Die Herkunft der Heruler und die West-Heruler

Noch im letztem Jahrhundert war man überzeugt, dass die Herkunft der Heruler nur eine skandinavische sein kann, doch mittlerweile ist man der Ansicht, dass die Stammesformierung erst auf dem Festland begann. Weil herulische Verbände durch ganz Osteuropa durchzogen, wäre die eigentliche Stammesbildung erst nördlich des Asowschen Meeres abgeschlossen gewesen. Doch mit einem solchen Fazit will man offensichtlich nur die Spuren ihrer Herkunft aus Norddeutschland verwischen, denn in ihrer Spätzeit kamen zu den zurückgebliebenen Herulern noch aus Ost- und Südosteuropa zurückkehrende Herulerverbände hinzu, die man zur Unterscheidung nach ihrem namensgebenden Fluss Obitochna "Obitritos" nannte und im germanischen Sprachraum zu Obotriten und Abotriten wurden. Unter diesen Namen will man heute jedoch nur einen "westslawischen" Stamm verstehen, obwohl sich noch Heinrich von Alt-Lübeck und seine Gemahlin Slavina als Herrscher der "Heruli" bezeichneten. Wer jetzt glaubt, dass diese Slavina einen offensichtlich "slawischen" Name hätte, darf beruhigte sein, denn er setzt sich altnordisch aus "sla" für schlagen oder töten und "vina" für Freundin zusammen. Sie war eine Tochter des pomeranischen Herzogs oder Jarls Svantibor, womit sie einem ranischen Wikinger-Clan entstammte.


Zwei typische herulische Krieger

Die Rückkehr herulischer Verbände in ihre Heimat, beweist zugleich, wo sich ihre ursprünglichen Sitze befanden. Natürlich kannten sie die Dänen und sind bei ihnen als grausames Seevolk überliefert, dass sie nicht überwinden konnten. Und solange die Heruler noch zusammen blieben, änderte sich daran nichts. Wie groß das alte Heruler-Stammesgebiet südlich der Ostsee war ist unbekannt, es lässt sich jedoch im Groben nachzeichnen, wenn wir uns mit dem Reich des Herulerherrschers Kruto (Crito) befassen, den man heute eine wagrische Herkunft aus Ostholstein nachsagt. Einer seiner Sitze war zudem die Burg Buko bei Alt-Lübeck, die nicht weit entfernt von Starigard lag. Kruto hatte zudem zwei Söhne, wobei Race mit Ratibor von Rügen identisch sein könnte, der dort noch als Ratze bezeichnet wurde. Es ist also durchaus möglich, dass sich das einstige Herulerreich im 2. Jahrhundert zwischen den Küsten Ostholsteins und Vorpommerns befand und sich dahinter in unterschiedlicher Entfernung auf das Hinterland ausdehnte. Als berüchtigte Seefahrer lagen jedoch ihre Prioritäten nur an der Küste, wo sie Häfen und Handelsorte gründeten.

Zur Völkerwanderungszeit stand das Heruler-Reich sicher in Kontakt mit den Goten in Hinterpommern, denn als diese nach Südosteuropa abwanderten, schlossen sich ihnen auch Heruler-Clans an, die sich erst wieder bemerkbar machten, als sie Mitte des 3. Jahrhunderts die Nordküste des Asowschen Meeres erreichten. Dort ließen sie sich nieder und begannen Schiffe zu bauen, mit denen sie mit den Goten zusammen das Schwarze Meer befuhren und byzantische Küstenstädte überfielen.

Bevor wir uns mit den Ost-Herulern auseinandersetzen, befassen wir uns mit einem weiteren herulischen Wanderverband, der ebenfalls im 3. Jahrhundert das herulische Ostseereich Richtung Südwesten verließ und um 286 den Niederrhein erreichte. Mit den aus dem südöstlichen Holstein stammenden Chaibonen zusammen erleiden sie eine empfindliche Niederlage gegen den römischen Kaiser Maximian. Es wird nachfolgend eine Hilfstruppe unterworfener Heruler als leichte Infanterie aufgestellt. Diese Einheit (Auxilium der Heruler) findet im 4. Jahrhundert mehrfach Erwähnung. Die Einheit kämpft 366 gegen die Pikten und wird im selben Jahr für einen Feldzug gegen die Perser neu aufgestellt.

Anfang 366 nahm die herulische Einheit unter Charietto an dem unglücklichen Kampf gegen die Alamannen teil und zwei Jahre später (368) siegreich mit den Batavern zusammen unter Lupicinus gegen Pikten, Skoten und Attakotten bei Londinium (London).

Die West-Heruler haben mehrfach Raubzüge in das römische Gebiet unternommen. 409 könnten sie gemeinsam mit andern Stämmen an einem Raubzug durch Gallicien beteiligt gewesen sein, es ist zugleich jenes Jahr in dem sich die Sueben unter ihrem Oberhaupt Hermerich im Nordwesten Iberiens festsetzten. 456 plündern 400 Heruler von See aus die Küste von Galläcien (Galicien) und drangen sogar bis Baetica vor, anschließend wurden die Seeplätze im Gebiete der Kantabrer und Varduler überfallen.


Das Stammesgebiet der Heruler an der südwestlichen Ostsee

Später scheint die wachsende Macht des Frankenreiches dem ziemlich unbedeutenden Zweig der West-Heruler gefährlich geworden zu sein. Darauf deutet ein Hilferuf Richtung Westgotenkönigs Eurich (466–484) hin, dem sich auch Warnen und Thüringer anschlossen. Unter fränkischen Druck siedelten sich West-Heruler schließlich im Gebiet der Mark-Brandenburg an. Theoderich, der König der Ostgoten, hat ihnen Anfang des 6. Jahrhunderts einen Brief geschrieben, indem er sie zusammen mit den Warnen, Thüringern um Unterstützung bei der Erhaltung des Friedens bittet. In dieser Zeit haben sich die Spannungen zwischen Westgoten und Franken verstärkt. Dass dieser Brief an die West-Ηeruler, nicht aber an die Ost-Heruler gerichtet war, ergibt sich daraus, dass hier einmal auf die Unterstützung der Heruler durch den Westgotenkönig Eurich und ferner auf die ihnen von den Franken drohende Gefahr hingewiesen wird. Die Allianz hat vermutlich das Ende der West-Heruler beschleunigt, denn anschließend sind sie unter ihrem Stammesnamen aus den Annalen verschwunden.

Wenn wir uns jedoch die herulische Abwanderung in die Mark Brandenburg betrachten, lassen sich durchaus auch Bezüge zu fehlgedeuteten "westslawischen" Stämmen herstellen, die lange Zeit an Elbe und Havel ostfränkischen Druck widerstanden. Neben dort herrschenden suebischen Clans könnten also auch westherulische Clans im ostelbischen Raum eine neue Heimat gefunden haben. Das ostelbische Aufstandsgebiet wäre damit flächendeckend von Herulern durchsetzt gewesen, die sicher auch die tragende Kraft waren. Dass Heruler in Brandenburg gesiedelt hätten geht auf eine Glosse bei Adam von Bremen als Heveldi vel Heruli zurück, der die Helvedi mit den Heruli gleichsetzte oder als Nachbarn betrachtete. Weil das der verlogenen "Slawen"-Theorie in Brandenburg widerspricht, wird eine westherulische Präsenz heute als widerlegt betrachtet. Dazu bracuht man sich jedoch nur mit dem Namen des Hevellerfürsten Tugumir zu befassen, der einen klar germanischen Namen trägt. Er setzt sich aus dem germanischen *tugō für Fürst und Ymir als Weltherrscherbegriff zusammen, was diesen Namen auch als Titel offenbaren könnte.

Völlig ungeklärt ist auch die Deutung des Namens Heruli. Der Name des Heruli wird manchmal als Heruls, Herules, Herulians oder Eruli geschrieben. In den frühesten Erwähnungen von ihnen in Aufzeichnungen des 4. Jahrhunderts werden sie stattdessen Eluri genannt, was zu einigen Zweifeln darüber führt, ob es sich um dieselben Leute handelte. Der Name Heruli wurde oft ohne "h" in Griechisch (, "Erouloi") und Latein (Eruli) geschrieben und wird manchmal als germanisch angesehen und wäre mit dem englischen Wort earl (siehe erilaz) verwandt, was darauf hindeutet, dass es sich um einen ehrenhaften militärischen Titel handelte. Es wird sogar spekuliert, dass die Heruli keine normale Stammesgruppe waren, sondern eine Bruderschaft mobiler Krieger, obwohl es keinen Konsens für diesen alten Vorschlag gibt, der nur auf dem Namen (Etymologie) und dem Ruf der Heruler als Krieger basiert. Zwei Vorschläge drängen sich auf. Die südliche Ostseeherkunft lässt nur eine germanisch-altnordische Deutung des Namens zu, wo sich der älteste Name "Eluri" als "Heluri" mit Hel und Helheim verbinden lässt. Das verbindet sie weiter auch mit den Helvecones oder Helisi, die ebenfalls ehemaligen Kriegerkasten der Asenzeit entstammen.


Uller, der Gott des Winters und Bogenkampfes - Nach ihm könnten sich die Heruler benannt haben.

Die überwiegende Namenspräsenz von Heruli oder Eruli und all ihrer Varianten, ermöglicht jedoch noch eine andere germanisch-altnordische Deutung, wo sich der Name aus altnordisch "herja" für Krieger oder Plünderer und dem Gott Uller zusammensetzt, der unter anderem als Gottheit des Winters und des Zweikampfes gilt. Sein mythischer Hintergrund: Er gehörte bei den Asen, dem jüngeren Göttergeschlecht an und wohnt der Sage nach in seiner selbst gebauten Halle Ydalir (Eibental) in Asgard. Heute vermutet man, dass der mit einem Bogen bewaffnete Uller ein sehr alter Gott gewesen wäre, was seine Beziehungen zur Magie unterstreicht. In manchen Gebieten wurde Uller als Hauptgott verehrt. In späterer Zeit taucht Uller in der Edda als der Sohn der Sif und Stiefsohn des Thor auf.

Primärquelle: Wikipedia
https://de.wikisource.org/wiki/RE:Heruli
https://www.kaack.org/familienzweige/die...elkerwanderung/
https://www.myheritage.de/names/slavina_auf%20r%C3%BCgen

Die Ost-Heruler am Schwarzen Meer

Der zweite Zweig der Heruler waren die Ost-Heruler, die vor 267 an das Schwarze Meer gelangten. Sie sollen mit den Goten zusammen im 3. Jahrhunderts mit ihrer Wanderung begonnen haben und setzten sich erst fest, als sie die Sumpflandschaft der Maiotis erreicht hatten, die im Grunde ihrer ebenfalls sumpfigen Heimat in Mecklenburg ähnelte. Obwohl die Entfernung recht groß ist dürfte die Verbindung in ihrer alte Heimat niemals abgerissen haben, denn immer, wenn ihre Lage durch mächtige Feinde bedrohlich wurde, fanden sich Formationen, die an die Ostsee zurückkehrten. Zunächst bedrohte die Ost-Heruler niemand, weshalb sie ungestört selbst zur Bedrohung ihrer Nachbarn wurden. Obwohl man sich das heute in der Schwarzmeersteppe kaum noch vorstellen kann, müssen doch noch Wälder existiert haben, mit dessen Holzressourcen man ein Flotte von 500 Schiffen baute und nach ihrer Fertigstellung auf das Schwarze Meer hinausfuhr, um reiche römische Städte zu überfallen.

Der große Seezug der Heruler fand im Jahre 267 statt, der an Gefährlichkeit fast alle vorangegangenen Barbarenüberfälle übertraf. Obwohl sich Goten daran beteiligten, ging dieser Seezug vornehmlich von den Ostherulern aus, die zu dieser Zeit zum ersten mal in den Gesichtskreis der Römer eintraten. Auf dem Weg an die Donaumündung stießen sie auf erbitterten Widerstand und segelten deshalb weiter, um leichtere Ziele zu finden. Das gelang auch, denn die Heruler-Flotte konnte im Handstreich Chrysopolis und Byzanz erobern. Tatsächlich war das nicht der Auftakt, den Byzanz wurde schon 258 von den Goten überfallen und im östlichen Schwarzen Meer, wurden Küstenstädte seit 255 geplündert. Die erste Stadt war Pizunda (Pityus), die 254 von bis dahin unbekannten Boranern zunächst erfolglos angegriffen wurde, aber nur ein Jahr später mit den Goten zurückkehrten und die Stadt ausraubten. Heute will man die Boraner als Sarmaten deuten, doch diese sind in der Geschichte nie als Seefahrervolk in Erscheinung getreten. Viel eher muss man den Namen dieses Volkes altnordisch deuten, wo die Boranen von "būa-rān" oder germanisch "bu-rahna" herzuleiten sind, die beide sie als Räuber und Plünderer ausweisen. Dieser Name ist auch an der Ostsee bekannt und etablierte sich später zur Wikingerzeit für mehrere Wikingerfraktionen zwischen Rügen und Hinterpommern.

Für Herulerzeit vor ihrer Teilabwanderung bedeutet das einerseits, dass der Name von den Zurückgebliebenen als Ranen, Pomeranen, Ukranen oder auch Stodoranen an der Ostsee und im Hinterland weiterverwendet wurde und die Boranen der wohl bekannteste Beiname der Heruler war. Diese wesentlich ältere ranische Namensvariante könnte sogar noch von „Borr-rān“ abstammen, was sie als „Söhne der Meeresgöttin Rán“ beschreibt, wobei die Borr-Söhne mit Börr, dem nordischen Wesen der Weltschöpfung verbunden sind. Dieses Wesen brachte auch Odin, den Schöpfer der Menschheit hervor, womit sich die Boranen auch als Ahnenkontingent der Asen deuten lassen. Dieses Kontingent kann wegen des kriegerischen Wesens der Heruler nur eine Kriegerkaste gewesen sein, die lange Zeit zum Gefolge Ullers gehörte. Dieser wird zwar als Stiefsohn von Thor bezeichnet, womit er auch selbst für Thor stehen kann.


Die Reste von Heracleia Pontica - Auch diese Stadt wurde einst von Herulern und Goten überfallen und ausgeplündert.

Im gleichen Jahr 267 wurde auch Phasis (Poti) angegriffen, doch als man dort keinen Erfolg hatte, segelte man nach Trapezunt weiter, was ebenfalls eingenommen und geplündert wurde. Bereits nach diesem Seezug verschwand der Name "Boraner" aus den Annalen, denn in Trapezunt hat man die Angreifer gar als "skythischer Seeräuber" bezeichnet, obwohl sie als Reitervolk nur im Sattel ihrer Pferde saßen. Es folgte noch ein Seezug gegen Herakleia Pontike an der anatolischen Küste, dann beruhigte sich auch dort die Lage. Der Grund war, dass die römische Flotte unter Admiral Venerian die Heruler noch 267 stellen und besiegen konnte. Doch der Admiral verlor sein Leben, weshalb die Heruler Kyzikos einnehmen konnten, wo sich ein Teil des Stammes niederließ.


Die Reste von Kyzikos an der kleinasiatischen Küste - Auch diese Stadt wurde von den Herulern erobert, wo sich ein Verband der Heruler sogar niederließ.
Izabela Miszczak, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-4.0

In den beiden großen Seezügen durchfuhren die Heruler den Hellespont, verwüsteten Lemnos und Skyros und landeten in Attika. Neben der Eroberung von Athen verwüsteten die Heruler viele der Stätten klassischer griechischer Kultur auf dem Peloponnes, eroberten Korinth, Sparta, Argos und ganz Achaia. Auch Olympia wurde eingenommen, was dadurch bestätigt wird, dass die Verzeichnisse des Kultpersonals genau zu diesem Zeitpunkt enden und nicht wieder fortgeführt wurden.

Der Athener Dexippos soll ebenfalls die Heruler mit 2.000 seiner Landsleute angegriffen haben und die seebeherrschende römische Flotte landete Truppen an. Tatsächlich hat sich erwiesen, dass Publius Herennius Dexippus eher an den Kämpfen gegen die Goten an den Thermophylen dabei war, die 253/54 oder 262 stattfanden. Deswegen hat wohl ein anderer Römer die Heruler 267 besiegt, die sich anschließend über Land durch Böotien, Epirus und Makedonien zurückzogen. An der Grenze zwischen Makedonien und Thrakien bei Naissus im heutigen Serbien stellte Kaiser Gallienus einen Teil der Heruler. In dem Kampf sollen 3.000 Heruler gefallen sein. Das damalige Heruler-Oberhaupt Naulobatus (latinisierte Version des Originalnamens) unterwarf sich mit den verbleibenden Kämpfern und trat als Konsul in römische Dienste ein. Er ist zugleich der einzige überlieferte Herulerführer dieser Zeit.

Ein Teil der Heruler konnte jedoch über dem Rhodopengebirge entkommen und sich trotz römischer Verfolgung durch Marcian und dem späteren Kaiser Claudius in die Schwarzmeersteppen zurückziehen. Das war jedoch noch nicht alles von Herulern, denn schon 269 begann die große Invasion in das Römische Reich.

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269: Die gotisch-herulische Invasion

Haben etwa Goten und Heruler bei ihren Raubzügen 268 vom römischen Machtwechsel erfahren? Im Frühjahr 268 siegte noch Kaiser Gallienus über die Heruler am Nestos und im Herbst erlag er schon einem Mordanschlag, seines Nachfolgers Marcus Aurelius Claudius. Noch im gleichen Jahr fielen die Alamannen von Norden nach Italien ein, doch der neue Kaiser Claudius konnte sie im November in der Schlacht am Lacus Benacus, dem heutigen Gardasee, vernichtend schlagen. Ausruhen konnte er sich nicht, in Griechenland war noch immer der Peloponnes von Goten und Herulern besetzt und gleichzeitig drang ein riesiges Gotenheer über die Donau in das Römische Reich ein und verwüstete große Gebiete in Pannonien und Illyrien.


Die Einschiffung von Herulern und Goten am Tyras - Nur Drachenboote sind zu dieser Zeit noch nicht dabei gewesen, diese kamen zur Wikingerzeit erst im 10. Jahrhundert auf

Bei dieser Invasion, die mehr als ein bloßer Raubzug war, wurde die Kopfzahl mit über 300000 Goten angegeben, die innerhalb des Römischen Reiches auf Landsuche waren. Diese Goteninvasion wurde von einem weiteren Seezug der Heruler mit ca. 2000 Schiffen begleitet. Im Frühjahr 269 begann dieser Seezug von der Mündung des Tyras aus, doch die gut informierten Römer hatten unterdessen umfassende Abwehrmaßregeln getroffen. Während das Gotenheer Tomi und Marcianapolis vergeblich angriff und dafür Mösien verheerte, erlitt die Flotte durch einen Sturm am Eingang des Bosporus schwere Verluste. Sie unternahm dann ergebnislose Angriffe auf Byzanz und Kyzikos, sowie ferner nach einem Aufenthalt am Athos, auch auf Kassandreia und Thessalonike, von wo ein Teil der Flotte zu einer Raubfahrt nach dem Süden weiter zog.

Unterdessen rückte Kaiser Claudius, von Aquileia und Sirmium herkommend, auf der im Margustal aufwärts führenden Straße heran. Die herulischen Belagerer von Kassandreia und Thessalonike vereinigten sich nun mit dem gotischen Landheer. Die berittene Vorhut des römischen Heeres, die dalmatinische Reiterei, unternahm unter der Führung des späteren Kaisers Aurelian einen erfolgreichen Überfall auf das vereinte Barbarenheer, danach folgte der entscheidende Angriff des Claudius bei Naissus, dem heutigen Niš in Serbien. Bevor es zum Kampfe kam, sollen schon die Heruler zu Claudius übergelaufen sein. So gelang es ihm noch immer in Unterzahl, auf dem kritischen Höhepunkt der Schlacht mit einem angetäuschten Rückzug in einem vorbereiteten Hinterhalt, einen vollständigen Sieg über die Goten zu erringen. Zwischen 30.000 und 50.000 Goten sollen auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben sein. Dieser Sieg ermöglichte es den Römern, die übrigen auf der Balkanhalbinsel umherstreifenden Goten anzugreifen und zu vernichten. Auf diesen Sieg beziehen sich die Denkmäler in Megara, gleichzeitig wurde Claudius der Beiname Gothicus gegeben.


270 erfolglos von Herulern angegriffen: die Schwarzmeerstadt Anchialos

Die nun nach Süden zurückweichenden barbarischen Scharen wurden energisch verfolgt, und diese Kämpfe zogen sich bis zum Jahre 270 hin. In den Haemus gedrängt, erlagen viele Barbaren Hunger und Seuchen oder dem Schwert der Römer. Ein großer Teil ergab sich und wurde entweder vom römischen Heer übernommen oder als Kolonen in den verödeten Donauprovinzen angesiedelt. Nur wenige versprengte Reste, die übrigens auf dem Rückmarsch nach Claudius’ Tod an der Pest noch einen vergeblichen Angriff auf Anchialos und Nikopolis versuchten, gelangten wieder in die Schwarzmeersteppen zurück.

Von Thessalonike war ein Teil der Flotte nach Süden gezogen, wo sie mit ihrern Kriegern Thessalien, Griechenland, Kreta, Rhodos, Zypern und Pamphylien heimsuchte, ohne aber diesmal feste Städte einnehmen zu können. Die römische Flotte unter Probus vertrieb dann dieses Heruler-Geschwader. Obwohl ein Teil der Schiffe vernichtet wurde, konnte der Rest glücklich in die Heimat entkommen. Mit dem Siege des Claudius wurde den großen Einbrüchen der Barbaren in die Osthälfte des Reiches für lange Zeit ein Ende gesetzt. Nur einmal scheinen die Herule wohl im Verbund mit den Ostgoten, nach dem Tode Aurelians, um 275 noch einen Einfall in das römische Reich unternommen zu haben. Sie landeten am Phasis, überfielen dann in Pontus, Galatien und drangen bis Kilikien vor. Kaiser Tacitus bekämpfte sie im Verein mit seinem Bruder Florian erfolgreich und überließ ihm die Beendigung des Kampfes. Florian ging gleichfalls mit Glück gegen Heruler und Goten vor, bis die Erhebung des Probus ihn zwang, den Kampf aufzugeben, so dass jene im Sommer 276 ungefährdet heimgekehrt sein sollen. Andernfalls könnten sie sich auch in Galatien angesiedelt haben. Danach hört man von Goten und Herulern ca. 80 Jahre (!) nichts mehr aus den Schwarzmeersteppen.

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Vor- und nachchristliche Heruler-Herrscher



Es lässt sich nicht gegenprüfen und trotzdem ist sie interessant: Die herulischen Herrscher aus der Genealogie von Koster-Rodenhuis. Sie beginnt mit einem um 149 vor Christus geborenem König Anthyrius Cullus I. als ersten überlieferten Herrscher der Heruler. Über ihn wird bisher vermutet, dass er schon am Schwarzen Meer geherrscht haben soll, was die bisherige Abwanderung der Heruler im 3. Jahrhundert negieren würde. Mit den Goten war er jedenfalls schon verbunden, denn er soll eine gewisse Symbulla von den Goten geehelicht haben. Nur ein gemeinsamer Sohn namens Anavas soll aus dieser Verbindung hervorgegangen sein, der wieder eine angeblich sarmatische Frau namens Drithiva geheiratet hätte.

Namensdeutung "Anthyrius Cullus": Wurde offensichtlich nach Tyr benannt, wobei Cullus eine Kugel im Altnordischen bezeichnet. Der gesamte Name bezieht sich vielleicht auf eine Weltenkugel, die dem Ase Tyr als Schöpfungsort zugeordnet wurde.

Namensdeutung Symbulla: Der Name lässt sich altnordisch mit "schwimmende (symja) Wasserkapsel (būlla)", was auch hier einen Schöpfungsort der Asen (Dilmun) beschreibt. Beide, Anthyrius Cullus und Symbulla könnten deshalb auch von der Ankunft der Heruler zur Asenzeit erzählen.

Namensdeutung Anavas: Altnordisch vielleicht "Erster Regen" oder "Erstes Wasser".

Namensdeutung der angeblich sarmatischen Drithiva: Das germanische "hīwa" steht für das Hausgesinde, es muss also keine Sarmatin gewesen sein, wenn Anavas nur eine Dienstmagd ehelichte. "Drit" stammt wohl vom germanischen "drūda" für vertraut oder geliebt.


Dies vorchristlichen genealogischen Angaben werden jedenfalls bezweifelt, denn der um 79 vor Christus geborene König Alimer, als Enkel von Anthyrius Cullus I. wäre mit Ida von Rügen verheiratet gewesen, was dieses Herulergeschlecht wieder an die Ostsee verortet.

Alimers Sohn Anthyrius II. war mit einer Maria von Jütland verheirate und auch dessen Nachfolger König Hutterus (34 v.Chr. bis 35 n. Chr.) war mit einer Jütländerin verheiratet und herrschte an der Ostsee. Letztlich löst nur der Abgleich mit dem bisherigen Wissen über die Heruler auf, dass bis König Hutterus noch kein Heruler am Schwarzen Meer lebte, auf jeden Fall aber Kontakte zu den Goten bestanden, die sich nachweislich längere Zeit von Gotland kommend in Hinterpommern und an der Weichselmündung festsetzten.

König Hutterus ehelichte jedenfalls eine Judith von Finnland aus der ein relevanter Sohn Vislaus (39-91 lebend) hervorging, dessen Name bereits latinisiert überliefert ist. Dieser kam mit einer Tiburnia aus Norwegen zusammen, was die Heruler immer noch an der Ostsee hält. Das blieb auch und ihrem Sohn Vitilaus (86-127), der mit Anarnia erneut eine Gotin ehelichte. Ab dieser Herrscherzeit soll die Auswanderung Richtung Schwarzes Meer begonnen haben, doch auch die Westheruler könnten zu dieser Zeit schon aufgebrochen sein. So soll der Sohn von Vitilaus und Anarnia als Alaricus schon an der oberen Marne in Germay geboren sein, was zu dieser Zeit im Römischen Reich lag. Seine Frau wurde Bella, von Köln (133 bis um 200), was zu dieser Zeit Colonia Agrippina hieß. Auch sie hatten einen Sohn, der Dietrich hieß und im Römischen Reich eine Diana von Trier ehelichte. Während Alaricus 162 in Germanien starb, ist noch von seinem Enkel Tenericus (um 180 bis 237) etwas überliefert, der eine Bigonna von Thüringen geheiratet hätte, danach brechen jedoch für längere Zeit die Überlieferungen ab und beginnen erst wieder mit König Radagaisus im 5. Jahrhundert.


Primärquelle: https://www.genealogieonline.nl/de/genea...nhuis/I8883.php
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Der Weg zum Herulerreich

Wohl um die Mitte des 4. Jahrhunderts wurden die am Asowschen Meer siedelnden Heruler von den Goten unterworfen. Über die folgenden Jahre berichten die Quellen kaum etwas.

Als das Reich des greutungisch-gotischen Königs Ermanarich um 375 von den Hunnen erobert wurde, die in dieser Zeit nach Westen vorstießen und damit die sogenannte Völkerwanderung auslösten, wurden auch die Heruler zu hunnischen Vasallen.


Radagaisus wird gefangen genommen.

Um 405 wird ein herulischer König Radagaisus erwähnt, der bei einem Einfall in das Römische Reich in Italien erschlagen wurde. Dieser Kriegszug fand offenbar auch mit Vandalen statt, die sich im Verlaufe mit Alanen und Sueben durch das Römische Reich bis nach Iberien durchkämpften. Grund war vermutlich Flucht vor den weiter vordrängenden Hunnen. Radagaisus wäre zudem mit Cella von den Vandalen verheiratet gewesen, der den Titel eines Königs der Heruler und Vandalen bis zu seinem Tode geführt hätte. Dieser Radagaisus ist auch kein Unbekannter, denn er wird auch als Anführer der Goten angesehen, womit eine herulische Herkunft möglich sein könnte. Er führte 405/06 ein im Kern gotisches Heer – realistische Schätzungen gehen von etwa 20.000 Kriegern aus; das würde einer Gesamtzahl von ca. 100.000 Menschen entsprechen – aus der Umklammerung der Hunnen nach Oberitalien. Nach Zosimos (um 500) gehörten dem Heer noch weitere Stammesverbände an, womit sicher auch die von Goten unterworfenen Heruler dabei gewesen sein müssen. Auf seinem Weg nach Oberitalien hinterließ Radagaisus eine Spur der Verwüstung. Er belagerte Florenz, wurde aber von einem Entsatzheer, zu dem auch hunnische Truppen Uldins gehörten, unter der Führung des weströmischen Heermeisters Stilicho in der Schlacht bei Faesulae vernichtend geschlagen. Nach der Niederlage geriet Radagaisus in Gefangenschaft und wurde kurz darauf hingerichtet. Stilicho gliederte Teile der gegnerischen Armee in sein Heer ein, der Rest wurde versklavt. Die Preise für Sklaven sollen aufgrund dieses Überangebots regelrecht zusammengebrochen sein.

Um 450 n. Chr. werden die Heruler als fester Bestandteil des Hunnischen Reiches von Attila angesehen. Nach dem Tod von Attila verloren seine Söhne 454 in der Schlacht von Nedao die Macht über die verschiedenen Völker seines Reiches, wobei die Heruler bei Nedao wohl schon auf Seiten der Gepiden kämpften. Nach dem Untergang des hunnischen Reiches um das Jahr 454 gelang es an der Donau verbliebenen Herulern, ein eigenes Reich im Raum der südlichen heutigen Slowakei und des östlichen Weinviertels zu errichten.

Heruler im Dienste des sich auflösenden weströmischen Reiches nahmen an der Erhebung Odoakers 476 in Italien teil und dienten ihm anscheinend bis zu seiner Niederlage gegen den mit oströmischer Billigung 489 in Italien eingefallenen Gotenkönig Theoderich. In verstreuten Quellenaussagen wird auch in der Folgezeit auf die Heruler eingegangen, die unter anderem um 480 die Region um Batavia (Passau) angriffen. In ihrem Reich herrschten sie auch über weitere Sueben, zurückgeblieben Hunnen und Alanen. Als 488 das benachbarte Rugierreich von Odoacer vernichtet wurde, profitierten ausgerechnet die Heruler davon. Möglicherweise ist deswegen die ungeklärte "ostgermanische" Herkunft von Odoacer sogar mehr mit den Herulern als den Goten verknüpft, wenn dieser ausgerechnet von Theoderich, einem anderen Gotenkönig geschlagen wurde. Seine andere überlieferte Namensvariante Odovacar weist sogar noch in die Asenzeit zurück, wo seine Vorfahren noch einer Kar-Kriegerkaste angehört haben könnten.

Um 508 wurde das von König Rudolf (Rodulf) regierte Reich der Heruler an der March (zwischen Mähren und dem Weinviertel), das zu Theoderich gute Beziehungen unterhielt, von den Langobarden vernichtet. Die verbleibenden Heruler teilten sich in mehrere Gruppen, von denen sich eine den Langobarden anschloss und in ihnen aufging, eine andere bei den Ostgoten in Italien Zuflucht fand und eine dritte nach längerer Wanderung zunächst zu den Gepiden floh, dann aber schließlich im Jahr 512 Aufnahme im Oströmischen Reich fand. Der spätantike Geschichtsschreiber Prokop berichtet im 6. Buch seiner Historien (um 550 veröffentlicht) davon, dass die schließlich in oströmische Dienste übergetretenen Heruler sich nochmals gespalten hätten, bevor sie die Donau überschritten und sich ein Kontingent nach Norden wandte, um in Thule, dem sagenhaften Ende der Welt, wie es Prokop nennt, Zuflucht zu suchen. Was damit gemeint ist, wäre unklar, doch wenn Thule generell für den Norden steht, brach dieses Kontingent nur deshalb Richtung Norden auf, um in die alte Heimat zwischen Ostholstein und Mecklenburg zurückzukehren. Und genau dieses Kontingent wird es auch gewesen sein, die den Namen Obotrites an die Ostsee mitbrachten.


Die Ostabotriten östlich der Donau im frühen Mittelalter

Ein Indiz dafür ist das Stammesgebiet sogenannter Ostabotriten östlich des panonnischen Donauabschnitts und zwar in jener Region, wo südlich davon das spätere Serbien mit seiner Hauptstadt Belgrad entstand. Und genau in diesem Raum wurde einst den Herulern, die sich Ostrom andienten gestattet, ein ein kleines Föderatenreich zu errichten! Für diejenigen Heruler, die nicht die Donau Richtung Oströmisches Reich übertraten, bedeutet das, dass sie anschließend nach Norden an die Ostsee zurückkehrten, wo sie wohl die Herrschaft als Abodriten oder Obotriten über die verblieben Heruli übernahmen. Das besondere an diesem Szenario ist auch die Erwähnung sogenannter "Nordabotriten", die im Bayrischen Geographen mit 53 civitates erwähnt werden. Für die erst im 9. Jahrhundert erwähnten Ostabotriten bleibt sogar die Möglichkeit offen, dass ein dritter Teil dieser Herulergruppe sogar außerhalb des Oströmischen Reiches verblieb und erst im 10. Jahrhundert nach Mecklenburg zurückkehrte.

Diese oströmischen Heruler spielten eine nicht geringe Rolle bei der restauratio imperii des oströmischen Kaisers Justinian I., da sie vielfach in römischen Armeen dienten, aber einen schlechten Ruf genossen. Sie sollen zum Christentum konvertiert sein, doch mag dies nur für einen Teil der Heruler gegolten haben.

Bald nach der Mitte des 6. Jahrhunderts verschwinden auch diese Heruler aus den Quellen; doch nahm noch Kaiser Maurikios (582–602) zu Beginn seiner Regierungszeit – als erster römischer Kaiser überhaupt – den Triumphalnamen Herulicus an.

Primärquelle: Wikipedia
https://www.kaack.org/familienzweige/die...elkerwanderung/
Fritze, Frühzeit zwischen Ostsee und Donau
Stiehler, Diener und Krieger

Die Balkan-Heruler bis zum 6. Jahrhundert

Als Anastasius Caesar 512 den Herulern jenseits der Donau erlaubte in entvölkerte "Länder und Städte" im Reich umzusiedeln, glaubte er wohl auch einen kampfstarken Verbündeten gewonnen zu haben, der die nordwestliche Ecke seines Reiches schützen würde. Moderne Gelehrte debattieren bisher, ob diese Heruler erst nach Singidunum (heute Belgrad) oder zuerst nach Bassianae und einige Jahrzehnte später nach Singidunum von Justinian umgesiedelt wurden. Dieses Gebiet hatte man den Goten wieder abgenommen, die nun Italien von Ravenna aus regierten. Justinian integrierte sie als Puffer zwischen den Römern und den unabhängigeren Langobarden und Gepiden im Norden in das Reich. Unter seiner Ermutigung konvertierte der Heruler-König Grepes 528 zusammen mit einigen Adligen und zwölf Verwandten sogar zum orthodoxen Christentum. Nach Procopius sind wohl einige von ihnen arianische Christen gewesen, doch gerade diese Verbindung zum orthodoxen Christentum, lässt sich noch bis in den ostelbischen Raum zurückverfolgen, als letzte Herulerverbände vom Balkan in ihre Heimat an die Ostsee zurückkehrten. In ihrem Gefolge müssen auch byzantinische Mönche mitgezogen sein, die anschließend in Ostelbien ihre unselige Glagoliza-Liturgie verbreiteten.

Unter Justinian nahmen "seine" Heruler zunächst an vielen Feldzügen in Italien, Syrien und Nordafrika teil. Pharas war zum Beispiel ein bemerkenswerter herulischer Heeresführer dieser Zeit. Mehrere tausend Heruler dienten während dieser Feldzüge als persönlichen Wache des oströmischen Generals Belisar und General Narses rekrutierte auch weitere Heruler. Sie waren Teilnehmer an den byzantinisch-sassanidischen Kriegen, wie der Schlacht von Anglon.

Föderatenkönig Grepes und der größte Teil seiner Familie waren offenbar Anfang der 540er Jahre gestorben, möglicherweise während der Pestepedemie von 541-542. ‎Procopius‎‎ erzählte, dass in den 540er Jahren diese Heruler hren eigenen König Ochus töteten und nicht den vom Kaiser zugewiesenen Suartuas wollten, bei dem es sich um einen byzantinischen Offizier herulischer Abstammung handelte. Sie kontaktierten jene Heruler, die Jahrzehnte zuvor nach "Thule" gegangen waren, um einen neuen König zu suchen. Bis dahin soll an der Ostsee zunächst ein herulischer König Visilaus (um 435 bis 486) geherrscht haben. Danach ein König Alaricus, der mit einer Theodora von Burgund vermählt war. Es folgte sein Enkel Albericus, der eine Syrissa von Sarmatien heiratete. Zur Zeit, als die Balkan-Heruler einen neuen König in der alten Heimat suchten, soll dort ein König Johannes (ab 490) geherrscht haben, der eine Euphemia von Norwegen geehelicht hätte. Mit Johannes, der bis 566 als König der Heruler und Vandalen regierte, wurde das Geschlecht bald Obodriten genannt, was sich wohl auf die Rückkehr von Balkan-Herulern als Obodriten oder Ostabotriten bezog. Insgesamt wurden die ostelbischen Heruler bald auch als Wenden bezeichnet, was sich zunächst auf den christianisierten Teil bezog, der im Verlaufe der Zeit jedoch immer wieder zum Heidentum zurückkehrte.

Die erste Königswahl der Balkan-Heruler wurde krank und starb, als sie das Land der Dani (Dänen) erreicht hatten, und es musste eine zweite Wahl getroffen werden. Der neue König Datius kam mit seinem Bruder Aordus und 200 jungen Männern zurück. Trotzdem schloss sich inzwischen ein Teil der Heruler dem Hustinian dienenden Suartuas an und wurden so weiter im Belgrader Raum vom Oströmischen Reich unterstützt. Die Anhänger von Datius, das waren zwei Drittel der Balkan-Heruler, wanderten hingegen aus und unterwarfen sich nachfolgend den Gepiden. Diese Periode der Rebellion gegen das oströmische Reich dauerte etwa 545-548, der sich noch ein Krieg zwischen Gepiden und Langobarden anschloss. Am Ende wurde diese Rebellion von Justinian unterdrückt. Im Jahre 549, als die Gepiden gegen die Oströmer kämpften, kämpften die Heruler unter Suartuas und Datius sogar auf beiden Konfliktseiten. Auf jeden Fall verschwinden sie nach einer Generation aus den erhaltenen historischen Aufzeichnungen, was offenbar für eine Auswanderung aus dem Oströmischen Reich spricht. Wegen der Ostabotriten nördlich des Belgrader Raums im 10. Jahrhundert, haben wohl die meisten zuerst nur die Donau durchquert und sich dort mit den verbliebenen freien Herulern vereinigt. Ein großer Teil drängte jedoch in die alte "Thule"-Heimat in der Nähe der Dani zurück, was wegen der Königswahl im 6. Jahrhundert weiter enormen Einfluss auf alle Heruler ausübte!


Die oströmische Stadt Ulpiana beherbergte eine Zeit lang Heruler, die im Heer Kaiser Justinians dienten

Das es etwas besonderes war Herulern anzugehören berücksichtigen im 6. Jahrhundert noch immer die Oströmer, die Heruler, wie etwa bei Suartuas, nur von Herulern in römischen Diensten befehligen ließen. Suartuas führte seinen Heruler-Kräfte sogar noch 552 gegen die Gepiden um den Langobarden zu helfen, was zu dieser Zeit noch weiter einen halbunabhängigen Status der Heruler im Belgrader Raum bestätigt. Alle herulischen Kommandeure, mit Ausnahme von Amalafrido, blieben dabei in Ulpiana stationiert.


König Odoacer - seiner umstrittenen Abstammung nach, könnte er sogar herulischer Herkunft sein

566 wurde Sinduald, ein Heruler-Militärführer unter Narses, zum König der Heruler im Trentino (Südtirol) in Norditalien erklärt, wurde aber später von Narses hingerichtet. Sinduald galt als Nachkomme jener Heruler, die bereits unter Odoacer nach Italien eingefallen waren. Paulus der Diakon schreibt, dass sich viele Heruler dem lombardischen König Alboin seiner späteren Eroberung Italiens im späten 6. Jahrhundert n. Chr. anschlossen. Zusammen mit Rugiern und Skieren könnten die Heruler zur Bildung der Bavarii beigetragen haben. An der Ostsee herrschte in dieser Zeit der Herulerkönig Radagaisus II. (um 530 bis 618), der mit Gubertina von Granada verheiratet gewesen wäre. Diese Granada-Herkunft könnte womöglich auf eine westgotische Verbindung hindeuten.


Primärquelle: Wikipedia
https://www.kaack.org/familienzweige/die...elkerwanderung/

Der Weg zur herulisch-vandalischen Herrscherkaste

Bereits Wolf Lüdeke von Weltzien stellte in seinem Buch "Wikinger aus genealogischer Sicht" fest, dass die Obotriten weniger ein Stamm waren, als eine "bewährte Führungselite". Tatsächlich handelte es sich bei den Obotriten um Heruler, den sie von einem Flussnamen in ihrem Siedlungsgebiet nördlich des Asowschen Meeres wieder in ihre alte Heimat an die Ostsee mitbrachten. Dass er sich überhaupt etablieren konnte, lag an der folgenden Machtübernahme zwischen Ostholstein und Mecklenburg. Bis dahin haben die zurückgebliebenen Heruler weiter selbst ihre Herrscher gestellt, was wir in der einsehbaren Genealogie Koster-Rodenhuis nachverfolgen können. Leider fehlen zu den benannten Namen entsprechende Hintergrundinformationen und wo sich die Herrschersitze befanden. Denn besonders in der Auswanderungszeit der Ost-Heruler tauchen auch erneut griechische Namen.

Nach Alberic I. dem Heruler (225-292), der genau in der besagten Auswanderungszeit geherrscht haben soll und mit Diomedes, der Samaterin (235-310) verheiratet war. Das kann nur ein Schreibfehler gewesen sein, denn die Sarmaten befanden sich in der gleichen Gegend, wie die Ost-Heruler, weswegen dieser Name im Umfeld griechischer Kolonien an der Nordküste des Schwarzen Meeres entstanden sein muss. Von beiden stammt der gemeinsame Sohn namens Wisimar (280-335) ab, dessen altnordischer Name nicht von ungefähr dem Stadtnamen Wismar ähnelt. Die Herkunft des Stadtnamens ist nicht geklärt, sie soll aber nach einem Lokator (Oberhaupt einer Handelskolonie) benannt sein, frühere Erwähnungen als Wizmar Havn werden bestritten.

Interessant ist die Namensgeschichte deshalb, weil sich der Hafen auf ehemaligen Herulergebiet entwickelte und sich altnordisch von vīsi für Führer oder Fürst und "mar" für Meer oder See zusammensetzt. Wisimar ist also also ein "Herrscher der See" gewesen, was die Heruler auch im Schwarzen Meer bestätigten. Sein Sitz lag jedoch an der Ostsee, worauf seine Gemahlin Amalasunta von Saksen (= Sachsen) hindeutet. Zurückgeblickt auf Wisimars Vater Alberic I. dem Heruler müsste er der Könige der an der Ostsee zurückgebliebenen Heruler gewesen sein, dessen Gemahlin jedoch aus einem Heruler-Clan am Schwarzen Meer stammte.

Amalasunta soll um 275 geboren sein, mehr ist nicht bekannt, doch mit Wisimar hatte sie einen Erben namens Miecislaus, dessen wahrer Name nur lateinisiert überliefert wurde. Mit Belga von den Vandalen (320-389)
hatte er jedoch mit Radagasius jenen berühmten Sohn, der in römischen Überlieferungen erscheint. Auch er nahm sich mit Cella eine Frau von den Vandalen und hatte mit Godegisel als König der Heruler und Vandalen (358-408) einen ebenso bekannten Sohn. Allein war er nicht, denn er hatte mit Corsicus, dem Heruler (um 365 geboren) noch einen weniger bekannten jüngeren Bruder.


Bis heute offiziell unbekannt: Der Vandalen König Geiserich hatte auch eine herulische Herkunft!

Zu Godegisel gibt es einige Ungereimtheiten. In der Wikipedia soll er im gleichen Jahr 406, wie Radagasius gestorben sein. Die Herkunft von den Herulern ist dort unbekannt, dafür die vandalische Herkunft auf die Hasdingen präzisiert. Unter seiner Herrschaft begannen die Vandalen um ca. 400 vermutlich unter dem Druck der Hunnen nach Westen zu ziehen und schließlich in das weströmische Reich einzudringen. In dieser Zeit schlossen sich den Hasdingen Teile der vandalischen Silingen an. Kurz vor der Überschreitung des Rheins zum Jahreswechsel 406/407 kam es zu einem Kampf zwischen den Hasdingen und fränkischen Kriegern, die sich wohl als römische Föderaten den Vandalen entgegenstellten. Bei dieser für die Vandalen äußerst verlustreichen Schlacht kam auch Godigisel ums Leben, die Hasdingen wurden nur durch eine Truppe Alanen unter Respendial gerettet.

Nachfolger von Godigisel wurde sein ältester überlebender Sohn Gunderich (379-428), der die Vandalen über den Rhein nach Gallien und 409 nach Hispanien führte. Dessen Nachfolger Geiserich (389-477), unter dem das Vandalenreich in Nordafrika zur mächtigsten Seemacht des westlichen Mittelmeeres aufstieg, war ein unehelicher Sohn von Godigisel.

Primärquelle: https://www.genealogieonline.nl/de/genea...nhuis/I8901.php
Wikipedia

Die Rereger - Heruler an der Ostsee

Die Heruler tauchten namentlich als Abodriten erstmals für das Jahr 789 in den zeitgenössischen Reichsannalen als Abotriti auf. Einhard berichtet in der Vita Karoli Magni von Abodriti, womit es sich um eine Variante der sogenannten Obodritos handelt. Dieser Name stammt von der Obitochna, einem Fluss nördlich des Asowschen Meeres. An ihm siedelten die Heruler bis sie an die Ostsee zurückkehrten, zuvor jedoch wegen der hier erwähnten Genealogien weiter Kontakt zur alten Heimat hielten. Offensichtlich hieß dieser Fluss durch Lautverschiebungen auch Obitritos oder Obotritos, denn die Küste lag im Einflussbereich der griechischen Pontos-Kolonien!

Die lateinische Schreibweise Obodritos findet sich ab Mitte des 9. Jahrhunderts, zunächst in einem Brief des fränkischen Kaisers Lothar aus dem Jahr 851. Die Chronisten Adam von Bremen (Obodriti) und Helmold von Bosau (Obotriti) gebrauchten im 11. und 12. Jahrhundert dann durchgängig die Bezeichnung Obodriten. Ihre herulische Herkunft wird heute wegen der "slawischen" Leitdiktion verschwiegen, obwohl alle Oberhäupter der Heruler bis Heinrich von Alt-Lübeck den Titel König der Heruli führten. Demzufolge ist es auch völlig falsch in der Wikipedia zu behaupten, dass eine Eigenbenennung nicht überliefert wäre! Mit den Obodriti kam nur ein herulischer Kriegerverband von der Obitochna an die Ostsee zurück, der sich dort als führender Heruler-Clan durchsetzte.

Heute wird vermutet, dass sich der Name auch auf das Odergebiet, als ob-odriti bezieht, was sich auch auf ihren Rückweg und auf eine Landnahme bezieht, wo die Heruler auch als Ranen (altnordisch für Plünderer oder Räuber) bezeichnet wurden. Unter einem solchen Namen - den Boranen - sind sie schließlich auch im Schwarzen Meer bekannt geworden, den "skythische" oder "sarmatische Seeräuber" hat es bei dieser Reitervölkern nie gegeben! Herulische Ranen haben demzufolge ganz Pommern und Rügen bei ihrer Rückkehr erobert und die zurückgebliebenen Rugier in ihre Clans zwischen Peene, Oder und Hinterpommern integriert.

Eine weitere offizielle Vermutung ist, dass der Name der Obodriti von einem nicht überlieferten Stammeshäuptling Bodr abgeleitet sei. Im Altnordischen lässt sich ein solcher Name von "bjōð" für Tisch und Schüssel herleiten, was ihn mit der Ahnen und Asenzeit verbindet. Einfacher ist es ihn von "bǫð" herzuleiten, was für Kampf stehend die Heruler als Kriegerkaste ausweisen würde.

Adam von Bremen kannte noch unter den Namen Rereger einen Stamm der Obodriti, denn er so in seiner Hamburger Kirchengeschichte verwendet. Rereger wäre zudem auch jener Name von dem sich der obodritische Handelsplatz Reric ableiten würde. Dieser Name bezieht sich einerseits auf "regin" für Ase, womit über Rig hauptsächlich Heimdal gemeint ist. Das vorstehende Re weist auf Rügen, dem alten dänischen Namen für diese Insel. Mit anderen Worten: Die Rereger stammen als Heruler-Clan von Rügen und besaßen in der Stammeshierarchie eine führende Rolle.


Die ermittelte Lage von Reric. Der alte Name bezieht sich als "Rerig" auf Heimdalls Beinamen Rig! Es darf zudem ausgeschlossen werden, dass dieser Hafen nach irgendwelchen Schilfbeständen benannt wurde ( z.B. altengl. ryric bedeutet Rohr, Schilf), denn Heimdalls Beiname Rig entwickelte sich zum nordischen Königstitel Rik (z.b. Göttrik) und war im germanischsprachigen Raum auch als Reik verbreitet.
Stefan Bollmann, Wikimedia Commons, CC BY 2.5

Reric war ein frühmittelalterlicher slawisch-dänischer Handelsplatz bei Groß Strömkendorf nahe Wismar an der Ostseeküste Mecklenburgs, dessen genaue Lage bis zum Ende des 20. Jahrhunderts unbekannt war. Das emporium Reric, also der Handelsplatz Reric, wird in den Reichsannalen für das Jahr 808 im Zusammenhang mit einem Krieg zwischen dem dänischen König Göttrik und den Obodriten erwähnt. Das obodritische Heruleroberhaupt Drasco hatte mit Hilfe des abtrünnigen Godelaib den ursprünglich dem Dänenkönig abgabenpflichtigen Handelsplatz seinem Herrschaftsbereich unterstellt. Daraufhin landete Göttrik mit seiner Flotte an der Ostseeküste, zerstörte Reric und die umliegenden Dörfer, tötete den Godelaib, belagerte eine obodritische Burg und kehrte dann mit den bis dahin in Reric ansässigen Kaufleuten nach Haithabu zurück.

Das zerstörte Reric wurde von den Obodriten wieder aufgebaut und zunächst weiter betrieben, bis Drasco 810 in Reric auf Veranlassung Göttriks hinterlistig ermordet wurde.

Primärquelle: Wikipedia

Witzan, der Heruler

Je weiter sich das fränkische Reich nach Osten ausdehnte, musste Ende des 8. Jahrhunderts der Augenblick kommen, wo die Heruler an der Ostsee direkter Nachbar wurde. Bis 566 soll noch ein König Johannes, der Heruler und Vandalen geherrscht haben, danach wurde vermehrt der Begriff Obodriten in der Titulierung verwendet. So etwa bei einem Goswin von den Obodriten, der von 590 bis 615 geherrscht haben soll und sich mit einer Königstochter der Sachsen vermählt hätte. Die Sachsen wurden jedoch bis Ende des 8. Jahrhunderts brutal von den Franken unterworfen, was sicher auch Auswirkungen auf die Heruler an der Ostsee hatte.

Zu dieser Zeit ist ein Fürst Witzan bei den herulischen Obodriten belegt, deren Herrschaftsgebiet sich zwischen Ostholstein und Mecklenburg ausdehnte. Witzan wird erstmals zum Jahr 789 erwähnt. Die Annales regni Francorum und die Annales Mettenses bezeichnen ihn als Anführer („princeps“) der Obodriten. Weitere Angaben zu seiner Herkunft sind nicht überliefert. Bei seinen belegten Nachfolgern Drasco und Sclaomir handelt es sich wahrscheinlich um seinen Sohn und seinen Bruder.

Witzan, Drasco und Sclavomir (Slaomir) sind Namen altnordisch-germanischer Herkunft. Witzan vom germanischen "wit-san" hergeleitet, beschreibt einen "sehenden Wächter", Drasco vom altnordischen "þrāsk" einen "Trotzenden" ( entsprechend "þrōzkr" für einen Widerspenstigen) und Sclavomir von "sclavi" und "Ymir" als Ymirs Diener.


Wolmirstedt 1927 - 780 erreichte hier das fränkische Heer die Elbe unter Karl, dem Großen, überschritt sie jedoch nicht.

Nach der Unterwerfung Sachsens in das Frankenreich wurden die herulischen Obodriten als Ziel einer künftigen Unterwerfung oder Verbündeten von den Franken angesehen. Bereits seit Mitte des 8. Jahrhunderts sind Handelsbeziehungen mit den Obodriten nordöstlich der Elbe belegt. Vermutlich im Jahr 780 soll Karl der Große ein militärisches Bündnis mit Witzan gegen die Sachsen geschlossen haben. Dieses könnte an der Ohremündung bei Wolmirstedt geschlossen worden sein. Belegt ist das jedoch nicht, wieso auch der Inhalt dieses angeblichen Bündnisses unbekannt blieb.

Fränkische Annalisten nahmen jedoch Witzan als Vasallen Karls des Großen wahr, der 789 den Frankenherrscher auf dessen Feldzug gegen die Wilzen (Welataben) begleitete. Während des Feldzuges kamen ihm und seinem obodritischen Aufgebot die Aufgabe zu, die Elbquerung des fränkisch-sächsischen Heeres vom ostelbischen Ufer her zu decken. Anschließend kämpften sie an der Seite der Franken in der Prignitz und an der Elde gegen die suebischen Stammesverbände der Linonen, Smeldinger und Bethenzer, deren Kleinkönige gefangen und als Geiseln bis in den Peeneraum verschleppt wurden. Dort mussten sie sich nach Einnahme der barbarischen Hauptburg bei Vorwerk (Demmin) dem fränkischen Herrscher unterwerfen und ihm den Treueeid leisten. Dieser verfolgte damit das Ziel, den Raum jenseits der zur Reichsgrenze bestimmten Elbe zu befrieden. Einhard berichtet demgegenüber in der Vita Karoli Magni lediglich, Auslöser des Feldzuges seien fortwährende Angriffe der Wilzen (Welataben) gegen die Obodriten gewesen.

Als unmittelbares Ergebnis des Feldzuges sollen Witzan von Karl dem Großen die Stammesgebiete der unterlegenen Smeldinger, Bethenzer und Linonen unterstellt worden sein, so dass sich dessen Herrschaft einem Sperrriegel gleich von der Ostseeküste bis an die Havelmündung zwischen Sachsen und Heiden legte. Das ist auch im Hinblick der im 9. Jahrhundert erfolgten dänischen Unterwerfung des "Vendlands" wichtig, die ihre Herrschaft bis zur Brendanburg ausdehnen konnten. Das muss schon unter die Vorfahren von Burisleif (Burislav) geschehen sein, die als rugische Ranen den herulischen Obodriten angehörten.

Die fränkischen Quellen bezeichnen den princeps Witzan zudem im Jahr 795 durchgängig als rex der Obodriten, also als deren König. Es wird deshalb davon ausgegangen, dass Witzan von Karl dem Großen nach dem erfolgreichen Feldzug an die Peene als Alleinherrscher über die unterworfenen Stammesverbände eingesetzt wurde. Allerdings findet sich der Titel eines rex für Witzan bereits im Bericht des Fragmentum chesnii über den Feldzug an die Peene. Witzan wäre damit auch ein König der Heruli gewesen.

Witzan fiel 795 im Kampf mit den Sachsen, während er als Anführer seines Heeres auf dem Weg nach Bardowick die Elbe überquerte. Den Quellen zufolge handelte es sich um Nordalbingier, die den fränkischen Bundesgenossen töteten, woraufhin Karl einen Vergeltungsfeldzug unternahm. Aufgrund der Ortsangabe und der Beteiligung der Nordalbingier könnte der Elbübergang durch die Furt bei der späteren Ertheneburg knapp 10 Kilometer nördlich von Bardowieck erfolgt sein. Demgegenüber scheidet das in den Annales Laurissenses maiores benannte Hliuni als Todesort aufgrund der Entfernung zur Elbe aus.

Witzans Sohn Drasco folgte ihm 795 als Heerführer, im Jahr 804 als Alleinherrscher.

Primärquelle: Wikipedia
https://www.kaack.org/familienzweige/die...elkerwanderung/

Drasco, der Heruler

780 schloss Karl der Große mit der herulischen Kriegerkaste der Obodriten an der damaligen Ohremündung bei Wolmirstedt ein Bündnis. Dessen Inhalt ist zwar nicht überliefert, aber aus dem Verhalten der obodritischen Herrscherkaste in den folgenden Jahrzehnten kann abgeleitet werden, dass sie Heeresfolge, Tributzahlungen und Huldigung am fränkischen Königshof (Hoffahrt) schuldeten. Weiterhin hatte sich Karl der Große das Recht zu schiedsrichterlichen Entscheidungen bei Streitigkeiten unter den obodritischen Stämmen und die Einsetzung, zumindest aber die Bestätigung der obodritischen Heerführer und Oberhäupter vorbehalten. Demgegenüber leisteten die Franken militärische Unterstützung gegen Wilzen (suebische Welataben) und Sachsen, sowie spätsuebischen Stammesverbänden der Smeldinger, Bethenzer und Linonen. Das Bündnis trug zwar Züge eines Lehensverhältnisses, allerdings ohne dass die Franken das Gebiet der Heruler in das Reich einbezogen oder diese missioniert hätten.

Die Heruler hatten aufgrund ihrer exponierten geopolitischen Lage allen Anlass zum Abschluss einer Vereinbarung mit einem starken Bündnispartner: Im Norden grenzte ihr Siedlungsgebiet an das der aufstrebenden Dänen, ihren alten Erzfeinden, im Osten an barbarische Stammesverbände (Wilzen, Welataben), im Süden an das sächsische Ostfalen und im Westen an das ebenfalls sächsische Nordalbingien, die untereinander wechselnde Koalitionen gegen die Heruler bildeten. Bekannt ist jedenfalls, dass sich der herulische Stammesverband Ende des 8. Jahrhunderts aus zwei räumlich voneinander getrennten Herrschaftsagglomerationen bestand. Das könnte zugleich bestätigen, dass dafür die zurückgekehrten Obodriten als ehemalige Ost-Heruler verantwortlich waren, die in ihrer alten Heimat die zurückgeblieben Heruler nicht unterworfen hatten, sondern zunächst nebeneinander herrschten. Dieses System wurde wohl auf Druck der Franken aufgegeben und mit Drasco ein Gesamtherrscher installiert, der quasi mit seinem Herrschaftsgebiet das barbarische Gebiet östlich der Elbe im Sinne der Franken absicherte. Obwohl verschiedener Abstammung, wurde das herulische Herrschaftsgebiet mit fränkischer Hilfe erweitert, womit die Heruler auch über weitere Kleinstämme bis zum Havelland herrschten.

Drasco nahm 789 im Gefolge seines Vaters Witzan, am fränkischen Heerzug gegen ihre barbarischen Nachbarn teil, die zuvor nach Einhard die Heruler angegriffen hätten. Karl der Große selbst führte das Aufgebot aus Franken, Sachsen, Obodriten und Sorben, das an der Havel noch mit Friesen verstärkt wurde, die auf Schiffen die Elbe hinauf gefahren waren. Die Kriegerhorden verwüsteten das Land der Barbaren (Wilzen), die sich angesichts der gewaltigen Übermacht nicht erfolgreich verteidigen konnten. Schließlich unterwarf sich ihr König Dragowit und leistete Karl einen Treueid und stellte Geiseln.

Mutmaßlich im Jahre 795 folgte Drasco Witzan in die Rolle des Heerführers der Abodriten. In diesem Jahr war Witzan im Zuge der Heeresfolge gegen die Sachsen mit seinen Kriegern zu einem vereinbarten Treffpunkt mit Karl nach Bardowieck marschiert, geriet aber beim Überqueren der Elbe in einen sächsischen Hinterhalt und wurde erschlagen. Eine Bezeichnung als Heerführer (dux) erhielt Drasco in den zeitgenössischen Quellen zwar erst drei Jahre später, aber eine mehrjährige Vakanz dieser Schlüsselstellung ist sehr unwahrscheinlich.


Bornhöved - In der Nähe dieses Ortes haben 798 die Heruler mit fränkischer Hilfe die Sachsen besiegt.

798 errangen die Heruler unter ihrem nunmehr auch in den Quellen als "dux" bezeichneten Heerführer in der Schlacht auf dem Sventanafeld in der Nähe des Ortes Bornhöved den entscheidenden Sieg über die in Nordalbingien lebenden Sachsen. Den rechten Flügel des herulischen Heeres befehligte der Drasco unterstellte fränkische Militärberater Eburis, möglicherweise mit fränkischen Hilfstruppen. Nach dem Sieg über die Sachsen wurde Drasco ins nördliche Thüringen befohlen, wo Karl den siegreichen Feldherrn für seine Verdienste auszeichnete. Die Außergewöhnlichkeit dieser Ehrung kommt in der offiziellen fränkischen Geschichtsschreibung zum Ausdruck, wenn es in den Lorscher Annalen für das Jahr 798 heißt, Drasco habe sie erhalten, obwohl er Heide (fanatic) sei.

804 erhielt Drasco im Sommerlager Karls des Großen bei Hollenstedt die Königswürde (rex Abotritorum nomine Drosuc) über den abodritischen Stammesverband. Ob die Einsetzung nur die Anerkennung einer bereits zuvor durch die einzelnen Fürsten der Kleinstämme gefassten Entscheidung oder eine originäre Verleihung darstellt ist umstritten. Die Metzer Annalen jedenfalls schildern, Karl der Große habe mit der Einsetzung Drascos einen Streit unter den obodritischen Fürsten um die Führung beendet. Zugleich unterstellte Karl die sächsischen Gaue in Nordalbingien, also Dithmarschen, Holstein und Stormarn, Drascos Herrschaft. Mit der Zuweisung des vordem sächsischen Siedlungsgebietes und einer – wenn auch archäologisch nur in Teilbereichen nachweisbaren – Ansiedlung der Obodriten, beabsichtigte Karl einen Schutz der fränkischen Nordgrenze vor den Dänen, vor allem aber wollte er den Sachsen für den Fall einer erneuten Erhebung die Rückzugsmöglichkeit zu den Dänen abschneiden.

Bereits 808 scheiterten Karls Pläne. In einem blitzartigen Überfall landeten die Dänen unter Göttrik an der herulischen Ostseeküste im Raum Wismar und zerstörten binnen weniger Tage mehrere Dörfer und Burgen sowie den Handelsplatz Reric. Gleichzeitig wurden die Obodriten aus dem Osten von verfeindeten Barbaren (Wilzen) sowie suebischen Smeldingern und Linonen angegriffen. Das Ausmaß der Niederlage war enorm: zwei Drittel der von Herulern beherrschten Stämme fielen von Drasco ab und erkannten Göttriks Oberhoheit an. Sie wurden ihm tributpflichtig, was zugleich Auswirkungen auf dem gesamten ostelbischen Raum hatte. Denn so lässt sich auch erklären, wieso sich die Brendanburg (Brandenburg) in Wahrheit auf die Dänen bezieht.

Godelaib, ein weiterer "dux Abotritorum", wurde von Göttrik in Reric sogar als Verräter gehängt. Der nordische Name Godelaib - Godelaibus ist die altsächsische Form der nordischen
Namens Gudleifr - bestätigt dabei erneut den nordischen Hintergrund der Heruler, die enge Handelskontakte zu den Dänen hatten. Und zwar solange, wie es mehrere dänische Kleinkönige gab. Es herrschte also nicht immer nur Feindschaft zwischen Dänen und Herulern. Die Hinrichtung von Godelaib als Verräter, ist demzufolge nur so zu verstehen, dass aus Sicht der Dänen, das Reich der Heruler König Göttrik unterstand. Dazu passt auch, dass es dänisch als Vindland bezeichnet wurde und für die südliche Ostseeküste galt. In der Beschreibung einer Teilung des Dänenreichs nach 857 erscheint es gar als dänischer Reichsteil, was erneut den dänischen Namen der Brendanburg (Brandenburg) im Havelland erklärt!

Die dänischen Kaufleute Rerics mussten den Handelsplatz verlassen und wurden in Haithabu angesiedelt. Da Drasco befürchtete, von seinen eigenen Leuten an Göttrik ausgeliefert zu werden, suchte er sein Heil in der Flucht. Seinen Sohn Ceadrag musste er dem Dänenkönig Göttrik 809 als Geisel überlassen,als Eingeständnis der Niederlage und Zeichen der Unterwerfung zugleich. Die herbeieilenden Franken unter Karl dem Jüngeren hingegen kamen zu spät, um noch auf der Seite der Heruler einzugreifen: Die Dänen hatten sich mit reicher Beute, aber auch unter schweren Verlusten ebenso schnell wieder zurückgezogen wie sie zugeschlagen hatten.

Angesichts der Überlegenheit des Dänenkönigs kündigten Teile des obodritischen Stammesverbandes Drasco die Gefolgschaft und erkannten entweder Göttrik als Herrscher an oder verfolgten wieder eigene Partikularinteressen. Der Stammesverband drohte sich aufzulösen. Dennoch gelang es Drasco, bereits ein Jahr später ein neues Heer aufzustellen, bestehend aus den Männern seines Stammes und sächsischen Hilfstruppen. Mit diesem zog er jedoch nicht gegen die Dänen, denen er eben erst den Treueeid geleistet hatte (!), sondern fiel ostwärts in die Gebiete der mit diesen verbündeten Barbaren (Wilzen) ein, verheerte ihre Gebiete mit Feuer und Schwert und kehrte dann siegreich und mit reicher Beute zurück. Durch diese Erfolge konnte er weitere Sachsen anwerben, eroberte bei Friedrichsruhe die größte Burg der Smeldinger und nötigte durch diese Erfolge die von ihm abgefallenen Stämme, sich ihm wieder anzuschließen.

Im Jahre 810 wurde Drasco in Reric von einem Vasallen des dänischen Königs Göttrik ermordet. Aufgrund der Bezeichnung als Vasall und dem Ort des Todes inmitten des eigenen Herrschaftsgebietes spricht viel dafür, dass es sich bei dem Attentäter um einen obodritischen Gefolgsmann Göttriks handelt. Im Gegensatz zu der im Regelfall etwas detailreicheren Chronik von Moissac halten die offiziösen Annales regni Francorum den Tod Drascos für 809 fest. Im Absatz vor dieser Mitteilung berichten sie aber davon, dass Kaiser Karl im November 809 in Aachen eine Kirchenversammlung abhielt. Im nächsten Absatz, der auch das Schicksal Drascos behandelt, wird dann jedoch auf den 15. März verwiesen, der im Folgejahr 810 einzuordnen ist.


Modell der Ringburg Liubice - Der Name leitet sich von lupus für Wolf (indogermanisch "lup") ab und dem althochdeutschen bic = bik für Schlag oder Hieb. Offiziell will man das heute von L'ubomir herleiten, doch dieser Name bezieht sich auf den alten Weltherrscher Ymir, dessen Namensbezug mit herrschen gleichzusetzen ist. Der Wolf selbst bezieht sich als Synonym auf einen Ort der Heruler, die sich auch als altnordische Ranen im Sinne von Räuber und Plünderer betätigten.

Nach Drascos Tod bestimmte Karl der Große dessen Bruder Sclavomir (Sclaomir) zum Herrscher der Heruler. Aber das Bündnis überdauerte Karls Tod 814 nur noch um wenige Jahre. Bereits 817 belagerten Sclavomir gemeinsam mit den Dänen erfolglos die Burg Esesfelth. Und 819 schufen die Heruler mit Liubice einen bedeutenden militärischen Stützpunkt, von dem aus die fränkischen Gebiete südlich der Elbe bedroht wurden. Als Reaktion auf diese Bedrohung errichteten die Franken 822 die Burg Delbende gegen die Heruler.


Primärquelle: Wikipedia
http://wikimapia.org/5719952/de/Liubice-Alt-L%C3%BCbeck
Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde, Band 65/1985

Sclavomir, der "Heidenherrscher"

Seine Name Sclavomir wird von Sclavi (= "im Unglauben befangener") und Ymir, dem nordischen Weltenherrscher und Schöpfer hergeleitet und mit "Heidenherrscher" übersetzt. 810 wird er nach der Ermordung seines Bruders Drasco von Karl dem Großen in Verden als Oberhaupt des herulischen Stammesbundes eingesetzt und somit erneut die ostherulischen Obodriten als Herrscherkaste bestätigt. Der Sohn des Drasco, Ceadrag, war erst 809 von seinem Vater dem Dänenkönig Göttrik als Geisel gestellt worden und stand deshalb oder aufgrund seines jugendlichen Alters für die Übernahme der Herrscherwürde nicht zur Verfügung.

Unter der Herrschaft Sclavomirs (Sclaomirs) beteiligten sich die Obodriten (fränk. "Abodriti") 812 zunächst noch am Heerzug der Franken gegen die Barbaren (Wilzen, Welataben). Nach dem Tod Karls des Großen im Jahr 814 muss es aber zu Streitigkeiten innerhalb des Stammesverbandes gekommen sein, wo herulische Clans und Kleinstämme Sclavomirs Herrschaft in Frage stellten. Im November 816 empfing Karls Nachfolger Ludwig der Fromme in Compiègne eine Gesandtschaft der Abodriten, die deshalb die Einsetzung des Ceadrag als angestammten Nachfolger des Drasco einforderte. Als Kompromiss ordnete Ludwig 817 die Mitregentschaft Ceadrags an.

Diese Beschränkung seiner Macht veranlasste den gedemütigten Sclavomir, sich von den Franken loszusagen. Er kündigte an, nie mehr über die Elbe gehen und bei Hofe erscheinen zu wollen, verweigerte dem Kaiser also die Huldigung durch Hoffahrt. Stattdessen ließ Sclavomir sofort Boten über die Ostsee zu den Söhnen Göttriks aufbrechen, verbündete sich mit ihnen und überzeugte sie, ein Heer nach Nordalbingien zu entsenden.


Die Lage der Burg Esesfeld

Zeitgleich fuhr die dänische Flotte die Elbe hinauf bis vor die Feste Esesfeld und verwüstete dort das Land an der Stör. Währenddessen zog Gluomi, der Befehlshaber im dänischen Grenzbezirk, mit seinen Fußtruppen und den Herulern zu Lande vor die Festung. Esesfelth vermochte der Belagerung zwar standzuhalten, wurde aber bald darauf von den nordalbingischen Sachsen aufgelassen und geräumt.

Ludwig der Fromme entsandte daraufhin 819 ein von kaiserlichen Gesandten geführtes Heer aus Sachsen und Ostfranken über die Elbe um Sclavomir für seine Treulosigkeit zu bestrafen. Dieser ergab sich aber offenbar kampflos und wurde vom Befehlshaber der sächsischen Grenzmark und den kaiserlichen Gesandten als Gefangener nach Aachen gebracht.

In Aachen wurde Sclavomir vor den Kaiser geführt, der gegen ihn ein förmliches Gerichtsverfahren eröffnete. Als Ankläger traten obodritische Adlige auf, Anhänger Ceadrags, die ihn des Verrats beschuldigten. Ludwig setzte Sclavomir daraufhin ab und verurteilte ihn zur Verbannung, während er Ceadrag als alleiniges Oberhaupt einsetzte. Doch als auch Ceadrag begann, sich mit den Dänen einzulassen, sandte Ludwig Sclavomir 821 in das Obodritenreich zurück, um wieder an Ceadrags Stelle zu treten. Sclavomir erkrankte jedoch auf der Rückreise und verstarb noch in Sachsen.

Bei den Sachsen empfing er 821 auf dem Sterbebett die christliche Taufe. Damit soll nach heutiger Ansicht Sclavomir der erste christlich getaufte Obodritenfürst gewesen sein, was jedoch wegen des byzantinischen Hintergrundes zurückkehrender Ostheruler ("Ostabodriten") nicht stimmen kann. Der Heruler-König Grepes konvertierte schon 528 zusammen mit einigen Adligen und zwölf Verwandten zum orthodoxen Christentum! Nach Procopius sind auch einige arianische Christen gewesen. Die Verbindung zum orthodoxen Christentum erklärt zu gleich, warum überhaut byzantinische Mönche im ostelbischen Gebiet missionieren konnten und damit diese unselige Glagoliza-Liturgie verbreiteten.

Primärquelle: Wikipedia
https://artsandculture.google.com/asset/...BgOyseHTw?hl=de

Ceadrag, der "Seedrache"

Ceadrag, Sohn des Drasco gilt ab 819 als alleiniges Oberhaupt der Heruler und entstammte, wie sein Vater und Großvater der Kriegerkaste der aus dem Schwarzmeerraum zurückgekehrten Obodriten. Obwohl mit fränkischer Unterstützung eingesetzt, war er keineswegs gewillt ein Vasall der Franken unter Ludwig dem Frommen zu sein und versuchte mit Hilfe des Dänenkönigs Göttrik eigenständig zu bleiben. Sein Name könnte eine Variante von Cedrik sein, den man heute gern fälschlich als "keltischen" Namen anpreist. Gleichzeitig behauptet man in der Wikipedia die Silbe "drag" wäre "slawisch", obwohl sie selbst nicht wissen, woher sie stammen würde. Kunststück, denn dieser Name leitet sich von einem Drachen ab (germ. "drako"), wobei das vorstehende "cea" dem verwandten altsächsischen "sêo" entspricht und für See steht. In diesem Sinne ist deshalb Ceadrag auch als Sedrag bekannt gewesen. Ceadrag für Seedrache und auch alle anderen ostelbischen Namen belegen nur den großen Einfluss des Seevolkes, der Heruler bis zum Havelland, die seit König Göttrik immer wieder direkt dänischen Königen unterstanden. Ob das erst seit König Göttrik so war, steht keineswegs fest, denn das sogenannte dänische Vindland könnte schon im 8. Jahrhundert König Angantyr und seinem Nachfolger Helge unterstanden haben. Zwischen 862 und 955 gilt das Vindland (Wendland) als Teil des Dänischen Reiches und dementsprechend entstand eine Überlieferungslücke in den fränkischen Chroniken. Dabei verstanden die Dänen unter Vindland die gesamte Küste von Mecklenburg-Vorpommern, das Hinterland muss jedoch bis in das Havelland gereicht haben, wo die Brendanburg (Brandenburg) und die Hæfeldan (= Heveller) klar dänische Namen haben!

Ceadrag, der "Seedrache" gelangte 808 im Rahmen des Friedensschlusses seines Vaters Drasco mit dem Dänenkönig Göttrik als vornehme Geisel in dänischen Gewahrsam. Er wuchs als Bürge für die Einhaltung der Friedensbedingungen am Hof Göttriks in Haithabu auf. Das lag in unmittelbarer Nachbarschaft zum Herulerreich und sicherte den Dänen weiteren Einfluss auf ihre Nachbarn, wobei Ceadrag sicher ebenfalls in diesem Sinne beeinflusst wurde. Als Drasco 810 ermordet wurde, stand Ceadrag aufgrund seines Alters oder wegen seiner Abwesenheit als Nachfolger noch nicht zur Verfügung.


Kaiser Ludwig, der Fromme

Karl der Große bestimmte deshalb 810 in Verden Drascos Bruder Sclavomir zum neuen Oberhaupt des obodritischen Stammesverbandes. Die Verhältnisse änderten sich zum Jahr 816. Entweder mit Eintritt ins Mannesalter oder bedingt durch seine Rückkehr machte Ceadrag seine angestammten Ansprüche auf die Oberherrschaft bei den Obodriten geltend, und im Herbst 816 trug eine Gesandtschaft obodritischer Adliger das Verlangen Ceadrags dem fränkischen Kaiser Ludwig dem Frommen in Compiègne (Compendium) vor.

Dieser erkannte die dynastischen Rechte Ceadrags an und setzte ihn 817 neben seinem Onkel Sclavomir zum Mitherrscher ein. Der derart gedemütigte Sclavomir kündigte dem fränkischen Kaiser die Gefolgschaft und wandte sich den Dänen zu, mit deren Unterstützung er Krieg gegen die Sachsen im fränkischen Nordalbingien führte. Daraufhin ließ der Kaiser ihn verhaften, setzte ihn ab und bestimmte Ceadrag 819 zum alleinigen Oberhaupt der Heruler.

Ceadrag gelang es, seine Stellung als Oberhaupt des Stammesverband zu festigen, indem er sich der Unterstützung des niederen Adels (meliores ac praestantiores) versicherte. Obwohl 821 seitens obodritischer Kleinstammfürsten der Untreue gegenüber den Franken durch eine Allianz mit den Söhnen Göttriks bezichtigt, die den Kaiser sogar zu dem Versuch einer Wiedereinsetzung Sclavomirs veranlasste, konnte er es sich leisten, den Reichstagen fernzubleiben. So wurde Ceadrag auf dem Reichstag 823 verklagt, dass er gegen die Franken nicht gerade treu sei und es schon lange versäumt habe, dem Kaiser zu huldigen.

Dieser entsandte eine Abordnung, die Ceadrag mit einigen Großen seines Volkes an den Kaiser zurückschickte mit dem Versprechen, im nächsten Winter vor ihm zu erscheinen. Ceadrag hielt dieses Versprechen ein und besuchte im November 823 den Reichstag in Compiègne, wo er sich wegen seines langjährigen Ausbleibens in annehmbarer Weise vor dem Kaiser rechtfertigte. Obwohl er in mancher Beziehung schuldig erschien, blieb er doch mit Rücksicht auf die Verdienste seiner Vorfahren nicht nur straffrei, sondern durfte auch reich beschenkt in sein Land zurückkehren.

Anlässlich einer erneuten Anklage auf dem Reichstag in Ingelheim 826 entging Ceadrag der Absetzung nur, weil sich im Herulerreich eine fränkische Kommission aufhielt, die den niederen Adel befragte und sich dadurch für seine Beibehaltung als Herrscher aussprach. Ceadrag musste als Bürgen für sein künftiges Wohlverhalten Geiseln stellen und konnte als Oberhaupt (fränk. "Samtherrscher") der Obodriten zurückkehren. Das fränkische Verfahren ähnelte dem gegen abtrünnige Reichsvasallen, denen das Lehen entzogen oder aus kaiserlicher Gnade belassen wird. Der Begriff "Samtherrscher" ist ein Kunstbegriff, da die tatsächliche Position der ostelbischen Fürsten im Frankenreich nicht immer klar war. Die sogenannten "Samtherrscher" werden von den fränkischen Chronisten abwechselnd als reguli (lat. der Regelnde), duces (lat. der Führende), principes (lat. der Erster), meliores (lat. der Beste), praestantinores (lat. der Vorzügliche) oder primores (lat. der Vornehmste) bezeichnet und sind zu Tribut und Heerfolge verpflichtet.

Ob Ceadrag noch Inhaber der fränkischen "Samtherrscherwürde" war, als Ludwig der Fromme 838/839 fränkische Grafen mit einem Heer gegen die Obotriten entsandte, ist den Quellen nicht zu entnehmen. Diese Auseinandersetzung markiert jedenfalls das Ende des Bündnisses der Franken mit den Obotriten aus dem Jahr 780.

In die Herrschaftszeit Ceadrags fielen die erstmalige Errichtung der obotritischen Burg in Alt-Lübeck (Dendrodaten von 817 bis 819) und als Reaktion hierauf die Errichtung des fränkischen Kastells Delbende an der Elbe im Jahre 822.


Primärquelle: Wikipedia
von Weltzien, Wikinger aus genealogischer Sicht
https://www.wikiwand.com/de/Liste_der_me...%9Fherz%C3%B6ge

Goztomuizli, der "Götzenkrieger"

Als Nachfolger Ceadrags gilt bisher Goztomuizli, der bis 844 über den herulischen Stammesverband herrschend, im Kampf gegen den ostfränkischen König Ludwig den Deutschen fiel, worauf der gesamte Stammesverband auseinander brach. Goztomuizli hatte zuvor auch keine fränkische "Samtherrscherwürde" erhalten und sich in Machtkämpfen zwischen den beiden führenden Heruler-Clans als Nachfolger Ceadrags durchgesetzt. Ob er den ostherulischen Obotriten oder den Altherulern in Ostholstein angehörte, ist nicht überliefert. Ohne fränkische Legitimation Oberhaupt der Heruler zu werden, könnte jedenfalls bedeuten, dass diesmal die Obotriten das Nachsehen hatten und mit Goztomuizli die Heruler als zunächst unabhängige Macht auftraten.

Nachdem der fränkische Kaiser Ludwig der Fromme Ceadrag in sein Reich hatte zurückkehren lassen, fand dieser in den Quellen keine Erwähnung mehr. Im Falle seines Ablebens wäre ein Nachfolger kraft Erbrechtes aus Ceadrags Familie zu berufen gewesen. Doch Goztomuizli entstammte auch dem Namen nach nicht der Familie des Ceadrag, sondern entstammte offenbar mit seinem für das Jahr 862 erwähnten Sohn, dem dux Abodritorum Tabomuizli, einem Heruler-Clan, der nicht den Obotriten angehörte.


Horik I. erhob schon 838 Ansprüche auf das ostelbische Reich der Heruler (= "Vindland") und war Zeitzeuge des lebenden Ragnar Lodbrok, der ihm persönlich von der ersten Belagerung von Paris berichtete

Als Grund für den Wechsel des vorherrschenden Clans wird die Schwäche des Reiches einerseits und der aufkommenden Stärke der Dänen unter ihrem neuen Herrscher Horik I. angegeben. Der frankenfreundliche Obotriten-Clan des Ceadrag verlor mit dem Kaiser eine Stütze ihrer Macht, während die dänische Durchdringung des Heruler-Reichs in wirtschaftlicher, kultureller und persönlicher Hinsicht diese zu einem natürlichen Bündnispartner der Heruler machte. Möglicherweise war es ausgerechnet die frankophile Ausrichtung der Obotriten, die schon auf dem Balkan keine Probleme mit dem Status eines Vasalls für die Byzantiner hatten. Tatsächlich dürfte es bei Goztomuizli und seinen Anhängern auch um die Bewahrung ihrer Lebensweise gegangen sein, die sich gegen jede christliche Missionsarbeit wehrten, während die führenden Obotriten, bereits unter den Byzantiniern zum orthodoxen Glauben konvertiert waren.


König Ludwig der Deutsche

Damit kann eine Einsetzung Goztomuizlis durch den fränkischen Kaiser oder gar den ostfränkischen König ist vor diesem Hintergrund ausgeschlossen werden. Ein solches Ereignis hätte anderenfalls seinen Niederschlag in den über die Geschehnisse an der östlichen Reichsgrenze gut unterrichteten Annales Bertiniani gefunden, zumal es während der innerdynastischen Kämpfe der Karolinger 830–842 von herausragender Bedeutung gewesen wäre. In dieser Phase erschöpfte sich die Ausübung der fränkischen Herrschaft über die elbslawische Peripherie im Empfang von Gesandtschaften als höchstem Ausdruck fränkischer Oberhoheit. Real dürfte das jedoch für Goztomuizli keinerlei Bedeutung gehabt haben, wenn er keinem fränkischen Kaiser huldigen musste. Das drückte wohl insgesamt auch sein Name aus, der in fränkisch-sächsischen Überlieferungen wohl als Heiden im ostelbischen Sumpf beschreibt. Gleich mehrere Varianten sind bekannt, woraus man rekonstruieren kann, dass er sich aus dem Althochdeutschen herleiten lässt. Von *gozza etwa auf die Varianten Gozzomiul und Gozzomuil bezogen, wird er zunächst in den Überlieferungen vielleicht als Gote beschrieben, was wegen der gemeinsamen herulisch-gotischen Geschichte der Ost-Heruler nicht widersprüchlich erscheint. Der Name lässt sich nachfolgend auf das germanische *mili für Krieger beziehen, womit Gozzomiul zugleich ausdrückt, dass der eigentliche Name dieses herulischen Oberhauptes unbekannt geblieben wäre. Bei den Varianten Gotzomuizli und Goztomuizli könnte es hingegen etwas anders aussehen, den auf das indogermanische "mūs" für Sumpf bezogen, wird dieses Oberhaupt auf Gotzo bezogen, als "Götzenanbeter im Sumpf" beschrieben, was ihn in den Augen fränkischer Chronisten gleichzeitig als Heiden beschreibt. Darauf kommt man über das althochdeutsche *gotstuol für Götzentempel. Dieser Name ist also mitnichten irgendwie "slawisch" zu deuten! Auf alle Varianten bezogen, wären deshalb Gozzomiul und Gozzomuil eher als Götzenkrieger zu deuten, ein Begriff der nur in den fränkisch-sächsischen Schreibstuben entstand.

Das Wirken Goztomuizlis als herulisches Oberhaupt lässt sich aufgrund seiner alleinigen Erwähnung 844 nur erschließen. Die Annales Fuldenses berichteten, die Obotriten hätten einen Abfall von den Franken geplant. Demnach könnte Goztomuizli inzwischen ein Bündnis mit dem dänischen König Horik I. eingegangen sein, dem großen Gegenspieler Ludwig des Deutschen um die Vorherrschaft im Norden.

Horik I. hatte bereits 838 die Anerkennung seiner Herrschaftsansprüche über die Heruler eingefordert. Gegenüber den Franken hätte sich ein solches Bündnis durch Verweigerung von Tributzahlungen, Überfälle auf Grenzbefestigungen an der Elbe und Raubzüge in fränkisches Gebiet bemerkbar gemacht. Zur Durchsetzung seines eigenen Herrschaftsanspruches überquerte Ludwig der Deutsche im August 844 mit einem starken ostfränkischen Heer die Elbe, drang in das Land der Heruler ein und besiegte deren Aufgebot im Kampf. Üblicherweise bestand die Verteidigungsstrategie der Heruler darin, eine offene Feldschlacht zu meiden und sich in ihre gut befestigten und daher schwer einnehmbaren Burgen zurückzuziehen, um die Belagerer später mit herbeigerufenem Entsatz von außen anzugreifen. Es liegt deshalb im Bereich des Möglichen, dass Ludwig der Deutsche in der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit direkt zu der von Goztomuizli gehaltene Hauptburg marschierte, diese überrannte und Goztomuizli dabei getötet wurde.

Nach dem Tod ihres Oberhauptes unterwarfen sich jedenfalls die nunmehr führungslosen herulischen Clans (reguli) und erkannten die Oberhoheit Ludwigs an. Anders als seine Vorgänger setzte dieser kein neues Oberhaupt ein, sondern bestimmte einige der anwesenden Clanführer zu Fürsten (dux) über mehrere Kleinstämme, die auf diese Weise zu einem Teilstamm unter einer Herrscherkaste zusammengefasst wurden. Selbst wenn damit die Errichtung einer fränkischen Grafschaftsverfassung auf herulischem Territorium beabsichtigt gewesen sein sollte, war diese nur von kurzer Dauer. Bereits im folgenden Sommer kam es zu erneuten kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen herulischen Clans und Ostfranken und 862 erwähnten die Annales Fuldenses mit Tabomuizli ein neues Oberhaupt, doch ab dieser Zeit gehörte das ostelbische Herulergebiet zum Dänischen Reich!

Primärquelle: Wikipedia

Tabomuizli als Vasall der Dänen

Wie auch immer Goztomuizli, der "Götzenkrieger" oder "Götzenanbeter" wirklich hieß, als er auf dem Schlachtfeld fiel, stand vielleicht ein Sohn von ihm bereit, die Nachfolge als herulisches Oberhaupt anzutreten. Unter dem Namen Tabomuizli wurde er jedoch erst 862 erwähnt, also genau in jenem Jahr, ab wann das gesamte "Vindland" als Teil des Dänischen Reiches galt. Warum man überhaupt Tabomuizli als Sohn von Goztomuizli vermutet, liegt wohl an der Ähnlichkeit der Namen, sonst gibt es nichts, was das irgendwo bestätigen könnte. Doch wenn Goztomuizli nur eine Annalisten Schöpfung für einen namentlich unbekannten Barbaren im Sumpf ist, trifft das auch auf Tabomuizli zu, weswegen er auch ein gewähltes Oberhaupt der Heruler sein kann. Sein Name bedeutet wohl das gleiche, wie Goztomuizli, den das vorstehende "Tabo" lässt sich vom germanischen *taubra herleiten, was ebenfalls "Götzenbild", Hexer oder Zauberer bedeutet. Ein annalistischer Schmähname also für einen Barbaren, der 862 den Dänen unterstand.


Der Scharsee mit seiner Halbinsel, auf der sich früher eine Wallburg der Heruler befand.


Die herulische Katzburg bei Bosau-Hassendorf.
F.pl3, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-4.0

Zu dieser Zeit entstanden noch weitere Burgen der Heruler, so etwa auf einer Halbinsel am Ostufer des Scharsees, Bosau-Hassendorf und Warder. Nach dem "Geographus Bavarus" kann sogar von 53 civitates ausgegangen werden. Diese civitates werden gemeinhin mit den Siedlungskammern gleichgesetzt. Man hat ausgerechnet, dass auf Wagrien etwa 10 bis 15 civitates entfielen. Dies entspricht recht genau den 14 Burgwällen (= Siedlungskammern?), die sich für den Anfang und das Ende des 9. Jahrhunderts im Dänemark unterstehenden Wagrien feststellen lassen. Von der Anzahl der Siedlungskammern könnte vielleicht auch auf die Zahl der Heruler-Clans geschlossen werden, denn ihnen entstammten auch Familien, die später zum mecklenburgischen Adel gehörten.

Zu dieser Zeit herrschte Horik II., den man wegen seines Namens ebenfalls schon als Sohn von Horik I. deutete. Tatsächlich ist das überhaupt nicht belegbar. Horik I. wurde im Jahre 854 von seinem Neffen Guthorm herausgefordert und worauf dieser die Herausforderung annahm. Zwei große Heere sammelten sich und in der nachfolgenden Schlacht wurden bei Rivalen getötet. Dazu noch viele andere Mitglieder der königlichen Familie, von der nur ein Junge mit gleichen Namen wie sein Vorgänger Horik übrig blieb. Ein direkter Sohn muss es jedoch nicht gewesen sein, über dem zuvor ohnehin nichts überliefert ist. So gilt Horik II. nur als "Verwandter" von Horik I., was natürlich die Frage nach seinem wirklichen Vater aufwirft. Horik II wurde jedenfalls auch als "Erik, das Kind" bekannt.

Nach dem Tod von Horik I. riet Earl Hovi von Südjütland dem nachfolgenden Horik II., die Kirche in Hedeby zu schließen und den Priester aus dem Land zu werfen. Doch Horik setzte Hovi kurz darauf ab, baute die Kirche wieder auf und und ließ die Priester im Land. Ansgar kam kurz darauf zu Horik, der ihm erlaubte, die Glocke in der Kirche zu läuten, was zu Horik I. Zeiten noch nicht erlaubt war. Dazu erlaubte er ihm auch, eine Kirche in Ribe zu bauen.

Im Jahre 855 erschienen Rørik und Gudfred (Neffe und Sohn des Königs Harald Klak) an der Grenze, nachdem sie in Haralds Grafschaft Rüstningen in Friesland gelebt hatten. Beide forderten einen Teil des Königreichs. Sie wurden von Horik abgewiesen, aber im Jahre 857 kamen sie zurück und bekamen Eiderstedt übereignet: "Das Land zwischen Meer und Eider". Doch Horik gelang es, kurz darauf den Rørik zu verdrängen. Im selben Jahr verdrängt er auch Earl Hovi und öffnet die Kirche in Hedeby wieder. Er schenkte dieser Kirche auch eine Glocke und 860 gibt er noch die Erlaubnis, eine Kirche in Ribe zu eröffnen.
Viel geben die Quellen über Horik II. nicht her, nach einem Brief soll der Papst versucht haben, ihn zum Übertritt zum Christentum zu bewegen. Sein Todesjahr ist nicht bekannt, aber in 873 werden neue dänische Könige in den Quellen erwähnt.

Der Chronist Saxo Grammaticus erwähnt jendenfalls Horik II. (Erik, das Kind) im 9. Buch Kapitel 6, wo er ihn als Sohn von Ragnar Lothbroks Sohn Sigurd Orm-i-Eye ("Schlangenauge") bezeichnte. Horik I. wäre dazu noch der Bruder von König Harald Klak, dessen Thron Erik, das Kind (Horik II.) raubte. Horiks Rivale Guthorm war dazu Harald Klaks Sohn. Um 871 wird Bagsecg ein weiterer dänischer König genannt, der in den 860 er Jahren der Anführer der dänischen-nordischen Wikingerinvasion in England war. In England selbst soll er sich vor Ort den Söhnen von Ragnar Lodbrok angeschlossen haben. Dieses Wikingerheer ist in England auch als Großes Heidenheer überliefert, was im Januar 871 in der Schlacht von Ashdown von den Westsachsen geschlagen wurde und Bagsecg dabei fiel. 873 wird ein dänischer König Sigfred benannt, der mit König Ludwig, dem Deutschen ein Friedensabkommen schloss. Hier wurde auf jeden Fall der dänische Besitz des "Vindlands" bestätigt, dessen Status bis 955 unverändert blieb. Wer also auch immer bei den Herulern führte, er unterstand den Dänen, wobei das "Vindland" bis zur Brendanburg im Havelland von Herulern für die Dänen kontrolliert wurde. Die Heruler traten dabei als ranische Kriegerkasten (z.B. Stodoranen, Ukranen) auf, die von dänischen Wallburgen aus (wie die Brendanburg) Ostelbien durchstreiften und so sicher auch Tribute eintrieben (Ranen= an. für Räuber, Plünderer).

Primärquelle: Wikipedia
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Nakon, Oberhaupt der Heruler

954 wird erstmals wieder ein Herulerfürst namens Nakon erwähnt, der bis 965 oder 967 im zwischen Ostholstein und Mecklenburg über den Stammesverband der Heruler herrschte. Ob er den Obotriten (Ost-Herulern) oder den Altherulern (und West-Herulern) in Ostholstein angehörte, lässt sich schon von seiner Gegnerschaft aus wagrischen Fürsten ermitteln, die in Ostholstein noch den Altherulern angehörten. Nakon würde also den ostherulischen Obotriten angehörten, deren beste Krieger meistens beritten auftraten.

Namentlich ist er auch als Nacco oder Naqun überliefert, der sich im Altnordischen wohl aus zwei Wörtern zusammensetzte. Zum einen wird "nagr" oder "naga" für Raubvogel eine Rolle spielen und "kyn" für Geschlecht, was ihn quasi als Anführer einer Räuberbande beschreibt. Das passt auch wieder zum herulischen Beinamen als Ranen, die im Altnordischen ebenfalls für Räuber und Plünderer stehen. So bürgerten sie sich als Synonyme für nichtdänische Wikinger-Clans ein, die vorwiegend die südliche Ostseeküste zwischen Wagrien und Pommern dominierten.


Die Reste der Burg Mecklenburg (Mikelinburg)

Um 965 stellte der jüdische Reisende Ibrahim ibn Jacub den auf der Mecklenburg residierenden Nakon in eine Reihe mit den bedeutendsten Fürsten in Prag, Gnesen und auf den Balkan bei den Bulgaren.
Auf Nakon geht auch das nach ihm benannten Fürstengeschlechtes der "Nakoniden" zurück, obwohl seine Herkunft unbekannt ist.

Man spekuliert bisher, dass er der Sohn eines namentlich unbekannten Herulerfürsten wäre, über dessen Taufe im Jahre 931 berichtet wird. Zu dieser Zeit gehörte das Herulerreich als Vindland noch zum Dänischen Reich, über das König Gorm, der Alte herrschte. Von Nakon ist ein Sohn Mistiwoj überliefert, der ihm in der Oberherrschaft über die herulischen Clans nachfolgte. Ein Herrführer Stoignew (Stoinef), der in der Schlacht an der Raxa mit seinem Heer gegen die Sachsen unterlag, soll Nakons Bruder gewesen sein.

Das Jahr von Nakons Herrschaftsantritt lässt sich nicht feststellen. Erstmals erwähnt wird er zum Jahr 954 in der um 967 entstandenen Sachsengeschichte Widukind von Corveys. Widukind bezeichnet Nakon als subregulus, wörtlich: „Unterkleinkönig“, was gegen seine Stellung als Oberhaupt herulischer Clans sprechen würde.

Nahezu gleichzeitig mit Widukind berichtet Ibrahim Ibn Jakub über Nakon. Er bezeichnet ihn als „König des Westens“. Nach Ibrahims Beobachtungen befehligte Nakon eine schwer bewaffnete, berittene Kriegerkaste und residierte auf einer Burg, die man heute für die Mecklenburg hält. Auch verfügte Nakon über Macht und Mittel zum Bau einer weiteren Burg. Die Stärke von Nakons Gefolgschaft ist unbekannt, aber sie dürfte verhältnismäßig groß gewesen sein. Dafür spricht die durch Ibrahim vorgenommene Gleichsetzung Nakons mit den Fürsten der Bulgaren, Böhmen und Daglingern, den bedeutendsten östlichen Herrschern jener Zeit.

Gerard Labuda ermittelte für die vergleichbaren Verhältnisse im Herzogtum Gnesen unter Dago Miseko dass die Aufwendungen für Ausrüstung und Unterhaltung eines einzelnen Berittenen der Arbeitsleistung von 10 Bauern entsprochen haben muss. Daraus wird abgeleitet, dass es unter Nakon bei den Herulern bereits ein leistungsfähiges Abgabensystem gegeben haben muss, aus dessen Einnahmen Nakon seine Gefolgschaft finanzierte. Zwei Getreideaussaaten im Jahr und ein bemerkenswerter Reichtum an Pferden lassen zudem auf eine leistungsfähige Landwirtschaft schließen.

Nakons Herrschaft erstreckte sich um 965 im Westen bis zu den Dänen und Sachsen. Damit schloss sie Wagrien und das Siedlungsgebiet von suebischen Stämmen an der unteren Elbe mit ein. Nakons widerspenstige Fürsten in Ostholstein sollen nach jüngerer Auffassung entweder ihre Eigenständigkeit gefordert haben, oder als Angehörige eines unterworfenen Fürstenhauses aufbegehrt haben. Das würde aber auch für die wesentlich heidnischeren Altheruler sprechen, die sich wohl wesentlich länger gegen eine Christianisierung gewehrt hatten.

Im Osten gebot Nakon über den für den Stammesverband namensgebenden Teilstamm der Obotriten. Dieser siedelte um Wismar und beidseits des Schweriner Sees. Ob auch die Wikinger an der Warnow mit den Kessinern und die Wikinger-Clans an der oberen Peene (Zirzipanen) an der Oberen Peene den Herulern unterstanden lässt sich nicht ermitteln. Letztlich unterstand jedoch bis 955 das gesamte Gebiet dänischer Oberherrschaft!

Die Beziehungen Nakons zu den benachbarten Sachsen sind aus den Schriftquellen schwer zu erklären. Denn trotz einer angeblich sachsenfeindlichen Gesinnung sind Kämpfe Nakons mit dem sächsischen Fürsten Hermann Billung nicht belegt. Bis 955 lässt sich das mindestens durch die dänische Oberherrschaft erklären. Hermann verfolgte zwar seine flüchtigen Neffen Wichmann II. und Ekbert vom Ambergau auf herulisches Gebiet, wo er Anfang März 955 erfolglos eine ansonsten unbekannte Burg namens Suithleiscranne berannte. Verteidigt wurde die Festung aber offenbar von Wichmann II. und seiner Gefolgschaft. Auch als Wichmann II. nach dem Osterfest in sächsisches Gebiet einfiel und nun als Anführer einer überwiegend ostelbischen Gefolgschaft die sächsische Burg Cocarescemier eroberte, deren Bewohner anschließend massakriert und versklavt wurden, war Nakon nicht beteiligt. Stattdessen berichtet Widukind von Corvey nur von einer auffallenden Scheu Herrmann Billungs, in das Herulergebiet einzudringen, deren Status nach 955 wohl fielen unklar war. Ernst Schubert vermutet jedoch, dass zwischen Nakon und dem verstorbenen Wichmann I. eine Freundschaftsbündnis bestanden haben könnte.

Die im weiteren Verlauf des Jahres 955 ausgetragene Schlacht an der Raxa zwischen einem sächsisch-böhmisch-ostelbischen Aufgebot unter Otto I. und Markgraf Gero sowie einem Heer aus Obotriten und heidnischen Clans an der Peene unter Stoignew (altnordisch von "stig-nefa" für würdiger Nachkomme/Neffe) fand ohne Nakon statt. Die verheerende Niederlage Obotriten blieb jedoch für Nakon politisch folgenlos: 10 Jahre später bezeichnete ihn Ibrahim ibn Jacub als „König des Westens“, was womöglich für eine Eigenständigkeit nach der Schlacht an der Raxa spricht, denn zu dieser Zeit gehörte das Vindland (dänisch für Wendenland) nicht mehr zum Dänischen Reich.

Nakon muss zwischen 965 und 967 gestorben sein, denn 967 benennt Widukind bereits Mistiwoj den neuen Obotritenfürsten.

Primärquelle: Wikipedia
Bild: www.kleks-online.de