Brückenköpfe auf Danziger Gebiet hinüber, so dass es keine Brückenverbindung über die Weichsel im Danziger Gebiet gab. Der Reisende, der von Ostpommern über Lauenburg visumfrei nach Danzig fahren wollte, stieß auf noch größere Schwierigkeiten. Er durfte aus dem Transitzug in Danzig oder Zoppot nicht aussteigen sondern musste zunächst nach Marienburg fahren und von dort auf der gleichen Strecke nach Danzig oder Zoppot. Das bedeutet einen Umweg von 124 Kilometern bei achtmaliger Überschreitung einer Staatsgrenze.

Im Güterverkehr mussten für die der polnischen Eisenbahn zu übergebenden Ladungen auf den Grenzbahnhöfen elf Zug- und sieben Ladelisten ausgestellt und abgestempelt werden, obgleich Polen schon von jeder Frachtkarte ein Duplikat erhielt. Die geschlossen durchfahrenden Güterzüge mussten eine Mindeststärke von 100 Achsen haben. Die Festsetzung einer derart hohen Achsenzahl ist ganz ungewöhnlich und machte bei der allgemeinen Verkehrsschrumpfung in den Krisenjahren ein Sammeln von Ladungen notwendig, was eine Verlängerung der Beförderungsdauer zur Folge hatte. Bei gesteigerten Güter- und Personenverkehr ließen sich deshalb Güteranstauungen nicht vermeiden, weil die Güterzüge auf polnischer Seite mit sehr geringen Geschwindigkeiten fuhren. Polen bemüht sich auch nicht, die Zahl der Güterzüge zu erhöhen.

Dabei war der Korridorverkehr für Polen ein glänzendes Geschäft. Auf wenigen, sehr gut befahrenen Strecken wurden Züge aus deutschen Wagen, die die Maschinenkraft durch hohe Auslastung voll ausnutzten, ohne Abfertigungsaufwand, Rangierleistungen oder Leerfahrten, durchgeführt. Die Beförderungsanteile, die Polen dafür erhielt, stellten eine starke Überbezahlung dar. Allein die Tatsache, dass sogar Militärzüge ohne Ermäßigung nach den Sätzen des allgemeinen öffentlichen Verkehrs zu vergütern waren, zeigte, welche Einnahmen der polnischen Bahn hier zuflossen. Für die Reichsbahn bedeutet dagegen der Korridorverkehr ein erhebliches Verlustgeschäft, da die Mehrkosten des Transitverkehrs nicht aufgeschlagen werden konnten. Das Reich musste zum Ausgleich der ungünstigen Frachtlage jährlich 10 Millionen Reichsmark als Ostpreußenhilfe aufwenden.


Dirschau 1912

Bereits im Jahre 1921 hatte ein Streik polnischer Eisenbahner die gesamte Verbindung zwischen Ostpreußen und dem übrigen Reichsgebiet gefährdet. Polen hatte sogar das vertragliche Recht, im Falle eines Krieges in Europa, selbst wenn beide Staaten völlig unbeteiligt sind, 48 Stunden nach Ankündigung den Durchgangsverkehr einzuschränken, bei Verhängung des Belagerungszustandes konnte es im Korridorverkehr Passzwang anordnen. Aber schon bei besonderen Notständen, die in einem Teile Ostpreußens auftraten konnten, bestand keine Möglichkeit, Ostpreußen durch die Eisenbahn aus dem Reich unverzüglich zu Hilfe eilen!

Was das bedeutet, hat in der besten Zeit der deutsch-polnischen Beziehungen der Jahreswechsel 1935/36 gezeigt. Die polnischen Beförderungsanteile im Jahre 1935 betrugen rund 76 Millionen Zloty. Als die Reichsbahn infolge der kritischen Devisenlage des Reiches mit den Zahlungen im Rückstand blieb, schränkte Polen nach kurzfristiger Bekanntgabe zu Beginn des Jahres 1936 die Anzahl der Züge in einem solchen Umfang ein, daß ein großer Teil des Verkehrs zwischen Ostpreußen und dem übrigen Reich einfach abgeriegelt wurde. Trotz der für den Seeverkehr klimatisch ungünstigen Zeit konnte unter größten Anstrengungen über See ein ordnungsmäßiger Verkehr mit Ostpreußen aufrechterhalten bleiben. Die Umleitung über See brachte jedoch eine erhebliche Kostensteigerung. Um die Wirtschaft vor Verlusten zu schützen und eine Verteuerung der Lebenshaltung in Ostpreußen zu vermeiden, musste das Reich die Ausfälle und Mehrkosten tragen.

Der Seeverkehr war aber nie ein ausreichender Ersatz für die Eisenbahnverbindung ,weder für den Personen- noch für den Frachttransport. Für die Binnenschifffahrt und den Kraftwagenverkehr war die Regelung des Pariser Abkommens noch unbefriedigender. Der Kraftwagenverkehr unterlag dem Pass- und Sichtvermerkszwang und der Zollrevision im vollen Umfang. Trotzdem ist die Durchfahrt an bestimmte Transitstraßen gebunden. Abweichungen von den Straßen wurden mit Polizeistrafen belegt. Schäden an Fahrzeugen oder Unfälle bei der Durchfahrt hatten schon mit Rücksicht auf die Devisenbestimmungen die unangenehmsten Folgen.

Auch der Binnenschifffahrtsverkehr, der nach dem Kriege völlig unterbrochen war, konnte sich trotz der deutschen Werbung kaum erholen. Der Flugverkehr, der im Pariser Abkommen überhaupt nicht geregelt wurde, konnte erst nach langwierigen Verhandlungen im Jahre 1929 aufgenommen werden. Es wurden bestimmte Überflugwege festgelegt, die aber nur von regelmäßigen Verkehrsflugzeugen auf den Strecken Berlin - Königsberg und Berlin - Danzig benutzt werden konnten. Einzelne Maschinen brauchten immer eine auf diplomatischem Wege einzuholende Fluggenehmigung oder müssen den Korridor über See umfliegen.


Konitz 1924 - Die unter polnischen Regime stehende westpreußische Stadt spannt ihre noch im Deutschen Reich geborenen Kinder für polnische Propagandaaufmärsche ein. Dahinter ist noch ein deutscher Ladenbesitzer auf der Fassade zu lesen

Solange Polen Hoheitsrechte über die deutschen Verkehrsverbindungen nach Ostpreußen besaß, war damals jedem Betroffenen bewusst, dass keine Besserung in Sicht war. Kein anderer Staat der Welt musste auf eigenen Eisenbahnverbindungen fremdes (polnisches) Polizei- und Strafrecht hinnehmen, dass also wie im deutsche Falle polnische Polizei aus deutschen Zügen harmlose Reisende verhaften konnte. Die deutsche Gerichtsbarkeit hätte stets ausreichende Gewähr dafür geboten, dass bei Fahrten durch den Korridor Angriffe auf Ehre und Ansehen des Durchgangsstaates gesühnt werden, ganz abgesehen von der Verhinderung und Verfolgung sonstiger Vergehen und Verbrechen während der Bahnfahrt. Ein bizarres Beispiel: Weil in einigen Gebieten längs der Transitstrecke das Fotografieren verboten war, musste zum Schutz der deutschen Durchreisenden diese Anordnung für die ganze Strecke getroffen werden.

Polen war auch nicht in der Lage ist, den deutschen Durchgangsverkehr vor Überfällen und Attentaten zu schützen. Jahrelang wurden regelmäßig Kohlenzüge von Oberschlesien nach Ostpreußen von polnischen Banden überfallen. Allein im Januar 1933 wurden 374 Sendungen beraubt. Das Raubgut wog 246 Tonnen. Die Kohlenzüge konnten auf Grund der Begleitpapiere von der deutschen Verwaltung in Ostpreußen deshalb nicht mehr übernommen werden, sondern mussten Wagen für Wagen geprüft und nachgewogen werden. Wenn von der polnischen Verwaltung die Haftpflicht für diese Kohlenverluste überhaupt anerkannt wurde, erfolgte die Auszahlung des Entschädigungsbetrages erst nach längerer Zeit.


Nach ersten polnischen Ermittlungen handelte es sich beim Zugunglück bei Preußisch Stargard um einen Anschlag. Ein polnischer Beamter namens Stejka, der vor Ort die Untersuchungen aufgenommen hat: "Die Ursache des Unglücks des Transitzuges zwei Kilometer vor Stargard ist Diversion. Die bisherige Untersuchung zeigte eine Schraubenlösung. Einige Schrauben blieben auf der Stelle liegen, einige wurden in den nahen Wald geworfen...Gerade eben wurde noch die Kapsel einer Stielhandgranate gefunden, die vor dem Abfeuern oben abgeschraubt wird.[...]" Nachdem die polnische politische Polizei in Thorn die Ermittlungen übernommen hatte, wurden diese Spuren nicht mehr verfolgt...
Quelle: http://www.webarchiv-server.de/pin/archiv00/1000ob29.htm

Kurz vor dem Kriegsausbruch hatten diese Bandendiebstähle eine andere Form angenommen. Kraftwagen, die wegen der Schwierigkeiten der Korridordurchfahrt mit der Reichsbahn befördert wurden, wurden aufgebrochen, Musterkoffer und Gepäckstücke wurden geraubt. Sogar ein ganzer Transitzug wurde im Korridor zum Halten gebracht und ausgeplündert, wobei die Räuber erst durch das Eingreifen der Dirschauer Eisenbahnpolizei vertrieben werden konnten. Bei Unfällen im Korridor galten polnische Haftungsbestimmungen. Als am 1. Mai 1925 bei dem schweren Eisenbahnunglück bei Preußisch-Stargard 29 Reisende getötet und 17 verletzt wurden, lehnte Polen eine Haftpflicht ab, weil der Unfall nach polnischer Darstellung auf ein Attentat zurückzuführen war und nach polnischem Recht im Gegensatz zum deutschen eine Haftung der Bahn für solche Unfälle entfällt.

Für den Güter- und Tierverkehr galt das längst überholte Frachtrecht des internationalen Übereinkommens vom Jahre 1890. Auch bizarr: Die deutschen Soldaten unterstanden während der Fahrt durch den Korridor den polnischen Strafgesetzen! Unzweifelhaft wurde damit hier bewiesen, dass Deutschlands Verbindungen nach Ostpreußen und Danzig untragbar unter fremden Hoheitsrecht stand!

Der Korridor- Geburtsstunde einer Krisenregion

2. November 1918: Die französische Forderung nach sofortiger Räumung aller ehemaligen Gebiete des historischen polnischen Staates einschließlich ganz Westpreußens durch das Reich wies damals der britische Staatsmann I. A. Balfour scharf zurück mit der Begründung, die Entente habe sich verpflichtet, einen wirklich aus Polen bestehenden Staat zu errichten, nicht aber das weit von dem Ziele entfernte Polen von 1772 wiederherzustellen.


Arthur Balfour, 1915

Dieser Vorfall zeigte vor aller Welt, wie uneins die Weltkriegssieger waren, wenn es um das proklamierte Selbstbestimmungsrecht ging. Also jenes Recht, was man allen währen wollte, außer den besiegten Völkern. Egal um was es ging, es wurde meist auf französischen Druck immer zum Nachteil des Deutschen Reiches entschieden! An den deutschen Ost- und Südostgrenzen wurde dagegen Millionen Deutschen die Vereinigung zum eigenen Volk verwehrt!

Der sogenannte "Korridor" hatte nur eine einzige Zentralaufgabe: das Deutsche Reich nachhaltig zu schwächen und zu zerreißen! Die Siegermächte hatten deshalb die argumentative Idee Polen einem Zugang zum Meer zu ermöglichen und am besten dort, wo es noch ein paar nichtdeutsche Volksinseln gab, also Polen Kaschuben und weitere kleine "Slawenenklaven". Die meisten sprachen aber 1918 dort nur noch deutsch, besonders die nichtpolnischen Volksgruppen.


Nach der willkürlichen Grenzziehung besaß Deutschland nur noch einen 4 m (!) Zugang zur Weichsel, deren gesamter Unterlauf vor Versailles noch deutsches Reichsgebiet war

Willkürlich wurde dort jetzt eine Grenze installiert, die abertausende deutsche Familien auseinanderriss. Man führte in fast reindeutsche Gebiete Abstimmungen durch, zu welchen Staat man gehören wollte. Unzufrieden über die meisten Abstimmungsergebnisse, wurden diese ignoriert um trotzdem zum Nachteil für das Deutsche Reich zu entscheiden. In anderen Gebieten die dem Deutschen Reich geraubt wurden, wurden gleich von vornherein keinerlei Abstimmungen durchgeführt, weil das doch die "Kriegsbeute" war und es der proklamierte Grund war, warum man überhaupt das Deutsche Reich überfallen hatte. So zum Beispiel in Elsass-Lothringen, wo die Franzosen ganz genau wussten, dass man ein deutsches Volk nicht "befreien" konnte, um daraus dann Franzosen zu machen. Mit gestellter Propaganda wie in Metz wurde dann suggeriert, dass sich alle Deutschen dort über diese Annexion freuen würden.

Trotz französischer Unterstützung für ein neues Großpolen wäre die Diktatskonferenz in Paris an der neu festzulegenden deutsch-polnischen Grenze gescheitert!

So meinte der bekannte Brite Lloyd George zu diesem Problem: "Ich bin überzeugt, dass wir bei der ungebührlichen Vergrößerung Polens... einen politischen Kardinalfehler begehen, der sich im Laufe der Geschichte noch rächen wird. Das neue Polen wird Millionen Deutscher und Gebiete mit einer deutschen Bevölkerung oder solche, die für lange Zeit Teile Deutschlands gewesen sind, umfassen... Ich glaube, wir sind dabei, auf Flugsand ein Haus zu errichten. Angesichts dieser und zahlreicher anderer Bedenken würde ich die Grenzen Polens, wie sie im Friedensvertrag vorgesehen sind, revidieren, Oberschlesien und alle wirklich deutschen Gebiete bei Deutschland lassen, die Grenzen der Freien Stadt Danzig enger ziehen und sie, anstatt sie der Oberherrlichkeit Polens zu unterstellen, wie wir es vorgeschlagen haben, unter Deutschlands Souveränität mit einer vom Völkerbund kontrollierten Verwaltung belassen".

Zwei andere tätige Mitarbeiter der Pariser Konferenz besaßen den Mut, ihren Protest gegen das vorliegende Diktat, besonders gegen die Reparationen und die östliche Grenzziehung öffentlich dadurch zu bekunden, dass sie der Siegerwillkür entrüstet den Rücken kehrten: Am 7. Juni 1919 legte der als europäischer Wirtschaftskenner bekannte Engländer J. M. Keynes seine Ämter als Sachverständiger nieder und ging bald darauf in dem Buch Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages mit den Versailler Größen ins Gericht. Das Gleiche tat der lange Zeit als politischer Berater Wilsons tätig gewesene Amerikaner G. D. Herron, der in seiner Schrift Der Pariser Frieden und die Jugend Europas die Konferenz eine "salbungsvolle Aktionärversammlung für die Dividendenverteilung" nannte.


Woodrow Wilson (Besuch bei den amerikanischen Truppen 1919 in Frankreich) konnte sich mit seinen Vorschlägen für einen gerechten Frieden nicht durchsetzen, scheiterte vor allem am französischen Widerstand und deren tschechisch-polnischer Annexionslobby

Aber auch die eigentlichen Konstrukteure des Raubwerks sind - mit Ausnahme der Deutschenhasser Clemenceau und Poincaré - der Korridorschaffung nicht froh geworden. Sagte doch schon Anfang April 1919 Wilson selbst: "Das einzig wahre Interesse Frankreichs an Polen besteht in der Schwächung Deutschlands, indem Polen Gebiete zugesprochen werden, auf die es kein Anrecht hat" Später erklärte Wilson dem amerikanischen Senator Johnson ("Das Erbe Wilsons" in der New Yorker Sun, 1931) sogar unumwunden, der Korridor sei ein schwerer Einbruch in Deutschlands Sprach- und Nationalgebiet.

Selbst Marschall Foch bekannte nachweislich kurz vor seinem Tode einem Besucher, dass im Korridorgebiet "die Wurzel des nächsten Krieges läge". Fochs einstiger Generalstabschef Weygand, der mit den Verhältnissen von seiner Mission in Polen (1920) her vertraut war, gab über den Korridor im Oeuvre das lakonische Urteil ab: "Unnütz im Frieden, nicht zu verteidigen im Kriege."

Über Lloyd George äußerte Graf Sforza, dass die Konferenzteilnehmer, "wenn es nach Lloyd George gegangen wäre, schließlich noch eine vierte Teilung Polens erlebt hätten".
Später meinte der ehemalige britische Premier, dass Polen fünf Elsass-Lothringen habe: den Korridor, Oberschlesien, Wilna, die Ukraine und Weißrussland.

Sogar Winston Churchill, der sich seit je in der Rolle des unerschütterlich an die Rechtmäßigkeit des Korridors Glaubenden gefällt, entschlüpfte in seinem Buch Nach dem Kriege (1930, Seite 184ff.) das bemerkenswerte Geständnis, dass Lloyd George, als er gegen das Sachverständigengutachten über die westpolnischen Grenzen in Paris lebhaft protestierte, natürlich vollkommen im Recht war und dass die Vorschläge der Kommission, in der kein im wirklichen Sinne Sachverständiger saß, tatsächlich unhaltbar waren. Die Errichtung der Freien Stadt Danzig erscheint ihm als ein "genialer aber komplizierter und keine der beiden Parteien wirklich befriedigender Plan".

Nach deutschen Zeitungsmeldungen, trat Churchill in der zweiten Novemberhälfte 1932 im Unterhaus sogar offen für eine Vertragsrevision ein und bezeichnete als dringlichste Probleme, die unter Englands Führung, noch ehe die Alliierten ihre militärische Überlegenheit verlören, gelöst werden müssten, Danzig, den Korridor und Siebenbürgen. Stärkste Missbilligung drückte sich in den Reden und Schriften der mittelbar oder unmittelbar an den Pariser Vorortverträgen beteiligt gewesenen italienischen Politiker aus. Der schon erwähnte frühere italienische Außenminister und Teilnehmer an vielen Nachkriegskonferenzen Graf C. Sforza hat den "fürchterlich logischen und hartnäckigen" Pariser Delegierten Polens, nach deren "ewigen Ansprüchen und uferlos wachsenden Forderungen halb Europa ehemals polnisch gewesen wäre und wieder polnisch hätte werden müssen", kein eben sehr schmeichelhaftes Denkmal gesetzt (Gestalter und Gestalten des heutigen Europas, 1931) und im Sommer 1927 in einer Gastvorlesung in den Vereinigten Staaten freimütig betont, dass kein ernst denkender Staatsmann an einen Dauerbestand der Korridornotlösung geglaubt habe.


Francesco Saverio Nitti fand mit die klarsten Worte gegen das Versailler Diktat

Schärfere Töne schlägt der frühere italienische Ministerpräsident F. Nitti an, wenn er zum Beispiel in dem Buch Der Niedergang Europas (1923) schreibt: "Der Versailler Vertrag hat den lächerlichen Zustand geschaffen, dass man, um von einem Teil Deutschlands zum anderen zu gelangen, den Danziger Korridor durchqueren muss. Die neuen Grenzen haben Deutschland in zwei Teile gerissen.... Nicht die polnische Nation hat sich als Staat konstituiert, man hat einen polnischen Militärstaat geschaffen, dessen Hauptaufgabe darin besteht, Deutschlands Zerfall zu fördern.... Danzigs Loslösung vom Reich war eine Ungeheuerlichkeit äußerster Willkür."

In dieser Auswahl von Verlautbarungen der Männer von und um Versailles über die Korridorfrage darf eine Stimme nicht fehlen, die unvermutet aufklang und ein ungewöhnlich starkes Echo fand: Im Herbst 1930 gab der deutschfeindliche Tschechenpräsident Masaryk, ein den Versailler Größen zu äußerstem Dank verpflichteter Staatsmann, dem Berichterstatter der Wiener Neuen Freien Presse die später auch in der englischen Sunday Review erscheinende Erklärung ab: "Es bestehen zur Zeit zwei große Gefahrenzonen für den europäischen Frieden: der polnische Korridor und Ungarn.... was den polnischen Korridor betrifft, so kann man mit Bestimmtheit sagen, dass Deutschland sich niemals mit dem heutigen Stand der Dinge abfinden wird, durch den das ostpreußische Land vom Reich abgetrennt ist."

Die Volksabstimmung in West- und Ostpreußen



In den westpreußischen Gebieten die man nicht sofort per Gewaltdiktat dem Deutschen Reich entriss wurde 1920 eine Volksabstimmung angestrengt, bei der Polen mit französischer Hilfe hoffte weitere deutsche Gebiete annektieren zu können. Aus westpreußischer Sicht hoffte man dabei den Kreis Marienwerder bei Deutschland zu halten. Wie diese Abstimmung ablief erzählte der Zeuge Ernst Wedemann aus Allenstein:

"In dem Schand-, Hass- und Friedensvertrag von Versailles war eine Bestimmung enthalten, von der auch Allenstein betroffen wurde. Die Bevölkerung sollte darüber abstimmen, ob sie zu Deutschland oder zu Polen gehören wollte. Diese Abstimmung hat am 11. Juli 1920 stattgefunden. Sie gehört zu den großen Erlebnissen, die wir in Allenstein hatten. Es war eine Fehlrechnung unserer Feinde, dass sie in die Vorschriften für die Abstimmung auch die hatten aufnehmen lassen, die im Abstimmungsgebiet geboren, später aber verzogen waren. Sie durften an der Abstimmung teilnehmen.


Ankunft in Marienburg geborener Deutscher für die Abstimmung am 11. Juli 1920

Die Feinde hatten gehofft, dass die vielen Tausende von Masuren, die alljährlich nach Rheinland und Westfalen ausgewandert waren, für Polen stimmen würden. Da die Masuren einen polnischen Dialekt sprachen, meinten sie, sie müssten auch polnisch gesinnt sein. Einige Monate vor der Abstimmung, für Juli festgesetzt, wurde das Abstimmungsgebiet dessen Grenze etwa von dem damaligen Margrabowa, später Treuburg, westwärts zwischen Heilsberg nach Deutsch-Eylau bis zur Weichsel verlief, von Alliierten Truppen besetzt. Unser Militär musste abrücken, die leitenden Beamten, Regierungspräsidenten, Bürgermeister, Landräte u.s.w., mussten das Gebiet verlassen. Lück wurde von Italienern, Allenstein von Iren besetzt. Ein Schwarm von ausländischen Offizieren aller Art und aller feindlichen Nationen tauchte auf und musste untergebracht werden. Die Grenze nach dem deutschen Ostpreußen wurde streng bewacht. Wenn ich nach Königsberg zum Konsistorium fahren wollte, dann musste ich von Büro zu Büro laufen, um endlich von einem Italienischen Offizier die Genehmigung zur Fahrt zu erlangen.


Lötzen 1920, die Masuren lassen ihr Deutschland nicht in Stich

In einem den Polen gehörenden Hotel hatten die Herren von der Kontrollkommission ihr Hauptquartier aufgeschlagen. Man konnte, ohne zu lächeln an diesem nicht vorüber gehen. Rings um das Gebäude war der Bürgersteig durch spanische Reiter und dichtmaschigen hohen Stacheldraht abgesperrt, ganz kriegsmäßig, als hätten wir harmlosen Allensteiner Aufruhr und Mord im Sinn. Die Polen hatten in den Monaten vor der Wahl mit allen Mitteln für Polen geworben. Besonders hatten sie es auf die Masuren abgesehen. Sie suchten ihnen klar zu machen, dass sie doch polnischen Stammes wären, dass der König von Preußen sie mit Gewalt durch die Union von der lutherischen Kirche losgerissen habe. Sie hatten meist kein Glück mit ihren Werbeversammlungen.

Ich habe in dem katholischen Marienkrankenhaus, dem einzigen Krankenhaus, das es damals in Allenstein gab, bei meinen Besuchen evangelischer Kranker auch einen jungen lutherischen polnischen Pastor mit verbundenem Kopf angetroffen, der bei einer Versammlung in Bischofsburg zwischen heftig kämpfende Gruppen geraten war und dabei Bekanntschaft mit kräftigen deutschen Fäusten hatte machen müssen. Die Kämpfe wurden noch lebhafter und durchschlagender als kurz vor der Wahl in Hunderten von Extrazügen die im Abstimmungsgebiet Geborenen anrollten. Als die hörten, dass die Polen mit ihren Stimmen rechneten, erfasste sie eine große Wut. Was? Wir sollen für Polen stimmen? Sie krempelten die Ärmel auf, gingen in die Versammlungen und ruhten nicht eher, als bis der letzte Pole ans dem Saale herausgeflogen war. Die sprachen eine derbe, aber verständliche Sprache. Die Polen mussten bald einsehen, dass ihre Aussichten schlecht standen. Bei der Vorbereitung der Wahl und bei der Heranführung der Wähler aus allen Teilen Deutschlands haben sich besonders verdient gemacht unser Allensteiner Oberbürgermeister Zülch, Direktor Czwalina und Herr Worgitzki, die Tag und Nacht gearbeitet haben.


Niemand wollte hier künftig ein Pole sein - Allenstein zur Volksabstimmung 1920

Als der Tag der Abstimmung anbrach, befanden sich die Polen in etwas gedrückter Stimmung, die Deutschen in freudiger Erwartung. Wir verlebten den Tag wie einen Festtag. Den ganzen Tag hindurch wurden die Wahlresultate durch Lautsprecher bekannt gegeben. Die Begeisterung war in stetem Wachsen. Dass in Allenstein und Umgebung verhältnismäßig viele Stimmen für Polen abgegeben waren, überraschte uns nicht. Waren doch im Volksmund katholisch und polnisch die gleichen Begriffe. Man wusste, dass das Marienkrankenhaus, das damals mit den ganz polnisch gesinnten Vincentinerinnen besetzt war, ein Brennpunkt der polnischen Propaganda war. Einige Zeit vor der Wahl tauchte in diesem Krankenhaus ein hoher katholischer Würdenträger auf, der heute den päpstlichen Stuhl innehat. Die Schwestern erstarben vor Ehrfurcht und Begeisterung. Der Besuch konnte in jenem Augenblick ja keinen anderen Zeck haben, als im Auftrag der höchsten Kirchenleitung ein gutes Wort für das liebste Kind des heiligen Stuhles einzulegen. Aber selbst dieser Trumpf stach nicht.


Abstimmungsberechtigte aus Danzig überschreiten die Grenze bei Marienburg

Es war damals noch ein anderer in Allenstein, der von Stunde zu Stunde bitterer enttäuscht wurde. Das war der Franzose in der Kontrollkommission. Polen als das gezückte Schwert Frankreichs im Osten gegen Deutschland war ja immer Frankreichs bester Freund. Gespannt verfolgte der französische General die Wahlmeldungen. Von Stunde au Stunde verfinsterten sich seine Züge. Als die Zahl der für Deutschland abgegebenen Stimmen längst mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten betrug, da stand er mit einem Fluch auf, und verließ sein Zimmer. Er wollte nichts weiter hören.


das von Polen 1945 zerstörte Abstimmungsdenkmal "Treudank" für Allenstein

Als am Abend bekannt gegeben werden konnte, dass eine überwältigende Mehrheit für Deutschland gestimmt hatte, da brach der Jubel bei den Deutschen los. Endlich erlebten wir nach dem Elend des Kriegsendes eine Hochstunde vaterländischer Begeisterung. Die ganze Nacht hindurch waren die Gaststätten von begeisterten Menschen gefüllt, die gleichzeitig das Beisammensein mit Zugereisten Verwandten und Bekannten feierten. Bis in die Morgenstunden hinein zogen Gruppen fröhlicher Menschen durch die Straßen und sangen vaterländische Lieder oder Soldatenlieder. Das herrliche Ergebnis dieser Abstimmung wurde bald darauf auf dem Abstimmungsdenkmal für alle sichtbar gemacht und festgehalten. Dieses Denkmal stand in wundervoller malerischer Lage im Stadtpark am Rande des Waldes. Heute haben die Polen, denen fast 1/4 von Deutschland geschenkt wurde, natürlich dieses Denkmal mit Stumpf und Stiel ausgerottet."



Quellen: https://www.dhm.de/lemo/zeitzeugen/dr-si...stein-1920.html

Wie die Ostgebiete des Reiches verlorengingen
Karl C. von Loesch

Versailles schuf 1919/1920 völlig neue Verhältnisse in Ostdeutschland. Es stürzte Grenzen, die in Ostpreußen seit der Ordenszeit und in Oberschlesien seit dem Vertrage von Trentschin (1335) bestanden und somit tatsächlich die ältesten Grenzen in ganz Europa waren. Im inneren Bogen, zwischen den beiden deutschen Pfeilern Ostpreußen und Schlesien, waren sie jünger; sie hatten immerhin vor mehr als hundert Jahren ihre Gestalt erhalten. Das ist kein leeres Wort; denn diese letzten hundert Jahre gelten mehr als Jahrhunderte früherer Zeit. Dafür gibt es untrügliche Beweise, die jedem Beobachter in die Augen springen, mag er nun nach der einen oder der anderen Seite hin voreingenommen sein. Denn die preußisch-deutsche Herrschaft, die in der Zeit der großen technischen Umwälzungen des Wirtschaftsbetriebes und der Verkehrsmittel fiel, hat auch in Westpreußen und Posen den Charakter des Landes und seiner Bevölkerung aufs tiefste verändert. Das ist nicht nur eine deutsche Tatsache, sondern auch eine Tatsache der Weltwirtschaft und damit auch der Weltpolitik. Posen und erst recht Westpreußen waren deutscher Kulturboden und wurden es täglich mehr.


Östlich des deutsch-russischen Grenzflusses Prosna im Armenviertel von Kalisch

Die nach Westen eingebuchtete Reichsgrenze an der Prosna, zwischen Ostpreußen und Schlesien, war zu einer Wirtschafts- und Kulturgrenze erster Ordnung geworden. Noch ist nirgends in der Welt eine so scharfe lineare Kulturscheide jemals beobachtet worden wie diese, welche mitteleuropäisch-neuzeitliche Entwicklung auf deutscher Seite absondert von jenen älteren Zuständen, die meist mit abschätzigen Urteilen versehen zu werden pflegen und die nicht nur in Russisch-Polen, sondern auch in dem überaus fruchtbaren, von den Polen selbst verwalteten Galizien weiterbestanden und bis zum heutigen Tage unverwischt sind.

Versailles schnitt aus diesem Ostdeutschland einen rund 550 Kilometer langen, durchschnittlich 100 Kilometer breiten Streifen heraus und klebte ihn dem übrigen Polen an. Dem Deutschen Reiche wurden so rund 50.000 Quadratkilometer, also etwa ein Zehntel seines Bodens mit 4,4 Millionen, also etwa einem Dreizehntel seiner Einwohnerzahl, entrissen. Im ganzen verlor das reichsdeutsche Ostgebiet 28 v.H. der Fläche und 31 v.H. der Bevölkerung, davon etwa die Hälfte durch die Abtrennung der Provinz Posen, ferner ein Drittel seiner landwirtschaftlichen und ein Viertel seiner gewerblichen Produktionskraft. Die Denkschrift der Landeshauptleute der Provinzen Ostpreußen, Grenzmark Posen- Westpreußen, Pommern, Brandenburg, Niederschlesien und Oberschlesien "Die Not der preußischen Ostprovinzen" sagte daher mit Recht:

"Das Versailler und das Genfer Diktat haben das feinmaschige Netz der Wirtschafts- und Verkehrsbeziehungen, das in jahrhundertelanger erfolgreicher Arbeit von kaufmännischem Unternehmungsgeist und kluger verwaltungspolitischer Einsicht gezogen worden ist, ohne jede wirtschaftliche und politische Rücksichtnahme mit einem Schlage zerrissen. Diese Eingriffe in die Struktur der Wirtschaft gehen so weit, dass von ihren Auswirkungen die Lebensbedingungen jeder einzelnen Provinz aufs tiefste in Mitleidenschaft gezogen worden sind."

Wie konnte es geschehen, daß das Herzstück Ostdeutschlands herausgebrochen und ohne Volksbefragung Polen zugewiesen wurde? Und dass die Volksabstimmungen dort, wo sie zugelassen wurden, in Ost- und Westpreußen und (selbst trotz französischer Gegenwirkung) in Oberschlesien für das Reich viel bessere Ergebnisse hatten als für Polen? Die Beantwortung dieser Fragen erfordert eine Darstellung der Vorgeschichte, der Vorbereitungen, die in den verschiedenen polnischen Lagern getroffen wurden. In Posen wollte ein Aufstand vollendete Tatsachen schaffen, der Kampf um West- und Ostpreußen wurde dagegen auf dem diplomatischen Parkett geführt; im Hintergründe drohte freilich Frankreichs bewaffnete Macht.

Diese verschiedenen Angriffsformen, die für die Erreichung neuer politischer Ansprüche von Polen gesucht und gefunden wurden, sind heute (das weiß man dank den Enthüllungen führender polnischer Persönlichkeiten) - soweit Frankreich nicht die treibende Kraft war - zum großen Teil der Initiative einzelner Politiker entsprungen, mithin nicht etwa Teilhandlungen einer einheitlich geleiteten polnischen Politik gegen das Reich. Das amtliche Polen dachte zum Teil anders. Zur Darlegung der durch den Friedensvertrag geschaffenen neuen Lage und zum Unterscheiden zwischen den verschiedenen Strömungen im polnischen Lager gehört (außer der Kenntnis der Vorgeschichte der Versailler Entscheidungen) auch das Wissen um das polnisch-deutsche Verhältnis an sich.

Zwischen Deutschen und Polen gibt es keine historische Erbfeindschaft. Denn in der mehr als tausendjährigen Geschichte beiderseitiger Beziehungen fehlen kriegerische Auseinandersetzungen fast ganz. Sie sind seltener als zwischen irgendwelchen selbständigen Nachbarvölkern in Europa, wenn man von der ältesten Vorzeit absieht. Denn außer dem Streit mit dem Deutschritterorden, der mehr noch ein Abschluss seines Ringens mit Litauen als ein Kampf mit Polen war und den Polen nach seiner Union mit Litauen fortsetzte, ist nur der schwedisch-brandenburgische Krieg gegen Polen zu verzeichnen, der im Jahre 1655 zur Eroberung Warschaus führte. So wenig sonst deutsche Heere auf polnischem Boden Lorbeeren errangen, so noch viel weniger polnische Heere in deutschen Landen. Die einzige kriegerische Handlung, die der sogenannten ersten polnischen Teilung (1772/74) vorausging, war nicht etwa durch einen polnisch-deutschen Streit hervorgerufen, sondern vielmehr durch die Besetzung Berlins durch ein Streifkorps der Russen (1760).

Zwölf Jahre später mußte Friedrich der Große verhindern, daß Rußland sich im Lande der unteren Weichsel festsetzte, dass die russische Westgrenze 150 Kilometer östlich von Berlin verlaufen sollte. Die Konstatierung dieser Tatsache ist wichtiger als die preußischen Erbansprüche und mindestens ebenso wichtig wie die völkische Zusammensetzung der Weichsellande. Von einem polnischen Widerstande gegen die erste Teilung kann kaum gesprochen werden. Im Gegenteil erbat damals die Gräfin Skorzewska den Anschluss ihrer im Süden des Netzedistrikts gelegenen Güter an Preußen und erreichte sie auch. In der Folgezeit erwiesen sie sich als Stütze der preußischen Herrschaft, der sie nach dem Teilungsvertrag gar nicht hätten unterstellt werden sollen.


Adelnau in Südposen (1912)

Aber auch die innere Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Polen hatte keineswegs heftige Formen. Die polnischen Aufstandsbewegungen drangen niemals über einen recht engen Kreis in Südposen hinaus. Eine den Bestand der preußisch-deutschen Herrschaft bedrohende "Freiheitsbewegung" gab es nicht. Im Jahre 1848 forderten sogar südposensche Bauern polnischer Zunge mehrfach den Anschluss an den Deutschen Bund (bzw. dann auch die Belassung bei ihm), besonders die evangelischen Polen des Kreises Adelnau.

Die Neugründung Polens als politischer Fehler Deutschlands

Wer im ersten Halbjahr 1914 im kongreßpolnischen Raum prophezeit hätte, es würde sechs Jahre später einen selbständigen polnischen Staat mit Kattowitz, Ostgalizien, Wilna und einem Stück Ostseeküste geben, der wäre für irrsinnig gehalten worden von Deutschen und von Polen. Denn die polnischen Führer begnügten sich mit einer in ihren praktischen Auswirkungen durchaus erfolgreichen Volkstumsarbeit auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiete, die in dem bekannten Buche über Das polnische Gemeinwesen im preußischen Staat sehr anschaulich dargestellt wird.


Das von Deutschland und Österreich-Ungarn besetzte Russisch-Polen (Kongresspolen), was zum Territorium des neugegründeten polnischen Staates wurde (ohne Suwalki). Kein 1.Weltkrieg, oder ein deutscher Sieg vor 1916 hätte das gesamte Gebiet nur unter den Mittelmächten aufgeteilt, ohne das ein neuer polnischer Staat entstanden wäre.


So führten ausschließlich äußere Ereignisse zur durchgreifenden Umgestaltung Ostdeutschlands:

erstens Rußlands Krieg gegen die Mittelmächte 1914,

zweitens Rußlands Niederlage 1917/18,

drittens die Errichtung eines polnischen Staates durch das Reich und Österreich-Ungarn,

viertens das Unterliegen der Mittelmächte 1918, aber der Bruch der Waffenstillstandsbedingungen, jener "Bedingungen", welche vom Präsidenten Wilson in seiner Botschaft an den Kongreß der Vereinigten Staaten vom 8. Januar und in den folgenden Botschaften niedergelegt worden sind.

1919 war es endlich sechstens die innere Auflösung im Reiche während des Winters 1918/19, welche den Siegermächten den Bruch der Waffenstillstandsabmachungen risikolos gestattete.

Fürwahr eine eigenartige Verkettung von Geschehnissen! Eine wirkungsvolle unmittelbare polnische Tätigkeit fehlt aber in mehreren dieser sechs Phasen. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs war jedenfalls von polnischen Machenschaften unabhängig. Es kam aber auch weder in Posen noch in Westpreußen zu Aufständen gegen die Herren des Landes und im Interesse des Landesfeindes. Ebenso wenig in Kongreßpolen. Die Stimmung der Polen war nach Kriegsausbruch geteilt. Dmowski und die Seinen standen im russischen Lager. Die preußischen Polen waren ruhig und taten ihre Pflicht. Pilsudski und seine Schützen bildeten aber in Galizien die antirussische polnische Legion; am 6. August zog dieser Mann des Schicksals mit einer kleinen Abteilung von Legionären in den Krieg, natürlich weil er hoffte, so die Grundlage für Polens Auferstehung zu schaffen.


Pilsudskis politscher Gegner Roman Dmowski war prorussisch undwollte lange überhaupt keinen neuen polnischen Staat!

Pilsudski hatte es nicht leicht; er musste gegen die polnischen Nationaldemokraten, die im Gegensatz zu seiner Konzeption nur eine Autonomie innerhalb Russlands anstrebten, stets einen erbitterten Kampf führen, so dass er bei den Nationaldemokraten der bestgehasste Mann war. Die Geschichte seiner Legion ist auf militärischem Gebiet nicht allzu erfolgreich; immerhin genügte sie, den Mittelmächten die Errichtung eines polnischen Staates schmackhaft zu machen; aus den fast unberührten Menschenreservoiren Kongreßpolens sollte sie die Heere schaffen helfen, die zur Entlastung der Truppen der Mittelmächte so überaus wünschenswert erschienen. Das geschah am 5. November 1916.


Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Warschau 1915, dachte deutscherseits noch niemand an einen neuen polnischen Staat.

Diese Gründung Polens durch die Mittelmächte, welche heute vielfach von polnischer und polenfreundlicher Seite vergessen wird, war ein Ereignis der Weltgeschichte. Es kam aber ganz anders, als die Patenstaaten des neuen Polens erhofft hatten. "Schon die Bekanntmachung der Proklamation, die am 5. November zugleich in Warschau und in Lublin in feierlicher Weise unter Anwesenheit zahlreicher führender polnischer Politiker durch die beiden Generalgouverneure erfolgte, rief in keiner Weise allgemeine Begeisterung hervor. Die große Masse der polnischen Bevölkerung Kongreßpolens blieb gleichgültig und mißtrauisch, denn schon seit längerer Zeit wusste man von der Absicht der Zentralmächte, ein polnisches Heer aufzustellen, und sah in der Proklamation nur ein Lockmittel für dieses Heer. Und fast, um diesen Zweiflern recht zu geben, erschienen vier Tage später die Bekanntmachungen der beiden Generalgouverneure, in denen nicht im Namen der zu schaffenden polnischen Regierung, sondern der beiden Kaiser die Aufforderung erging, in das zu bildende polnische Heer einzutreten.' - Das war ein weiterer Fehler, der sich rasch rächte.


Pilsudski ließ sich 1917 auf eigenen Wunsch in Magdeburg einsperren

Sogar die polnische Legion erwies sich als unzuverlässig. "Als die Legionäre Pilsudski auf seinen Befehl im Juli 1917 den von den Mittelmächten nach Ausrufung des selbständigen polnischen Staates geforderten Treueid nicht leisten wollten, wurde Pilsudski auf eigene Bitte, wie er selbst sagt, verhaftet und mit dem damaligen Oberstleutnant Sosnkowski nach Deutschland überführt und später in der Festung Magdeburg interniert.

Der zurückgebliebene Legionärstab Pilsudskis organisierte daraufhin auf dem gesamten polnischen Gebiet die bekannte geheime militärische Organisation POW (Polska Organizacja Wojskowa). Im Reiche erkannte man rasch, dass man sich in der Beurteilung der polnischen Frage getäuscht habe. Während sie in den Plänen österreichischer Staatsmänner und vor allen Dingen Kaiser Karls (nach Stegemann) noch lange eine phantastische Rolle spielte, sah man sich in Berlin "vor einem Haufen von Scherben", und dies erst recht, als der Krieg im Oktober 1918 verloren war. Die Westmächte aber, deren Polenpolitik, solange das Bündnis mit Russland noch bestand, starken Hemmungen unterlag, gewannen nun freie Hand.

In Polen selbst sah es freilich nicht erhebend aus. Am 11. November des Jahres 1918 was Pilsudski als Triumphator aus deutscher Gefangenschaft nach Warschau zurückgekehrt. Darüber hat er später, am 7. August 1920, in einer Rede in Kalisch folgendes gesagt: "Nach meiner Rückkehr aus Magdeburg war das Chaos von Anschauungen, Gedanken, Auffassungen und Gruppierungen so wild, so unmöglich, unmöglich sogar, um daraus ein Baukastenspiel zu machen, die Meinungsverschiedenheiten waren so groß und ungeheuerlich, daß ich es als ein Wunder betrachte, dass es mir gelungen ist, den Staat aus diesem Chaos herauszuführen - zumal mir dies schier unmöglich erschien."

Polen war damals vor eine doppelte Aufgabe gestellt. Auf der einen Seite sollte es im Interesse der Weltzivilisation einen Damm gegen Russland errichten, auf der anderen Seite musste es sich im Interesse Frankreichs gegen Deutschland wenden. Gewiss gab es im polnischen Lager genug Männer, die diese Westaufgabe für wichtiger hielten als die Ostaufgabe. Wenn Pilsudskis Augen nach Osten gerichtet waren, so suchten andere Nutzen aus dem inneren Zusammenbruch im Deutschen Reiche zu ziehen, der dem Waffenstillstand folgte. Hier schien leichte Beute zu winken.

Primärquelle: Karl C. von Loesch, Wie die Ostgebiete des Reiches verlorengingen

Der polnische Aufstand in Südposen

Die Posener Polen hatten schon während des Krieges im südlichen Polen geheime Bürgerkomitees gebildet, die ihre Spitze im zentralen Bürgerkomitee in Posen sahen und die Aufgabe übernehmen sollten, in Aktion zu treten, wenn die Zeit reif geworden wäre. Das war am 10. November 1918 der Fall, als den Arbeiter- und Soldatenräten die oberste Macht, der sich die Behörden zu beugen hatten, übermittelt wurde. Aber nur für kurze Zeit. Denn die Polen gewannen in ihnen praktisch ein sicheres Übergewicht.

Schon am 12. November erkannte der Arbeiter- und Soldatenrat das Bürgerkomitee an und forderte es zur Absendung von Delegierten auf. Tags darauf wurde das Provinzialernährungsamt gegründet; damit gelang es den Polen, Einfluss auf Berliner Zentralstellen zu gewinnen, denen sie nunmehr mit der Abschneidung der Lebensmittelzufuhr drohen konnten. A m 14. November verkündete die polnische Reichstags- und Landtagsfraktion in einem Aufruf an die Öffentlichkeit die Einsetzung eines obersten polnischen Volksrates, dem jeder Pole zu Gehorsam verpflichtet sei; am 16. November wurden Wahlen zum polnischen Teilgebietslandtag ausgeschrieben. Am 17. rief der oberste Volksrat zur Bildung einer polnischen Volkwehr auf, während die deutschen Truppen gleichzeitig demobilisiert und in ihre Heimat entlassen wurden.
So ging es Schlag auf Schlag und die Autorität der deutschen Behörden sank immer mehr. Doch war der Geltungsbereich dieses obersten polnischen Volksrates und des am 3. Dezember zusammentretenden Gebietslandtags immerhin noch recht beschränkt. Denn wenn es den Polen erst gelang, die preußische Regierung und den von ihr am 19. November gesandten Herrn Helmuth von Gerlach über den Charakter ihrer Bewegung zu täuschen, so fehlte es doch andererseits nicht an Gegenbewegungen.


Rogasen 1909, die Stadt besaß seit ihrer Gründung 1280 das deutsche Stadtrecht.

Am 15. November 1918 erfolgte die Gründung einer deutschen Abwehr; der "Heimatbund Ost" entstand. Schon viel früher, erstlich im September 1918, war es zur Gründung zahlreicher deutscher Volksräte in Stadt und Land der Provinz Posen gekommen (in Westpreußen war und blieb ja alles ruhig). Im übrigen waren die tatsächlichen Machtmittel der Polen gering, und alles war in unsicherem Schwebezustand: bis der weltberühmte polnische Pianist Paderewski, dessen Tätigkeit in Amerika 1917/18 noch Erwähnung finden wird, am 27. Dezember im Gefolge einer englischen Militärmission auf der Reise von Danzig in Warschau eintraf. Man ließ ihn einreisen, weil der englische Oberst Wade zu Unrecht angab, Paderewski reise im Auftrag der Waffenstillstandskommission. Eine Antwort auf den begeisterten Empfang Paderewskis durch die polnische Bevölkerung Posens erteilten dann in einer Gegenkundgebung die Soldaten des gerade zurückgekehrten 6. Grenadierregiments, welche die fremden Fahnen von den Häusern Posens herunterholten. Irgendwie kam es dabei zu einer Schießerei, welche zur Folge hatte, dass die freilich mangelhaft geführten deutschen Truppen am nächsten Tage zurückgezogen und abberufen wurden.


Rakwitz in der Provinz Posen 1907

Zwischen Polen und Deutschen kam es besonders auf dem Flugplatz Lavica zu erbitterten Kämpfen, aber auch im Warthelager. Wenige Tage darauf, am 4. Januar 1919, vermochte der oberste polnische Volksrat die Militär- und Zivilverwaltung zu übernehmen, nachdem diese Behörden in den letzten Monaten nur noch eine traurige Rolle gespielt hatten. Damit war tatsächlich ein politischer Aufstand ausgebrochen. Aber er vermochte sich, obwohl "polnische Truppen" auf den Bahnlinien strahlenförmig nach allen Richtungen hin vorgeschoben wurden, niemals über Südposen hinaus durchzusetzen. Zwar gelang es den Polen, nach Auflösung der Truppenreste in der Stadt Posen und nach Abtransport der 6. Grenadiere nach Schlesien einzelne kleine Truppenteile in Innerposen aufzureiben, so bei Gnesen der Rest des 54. Infanterieregiments. In Hohensalza kämpfte der Rest des 140. Regimentes tapfer. Kleinere Kommandos wurden entweder abgeschlachtet oder erreichten freien Abzug. Die fast rein deutsch besiedelten Landgebiete im Westen des Landes, aber vor allen Dingen die Warte- und Netzelinie im Norden, vermochte der polnische Aufstand niemals zu nehmen.


Werbeplakat für den Grenzschutz Ost

Die deutsche Bevölkerung dieses Gebietes, Freiwillige unter Führung des unerschrockenen Hauptmanns der Reserve Hans Schulz und anderer junger ortsgebürtiger Offiziere, stellte sich den Polen entgegen. Hier reiften Früchte vorausschauender Arbeit; denn schon im September 1918 hatten sich nach sudetendeutschem Vorbilde, auf Veranlassung Georg Cleinows, deutsche Volksräte gebildet, die die Keimzelle des
Selbstschutzes der Bevölkerung wurden. Jedenfalls hat deutsche Selbsthilfe bereits in Westposen und am Südrande Nordposens dem polnischen Vordringen ein sehr rasches Ende bereitet. Im späteren Korridorgebiet und in Schlesien, also im Rücken der deutschen Volksabwehr, blieb alles ruhig: so gering war der Widerhall der polnischen Aufstandsbewegung.



Schließlich vermochte auch der Zentrale Grenzschutz Ost Truppen zur Verfügung zu stellen, die aber zunächst zur Wiedergewinnung der gesamten Provinz Posen noch nicht ausreichten. Als dann im Februar eine planmäßige deutsche Aktion das Land wieder in Besitz zu nehmen sich anschickte, erzwangen die Siegermächte am 16. Februar anlässlich von Verhandlungen über die Verlängerung des Waffenstillstandes in Trier eine Einstellung der "Offensive gegen die Polen", und es wurde eine Demarkationslinie abgesteckt, hinter als gesichert geltende deutsche Ortschaften doch noch durch Versailles verloren gehen sollten.

Primärquelle: Karl C. von Loesch, Wie die Ostgebiete des Reiches verlorengingen

Kolonisation der Weichsel-Niederungen


Marienwerder (1935)

Die Rodungen in der Marienwerderschen Niederung begannen, als Landmeister Hermann Balke seinen bürgerlichen Mitstreitern die Uferschwelle der Nogat (Oberfeld, Mareese) und dem Niedersachsen Dietrich von Depenow die 300 Hufen umfassende Tiefenau überließ. Von der Höhe aus sandten die dortigen Anwohner nach Ablauf des Hochwassers ihre Rinder-, Schwein- und Pferdeherden auf die Weide, ließen durch sie die fruchtbaren, mit allerlei Wurzeln durchsetzten Schlickböden der Uferschwellen zertreten und gestalteten somit die Rodearbeit einfacher, weniger zeitraubend. Allmählich wandelte sich die Uferschwelle der Nogat. Die 51 Bürger der Stadt Marienwerder konnten nach Ablauf des Wassers in schmalen Ackerstreifen die Braugerste säen, die sie für ihre Malz- und Brauhäuser benötigten. Aber kein Bürger der Stadt baute dort sein Anwesen auf, selbst die Hirtenhäuser lagen noch auf dem östlichen Anhügel zur Höhe.

Einzelne Niederlassungen werden aber trotz aller Unwirtlichkeit der Niederung schon um das Jahr 1300 bestanden haben. Fischer, die es wagten, auf den Sandhügeln am Hohensee auch den Winter über auszuharren, oder Hirten, die auf den hohen Uferschwellen sich in festen Blockhäusern gegen die Unbilden des Winters und Frühjahrs wehrten, mögen sesshaft gewesen sein. Doch der Bauer fehlte.
Das Bedürfnis, für die zunehmende Volkszahl neues Siedlungsgebiet zu gewinnen führte zu dem Entschlusse, wenigstens die besten und den gewöhnlichen Hochwasserfluten nicht ausgesetzten Böden in der Niederung nutzbar zu machen. Die Einigung von Bischof und Kapitel über ihre Ansprüche an dem "neuen Werder", die 1334 erfolgte, machte die Gelegenheit zu Dorfgründungen frei. Wann sie erfolgten, ist nicht bestimmbar. Die Bewohner der Niederungsdörfer waren Deutsche.

Das Niederungsgebiet im Weichseldelta (zwischen Danzig und Elbing, ca. 50 km breit mit 1.700 qm Fläche) unterscheidet sich als Werder (südlicher und höher gelegener Teil mit natürlicher Entwässerung) und Niederung (der nördliche und tiefer gelegene Teil, etwa um Tiegenhof, welche künstlich entwässert werden muß).

Die Niederungen an der ungeteilten Weichsel sind meist auf der einen Seite des Stromes Niederungsland und auf der gegenüberliegenden Seite befinden sich hohe Ufer. Linksseitig erstreckt sich die Nessauer Niederung, die Getau-Grätzer Niederung und die Langenauer Niederung. Dann folgt die Culmer und gegenüber die Schwetzer Niederung, weiter nordwärtz von Sartowitz bis Neuenburg die Schwetz-Neuenburger Niederung (hochwasserfrei eingedeicht), die Münsterwalder Niederung und die unterhalb von Mewe beginnende und sich bis zum Weichseldelta erstreckende Falkenauer Niederung. Am rechten Ufer dehen sich die Thorner Niederung (22 km lang und eingedeicht), die Culmer Amts-Niederung (eingedeicht), die Culmer Stadtniederung (eingedeicht) und die Marienwerder Niederung (38 km lang und vollständig hochwasserfrei eingedeicht).

Der Boden der Weichselniedungen war sehr fruchtbar und lohnte die Mühe der Landwirte. In der Sommerzeit wurde das Gras meterhoch, das Getreide schoß üppig. Die künstliche Entwässerung geschah durch Windschöpfmühlen (den Blockwindmühlen ähnlich, und Dampfschöpfwerke. Diese Entwässerungsanlagen waren geschickt zwischen Weidebäumen versteckt oder an den hohen Dämmen gelegen und gaben der Landschaft ein eigenes Gepräge. Die Bauart dieser Mühlen waren noch dieselben, wie zu der Zeit der ersten Holländer, die den Niederungsboden besiedelten.

Das Vieh hatte nur selten einen ständigen Hirten und war im Sommer Tag und Nacht draußen auf dem Felde. Dort wurde auch gemolken. Das Niederungsgebiet ist waldarm und hatte meist nur einzelne Gehöfte, die auf Erhöhungen standen. Außer den tiefen Wiesengeländen zu beiden Seiten der Weichselflüsse finden sich namhafte Niederungsgebiete im Rhedatal.

Bei jedem Eisgang und Hochwasser führt der Strom mächtige Erd- und Sandmassen mit. Diese Sinkstoffe lagern sich entweder an günstigen Stellen im Flußbett als Sandbänke ab, oder sie geben im Mündungsgebiet Veranlassung zur Stromspaltungen und Neubildungen. Die Sandbänke verändern in der Regel bei jedem Hochwasser ihre Lage, einzelne jedoch behaupten ihren Platz, bauen sich weiter aus und werden schließlich kleine Inseln - die Kämpen.

Kriegsgeschehen und schweren Kämpfe im 15. und 16. Jahrhundert entvölkerten die Niederungen. Nur noch Einzelbewohner, nicht mehr geschlossene Dorfschaften waren vorhanden. 1574 kamen holländische Friesen (Perbandt, Heimson, Pelke, Lamterson, Jochim Lamkeson und Jochim Clausson) zur Ansiedlung auf 13 Hufen in Kampangen und zogen weitere Bauern nach sich, die in Ellerwalde heimisch wurden. Mit ihnen kam eine bisher unbekannte Flureinteilung und ein neues Besitzrecht, die Zeitemphyteuse (Erbpacht auf 30-40 Jahre, in späteren Zeiten auf ewig) auf. Die Form der neuen Dörfer der Niederung blieb nicht mehr das mittelalterliche Angerdorf (Straßendorf mit erweitertem Platz für die Kirche, den Dorfteich und die gemeinschaftlichen Hirten- und sonstigen Häuser, vor dem Straße sich spaltete und hinter dem sie wieder zusammenlief) und der Dorfgemeinschaft mit Flurzwang.

Die Nordwestdeutschen brachten die Marschhufensiedlung mit, die ganz ihrem Charakter zu selbständiger Wirtschaftsform angepasst war. Die "Gemeinschaft" mit ihrem Flurzwang erschien ihnen als äußeres Zeichen der bäuerlichen Abhängigkeit von den übrigen Dorfmitgliedern. Sie mieteten zwar in Gemeinschaft die betreffende Ortschaft, teilten dann aber die Flur in Längsstücke quer zur Straße auf, die von der Weichsel bis an die gegenüberliegende Grenze reichten, und setzten ihren Hof an das Kopfende des Streifens. So war ein jeder in einem zusammenhängenden Stücke für sich. Die Formel, die oft gebrauchte, "jeder für alle, alle für einen" bezog sich daher nur auf die Zinsleistung.

Die landsuchenden Westdeutschen (Holländer, Westfalen, Friesen, Holsteiner und Pommern-Mecklenburger) brachten anscheinend aus ihrer Heimat neben ihren Kenntnissen im Deichbau erhebliches bares Geld mit, so dass sie nicht auf die Zuweisung von lebendem Inventar durch das Amt angewiesen waren. Zumeist kamen sie als Flüchtlinge aus religiösen Gründen, mussten sich aber zur lutherischen Konfession nach preußischem Ritus bekennen, falls sie nicht ausgewiesen werden wollten. Im Putziger Kreis sollen verstärkt Holländer und Friesen 1599 neu angesiedelt worden sein und Dörfer gegründet haben.


die preußische Festung Weichselmünde (1877)

Die Bezeichnung "Holländer" für die Bauern und nur für diese hat mit der Heimat, aus der sie kamen, nichts zu tun. Das Wort, so heißt es, müsse eigentlich "Hauländer" (Rodeländer) gedeutet werden, denn mit Holländer werden auch Pommern genannt, die gleiches Recht erhielten. Die unmittelbare Herkunft der neuen Einwanderer, der Bauern, ihrer Knechte, Mägde, Tagelöhner und der Handwerker läßt sich bis 1623 überhaupt nicht feststellen. Die älteren Siedlungen Kanitzken, Kampangen, Ellerwalde, Schinkenberg und Stangendorf sind von nordwestdeutschen Bauern besiedelt, die später folgenden – z.B. Nebrau, Weichselburg, Russenau, Grabau und Neuhöfen – von Pommern.


Neuteich im Weichseldelta - Das Dorf wurde 1316 vom Deutschen Orden gegründet; die Privilegien hatte ihm Werner von Orseln verliehen, der damals Großkomtur von Marienburg war. 1409 begann der Deutsche Orden in Neuteich mit der Herstellung von Schwarzpulver, und in der Mitte des 15. Jahrhunderts errichteten Danziger Bürger hier eine Ölmühle.

Die große Siedlungswelle der Holländer ging zunächst von der Niederelbe über den Fläming bis zur Weichselniederung. Dann setzte sie sich über die Porta prussica bis an die Weichsel bei Fordon in der Gegend von Graudenz, Schwetz, Kulm und Thorn fort, um schließlich bei Schulitz im Jahre 1594 das Posener Land zu erreichen. Insbesondere wurden die breiten Täler der Weichsel, Netze, Warthe, Obra und die kujawische Seenplatte besiedelt, ferner die waldigen Sumpfgebiete im Westen des Posener Landes, wozu insbesondere Obornik gehörte. Schließlich sind zu erwähnen die Waldgebiete von Wollstein und Neutomischel, die Urwälder und Ödländereien nördlich von Posen, im Kalischer Land und im Gostyniner Gebiet.

Bei den Holländern handelte es sich a) um aus den spanischen Niederlanden (Gebiet der heutigen Niederlande, Belgien und Luxemburg zur Zeit der spanischen Herrschaft, die durch Erbteilung 1556 an die spanische Linie Habsburgs fiel) geflohene Protestanten, die sich außer im Rheinland, Westphalen, Friesland auch in Schleswig-Holstein ansiedelten, b) um Niederländer aus den wasserreichen Gebieten, die auch wiederum in diesen siedelten (Netzetal, Weichselniederung und Danzig) und neben dem Einsatz als Deichbauern ihr Betätigungsfeld insbesondere in der Viehwirtschaft hatten.

Im 16.Jh. stieg das Preisniveau für landwirtschaftliche Erzeugnisse stark an, so dass es sich lohnte, nicht mehr nur für den eigenen Bedarf, sondern mehr und mehr für den Verkauf zu produzieren. Daran partizipierte der Adel durch Vergrößerung seiner Anbauflächen und der Bildung größerer Viehherden. Während es sich dabei zunächst um (Mast-) Ochsen handelte, wurde die Viehhaltung auf Anregung der Holländer bald auf Milchkühe umgestellt. Ebenfalls auf Anregung der Holländer entstand das noch heute für Schleswig-Holstein typische Bild der Koppellandschaften, da es rentabler war, größere Herden - sie reichten i.d.R. von 50 - 200 Stück Vieh - auch auf größeren zusammenhängenden Landflächen zu halten. Dies galt für Holländer, die auf adligen Gütern gepachtet hatten.

Die Verträge zwischen Adel und Holländer - sie reichten vom Maitag eines bis zum Maitag des folgenden Jahres - regelten genau die Rechte und Pflichten auf beiden Seiten. So stellte der Gutsherr Vieh, Hof, Stall, Koppeln und das Winterfutter, während der Holländer die erforderlichen Gerätschaften mitzubringen hatte und pro Kuh eine Jahrespacht von 7-8 Reichstaler zu zahlen hatte. Die Pacht war jeweils zu einem Drittel fällig bei Antritt (01.05.), zu Johanni (24.06.) und zu Martini (11.11.). Durch den Verkauf von Butter und Käse an Städte, Garnisonen, Hafen- und Residenzstädte bestritt ein Holländer seine Unkosten und brachte es so auch zu bescheidenem Reichtum, welcher es ihm ermöglichte, nach Verlauf einiger Jahre und Ablauf seines Vertrages eine größere Herde zu pachten.

Der Höhepunkt der Holländereien lag im 18. Jh., als diese sich in der langen Friedenszeit positiv entwickelten. Sie gingen mit Aufhebung der Leibeigenschaft Ende des 18./ Anfang des 19. Jh. zurück, als sowohl das benötigte Personal als auch die erforderlichen Flächen nicht mehr zur Verfügung standen. Es entstanden zunehmend Genossenschaftsmeiereien in Konkurrenz zu den Holländern. Auch begünstigte die Erfindung der Dampfmaschine und damit z.B. der Zentrifuge den Niedergang der Holländer, da diese es sich nicht erlauben konnten, diese anzuschaffen und mit ihnen umzuziehen und die Gutsherren kein Interesse am Erwerb der Maschinen zeigten.

Durch die häufigen Ortswechsel der Holländer gestaltet sich die Suche nach ihnen relativ schwierig. Es gibt die sogenannte Brügmann-Kartei (durch die Mormonen verfilmt) sowie die sogenannte Schäfer-Kartei im Landeskirchenarchiv Mecklenburg in Schwerin, welche vermutlich die Aufzeichnung der Sippenkanzlei Mecklenburgs enthält und bis ins 19. Jh. reicht. Beide Karteien enthalten viele Mecklenburger, Brügmann auch in geringem Maße Schleswig-Holsteiner. Die ursprünglich holländischen Siedler haben sich in diesen Holländereien ein bleibendes Denkmal gesetzt. Ihnen schlossen sich bald auch deutsche Bauern aus der Neumark, Pommern und Schlesien an.


Primärquelle: http://wwwhaplogruppe-u5-europaeu-gudrun...ot.com/2011/11/

Die Kolonisation Südpreußens


Südpreußen und Neuostpreußen als neue Provinzen Preußens ab 1793

Die Provinz Südpreußen war eine von 1793 bis 1807 bestehende Provinz Preußens, die mit der dritten und letzten Teilung Polens den Besitzer gewechselt hatte. Das rund rd. 53.000 km² große Südpreußen wurde von ca. 1,4 Millionen Menschen bewohnt, die ursprünglich von wandalischen Stämmen abstammte. Während der Missionierungzeit wurde dieser heidnischen Bevölkerung die aus der Glagoliza-Liturgie entstehende polnische Kunstsprache aufgezwungen, die jedoch erst im späten Mittelalter durch deutsche Mithilfe zu einer neuen Sprache fertig entwickelt wurde.

Die neue Provinz umfasste die bisherigen polnischen Woiwodschaften Brzesc, Kalisch, Leczyca, Plock, Posen, Rawa und Sieradz. Ab 1795 kam die Stadt Warschau mit ihrem westlichen Umland hinzu, gleichzeitig wechselten die Gebiete nordöstlich der Weichsel um Plock zur neuen Provinz Neuostpreußen. Im damaligen Kreis Peisern (Pyzdry), wurden die Parochialverhältnisse mehr als einmal vollständig neu geordnet. Es war eine an deutschen Hauländereien reiche Gegend mit sehr wechselhafter Geschichte.


Peisern an der Warthe (1940) - Die Stadt erhielt im 13. Jahrhundert das Magdeburger Stadtrecht, doch unter russisch-polnischer Herrschaft blieb sie unterentwickelt, dass sie 1867 die Stadtrecht wieder verlor

Unter König Friedrich Wilhelm III. warb der preußische Staat ab 1798 deutsche Siedler vor allem in folgenden volkreichen südwestdeutschen Regionen an: Pfalz, Hessen, Elsass, Lothringen und Württemberg. Ab dem Jahre 1800 waren es vor allem Schwaben, die den Werbeaufrufen folgten. Die Siedlungsbedingungen waren erst günstig, aber ab 1801 wurden die Vergünstigungen vom mitgebrachten Vermögen der Kolonisten abhängig gemacht worden, wodurch viele Bewerber nur eine Häuserstelle mit 4-6 Morgen erhielten. Dadurch wurden viele gezwungen als Tagelöhner oder Handwerker ihren Lebensunterhalt zu verdienen. So waren etwa in Galenczewo nicht alle nur Bauern, sondern Maurer, Schreiner und Zimmermänner.


das einst zu Südpreußen gehörende Sieradz (1915) - Das Stadtgebiet gilt seit dem 6. Jahrhundert als besiedelt. womit es zuerst ein Ort wandalischer Nachfahren der Naharvali (Asdingen) war. Die erste namentliche Erwähnung stammte von 1136, was noch aus der Zeit der Daglinger war


1941 bis 1945 gehörte die Stadt als Schieratz zum deutschen Warthelandgau

Es war ein Merkmal der preußischen Kolonisation jener Zeit, dass der kirchlichen Versorgung der Siedler keine Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Für die vermutlich ca. 13.000 meist protestantischen Kolonisten wurde aus Sparsamkeitserwägungen heraus keine einzige Kirchengemeinde gegründet, anders, als es bei den privaten Siedlungstätigkeiten üblich gewesen war. Das begünstigte später wieder die Polonisierung vieler Neusiedler, als sich die Machtverhältnisse wieder änderten.


Wreschen 1913

Der Landkreis Wreschen hatte 1890 33.000 Einwohner, davon waren etwa 10 % evangelisch. Er bestand aus der Stadt Wreschen und den Gemeinden Kolaczkowo, Miloslaw, Nekla und Pyzdry. Der Landkreis ist und war landwirtschaftlich geprägt, selbst wenn er heute durch Posener Einfluss zahlreiche Gewerbebetriebe vorweisen kann. Es besteht eine Partnerschaft mit dem deutschen Wolfenbüttel.

Das als schwäbische Kolonie benannte Neu-Galenczewo bei Wreschen hatte auch einige Siedler aus Hessen. Sie alle waren bereits im Netzedistrikt oder im überfüllten Westpreußen gewesen und hatten Anträge auf Abzug nach Südpreußen gestellt. Wie es aussieht, kommen viele Siedler aus der Gegend von Nakel im Kreis Wirsitz, Regierungsbezirk Bromberg und dem benachtbarten Kreis Witkowo.

Eine zentrale Rolle bei dieser Kolonisation spielte der preußische Hauptmann Friedrich Magnus von Nothardt. Er leitete von 1798 bis zu seinem Tod Ende 1804 die Anwerbung von Kolonisten für Südpreußen, beteiligte sich maßgeblich an der Ausarbeitung der Ansiedlungsbedingungen und auch des seit der Mitte 1799 entwickelten Plans zur Anwerbung von Kolonisten aus dem Reich. Ab 1800 war er als Werbeoffizier in Süddeutschland tätig, wo er ein festes Werbungsbüro unterhielt, zunächst in Öhringen bei Heilbronn, ab 1804 in Crailsheim (Ansbach). Aufgrund seiner erfolgreichen Siedlerwerbung und der Gründung zahlreicher Schwabensiedlungen wurde er am 26. November 1804 als Major verabschiedet, um Kammerdirektor zu Kalisch zu werden, wozu es wegen seines frühen Todes im Alter von nur 38 Jahren nicht mehr kam. Der Zusammenbruch Preußens 1806/07 durch Napoleon brachte schließlich die Kolonisationsbemühungen vollends zum Erliegen. Was wäre jedoch mit diesen Provinzen passiert, wenn Napoleon schon in Ägypten sein Leben verloren hätte? Dort wurde immerhin sein elsässischer Stellvertreter General Kleber von einem Moslem ermordet, nachdem zuvor Napoleon ohne seine Armee nach Europa zurückgekehrt war. Ohne Napoleon hätte die europäische Geschichte einen anderen Verlauf genommen, womit Warschau wohl auch nie wieder die Hauptstadt eines neuen polnischen Staates geworden wäre.

Primärquelle: http://wwwhaplogruppe-u5-europaeu-gudrun...ot.com/2011/11/
Wikipedia

Kein Pole besiedelte Westpreußen

Nachdem alliierten Raubkrieg gegen das Deutsche Reich wurde 1920 durch das Versailler Diktat die deutschen Provinz Westpreußen mit Danzig und Posen durch das Siegerkonstrukt "Korridor" zerstört und größtenteils dem wieder entstandenen Polen zugeschlagen. Hunderttausende deutsche Familien wurden auseinandergerissen in dieser ersten deutschen Teilung im Osten des Reiches. Bereits zu dieser Zeit, war alles so, wie die Verhältnisse, um den "Eisernen Vorhang" ,die spätere deutsch-deutsche Systemgrenze zwischen 1949-1989.


Das viel beschworene Selbstbestimmungsrecht galt nicht für die Kriegsverlierer des 1. Weltkrieges

Seit dieser Zeit bemüht sich die polnische Geschichtsschreibung, den Anspruch auf dieses Gebiet zu begründen. Besonders wenn es um die Geschichte nichtpolnischer "Slawen"-Völker geht ist man großzügig und wirft alles in einen dafür bereitgestellten großpolnischen Topf. Deshalb ist es wichtig die Besiedlungsgeschichte Westpreußen-Danzigs und des Warthelandes aufzuarbeiten.

Die Besiedlung zur vorpolnischen Zeit

Dass was man auch immer heute den Deutschen über die Ostbesiedlung Deutscher östlich von Oder und Neiße erzählt, dient offiziell nur als Schmerzpflaster für die verlorene Heimat Millionen Deutscher. Man behauptet bis heute "Slawen" hätten zuvor westlich der Weichsel gesiedelt und ein Teil dieser "Slawen" wären Polen gewesen. Doch "Slawen" hat es nie gegeben, dass Wort leitet sich von "Sclavi" ab und dieser wieder von ostvandalischen Sklavenen, die hauptsächlich vor den Awaren nach Mitteleuropa auswichen. Für die deutschen Annalisten wurden diese Sclavi hauptsächlich als in Unglauben lebende Heiden angesehen, völlig unabhängig ihrer Stammeszugehörigkeit.

Nördlich der Warthe und Netze und östlich der Oder bis zur Weichsel breiteten sich auch Pomeranen aus, ranische Clans, die größtenteils Nachfahren gewesen sind, die von den Rugiern abstammten. Ranen ist ein altnordischer Eigenname und leitet sich von der nordischen Meeresgöttin Rán ab. Die Wasserscheide zwischen den Nebenflüssen der Weichsel und der Leba gliederte sie in Westpomeranen und die Ostpomeranen. Beide Gruppen standen unter dem Einfluss an der Küste agierender Wikinger ausv Skandinavien, später hauptsächlich den Dänen, nach denen wohl auch Danzig als frühe Wikingerbasis benannt wurde. Und so entstanden an den Mündungen der Oder und Weichsel frühzeitig weitere Wikingerbasen, die mit ranischen Clans im Hinterland interagierten. Die Gegend an der Weichselmündung kontrollierte nach 990 der Daglinger-Herzog Dago Miseko, dessen Clan von Skandinavien aus in das Weichselland zog, und rund um Gnesen vandalische Clans unterwarf. Der Ort Danzig wird bereits vom heiligen Adalbert für 997 bezeugt, den er an der Mündung der Weichsel als „urbs gyddanzc“ bezeichnet. Der Name leitet sich altnordisch von gæta für achtgeben und beobachten und den Dänen ab. Diese befestigte Siedlung entwickelt sich dank ihrer Lage an der Bernsteinstraße rasch zu einem wichtigen Handelszentrum. Im 12. Jahrhundert errichten hier die Herzöge von Pomerellen ihre Burg, in der sie fortan ihren Wohnsitz beziehen, und auch der Hafen der Stadt findet in dieser Zeit erstmalig Erwähnung.

Die Pomeranen sprachen nur eine germanische Sprache, am besten verstanden sie sich mit Skandinaviern und den ebenfalls germanisch sprechenden Wenden im ostelbischen Raum. In der Folge unterlag die Sprache der Pomeranen den Einflüssen von missionierenden Glagoliza-Mönchen, wovon umgeformte Sprachdenkmäler erst seit dem 16. Jahrhundert künden. Zur Herrschaftszeit pomeranischer Herzöge wurde im benachbarten Herzogtum Gnesen nur gotisch-germanischer Dialekt gesprochen. Zu Beginn des zwölften Jahrhunderts wurde noch kein einziges polnisches Wort im Weichsel-Wartheland gesprochen.

Bischof gæta, soll angeblich der polnischen Sprache mächtig gewesen sein, doch als dieser 1088 am Hof der Daglinger erschien, sprach dort noch kein einziger Mensch eine "polnische" Sprache. Herzog Ladislaus Hermann heiratete Judith, die Schwester des Kaisers Heinrich IV. und brauchte ebenfalls keinen Dolmetscher für seine Ehe! Für die Pomeranen soll Otto von Bamberg hingegen einen Dolmetscher gebraucht haben, was in Vorpommern einen völlig anderen Grund hatte: Der skandinavische Einfluss auf die Ranen an der Südküste der Ostsee. Für das wenige Latein, was Ostheruler und Ostvandalen von der Grenze zum Byzantinischen Reich mitbrachten brauchte er sicher keinen Dolmetscher.

Seit dem zwölften Jahrhundert wurde zwar die Glagolza-Liturgie als Kirchensprache im zunehmend missionierten Pommern verwendet. Doch erst seit dem 15. Jahrhundert wurde in Pommerellen die von deutschen Gelehrten aus der Galgoliza-Liturgie entwickelte polnische Sprache als neue Amtssprache verwendet. Trotzdem haben bis in die neueste Zeit nördliche Mundarten - und das ist für die späte Entwicklung der polnischen Sprache bezeichnend - solche Eigentümlichkeiten sich erhalten, die das Pomoranische immer vom Polnischen unterscheiden. Auch die Kaschuben sind keine "Slawen", ihr Name Cassubia weist auf eine frühere suebische Verbindung hin.

Während sich die Prußen östlich und die Pomeranen westlich der Weichsel sich niederließen und damit den Strom zu soetwas, wie eine frühe Völkerscheide machten, wurde die Einheit des Raumes weiter durch die Wikinger gewahrt. Nach den Daglingern sind es hauptsächlich Dänen aus dem nun frühchristlichen Königreich gewesen. Das Hinterland gehörte weiterhin den Daglingern in Gnesen, die wie die Waräger am Dnjepr ihre Reichsgebiete erweiterten.


Ohra bei Danzig (1910)

In Elbing unterhielten die Wikinger einen weit bekannten Markt; in Ohra bei Danzig hatten sie noch einen Anlegeplatz für ihre schnellen Boote, mit denen sie vom Rande der Danziger Höhe über das damals bis dahin reichende Frische Haff nach der Pregelmündung und dem Samland fuhren, aber auch die Weichsel aufwärts das Innere des Landes bereisten. Sie vermittelten die Waren und Münzen des Orients gegen die Schätze des Nordens; ihre Verbindungen reichten, wie einst die der Goten, von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und zum Mittelmeer. An der Küste der Danziger Bucht, zu beiden Seiten der Weichsel und mehrfach in Pommerellen ist ihre frühere Anwesenheit durch Bodenfunde bezeugt.

Die Wikinger waren die Wegbereiter der Deutschen. Schon im zehnten Jahrhundert dehnten die deutschen Kaufleute ihre Handelsbeziehungen von der unteren Elbe bis zur Weichsel aus, dazu kam erleichternd das kontrollierte Land des expandierenden Herzogtum Gnesen. Den gleichen Weg beschritten deutsche Missionare. Der Bischof Adalbert von Prag, der im Jahre 997 als erster das Christentum im Danziger Lande verkündete und bald darauf bei seiner Predigt im Samland von den Prußen erschlagen worden ist, war in der Domschule zu Magdeburg erzogen und ein Vertrauter des deutschen Kaisers Otto III. Seinen Spuren folgte der Graf Bruno von Querfurt, der anscheinend im südlichen Masuren seinen Opfertod fand.

Der Waffenstreit zwischen dem Deutschen Reich und dem damals erst neu erstehenden Reich der Daglinger um die Herrschaft an der Warthe, Oder und Havel hemmte zwar zunächst die Auswanderung der Deutschen nach dem Osten. Die Herzöge von Gnesen suchten, die Odermündung gewaltsam in ihre Hand zu bringen; sie hatten aber nur vorübergehenden Erfolg. Denn ihre Angriffe wurden von den Pomeranen an der unteren Warthe und an der Netze abgewehrt. Auch gegenüber den Pomeranen an der Weichsel und den Prußen konnten sie nichts ausrichten. Erst als die römische Kurie die christlich gewordenen Gebiete von Pommerellen mit dem Bistum Leslau und dem Erzbistum Gnesen verbunden hatte, gelang es der Geistlichkeit in Gnesen, die pomeranische Bevölkerung zeitweise zu beeinflussen. Staat und Kirche suchten somit, für die Daglinger den Zugang zur Ostsee zu erzwingen; er wurde nicht durch die friedliche, aufbauende Arbeit bäuerlicher Siedler gewonnen. Diese im zwölften und dreizehnten Jahrhundert fortgesetzten Bemühungen scheiterten jedoch völlig, als die deutsche Auswanderung nach dem Nordosten in größerer Zahl einsetzte. Es geschah seit dem Ende des zwölften Jahrhunderts.



Die Besiedlung des deutschen Ostens

Der deutsche Bauer, dem das Mutterland zu eng geworden war, erstrebte neuen Acker, der deutsche Bürger Gelegenheit zu gewerblicher oder kaufmännischer Tätigkeit. Das menschenarme Weichselland wurde von zwei Seiten aus der deutschen Besiedlung erschlossen. Über See und an der Küste von Pommern entlang kamen die Niederdeutschen, von der mittleren Oder und Warthe die Mitteldeutschen. Beide Gruppen von Einwanderern entstammten zum größten Teil den benachbarten, bereits von Deutschen besiedelten Ländern; doch wurden sie auch durch unmittelbaren Zuzug aus Altdeutschland westlich der Elbe verstärkt. So trat das Weichselland in enge, blutsmäßige Verbindung mit den niederdeutschen Gebieten von Pommern, Mecklenburg, Brandenburg, Holstein, Hannover, Westfalen und dem Rheinland und mit den mitteldeutschen Bezirken von Schlesien, der Mark Meißen und Thüringen.


Kulm im Kulmerland an der Weichsel - Von 1065 ist die älteste schriftliche Erwähnung dieser Siedlung als Culmen überliefert. Heute wird behauptet, dass sich der Name von "chelm", einem alten polnischen Wort für Hügel ableiten würde. 1065 existierte noch keine "polnische" Sprache, an der Weichsel siedelten nur germanischsprachige Clans. Doch die untere Weichsel wurde bereits von den Daglingern kontrolliert, weswegen der Name auch altnordisch deutbar ist. Von "kūla" für Bodenerhebung und *mēnō für Mond hergeleitet, muss Culmen mit Mondberg übersetzt werden, was auf ein frühes Heiligtum örtlicher Clans weisen könnte

Während in den Seestädten und an der Küste des Frischen Haffs der Anteil der Niederdeutschen überwog, erhielten das Kulmerland und das Ermland vorwiegend mitteldeutsches Gepräge. Diese Unterschiede haben sich im Laufe der Jahrhunderte mehr und mehr ausgeglichen, so dass schon im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert eine gemeindeutsche Mundart sich entwickelte, die als Schriftsprache von der Kanzlei des Deutschen Ordens übernommen wurde. Diese verschiedene stammesmäßige Herkunft hat der deutschen Bevölkerung des Weichselraumes seit jeher eine ungewöhnliche Aufgeschlossenheit verliehen, die vor 1945 den Westpreußen an der Weichsel von dem Ostpreußen am Pregel und von dem Pommern an der Oder deutlich unterscheidet hatte.

[...]

Das Kulmerland wird deutsch

Die Landesherren haben die Einwanderung der Deutschen tatkräftig unterstützt, nicht nur der Deutsche Orden, der seit 1226 um die Errichtung eines machtvollen Staatswesens auf dem östlichen Ufer der Weichsel bemüht war, sondern auch die Fürsten von Danzig und Herzöge von Pommerellen, die im zwölften und dreizehnten Jahrhundert das Land westlich der unteren Weichsel beherrschten.


Die Ruine der Ordensburg Schwetz (1939), die 1338 bis 1348 vom Deutschen Ritterorden errichtet wurde. Die Gründung von Schwetz und alle seine Namensformen geht auf schwedische Kolonisten, vermutlich einem Wikinger-Clan zurück, die am Anfang des 10. Jahrhunderts sich an der Weichsel niederließen, just zur gleichen Zeit, als die skandinavischen Daglinger und Dago Miseko in Gnesen ihr eigenes Reich begründeten. Dessen ungeachtet wird heute auf der englischen Wikipediaseite für Schwetz behauptet der Name leitet sich von einem polnischen Wort "świecić" für Glanz ab. Doch im 10. Jahrhundert existierte weder ein polnisches Volk, noch eine polnische Sprache.

Trotzdem haben sie auf die Zusammensetzung der Bevölkerung im einzelnen keinen Einfluss ausgeübt sondern diese den örtlichen Verhältnissen oder den Beziehungen überlassen, die zwischen den neuen Ansiedlern und ihren Sippengenossen und Stammesverwandten in der Heimat ohnehin bestanden. Die ritterlichen Kreuzfahrer, die dem Orden in seinen Kämpfen gegen die Prußen zu Hilfe zogen, brachten auf den ausgedehnten Grundherrschaften, die ihnen der Orden als Dank übergab, Angehörige ihrer väterlichen Besitzungen unter. So dürften gleich den ersten Rittern, die dem Orden sich anschlossen, auch die von ihnen angesetzten Bauern im Kulmerlande und in den Gegenden um Marienwerder und Elbing den Gebieten an der Elbe um Magdeburg, an der Saale um Halle, um Hannover und Lübeck sowie aus Obersachsen und Schlesien entstammt sein.


Stadt und Burg Mewe an der Weichsel, seit 1282 beim Deutschen Ritterorden, 1297 mit Kulmischem Stadtrecht begabt. Ihren heutigen Namen Gniew will man aus dem "Slawischen" herleiten, was Erhebung bedeuten soll. Tatsächlich stammt der Name aus der Zeit der Inbesitznahme des Kulmerlandes durch die Daglinger und leitet sich vom Altnordischen "gnæfa" für emporragend her. Über Gymeu und Gemewe bildete sich der deutsche Name Mewe heraus.

Als nach der endgültigen Niederwerfung der prußischen Aufstände am Ende des 13. Jahrhunderts die deutsche Bauernansiedlung planmäßig durchgeführt wurde, nahm die Zahl der Deutschen in Kürze erheblich zu. Doch hat der Deutsche Orden auch prußische Bauern und Grundherren vielfach angesetzt. In der Erkenntnis, dass der deutschen Kultur die Zukunft gehörte, haben diese nicht nur das deutsche Recht und deutsche Wirtschaftsweise bald übernommen, sondern auch der deutschen Sprache sich angeglichen und blutmäßige Verbindungen mit den deutschen Einwanderern erstrebt. Diese wurden ihnen jedoch durch das völkische Bewusstsein der Deutschen jener Zeit erschwert, so dass erst viel später im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert die Reste der prußischen Bevölkerung entweder ausgestorben oder in der deutschen Volksgruppe aufgegangen sind.


Thorn in Westpreußen im Jahr 1945 - Deutsche Soldaten gehen in die russische Gefangenschaft. Unmittelbar danach begann die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Stadt. Ihren Namen erhielt die Stadt vom Deutschen Orden, der seine neue Festung zuerst nach Toron benannte, eine Ordensburg in Palästina!

Der Orden hat auch den Besitz der Daglinger im Kulmerland anerkannt; doch hatte dort die deutsche Siedlung bereits nach einem Jahrhundert eine so starke Ausdehnung erfahren, dass im Jahre 1332 im Kulmerlande zum größten Teil deutsch gesprochen wurde.

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Und so blühte Westpreußen unter den Deutschen auf

Das rasche Anwachsen der deutschen Bevölkerung, die sich bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts auch in Pommerellen durchgesetzt hatte, ist nicht, wie gelegentlich von deutschfeindlicher Seite behauptet wurde, auf die angebliche Ausrottung der einheimischen Bevölkerung durch die Ordensritter zurückzuführen, sondern dadurch zu erklären, dass einmal die Prußen und germanischen Pomeranen selbst kulturell und sprachlich zu Deutschen wurden, dann aber auch die deutschen Einwanderer durch die Rodung der Waldungen und die Trockenlegung der Sümpfe einen gewaltigen Siedlungsraum sich neu erschlossen und dicht bevölkerten.


die spätere preußische Provinz Westpreußen

Es überstieg daher nicht nur ihre Zahl bald die Anzahl der Fremden, sondern auch ihre kulturelle Leistung wog so beträchtlich vor, dass die Nichtdeutschen nach kurzer Frist aus dem Erscheinungsbild des Landes verschwanden. Denn die deutsche Siedlung setzte nicht plötzlich ein und hörte ruckartig wieder auf, sondern sie dauerte ununterbrochen durch die Jahrhunderte fort; nur wurde sie je länger je mehr durch Binnenwanderung im Weichsellande selbst vorwärts getrieben. Von der Weichsel breiteten sich die deutschen Siedlungszellen und Volksräume in gleicher Weise nach dem Westen wie nach dem Osten aus, bis dort der Anschluss an den deutschen Volksboden in Pommern und in der Neumarkt und hier die große Wildnis an der Grenze von Litauen erreicht wurde, die schließlich seit dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts aus Mangel an Siedlern nicht mehr bezwungen werden konnte.

Recht gut ist die Herkunft der deutschen Einwanderung in die Städte des Weichsellandes zu übersehen. Denn da die Städte Namen, Beruf und Herkunft ihrer neuen Bürger fortlaufend zu verzeichnen pflegten und diese Bürgerbücher noch mehrfach erhalten sind, kann der Anteil der einzelnen deutschen Landschaften an der Zusammensetzung der städtischen Bevölkerungsgruppen genau errechnet werden.

In Elbing, das über die ältesten bevölkerungsgeschichtlichen Quellen verfügte, stammten von den Bürgern, die bis 1353 nachweisbar sind, 29 von Hundert aus dem Ordenslande, 21 v .H. aus den Gebieten zwischen der Oder und der Elbe, wobei Pommern, Mecklenburg und Holstein mehr Einwanderer stellten als Schlesien, Obersachsen und Brandenburg, und 36 v.H. aus dem Mutterlande zwischen Elbe und Rhein, wobei die Westfalen den Vorrang hatten; die Herkunft der übrigen Bürger ist unbestimmbar. Da in Elbing wie in allen anderen Städten des Weichsellandes nur Deutsche das Bürgerrecht erhielten, erweist die Herkunft von Elbinger Bürgern aus Dörfern und Flecken im Ordensstaate, dass auch diese bereits eine starke, wenn nicht ausschließlich deutsche Bevölkerung hatten.


Schlochau in Westpreußen (1930) - Die Stadt entstand aus einer pomeranischen Siedlung, 1312 erwarb der Deutsche Orden Schlochau. Der Name stammt sicher aus dem Germanischen, wobei *sluk für Schlange noch auf einen heidnischen Kultnamen weist.

Auch in Thorn stammte am Ende des vierzehnten Jahrhunderts die Mehrzahl der Neubürger mit 43 v.H. aus dem Ordenslande; die übrigen waren vorwiegend in Schlesien und Obersachsen beheimatet, also mitteldeutscher Herkunft. Angehörige des erst entstehenden polnischen Volkstums waren trotz der nahen Grenze ohne Bedeutung, sie stammten von ostvandalischen Clans ab, die unter den Daglingern überwiegend schwertmissioniert wurden. Nachfolgend wurde den unterworfenen Heiden die Glagoliza-Liturgie aufgezwungen und daraus so etwas wie eine neue Sprache, die erst deutsche Gelehrte in Krakau entwickelten.

Die Rechtstadt Danzig, der Hauptsitz des Handels und Gewerbes, hatte um 1380 10.000 und zusammen mit der Altstadt und der Jungstadt um 1420 etwa 20.000 Einwohner; von ihnen kann höchstens 1 von Hundert einem nichtdeutschen Volkstum zugeschrieben werden, "Slawen" sind es jedenfalls nicht gewesen. Es entsprach der Bedeutung Danzigs als Fernhandelsplatz, dass dort die Einwanderung aus dem Mutterlande verhältnismäßig stark war; sie machte wie die Einwanderung aus dem Ordenslande und aus dem Gebiet zwischen Oder und Elbe ein Drittel der gesamten Einwanderung aus.


Tuchel 1942 - Bereits 980 gilt die Gegend als besiedelt, das war jene Zeit, wo von Gnesen aus die Daglinger begannen ihr Reich unter Dago Miseko zu erobern. Die Ortschaft selbst entstand erst im Zeitraum zwischen 1287 und 1207 unter dem pomeranischen Herzog Sambor I. Der erstbenannte Name Thuchol könnte sich vom germanischen *þurba für Dorf herleiten

In den Jahren 1364 bis 1399 kamen aus Westfalen 12 v.H., aus Hannover 8 v.H., vom Niederrhein und aus den Niederlanden 6 v.H. der Neubürger, weitere 12 von Hundert aus Holstein, Mecklenburg und Pommern, so dass allein 38 von Hundert der Bürger, die außerhalb des Weichsellandes gebürtig waren, niederdeutscher Art gewesen sind. Ihr Einfluss wurde verstärkt durch die ansässige Danziger Bürgerschaft, die gleichfalls überwiegend niederdeutsch war und durch die Zuzöglinge aus dem Ordensstaate, der, wie gesagt, in seinen nördlichen Gebieten von Niederdeutschen besiedelt war. Der schlesische Einschlag machte in Danzig nur 4 v.H. aus. Von den Einwanderern aus dem Ordensstaate stammte je ein Drittel aus der Weichselniederung, aus Pommerellen und aus den Ländern östlich der Weichsel. Der Zuzug aus dem Werder erfolgte aus 51, aus Pommerellen aus 74 und aus den übrigen Gebieten aus 77 Ortschaften. Die große Zahl der pommerellischen Dörfer, aus denen Neubürger in Danzig aufgenommen wurden, bezeugt nicht nur für die nähere Umgebung der Stadt sondern auch für die südlichen Gebiete der Tucheler Heide zwischen Schwetz, Tuchel und Schlochau die weitgehende Eindeutschung des Landes. Kulm wurde 1233 vom Deutschen Orden zur Stadt erhoben und war längere Zeit Landeshauptstadt des Ordenslandes. Die Kulmische Handfeste ist als deutsches Stadtrecht im Osten weit verbreitet.

Diese gewaltige Kulturarbeit wurde in ihren Grundfesten erschüttert durch die Kriege, die der Deutsche Orden nach 1409 viele Jahrzehnte hindurch gegen das zunehmend Polen genannte Nachfolgereich der Daglinger führen musste.

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Die Kriege des Deutschen Ordensstaates

Das aus dem Wikingerreich der Daglinger entstehende Reich schloss sich 1386 mit dem litauischen Staat unter der gleichen Herrschaft zusammen. Dazu gibt es deutliche Hinweise, dass auch Litauen von skandinavischen Wikinger-Clans, im Baltikum führende Herrscherkasten begründeten. Das Ziel dieses neuen Reiches war die Eroberung des Weichsellandes, was einst den Daglingern gehörte, die Vertreibung des Deutschen Ordens und der eingewanderten deutschen Bevölkerung. Die Folgen dieser Kriege waren verheerend. Zahlreiche Dörfer und Güter, auch manche Städte wurden eingeäschert, die Äcker lagen wüst, Häuser und Höfe standen leer.

Gerade die deutschen Siedlungen waren von diesen Zerstörungen am härtesten betroffen worden, denn in ihnen hatten die feindlichen Horden am meisten zu rauben, sengen und morden können. Zwar bemühte sich der Orden sogleich noch am Ende seiner Herrschaft, die eingerissenen Lücken wieder auszufüllen; aber es fehlten damals Siedler. Der Zuzug aus Altdeutschland hatte sich gemindert, und die Binnenwanderung wandte sich vorwiegend den Städten zu, die, wie die Kriegserfahrungen gelehrt hatten, noch am ehesten Schutz und Arbeitsgelegenheit boten. Die Folge war, dass die Verluste der deutschen Bevölkerungsgruppen nicht völlig ergänzt werden konnten und somit die restliche pomeranische Bevölkerung wieder stärker hervortrat. An sich ist das wegen ihrer germanischen Herkunft kein Problem, doch es zeigten sich zunehmend die verhängnisvollen Auswirkungen der Glagoliza-Missionierungen und der deutschfeindlichen Politik im benachbarten Daglingerreich, was mit Hilfe des Vatikans sich nicht mehr als vom Heiligen Römischen Reich der Deutschen abhängiges Reich sehen wollte. Man verwendete jetzt zu nehmend den neuen Landesnamen Polonia, obwohl dieser germanische Name nur Sumpfland bedeutet. An sich ist das eine lustige Anekdote, wenn die nachfolgenden Herrscher in Krakau nicht mit Gewalt und Zwang über ihre Kirchenorganisation eine neue Glagoliza-Sprache einführten, bei gleichzeitigen Verbot der deutschen Sprache innerhalb ihres Herrschaftsgebietes.

Der Regierung in diesem nun Polen genannten Reich, war es in diesem Krieg gelungen, das Weichselland und Polen seit 1454 durch Personalunion mit der Krone zu verbinden und seit 1569 den größten Teil des Landes dem polnischen Reich gewaltsam anzugliedern. Auf den umfangreichen Besitzungen, die einst der Orden erworben und besiedelt hatte und die nun königliches Eigentum geworden waren, wurden nun zahlreiche missionierte Menschen aus dem Erzbistum Gnesen ansässig gemacht, die kaum noch ihre gotisch-germanische Muttersprache beherrschten. Mit einher ging eine kulturelle Verwahrlosung unter diesen Neusiedlern, die kaum mit Deutschen Kontakt hatten. Man sprach in diesem Sinne von einer "Verpolung", was sogar Teile des Landadels erfasste. Nach der Reformation zog die katholische Kirche in Westpreußen ein und unterstützte die Landnahme herrenlosen Landes durch neue Siedler, die nur die Lingua Glagoliza sprachen.


Stuhm in Westpreußen - 1236 eroberte der Deutsche Orden die Burg der Pruzzen.

Jetzt entstanden zum ersten Mal fremdsprachige Siedlungen im Gebiet von Stuhm und im südlichen Pommerellen. Auch wurde diese polnische Bevölkerung im Kulmerland verstärkt. Der bald darauf einsetzende Streit zwischen Luthertum und Gegenreformation verband sich mit den völkischen Gegensätzen. Der Volkstumskampf entflammte auf breiter Front und mit heftiger Leidenschaft.

Trotz der Unduldsamkeit der Regierung in Krakau, der Bischöfe und des Adels fand jedoch das Deutschtum nicht seinen Untergang. Es erlitt zwar Einbußen; es behauptete aber seine Geltung in den Städten und in weiten Bezirken des Landes. Die Städte haben mit geringen Ausnahmen während der drei Jahrhunderte der polnischen Herrschaft ihr Deutschtum bewahrt.


Konitz in Westpreußen - Die Stadt wurde 1205 von Pomeranen unter Herzog Sambor gegründet, 1308/09 vom Deutschen Orden erobert. Der Name leitet sich vom germanischen *kuni und *nista ab und lässt sich mit Fürstenlager übersetzen. In der Stadt Konitz waren von 1550 bis 1772 von 2.000 Bürgern höchstens 25 polnischer Abstammung.

Die deutsche Gerichtssprache hielt sich in einigen kleinen Städten des Kulmerlandes bis zur zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts, in Kulm bis zum Jahre 1600, in Strasburg blieben die Innungen rein deutsch, in Neidenburg, Graudenz bestand schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts als deutsche Siedlung und erhielt 1291 Stadtrecht. Preußisch-Stargard, Dirschau, Graudenz, Konitz, Schöneck, Putzig und in anderen Orten bestand, wie die Sprache der Rats- und Gerichtsbücher und die von diesen Städten ausgegangenen Schreiben bezeugen, die deutsche Verwaltung bis zum Ende der polnischen Zeit.

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