1884 - Der Wettlauf um Kamerun



Adolf Woermann: »Man muß den Engländern zugestehen, dass ihre Interessen in Kamerun die älteren waren. Denn englische Kaufleute hatten bereits im Jahre 1841 mit den Häuptlingen des Küstenstammes der Duala ei­nen ähnlichen Vertrag abgeschlossen, wie die deut­schen Kaufleute das seinerzeit in Togo getan hatten.«

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte auch das Hamburger Handelshaus Woermann an der südlichen Kamerunküste, in Batanga, eine Niederlassung gegründet und war damit das erste in Westafrika tätige deutsche kaufmännische Unternehmen geworden. Bereits 1874, drei Jahre nach der deutschen Reichsgründung, erschienen dem Hause dann die deutschen Interessen an der Kamerunküste bedeutend genug, »um die Ernennung eines deutschen Konsuls für diese Gegend zu beantragen; leider ohne Erfolg«.


Victoria in Kamerun zur deutschen Kolonialzeit

Ein Jahr später ließ sich eine andere Hamburger Firma, Jantzen & Thormählen, ebenfalls an der Küste nieder. Die Deutschen richteten zusätzliche Faktoreien in Viktoria, Bimbia, Malimba und am Campofluss ein. Woermann schuf sogar eine eigene Dampferlinie, die »in regelmäßiger Fahrt« von Hamburg aus »alle Handelsplätze dieser Gegend« anlief, zweifellos ein Wagnis, hatte doch bereits eine englische Linie »dort Fuß gefasst«.

Hinzu kam, dass auch die englischen Häuser nicht untätig blieben und dem wachsenden deutschen Einfluss, zunächst recht erfolgreich, zu begegnen suchten. Dazu mag wesentlich beigetragen haben, »dass häufiger englische Kriegsschiffe vor den Küsten Kameruns erschie­nen« und bei den Eingeborenen den Eindruck zu erwecken verstanden, England sei der »weitaus mächtigere Staat«. Hinzu kam weiter, »dass auch hier wie in ganz Afrika die Eingeborenen von dem neugegründeten Deutschen Reiche nichts wussten, sondern nur Hamburg kannten, als Heimatland der unter ihnen lebenden Deutschen.«

Das Ansehen der Briten war schließlich so groß, »dass sie 1882 die Häuptlinge veranlassen konnten, England um Übernahme der Schutz­herrschaft zu bitten«. Offensichtlich aber war man sich im britischen Kolonialamt seiner Wertschätzung bei den Eingeborenen so sicher, dass anderthalb Jahre vergingen, ehe aus London Antwort kam. Zu spät, wie sich zeigen sollte, denn die Deutschen nutzten diese Zeit.

Inzwischen hatte nämlich ein Bericht der Hamburger Handelskammer vom 22. Dezember 1883 über die Lage des deutschen Handels an der westafrikanischen Küste, verbunden mit Vorschlägen zu dessen Sicherung und Erweiterung, Reichskanzler v. Bismarck veranlasst, dem damaligen Generalkonsul von Tunis, Dr. Nachtigall, am 19. März 1884 den Auftrag zu erteilen, sich »behufs Abschließung von Verträgen an die afrikanische Westküste zu begeben«.

Nachdem Nachtigal am 5. und 6. Juli an der Togoküste in Bagida und Lome die deutsche Flagge gehisst hatte, dampfte er mit der »Möwe« unverzüglich weiter nach Kamerun. Dort jedoch war am Morgen des 10. Juli das englische Kanonenboot »Goshawk« eingetroffen und in den Kamerunfluss eingelaufen. Schon glaubten die Deutschen, dass »alles verloren sei, doch befand sich glücklicherweise der englische Konsul nicht an Bord«, so dass eine Inbesitz­nahme britischerseits nicht möglich war.

Nun hatten sich die Sympathien der am Kamerunfluss ansässigen Häuptlinge angesichts des Ausbleibens einer Antwort auf ihre an England gerichtete Bitte um Schutzherrschaft allmählich den Deutschen zugewandt.

Als die ortsansässi­gen Engländer von den deutschen Plänen Kunde erhielten, ließen sie nichts unversucht, um die von den Deutschen zu erwartende Inbesitznahme Kameruns zu verhindern, doch waren die Eingeborenen nicht mehr umzustimmen, weder durch massive Drohungen seitens des Kommandanten der »Goshawk« noch durch dessen Hinweis, der britische Konsul werde in Kürze eintreffen.


Flaggenhissung auf einem deutschen Militärstützpunkt in Kamerun - Ab 1884 besaß das Deutsche Reich mit Kamerun eine neue Kolonie

Am Morgen des 11. Juli lief das englische Kanonenboot unverrichteter Dinge aus - am Abend traf Nachtigal mit der »Möwe« ein und schloß am folgenden Tage mit »den unterzeichneten unabhängigen Königen und Häuptlingen des Landes Kamerun am Kamerunfluss ...« einen Vertrag ab, in dem diese die »Hoheits­rechte, die Gesetzgebung und Verwaltung« ihres Landes »vollständig... an die Herren Eduard Schmidt und Johannes Voß als Vertreter der Firmen C. Woermann und Jantzen & Thormählen in Hamburg ..., welche seit vielen Jahren an diesem Flusse Handel treiben«, abtraten.

Am 14. Juli wurde die deutsche Flagge gehisst, Dr. Buchner, Nachtigals Begleiter, »provisorisch als Gouverneur eingesetzt«.

Erst fünf Tage später traf auf dem Kanonenboot »Flirt« der britische Konsul Hewett ein. Als Antwort auf seinen Protest gegen die Besitzergreifung hissten die Deutschen auch in Bimbia, Malimba und Klein-Batanga die deutsche Flagge (21./23. Juli).


Zu spät im britisch-deutschen Kolonialrennen um Kamerun: Konsul E. A. Hewett

»Somit hatte das Deutsche Reich am Meerbusen von Guinea festen Fuß gefasst.« Dem Verlierer des Wettlaufs um Kamerun, Hewett, trug seine verspätete Ankunft, die England eine Kolonie kostete, den Spitznamen "too-late-Consul" ein.

Quelle: Graudenz/Schindler, Die deutschen Kolonien

Kamerun - das Stiefkind unter den Schutzgebieten

»Überhaupt sind die Kamerunneger die frechsten und unverschämtesten Neger der ganzen Küste, und ich kann nur nicht begreifen, wie die Weißen sich hier haben die Neger so schlecht erziehen können« , Eduard Woermann, Großkaufmann und Reeder aus Hamburg. »Hauptnahrungsmittel sind Yams, Maniok, Hirse und Bataten, am Morgen essen sie Kolanuss mit Malgettapfeffer. Beilagen können Ratten, Mäuse, Engerlinge, Amei­sen und Termiten sein« , Franz Hutter, ksl. Hauptmann aus Kempten, Stationschefin Baliburg. »Stirbt eine angesehene Person, so ster­ben auch zwei bis sechs und mehr eines gewaltsamen Todes, welche darüber in Verdacht der Zauberei geraten sind.« , Hans Dominik, ksl. Major aus dem westpreußi­schen Kulm, Stationschef in Jaunde ...


Deutsch-Kamerun in seiner frühen Grenzziehung

Martin Dibobe aus Kamerun brannte da­rauf, das Bild, das sie sich im Mutterland von seiner Heimat machten, zu korrigie­ren, Berlinern, Hamburgern oder Kölnern, die in Berlin, Hamburg oder Köln mit nichts zu begründende Angst vor dem schwarzen Mann zu nehmen.

Als die vom Verein Berliner Kaufleute und Industriel­ler ausgerichtete Deutsche Gewerbeaus­stellung am 1. Mai 1896 die Tore öffnete, stellte der Afrodeutsche zusammen mit rund 100 Afrikanern und Ozeaniern die Kolonialexposition »Zum Studium unserer Schutzgebiete«. Eine Ausstellung von Ko­lonie-Menschen, die zusammen mit Mari­neschauspielern der Propaganda für die Schutzgebiete und der kaiserlichen Kriegsflotte diente: Die Kolonien für imperiale Größe, die Flotte für des Reiches Heil zur See.

Damit sich Besucher eine richtige Vorstel­lung machen konnten, hatten die Ausrich­ter im Treptower Park ein Negerdorf aufgebaut. Ein reales Stück Afri­ka, in dem Dibobe im exotischen Outfit afrikanisches Alltagsleben vorführte. Kleine Neger, große Affen. Giraffa came-lopardalis, Panthera leo. Marienberg und Tschebtschigebirge. Nachtigalschnellen und Ngaundereplateau. Stickige Tropen­nächte und tropenkräftige Natur. Wilde Ekstasen unterm Butter- und Leberwurst­baum, übermütiger Spaß. Als Zugabe die krumme gelbe Frucht Musa paradisiaca subsp. sapientum.


Martin Dibobe aus Kamerun, 1896 Ausstellungsstück der Kolonial­exposition »Zum Studium unserer Schutzgebiete« als Angestellter der Berliner Verkehrsbetriebe- seine Geschichte steht für ein alternatives koloniales Bild des Deutschen Reiches, wenn es nie die Weltkriege gegeben hätte.

Deutsche Kolonisierende, die Martin Di­bobe im Negerdorf gesehen hatten, woll­ten hinterher nicht viel mehr von kameru­nischen Kolonisierten wissen als bisher. Das Land mochte dank seiner bevorzug­ten Lage am Golf von Guinea der schöns­te Punkt an Afrikas Westküste sein ... »und nicht nur der schönste, sondern auch der fruchtbarste«, so Paul Preuss aus Thorn, Lei­ter des Botanischen Gartens in Victoria.

Den Ruf, Stiefkind von Kaiser und Nation zu sein, wurde es trotzdem nicht los. Wann immer Kamerun in den Schlagzei­len stand, waren es recht negative. Die Besetzung eines riesigen Areals kam nur auf der Kriechspur voran. Fortschritte machten sich langsamer bemerkbar, drückten sich, wenn überhaupt, beschei­dener als in jeder anderen deutschen Afrikabesitzung aus. Der Grund, warum sie sich im Reich ganz generell weniger für Kameruns Menschen als für seine Tierwelt interessierten.

Ein Vertreter davon sollte als Spende des Haudegens Hans Dominik, dessen Leute zwischen kleinem und großem Kanonen­donner im Mwelle-Gebiet ein paar Elefan­tenkälber gefangen hatten, bald in Berlins zoologischem Garten stehen. »Acht Tage nach dem Fang waren sie schon so zahm, dass ihr Wärter ruhig in ihren Stall gehen konnte, sie zu füttern!« Der imperialen Metropole vermacht, war der Dickhäuter aus dem Mwelle-Gebiet Deutschlands erster zahmer afrikanischer Elefant.

Was deutsche Menschen seit dem Tag der Inbesitznahme zusätzlich faszinierte, wa­ren Kameruns Menschenaffen, die sagen­umwobenen Gorillas des Waldlands: »Grö­ße eines Menschen, nur weit breitschul­triger, mit kräftigen und muskulösen Ar­men und gewaltigen Händen, kammartig gewölbtem Rücken, der breiten, tief durch­furchten Nase, der mächtigen, vorsprin­genden Schnauze, aus welcher ein furcht­bares Gebiss mit scharfen Eckzähnen her­vor fletscht, der schwarzen Behaarung, die auf dem Genick fast zu einer sträubenden Mähne sich verlängert.«

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs ken­nen die deutschen Kolonialherren viele eingeborene Stämme noch nicht genau: »Die Gundi [am Ssanga] sind schmutzig, bauen Maniok und Bananen an und leben von Fischfang und Jagd«.

Von den Gorillas sind dagegen sechs Ras­sen bereits recht ausführlich beschrieben: G. diehli im Bereich des Calabar, G. zenkeri von Bipindi, G. hansmeyeri vom Dume, G. schwartzi vom Sanga, G. matschiei von Jaunde und G. jacobi vom oberen Dscha.

Das Schutzgebiet selbst war Rätselland ge­blieben, wogegen Repräsentanten vor Ort vergeblich anschrieben. Kamerun und seine Kameruner: »Stirn niedrig, unterer Gesichtsteil von der Na­senwurzel ab vorgeschoben, Nase kolos­sal breit, plattgedrückt, mit gewaltigen flei­schigen Flügeln; Gesicht besonders um den Mund herum faltig, Lippen dünn; stark be­haarter Oberkörper; Farbe heller als bei den übrigen Negern; kupferig und mit er­digem Ton« so Friedrich Plehn, Regierungs­arzt in Duala über das Wildbeutervolk der Pygmäen.


Das deutsche Kribi an der Küste Kameruns (1910)


Die katholische Mission in Kribi und die Brücke über den Fluss

Erdachtes und Erlebtes: »Der Neger ist kein Kind, der Neger ist eben Ne­ger« ,Grete Ziemann, Hausfrau, in Mola Koko! Grüße aus Kamerun.

»Im übrigen sind die Leutchen von so gut­mütigem, friedfertigem Charakter, dass, wenn es mir einmal beschieden sein soll­te, in einen afrikanischen Kochtopf zu wandern, ich mir die Batom wählen wür­de« , Eugen Zintgraff, Afrikareisender über das Bantuvolk der Batom.

»Die Frauen sind, solange jung, zum gro­ßen Teil große Schönheiten; nur ihre Ma­gerheit wirkt häufig störend. So mancher und manche Fulla würde als Marmorbüs­te wohl eher für einen Hermes oder eine Diana als für einen afrikanischen Typus gehalten« ,Siegfried Passarge, Mediziner und Naturwissenschaftler ...

Martin Dibobe war unter jenen Ausstel­lungsstücken, die nach dem Abbau des Negerdorfs im Deutschen Reich blieben. Nach einer Schlosserlehre bei Siemens fuhr er als erster schwarzer Schaffner mit der U-Bahn durch Berlin.


Deutsche Kamerun Bananen - angebaut im eigenem Schutzgebiet

Die Ausstellung hatte neben Afrikanern und Ozeaniern doch auch im größeren Rahmen mit der heute beliebten Banane bekannt gemacht. Ironie der Geschichte: Mit dem Bau des Kühl- oder Frucht­dampfers Pungo durch die Afrikanische Frucht-Companie Hamburg waren die vor Tatendrang sprühenden Hanseaten 1914 endlich so weit, deutsche Edel- und Mehl­bananen vom Fuß des Kamerunberges ins erwartungsfrohe Reich zu verschiffen. Mit dem Kriegsausbruch 1914 wird der Bananendampfer, zum S.M. Hilfskreuzer Möwe umgerü­stet, jedoch anderweitig eingesetzt...

Das Hinterland wird erobert

Ableitend vom vormals portugiesischen Flussnamen Rio dos Camaroes, zu deutsch Krabbenfluss, nannten Engländer das Umland des entstehenden deutschen Schutzgebietes Cameroons oder die Franzosen Cameroun. Die Deutschen sprachen, da sich der Name dem jeweiligen Besitzer anzupassen hatte, von Kamerun, womit anfänglich lediglich der Platz der Besitzergreifung mit der am Südufer des Wuri ins Ästuar hineinragen­den Joßplatte bezeichnet wurde. Je mehr Wasser über den Plateaurand den Krabbenfluss hinunter zum Atlantik floss, desto mehr bürgerte sich Kamerun auch für das unmittelbare Hinterland, schließ­lich für das gesamte Schutzgebiet ein. Die frühe Siedlung am Ästuar, als vorläufiger Sitz der Kolonialverwaltung, wurde zur Unterscheidung nach einem Bantuvolk, das zwi­schen Wuri und Dibamba siedelte, Duala ge­nannt.


Duala (1910)

Kamerun war bereits in vorkolonialer Zeit Handels- und Haupthafenplatz. Euro­pas Kaufleute lebten und arbeiteten hier nicht an Land, sondern auf so genannten Hulks, im Mündungsgebiet des Wuri in un­mittelbarer Ufernähe aufgelaufenen, ab­getakelten und fest verankerten Segelschif­fen. Ihre Faktoreien tauschten Erzeugnisse des Landes gegen Branntwein, Schmuck, Stoffe, Kleidung, Eisenwaren, Pulver, Ta­bak und Salz. Die Geschäfte liefen nicht schlecht, wären allerdings profitabler ge­wesen, hätte sich ihre Handelstätigkeit nicht auf den Küstenstrich beschränken müssen. Für den Warentausch zwischen Ästuar und Hinterland besaßen andere das Monopol. An der Küstengesellschaft der Duala-Leute, die mit ihren Kanus den Han­delsverkehr mit dem Landesinnern be­herrschten, scheiterte jeder Versuch, in di­rekten Kontakt mit Binnenstämmen zu kommen. Eine Erfahrung, die gerade auch die Hanseaten immer wieder machen mussten.

Das Handelshaus C. Woermann unterhielt die eigene Faktorei im Ästuar seit 1868. Mit dem Tag, an dem sich Johannes Thormälen, Woermanns Mann in Kamerun, selbständig machte, setzte sich auch Jantzen & Thormälen vor der Joßplatte fest. Woermann hatte sich daneben an der Batangaküste, Jantzen & Thormälen in Bimbia, Malimba, in Victoria am Fuß des Ka­merunberges und an der Mündung des Kampoflusses etabliert.

Der deutsche Kaufmann wurde an der Küste festgehalten, deutsche Afrikareisen­de durchstreiften das ferne Hinterland. Urpionier war der Hildesheimer Friedrich K. Hornemann gewesen, der als »Musa ben Jussuf« von Tripolis über Audjilo und den Tschadsee zum Niger vorstieß, dort an Fie­ber oder am Stich eines Stoßspeers um­kam.

Der Hamburger Heinrich Barth, wohl be­deutendste deutsche Gestalt des Entde­ckerzeitalters, erreichte Jola am Fuß des Werregebirges, betrat Kuka, die Haupt­stadt Bornus, drang bis zu den Tuburisümpfen vor.
Nachtigal besuchte Kuka, Rohlfs stand am Tschadsee, Schweinfurth am Oberlauf des Ubangi. Flegel zog den Benue, die »Mutter der Gewässer«, hin­auf und arbeitete sich in Adamaua bis Ngaundere vor. Buchholz, Reichenow und Lühder steuern mit dem Schoner Dahomey der Firma Vietor von Bremerhaven her die Kamerunküste an.

Was alles erst später so richtig gewürdigt wurde: »Mit welch bescheidenen Mitteln haben alle diese Männer, die Ideale wah­rer Forschungsreisender, gearbeitet, und was haben sie geleistet. Heutzutage durch­ziehen gewaffnete und organisierte Expe­ditionen das Land [Kamerun], Maschinen­gewehre schmettern die Eingeborenen zu Boden und Brandgranaten fliegen in ihre Dörfer - Nachtigal hat während seines vierjährigen Aufenthalts nicht eine Patro­ne verfeuert« (Hutter 1902).

Entdeckungsreisen forderten ihren ganz normalen Preis: Hamburgs Adolf Overweg, in Barths Begleitung, starb am Tschadsee. Der Krefelder Eduard Vogel, auf der Suche nach dem als verschollen geltenden Barth, erreichte Jola, bevor ihn Sultan Moham­med es Sherif bei Wara mit dem Knüttel erschlagen ließ. Der Afrikaforscher Karl Moritz v. Beurmann, mit dem Auftrag, nach Vogel zu suchen, wurde beim Ver­such, nach Wadai einzudringen, ermordet...

Ähnlich schwierig wie die Erforschung, war auch die Sicherung der deutschen Schutzmacht über das riesige Hinterland. Die im Kamerunrennen zu spät gekommenen Engländer hetzen die Küstenneger auf, dass die Deutschen zur Machtentfaltung lediglich über das Kleine Kanonen­boot Möwe verfügen. Es hatte aber immerhin eine Bewaffnung von zwei Revolver­kanonen Kal. 3,7 cm und zwei Kanonen Kal. 12,5 cm. Die Besatzung bestand aus ca. 130 Mann. Fünf Monate nach der deutschen Flaggenhissung brechen deshalb Unruhen aus. Das Dorf des deutschfreundlichen Bell brennt, der König befindet sich auf der Flucht, Dualas schmähen Kaiser und Reich...


Konteradmiral E. Knorr

Unter Umständen wäre alles ganz anders gekommen, doch an Wuri oder Dibamba kannte man den deutschen Schlagdrauf Eduard Heinrich Hugo Ernst Wilhelm Knorr aus Saarlouis noch nicht, dessen Karriere dem vorliegenden Aufgabenprofil entspricht. Kapitän des Kanonenboots Meteor, das sich 1870 vor Havanna ein le­gendäres Gefecht mit dem französischen Aviso Bouvet lieferte, hatte Knorr den Freundschaftsvertrag zwischen Reich und Tongainseln geschlossen, danach als Stabs­chef der Admiralität, als Konteradmiral und Geschwaderchef Karriere gemacht.


die SMS Olga (1889 vor Samoa)

Als S.M. Kreuzerfregatte Bismarck und Kreuzerkorvette Olga vom neu gebilde­ten Westafrikanischen Geschwader in der Vorweihnachtszeit nach Kamerun segeln, hängt die Einsatzorder an Knorrs Kajütenwand: »Sollten Verletzungen deutscher Rechte oder deutscher Personen durch Eingeborene in den unter das Protektorat Seiner Majestät gestellten Küstenstrichen zu Ihrer Kenntnis kommen, so haben Sie, sofern Ihnen andere Wege zur Erledigung des Falles nicht möglich oder rätlich er­scheinen, mit Waffengewalt einzugreifen.« Als Knorr die Bucht von Guinea erreicht, sind Verletzungen deutscher Rechte auch dem letzten Heizer bekannt. Bestraft wird »exemplarisch«.


die SMS Bismarck

Die Bismarck muss aufgrund ihres Tiefgangs vor der Sandbarre liegen bleiben, Olgas Bordartillerie kann vom Wuri aus Siedlun­gen an beiden Ufern zur präventiven Dis­ziplinierung bestreichen. Die Duala schie­ßen mit Schrot, Blei, Eisenstückchen und Nägeln zurück, bleiben gegen den Tod vom Wasser her jedoch ohne Chance. Eine Landungsabteilung unter KzS. Karcher mit 18 Of­fiziere, 287 Mannschaften und vier Geschüt­zen besorgt den Rest. Während des kurzen Gefechts fällt der Matrose Bugge, der als Geisel festgenommene Woermann-Repräsentant Panthänius wird getötet. Unter denen, die sich auf deutscher Seite aus­zeichnen können, sind KzS Riedel, Unterlt. z.S. Reinhard Scheer und der Seekadett v. Etzel.

Der auf patriotische Texte spezialisierten Robert Linderer, widmete dem Gefecht eine Stro­phe seines deutschen Flaggenlieds: "In Afrika, in Kamerun/Der wilde Feind sich zeigt./Der deutsche Seemann mutig ficht, /Er weichet nicht so leicht/Der Bismarck und die Olga auch/Sie hielten tap­fer stand./Wo deutsches Blut vergossen ist/Im wilden fernen Land/Starb auch so mancher Kampfgenoss'/Den echten HeldentodJHoch wehet doch in Afrika/Die Flagge Schwarz- Weiß-Rot!/ Hurra!"


Flaggenhissung in Duala

Im Küstenstrich hat man erkannt, dass die Deutschen neben Möwe noch an­dere Schiffe haben, um ihre Macht zur Gel­tung zu bringen. Trotzdem brechen gleich nach Weihnachten in Jung-Kamerun erneut Unruhen aus. Aufmuckende Abo- und Wurileute werden von Knorr bis Februar zur Ordnung gebracht. Die erste Kriegshandlung seit dem Tri­umph von 1870/71 hat nicht an Maas oder Memel stattgefunden, sondern in der Ano­nymität der Mangrovenwälder am Wuri oder Krabbenfluss, S.M. der Kaiser hono­riert das deutsche Heldentum. Knorr er­hält den Goldenen Adlerorden 2. Kl. mit Eichenlaub und Schwertern, Kaptlt. Hen­ning v. Holtzendorf den Roten Adlerorden 4. Kl. mit Schwertern, Stabsarzt Dr. Fi­scher erfährt eine Allerhöchste Belobi­gung.


Gouverneur Julius Freiherr v. Soden

Im Juli 1885 treffen Gouverneur Julius Freiherr v. Soden und Kanzler Jesko v. Puttkamer auf der Joßplatte ein. Der Ludwigs­burger Soden, gleichzeitig Oberkommis­sar von Togo, war zuletzt Generalkonsul im feinen St. Petersburg, den Berliner Puttkamer hatte das AA gerade erst auf seine koloniale Aufgabe vorbereitet. Die beiden Juristen bilden den kolonialen Verwaltungsrat aus drei Kaufleuten und lokalen Autoritäten, der ihnen bei der Schaffung einer zentra­len Gewalt, wie sie Land und Leute bisher nicht kennen, beratend zur Seite stehen soll. Danach macht Soden, was der deut­sche Beamte mit Vorliebe macht: Er erlässt Bestimmungen und Gesetze, darun­ter das Verbot von Sklavenhandel und -raub. Haussklaverei bleibt im deut­schen Kamerun vorerst erlaubt...

Primärquelle: Längin, Die deutschen Kolonien

Befriedung mit der Polizeitruppe


Auf dem Baliplateau legt Eugen Zintgraff, inzwi­schen Blutsbruder von Häuptling Fo Bessong, die Station Baliburg als vorgescho­bene Grenzwacht Nordkameruns an. Die politisch gut organisierten Balineger , »ein Kriegerstamm, und unbewaffnet sieht man nie einen«, werden zu Pfeilern deutscher Kolonialinteressen im Grasland, mit ihnen verbünden sich die Kaiserlichen.


Oberleutnant Karl Zeuner aus dem badischen Emmendingen errichtet mit Kruboys die Station Barombi, die später in
Johann-Albrechtshöhe umbenannt wird

Zeuner, in Barombi zurückgeblieben, erkrankt und stirbt während der Heimreise auf der Reede von Lagos.

Die Minderwertigkeit des Afrikaners gilt weiterhin als unbestritten, Reisen der Ko­lonialpioniere werden vom Vertrauen in die weiße Überlegenheit getragen. Was nicht unbedingt ausreicht, wie das Schick­sal der von Jantzen & Thormälen aus­gerüsteten kaufmännischen Nord-Hinterlandexpedition unterstreicht. Als die Karawane mit sieben Europäern, 400 Balitrup­pen und einige 100 Trägern, die im Falle kriegerischer Ereignisse dem mitreisen­den Zintgraff unterstehen, im Dezember 1890 Baliburg erreicht, haben sich dort schon länger schwelende Feindseligkeiten zwischen Bali, Bafut und Bandeng so weit zugespitzt, dass die Weißen Partei ergrei­fen müssen.

Mit den Blutsbrüdern Seite an Seite fallen im Januar beim befestigten Dorf Bandeng in Südadamauas westlichem Hochland vier Europäer und 170 Baline­ger. Zintgraff eilt an die Küste zurück, um die Verwaltung um Waffenlieferungen für die Bali zu bitten. Die bei Bandeng gefal­lenen Weißen werden durch Rittmeister v. Gemmingen und Lt. Hutter ersetzt. Den ersten schweren Fehler macht Ber­lin, als es den Bali 2.000 Mausergewehre zugesteht, den zweiten Hutter, der in Ba­liburg eine Truppe im Umgang mit dem Hinterlader einübt.


Hutters Balisoldaten mit Mausergewehren...

»Die Balisoldaten stel­len sich so anstellig wie deutsche Rekru­ten an«, was dem bayrischen Leutnant Zeit lässt für persönliche Studien: »Denkt man als Soldat an die Körper unserer Rekru­ten zu Hause, wenn man sie sieht, wie sie Gott erschaffen hat, so bezeichnet man un­bedenklich die Sudanneger als den schö­neren und besser gebauten Menschen­schlag.«

Doch Waffenlieferung und Hutters Drill sollten sich eines Tages als »sehr ver­kehrt« erweisen, was manchen Schutztruppler das Leben kostet...

»Während in den küstennahen Bezirksämtern die Befriedigung der Eingeborenen ohne erhebliche Schwierigkeiten vor sich ging, machten noch im Jahre 1909 Stämme des südlichen Hinterlandes, die Makas, erhebliche Schwierigkeiten und mussten durch eine energische Strafexpedition in ihre Schranken zurück­gewiesen werden. Es war die letzte größere Leistung des bewährten Dominik. Dabei ist freilich zu beden­ken, daß diese von der Küste entfernteren Stämme noch der krassesten Menschenfresserei huldigen und dafür bestraft werden mussten, daß sie vor einigen Jahren einen Kaufmann und seine zweiundfünfzig Angestellten aufgefressen hatten.«

Der Hinweis auf die »ohne erhebliche Schwierigkeiten« erfolgte Befriedung der Eingeborenen - Makas ausgenommen - darf nicht dahingehend gedeutet werden, dass die Besitzergreifung ansonsten überall friedlich erfolgt wäre.

An und für sich hätte nun eine Polizeitruppe aufgestellt werden sollen, doch verzögert sich. Erst im Oktober 1891 - in Deutsch-Kamerun leben 65 Deutsche
- wird eine paramilitärische Polizeitrup­pe und Marinemiliz aufgestellt. Den Stamm bilden zwei Gefreite, 13 aus Togo abkom­mandierte Polizeisoldaten und eine Reihe freigekaufter Dahome-Sklaven.
Auf wei­ßes Mannschaftspersonal, aber auch auf lokale Kameruner wird verzichtet.

»So wurde diese Polizeitruppe aus ziemlich minderwertigem Negermaterial der West­küste zusammengestellt, statt sie aus den tüchtigen, kriegerisch und soldatisch ver­anlagten Stämmen des Hinterlandes zu nehmen. Unrichtige Behandlung kam noch dazu«, so Hutter.

Als hätte er nicht ohnehin schon Proble­me genug, ist Soden in Duala auch stark mit sich selbst beschäftigt. Aus dem ver­sumpften Mangrovengürtel steigen Fieberdünste auf, die den Europäer nur mit einem Bruchteil seiner Effizienz arbeiten lassen, das feucht heiße Tropenklima schwächt die Schaffens- und Manneskraft. Da in Duala an ein ruhiges Regieren nicht zu denken war, hatte sich die Verwaltung auf die Suche nach einer menschenfreundlicheren Umgebung gemacht.


Gouverneur Jesko von Puttkammer und Hauptmann von Ramsay im Urwald von Kamerun

Dabei war Puttkammer an den Hängen des Kamerunberges fündig geworden. In den Höhenlagen des Großen und Kleinen Kamerunberges (Fako und Etinde) ist das Klima kühl und feucht, trotzdem relativ gesund, da sich das Fieber der Tiefebene nach rund 900 m verliert. Die natürliche Kulisse ist einer Hauptstadt des Schutzgebietes würdig. Störend nur, dass auch Bantuvölker wie die Bakwiri am Süd- oder die Bambuko am Nordabhang die Vorzüge der klimatischen Insel zu schät­zen wissen. Wenn man schon in Kamerun leben musste, sollte es am Kamerunberg sein. Den nennen Einheimische »Mongo na Loba«, den Götterberg, weil er ein Berg der Götter ist.


Im günstiger gelegenen Buea wurde auch Kameruns Gouverneursresidenz erbaut

1891 wird dann auch das 100 m hoch am Kamerunberge gelegene Dorf Buea gestürmt, »dessen Unter­werfung große Mühe« gemacht hat. Dort waren die mit Speeren und Armbrust bewaffneten Bakwiri ansässig, aus deutscher Sicht »schmutzige Wilde, deren einzige Kleidung aus einem Farrengeflechtschurz bestand ... «. Zwanzig Jahre später werden sie »von der europäischen Kultur stark beeinflußt« sein und »von den ursprünglich rohen Sitten und Gebräuchen und Kulturgeräten vieles verloren, aber auch manche schlechte Eigenschaft angenommen haben«.

Gustav Nachtigal kehrte eines Tages nach Jung-Kamerun zurück. Durch Malaria und Seekrankheit geschwächt, 1885 an Bord der Möwe ge­storben und auf dem Friedhof von Kap Palmas beigesetzt, werden seine sterblichen Überreste zwei Jahre später nach Kamerun überführt, dort bei einem von deut­schen Kaufleuten gestifteten Denkmal auf der Joßplatte zur letzten Ruhe gebettet.

Kameruns Grundbevölkerung stellen die in viele Stämme aufgesplitterten Bantuvölker in den Waldgebieten und im Süden. In den Baumsavannen Mittelkameruns leben Semibantu in der Grauzone zwi­schen Bantu- und Sudanvölkern. Als eigentliche Völkerscheide zwischen Bantu und Sudannegern gilt der Übergang von der Wald- in die Graslandregion.

Als Nachtigal die deutschen Farben auf­zog, war der jungen Kolonialmacht von dem allerdings noch kaum etwas bekannt. Die Küstenzone zwischen Kampo und Rio del Rey hatten im Bestfall ein paar Dut­zend Deutsche besucht, das Hinterland bis zu den Wasserstraßen von Benue, Schari oder Ubangi war für Weiße ein weißer Fleck. Das Reich konnte keine Ahnung ha­ben, was es erworben, die Schutzmacht, was sie in Zukunft zu schützen hatte.

Die Küstenplätze waren in deutscher Hand. Sollte der Flagge der Handel folgen, musste das Handelsmonopol der Küstenneger gebrochen, das Hinterland erschlos­sen werden. Der Idealfall wäre gewesen, jetzt »mit allen Mitteln« ins Landesinnere vorzudringen, um mit eingeborenen Vertragskontrahenden Vereinbarungen zu schließen, danach Zementpfeiler oder Steinhaufen als Fixpunkte zu errichten, um etwaigen Ansprüchen Dritter vor­zubeugen. Den Idealfall blockierte, dass sich auch hier die deutsche Autorität auf die Tragweiten der Schiffsgeschütze limitierte. Woran sich im ersten Jahrzehnt der Schutzherrschaft wenig ändern sollte...

Primärquellen: Graudenz/Schindler, Die deutschen Kolonien
Längin, Die deutschen Kolonien

Die Kolonialgeschichte des Hans Dominik in Kamerun
von Wolfgang Herterich


Kamerun nach der Marokkokrise

Friedrich Wilhelm Hans Dominik wurde am 7. Mai 1870 in Culm / Preußen geboren. Nach dem Besuch der Gymnasien in Potsdam und Schwedt, wo sein Vater Oberstabsarzt bei den 2. Dragonern war, trat er am 27.4.1889 als Fahnenjunker in das Grenadierregiment 12 ein und wurde am 19.11.1889 Fähnrich. Im September 1890 erfolgte die Beförderung zum Leutnant. Anschließend bildete er Rekruten aus. Doch es zog den jungen Offizier in die Ferne, nicht zuletzt, weil er sich an Hermann von Wissmanns Taten in Ostafrika begeisterte. Auf seine Bewerbung wurde er als Leutnant à la suite am 9.1.1894 zum Auswärtigen Amt kommandiert. Als Dominiks Kompaniechef Hauptmann Curt von Morgen (1889 – 91 Leiter einer Forschungsexpedition nach Südkamerun) nach dem Dahomeyaufstand mit der Wiederherstellung der Lage in Kamerun betraut wurde, nahm dieser ihn mit. Von Berlin aus reisten Morgen und Dominik über Rom nach Neapel, von wo aus sie mit der „Bayern“ vom Nord-deutschen Lloyd nach Port Said reisten. Mit dem Zug ging es nach Kairo. Mit Genehmigung der ägyptischen Regierung wurden Sudanesen angeworben, die meist schon in anderen Armeen gedient hatten. Am 1.3.1894 waren die gewünschten 100 Mann zusammen; die Seereise nach Westafrika begann. In Lissabon stieg die Truppe auf die „Aline Woermann“ um und wurde nach dem Muster der ostafrikanischen Schutztruppe eingekleidet. Auf der Weiterreise nach Kamerun wurden fleißig die deutschen Kommandos geübt und auch mit der Jägerbüchse Modell 71 geschossen, so dass die Truppe bei der Ankunft in Kamerun nahezu einsatzfähig war. Bereits am 2. Mai 1894 begann eine Strafexpedition. Unter Führung von Hauptmann von Morgen wurde Malende am Abo, einem Nebenfluss des Wuri, erstürmt und die Unterwerfung der Miang erzwungen. Dominik erhielt von Morgen den Befehl, zusammen mit den Unteroffizieren Zimmermann und Seebe sowie 120 farbigen Soldaten eine neue Militärstation anzulegen und das Land unter Einsatz militärischer Mittel zu befrieden.


Friedrich Wilhelm Hans Dominik

Am 6.5. marschierte Dominik mit Zimmermann und 100 Soldaten zu dem etwa 10 Stunden entfernten Dorf Mpako, um die Miang endgültig zu schlagen. Dominiks Soldaten stürmten das Dorf und zündeten es an. Dominik schrieb darüber: „Echt afrikanisch – mit dem Bajonett – hatten die Sudanesen gearbeitet. Zum ersten Male hatte ich die Bestie im Menschen entfesselt gesehen…“ Nach dem Friedensschluss mit dem Häuptling, der die völlige Unterwerfung des Stammes versprach, kehrte Dominik nach Kamerun zurück, da sich das erste afrikanische Fieber einstellte. Doch schon zwei Wochen später zog er mit seinen Soldaten in der Regenzeit wieder in den Busch, um das Hinterland zu sichern. Die Sudanesen, die sonnige afrikanische Steppen gewohnt waren, litten stark unter der Nässe und Fieber und zeigten sich für die Verwendung im Kameruner Urwald ungeeignet. Viele von ihnen wurden aus Gesundheitsgründen entlassen und fanden in der Schutztruppe für Ostafrika Verwendung.


Deutsche Offiziere der Schutztruppe in Ebolowa (1894)

Am 12.7.1894 trat Dominik mit Büchsenmacher Zimmermann und 75 Soldaten ab Kamerun (Duala) mit dem Regierungsdampfer „Nachtigal“ die Reise nach Kribi an, um von dort aus nach der Urwaldstation Jaunde zu marschieren. Der Botaniker Georg August Zenker aus Leipzig wurde von Hauptmann Morgen 1890 auf der neu gegründeten Jaundestation zurückgelassen und führte diese während fünf Jahren. Erst 1894 kamen zwei weiße Assistenten zu seiner Unterstützung, der Gärtner Staudt und der ehemalige Legionär Rabischung. Da Zenker eine eingeborene Frau aus Togo hatte, wurde er vom Gouvernement „wegen anstößigem Lebenswandel“ seines Amtes enthoben. Am 9.8.1894 erreichte Dominik Jaunde und zog zusammen mit Zenker am 24.8 nach Ngilla, der Stadt des großen Häuptlings der Wute. Am 12.9. kehrte die Expedition nach Freundschaftsbezeugungen Ngillas nach Jaunde zurück. Dominik suchte einen neuen direkten Weg zur Küste. Er verließ Jaunde am 20.9., um durch das Bakokoland nach Kamerun (Duala) zu gelangen.

Beim ersten Überfall der Bakokos wurden fünf Soldaten getötet und 12 verwundet. Immer wieder griffen die Bakokos an. Am 30.9. erhielt Dominik einen Schuss mit Topfscherben in die linke Seite, der ihn schwer verwundete und bewusstlos zusammenbrechen ließ. Es war Zimmermann zu verdanken, der trotz heftigen Fiebers die Umsicht behielt und die Expedition unter fortwährenden Kämpfen zum Sanagafluss führte, von wo sie mit dem Dampfer „Soden“ nach Kamerun zurückkehren konnte. Nach der Gesundung nahm Dominik ab 19.12. an der Bakwiri – Buea Expedition teil. Wieder fanden Kämpfe statt, die Bakwiri und Bueas unterwarfen sich; die Gebeine Gravenreuths, der 1891 dort gefallen war, wurden geborgen und später in Duala beigesetzt.

Am 15.3.1895 trat der Kommandeur der Schutztruppe, Rittmeister von Stetten, den Leutnants Dominik und von Stein, den Unteroffizieren Bauch, Miischen und Vorwerk, dem Lazarettgehilfen Schötz von Edea aus die Bakoko-Expedition an. Grund der Expedition war, die Bakokos für den Überfall auf Dominik zu bestrafen und die Handelsstraße Edea – Jaunde zu öffnen. Dominiks Kompanie bestand meist aus Wey- und Sierra Leone-Soldaten, kampferprobte Leute, die bereits an den früheren Expeditionen Dominiks beteiligt waren.

Bei Erkundungen im Urwald stieß die Truppe immer wieder auf Gruppen Bakokos, die sofort das Feuer eröffneten. Dominik war stets an der Spitze der Truppe und stürmte mitten im Feuer die gegnerischen Dörfer. Noch immer war das Ziel nicht erreicht. Die Soldaten brachten nach Streifzügen im Busch die Köpfe gefallener Gegner als Beweis mit und legten sie Dominik vor die Füße. Nach fortwährenden Kämpfen in unwegsamem Gelände wurde am 29.4. Jaunde erreicht. Dominiks Kompanie hatte in den wochenlangen Kämpfen 37 Tote und Verwundete zu beklagen. Der Durchbruch war jedoch gelungen. Nun wurde Dominik Stationschef von Jaunde.

Nach einigen Wochen auf der Jaundestation kam die Nachricht an, dass der Wutestamm Kriegszüge unternehmen würde, um Sklaven einzufangen. Rittmeister von Stetten besuchte den zwei Tagereisen von Jaunde entfernt wohnenden Häuptling Dandugo, der ihn freundlich empfing. Doch nachts wurden Stetten mehrere Kisten Munition und einige Gewehre gestohlen. Trotz der Zusage, die Gewehre und Munition zurückzugeben, wurde Sergeant Miischen, als er diese abholen wollte, überfallen und konnte nur mit Mühe entkommen. Stetten rüstete zur Strafexpedition, bei der ihn Dominik und Uffz. Vorwerck mit ihren Soldaten begleiteten. Die vom 10.7. bis 26.7.1895 dauernde Expedition wurde in zahlreiche Buschkämpfe verwickelt, ehe es gelang, die Wute zu unterwerfen und die Gewehre wieder zurück zu erhalten.

Zenker hatte im Juli die Station verlassen. Dominik blieb mit Sergeant Miischen (verstorben in Jaunde am 14.1.1896) und dem Assistenten Rabischung (verstorben in Jaunde am 29.7.1896) zurück. Der Ausbau der Station wurde vorangetrieben. Um die Besatzung ernähren zu können, erfolgte der Anbau von Mais, Kassada, Planten, Jams und Kartoffeln. Außerdem begann eine rege Bautätigkeit. Die schon durch Zenker angelegte Ziegelei wurde bedeutend vergrößert; man brannte Ziegel, fällte Bäume oder sägte Bretter und Balken. Auch die Ausbildung, das Exerzieren und Schießübungen der Soldaten erfolgte regelmäßig. Es herrschte Friede auf der Station, die nicht nur der Besatzung sondern auch den ansässigen Jaundes Arbeit und Einkommen brachte.

Bald jedoch zeigte sich, dass die Wute sich wieder rührten. Bei einem Strafzug erhielt Dominik einen Pfeilschuss in den rechten Unterschenkel, er glücklicherweise nicht vergiftet war. Während der einwöchentlichen Rekonvaleszenz verhandelte Dominik mit dem Oberhäuptling Ngilla der Wute, der sich dringend Gewehre wünschte und diese gegen große Elfenbeinzähne, Pferde und Sklavinnen eintauschen wollte, was jedoch abgelehnt wurde. Am 1.10. kam Oberleutnant Bartsch (gefallen am 9.4.1901 in Peking) mit Büchsenmacher Zimmermann, um die Station während Dominiks Heimaturlaub zu übernehmen. Von Kribi aus reiste Dominik mit der „Nachtigal“ nach Kamerun (Duala), um von dort aus mit dem Lloyddampfer „Salier“ die Reise nach Deutschland anzutreten.

Im November kam er in Deutschland an. Bereits im Januar 1896 erhielt er vom Auswärtigen Amt die Nachricht von kriegerischen Auseinandersetzungen im Jaundeland mit der Bitte schnellstmöglich nach Kamerun auszureisen. Am 10.2.1896 reiste Dominik mit der „Lulu Bohlen“ nach Kamerun, wo er am 10.3. ankam. Dort erhielt er die Anweisung, sofort nach Jaunde zu gehen. In Jaunde war eine Strafexpedition gegen die Voghebetschi in Gange, die sich gegen die Deutschen wegen der Unterbindung ihres profitablen Zwischenhandels erhoben hatte. „Katakata“ = unangenehmer Kerl, so nannten die Eingeborenen Jaundes Dominik längst, zog mit einer kleinen Expedition wieder in den Busch und erreichte am 10.4. wieder Jaunde, wo er jubelnd von den Eingeborenen begrüßt wurde.

Die Stämme wurden zum Bau einer Straße von Jaunde bis zum Njong herangezogen, Brücken wurden gebaut und Dämme durch Sümpfe gezogen. Dominik errichtete auch mit seinen Helfern ein neues steinernes Wohnhaus und schrieb darüber „Wie manchen langen Tag haben wir oben gesessen, Balken auf Balken heraufreichen lassen, gefalzt, genagelt und gebunden und dann Alles wieder abbrechen müssen, weil es nicht stimmte“. Es wurde auch scharf exerziert und besonders geeignete Soldaten am Maschinengewehr ausgebildet. Erkundungszüge in das weitere Umland sollten Vertrauen schaffen.


Jesko von Puttkamer und Hans Dominik in Jaunde/Kamerun

Ab 14.1.1897 besuchte Gouverneur von Puttkamer Jaunde, um sich ein eigenes Bild von den Verhältnissen im Lande zu machen. Puttkamer erteilte Dominik den Befehl mit Büch-senmacher Zimmermann und 60 Mann zu Häuptling Ngilla zu reiten und ihn vor weiterem Landfriedensbruch zu warnen. Die Zahl der Wute wuchs und wuchs, bis Dominik die Losung ausgab: „Nicht rechts geschaut, nicht links geschaut, gerade vorwärts, auf Gott vertraut und durch“. Im Nahkampf mit aufgepflanztem Bajonett mit Unterstützung des Maschinengewehrs ging es gegen eine Übermacht von mit Speeren, Schwertern und Schildern bewaffneter Krieger. Nach der Erstürmung des Orts zählte man 153 tote Krieger; drei Soldaten waren tot und neun verwundet. Wieder war ein Sieg errungen worden; die Wute hatten erhebliche Verluste, waren aber noch nicht geschlagen.


Die deutsche Fahne auf dem Kribi-Fluss

Am 27.1.1897 begann in Kribi die 2. Heimreise. In Duala konnte Dominik seinen Bruder Hugo treffen, der auf SMS „Habicht“ kommandiert worden war und den er seit 1893 nicht gesehen hatte. Am 11.3. trat Dominik zusammen mit Büchsenmacher Zimmermann auf der „Lothar Bohlen“ die Heimreise an. Er erhielt seine Beförderung zum Oberleutnant mit Patent vom 1.6.1897. Außerdem hatte er 1894 den Kronenorden 4. Klasse mit Schwertern und 1895 den Roten Adlerorden 4. Klasse mit Schwertern verliehen bekommen. Am 13.12.1897 wurde Dominik in die Schutztruppe für Kamerun übernommen unter Entbindung von seinem Kommando beim Auswärtigen Amt.

1898 war Dominik wieder in Kamerun. Er erhielt vom Gouverneur den Befehl, sich mit ihm auf SMS „Nixe“ einzuschiffen und einen Besuch bei der Republik Liberia vorzunehmen. Auf der Rückreise besuchte Dominik auch Togo, ehe er am 20.2.1898 wieder Duala erreichte. Am 15.4.1898 übernahm Dominik wieder die Jaundestation, die auch während seiner Abwesenheit weiter ausgebaut worden war. Die Wute regten sich wieder und wollten in das Batschenga-Gebiet einfallen. Die Nachricht von Ngillas Einfall verbreitete sich schnell. Hunderte Jaundes meldeten sich auf der Station und wollten mit Dominik in den Krieg ziehen. Dominik wählte 100 Krieger aus und marschierte 10.6. mit Uffz. Klein, 51 Soldaten und den 100 Jaundes zum Mbang, wo das Dorf Watame erstürmt wurde. Dominik stellte fest, dass sechs Haussahändler, die er zu Häuptling Ngutte gesandt hatte, unterwegs bis auf die Knochen aufgefressen worden waren. Im Juli erhielt er die Genehmigung, nun auch Kameruner als Soldaten anzuwerben. Die Jaunde waren besonders geeignet; 60 Mann aus angesehenen Familien wurden als Rekruten eingestellt. Am 23.8. ging es mit 40 Mann gegen die Batschengas, die sich nach hartem Widerstand unterwarfen.

Nach Monaten des Ausbaus der Station und der Jagd entschloss sich der Kommandeur, Hauptmann von Kamptz, zu einer Strafexpedition gegen die Wute unter Häuptling Ngilla und zur Erschließung Adamauas; die Wute-Adamaua-Expedition dauerte vom 17.12.1898 bis Ende Mai 1899. Dominik führte die 4. Kompanie mit 79 Soldaten. Sie er-fuhren, dass Häuptling Ngilla vor wenigen Tagen gestorben war und noch kein Nachfolger ernannt worden sei. Ngilla-Stadt wurde zerstört; ein neuer Häuptling gewählt. Die Macht der Wute war gebrochen.

Es ging in das bergige Gebiet der moslemischen Fulbe. Der Feldzug gegen Tibati begann. Über den Knotenpunkt Joko ging der Marsch nach Sanserni. Am 11.3. erfolgte der Sturm auf aus 187 ha große Tibati. Die Stadt wurde in kurzer Zeit erobert. Dominik zog mit seinen Soldaten weiter nach Ngaundere, der Hauptstadt Adamauas, wo er vom dortigen Herrscher freundlich empfangen wurde. Am 23.3. rückte Dominiks Truppe wieder ab, am 29.3. war sie wieder in Tibati. In der Umgebung hatten in der Zwischenzeit weitere schwere Kämpfe stattgefunden. Zur Sicherung der Region erfolgte die Einrichtung der Station Joko. Dominik marschierte nach Jaunde zurück. Über Lolodorf und Kribi kehrte er mit einem jungen Elefanten mit „Eberhard Bohlen“ Ende August 1899 nach Deutschland zurück. Der junge Elefant Katakata kam als erster deutscher Elefant in den Berliner Zoo.

Am 28.2.1900 schied Dominik aus der Schutztruppe für Kamerun aus und trat wieder in das Infanterie-Regiment 64 ein. Vom 1.10.1900 bis 18.6.1901 war er in Berlin zur Kriegsakademie kommandiert. Am 28.5.1901 schied er aus dem Heere aus und wurde unter gleichzeitiger Kommandierung zum Auswärtigen Amt à la suite der Schutztruppe für Kamerun gestellt.

Nach dem Einkauf von Tauschartikeln, insbesondere für das moslemische Nordkamerun, reiste Dominik am 26.8.1901 von Hamburg mit der „Thekla Bohlen“ nach Kamerun aus. Am 22.9. unterbrach er in Lome/Togo die Reise, um 50 Träger für die Expedition anzuwerben. Am 29.9. schiffte er sich wieder ein und kam am 5.10. in Duala an. Der Gouverneur wünschte, dass Dominik möglichst schnell nach Garua marschieren sollte, um von dort aus in möglichst friedlicher Weise den Tschadsee zu erreichen. Er erhielt als Eskorte zwei Unteroffiziere und 60 Mann der Schutztruppe.An der Expedition nahmen auch Oblt. von Bülow (gefallen am 21.4.05 bei Huams / DSWA), Oblt. Nolte (gefallen am 2.2.02 in Banjo) und San.Uffz. Haase (gestorben 26.7.04 in Tinto) teil. Über Kribi und Jaunde marschierte er durch die alten Kampfgebiete gegen die Wute über Ngilla, Ngutte, Ngambe (30.11.) bis Banjo (13.12.) und Garua (6.1.1902). Dort wurde das Gelände für die neu zu gründende Station abgesteckt. Am 13.1.erfolgte der Abmarsch aus Garua. Dominik und von Bülow marschierten mit 36 Soldaten und 50 Trägern nach Mao Lue, wo sie Oblt.Radke trafen und gemeinsam die Reise mit nun 80 Soldaten fortsetzten. Am 19.1.entwickelte sich ein Gefecht gegen die Fulbeherrscher Emir Zuberu, sowie die Lamidos Rei von Bubanjidda und Amadu von Marua. In einem hüfthohen Baumwollfeld griffen Hunderte von berittenen Kriegern und Fußtruppen mit Speeren, Pfeilen und Schwertern die kleine Schar an. Dank des mitgeführten Maschinengewehrs konnten die Deutschen das vierzigminütige Gefecht für sich entscheiden. Am 20.1. erreichte Dominiks Truppe Marua. Zuberu und Amadu waren mit dem Rest ihrer Truppe in die Mandaraberge geflüchtet.


die deutsche Militärstation Yoko (Kamerun, 1905) im Fulbeland. Yoko wurde während des Wute-Adamaua-Feldzuges 1898/99 durch die deutsche Schutztruppe besetzt und in den folgenden Jahren als Festung ausgebaut.1905 hatten sich dort bereits neun europäische Handelsfirmen niedergelassen.

Am 11.2. kehrte die Expedition nach Garua zurück. Am 25.3. erfolgte der Aufbruch nach Norden, um den Tschadsee zu erreichen. Die Tschadseeexpedition, die sich in Garua zusammenfand, bestand aus dem Schutztruppen-Kommandeur Oberstlt. Pavel, Stabsarzt Dr. Zupitza, Hptm. Glauning, Oblt. Dominik, Oblt. Stieber, Oberbüchsenmacher Zimmermann und Feldwebel Hensel sowie 130 Soldaten und 300 Träger. Di-koa wurde am 21.4. und der Tschadsee am 2.5.1902 erreicht. Dominik verblieb mit Oblt. von Bülow, Uffz. Haase und Uffz. Franz Fischer (gestorben am 13.1.1903 in Garua). Es erfolgten Expeditionen nach Dikoa und Kusseri; wieder fanden Kämpfe gegen Emir Zuberu statt. Dominik kam am 10.8. in Marua an. Am 21.10. erfolgte der Abmarsch nach Binder zur Erkundung des „Entenschnabels“.

Am 8.1.1903 war Dominik wieder in Garua. Unterwegs erhielt er die Nachricht, dass er durch Graf Fugger (gefallen am 5.2.03 in Ma-rua ) abgelöst würde, da er sich in Deutschland wegen persönlicher Beschuldigungen verantworten solle. Über Jola und Lagos kam er nach Duala; vom dort aus fuhr er am 9.3. nach Hause. Der britische Resident von Yola hatte berichtet, dass Dominik seiner eingeborenen Truppe befohlen habe, den gefallenen Gegnern Köpfe und Glieder abzuschneiden. Dieser archaische Brauch war alte afrikanische Sitte. Auch die anderen Kolonialmächte in Afrika hatten mit ihren eingeborenen Soldaten das gleiche Problem. Als die Deutschen im bisher französischen Dikoa einrückten, sahen sie die auf Stangen gespießten Köpfe toter Rebellen.

Im Reichstag begannen umfangreiche Diskussionen. Bei Rückfragen in Kamerun traten viele Weiße für Dominik ein. Soldaten, Beamte, Kaufleute und Missionare zeugten für ihn, so dass das Verfahren niedergeschlagen wurde und er 1904 wieder ausreisen konnte, um „seine“ Station Jaunde zu übernehmen.

Am 15.9.1904 erhielt Dominik die Beförderung zum Hauptmann rückwirkend zum 19.2.1902. Im Januar 1905 begann eine Strafexpedition gegen die Bapeas, die im Februar zu deren Unterwerfung führte. Am 15.1.06 brach Dominik mit Oblt. Richard Schröder (gefallen am 16.1. in Ngute) zur Ngute – Unternehmung auf, um den Häuptling gefangen zu setzen. Während der Südexpedition kämpfte Dominik ab April 1906 mit der Jaundebesatzung in Jebekolle und im Maka-Gebiet. Im Dezember 1906 wurden die Maka am oberen Nyong unterworfen. Am 9.2.07 trat Dominik vom Fieber geschwächt, die Heimreise an. Die Einflusssphäre Dominiks vergrößerte sich unter seiner geschickten Leitung immer mehr. Über die Grenzen seines Bezirks Jaunde hinaus griff er mit Rat und Tat ein. Nach seinem Erholungsurlaub reiste er am 30.10. wieder in Kamerun ein. Im Oktober 1909 trat er seinen letzten Heimaturlaub an, von dem er am 9.4.1910 zurückkehrte.

Am 27.1.1910 erhielt Dominik seine Beförderung zum Major. Im Mai 1910 wurde er zum Befehlshaber der in Jaunde, Dume und Ebolowa stationierten und zu einem selbständigen Militärbezirk zusammengefassten Teile der Schutztruppe ernannt. In dieser Eigenschaft warf er vom 31.5. bis Ende Juli 1910 mit seinen Truppen den Aufstand der Nord-Maka nieder. Grund war, dass der Kaufmann Brettschneider im Makagebiet überfallen und mit allen seinen Leuten geschlachtet und gefressen worden war. Nach schweren Kämpfen in schwierigem Gelände wurden die Makas geschlagen. Zehn ihrer Häuptlinge wurden hingerichtet.

Die Kämpfe im Urwald hatten Dominiks Gesundheit nach 16 afrikanischen Jahren entscheidend geschadet. Obwohl er erst im April wieder nach Kamerun zurückgekehrt war, empfahl ihm der Arzt die sofortige Heimreise, um im heimischen Klima wieder zu gesunden. Er verließ am 10.11. Duala mit der „Eleonore Woermann“ und verstarb er am 16.12.1910 an Bord“ auf See in der Nähe von Konakry / Franz. Guinea im Alter von 40 Jahren.

Dominiks Begräbnis fand am 4.Januar 1911 auf dem „Alten 12 - Apostel – Friedhof“ in Berlin-Schöneberg statt. An der Trauerfeier nahmen auch die Staatssekretäre Dernburg und von Lindequist teil.

Nach dem Verlust Kameruns rissen die Franzosen das in Kribi stehende Dominik-Denkmal ab. Es störte sie insbesondere, dass die Eingeborenen noch immer den Hut vor dem „ehernen Dominik“ zogen, wenn sie daran vorbei gingen. Die Woermannlinie brachte die beiden Denkmäler nach Deutschland zurück. Das für Jaunde geplante Denkmal fand einen neuen Platz vor der Hamburger Universität, wo es bis zu den 68er Unruhen stand. Studenten stürzten es zusammen mit dem Hermann von Wissmanns vom Sockel. Seither sind sie in der Sternwarte eingelagert.

Das Denkmal aus Kribi wurde am 24.9.1933 feierlich in Frankfurt / Oder eingeweiht. Frankfurt war Dominiks Heimatgarnisonsstadt als Sitz der „12er Prinz-Carl-Grenadiere“, und Standort der Traditionskompanie der Kameruner Schutztruppe innerhalb des Infanterie-Regiments 8. An der Feier beteiligten sich zahlreiche ehemalige Schutztruppen-angehörige. Die Festrede hielt Oberstlt. Strümpell , der selbst der Schutztruppe für Kamerun von 1900 bis 1911 angehörte. Es ist unbekannt, ob das Denkmal auf dem Frankfurter Bahnhofsplatz dem Krieg zum Opfer fiel oder nach Kriegsende abgebaut und verschrottet wurde.

Ahnungslos auf ein größeres deutsches Kamerun verzichtet

Zum Inneren des Kontinents hin sind die Interessengebiete häufig nichts weiter als imaginäre Linien, anfällige Korrekturen und Festlegungen jedoch vorerst den Bü­rokraten überlassen: Deutschland ver­zichtet auf Protektoratsrechte südlich des Kampo, Frankreich auf Rechte nördlich des Flusses. Mit der vorläufigen Festle­gung der Rio-del-Rey-Grenze bis zu den Cross-/Kreuz-Schnellen kommt das sich im Küstenraum in Form eines Halbmonds er­streckende Kamerungebirge in deutsche Hand.

Das Reich erhält den zwischen Logone und Schari liegenden so genannten »Entenschnabel«, Ansprüche auf das Ge­biet bis zur Schari-Nil-Wasserscheide müs­sen jedoch abgeschrieben werden.


Deutsch-Kamerun 1903 - Durch den Dschungel werden erste Telefonleitungen gelegt.

Adamauas politische Hauptstadt Jola bleibt der einen, das weite Land der anderen Ko­lonialmacht unterstellt, da sich der Sultan von Jola beharrlich weigert, ins deutsche Lager zu wechseln ...Wann immer es zu abschließenden Grenz­vereinbarungen kommt, sieht es so aus, als wollten London und Paris den Reichs­bürokraten ihre Grenzen aufzeigen. Viel­leicht stimmt die Geschichte, nach der auf Berlins grünen Tischen unzuverlässige geografische Unterlagen lagen, ganz be­stimmt mangelte es an kolonialpolitischem Verhandlungsgeschick.

Jede Zwischenbi­lanz unterstreicht, dass Kaiser und Reich Gebiete, die Barth, Overweg, Flegel oder Rohlfs betraten, leichtfertig aufgaben, Eng­land und Frankreich ihre Kolonialinter­essen zielbewusster und informierter ver­traten.


Im April 1885 trat der in Wilna geborene Deutsche Eduard Robert Flegel seine dritte Afrikareise an, doch hinderte ihn ein niedriger Wasserstand des Benuë am schnellen Vorankommen. Paul Staudinger führte an Flegels Stelle eine eigenständige Expedition den Niger weiter stromaufwärts. Doch hatten sich die Engländer mit der Royal Niger Company bereits am Niger und Benuë festgesetzt, so dass weder Flegel noch Staudinger kolonialpolitische Ergebnisse erzielten. Auf dem Weg nach Yola erhielt Flegel im Juli 1886 die Rückberufung nach Europa. Eduard Robert Flegel starb am 11. September 1886 an der Küste in Brass.


Mit etwas mehr Glück und Verhandlungsgeschick, wäre die deutsche Grenze am Benue und im Niger-Delta festgelegt worden, wo später reiche Ölvorkommen entdeckt wurden.

Flegel, von koloni­alen Kreisen ausgerüstet, hatte zum Beispiel bei seiner dritten Afri­kareise den Grundstein gelegt, daß die Westgrenze Kameruns vom Benue abwärts bis zum Nigerdelta festgelegt werden konnte. Flegel zieht den Niger und Benue hinauf, um in Adamaua Verträge abzuschließen. Da­nach beißt er sich südwärts bis zur Kamerunküste durch. Flegel kann eine deutsche Sta­tion an der Einmündung des Tarabba in den Benue errichten, erkrankt jedoch und stirbt im Delta des Niger.


Curt v. Morgen bekräftigte nach Flegel noch einmal deutsche Ansprüche auf eine Benue-Niger Westgrenze Kameruns- umsonst...Am 5. November 1889 verließ Morgen mit 120 Trägern die Küste und gelangte Ende des Monats auf der Station Jaunde an. Am 9. Dezember verließ er dieselbe, überschritt den Sanaga und erreichte die südlichen Grenzstämme von Adamawa. Von hier wandte er sich nach Westen, entdeckte den Mbam, den bedeutendsten Nebenfluss des Sanaga, und erreichte Malimba. Nachdem Morgen die dortigen Aufständischen der Küstenbevölkerung in einem viermonatigen Kampf niedergeworfen hatte, begab er sich am 2. Juni 1890 auf eine zweite Expedition in das Innere von Adamaua. In der Nähe von Ndumba legte er die wenig später wieder aufgegebene Station Kaiser-Wilhelmsburg an. Von dort aus drang er bis nach Tibati und Banyo vor. Beim Erstürmen der Bergfestung Ngaundere wurde Morgen durch einen Pfeilschuss verwundet. Die Expedition führte weiter nach Ibi am Benue, bevor sie über den Fluss und den Niger an die Küste führte. Nach einem Aufenthalt in Lagos kehrte er nach Deutschland zurück.

Curt v. Morgen, Premierleutnant aus dem schlesischen Neisse, ist es dann der Beziehungen mit den Wute knüpft und öffnet so den schiffbaren Abschnitt des Sana­ga bis zu den Edeafällen dem Handel. Von Malimba erneut aufgebrochen, geht er über Yaunde, Ngaundere und Banjo zum Benue, wo er auf Flegels Spuren trifft. Der Forscher über seine Expedition: »Die Ratten fressen Stiefel und Sandalen an und machen nächtliche Kletterübungen am todmüden Schläfer; die Fliegen dringen in Augen, Mund, Nase, zerstechen den Kör­per und setzen sich, eitererzeugend, in Wunden; die Ameisen überziehen im Nu den wehrlosen Wanderer, den ahnungslos Rastenden zu Tausenden und martern ihn mit Bissen; die Sandflöhe bohren sich heimtückisch unter die Nägel der Zehen, erzeugen dort Geschwüre und machen den Menschen oft für Wochen vollkommen marschunfähig.«

Die strategisch wertvolle deutsche Tarabba-Station wird später in Berlin leichfertig aufgegeben...England, dann im Besitz der Mündungsgebiete der großen schiffbaren Flüsse Calabar (Cross) und Niger, kontrolliert deshalb den schiffbaren Benue, Deutsch-Adamauas einzige natürliche Verkehrsverbindung mit dem Atlantik.

Lediglich der obere, nur be­dingt befahrbare Benue liegt in Deutsch-Kamerun. Franzosen haben sich die Han­delswege vom Benue zum Kongo, damit die Kontrolle über den Verkehr zwischen den zwei großen Stromgebieten gesichert. Über dem kupfer- und elfenbeinreichen Südosten kräht der gallische Hahn.

Der Tschadsee ist, abgesehen vom Gebiet zwi­schen der Mündung des Schari und den Mündungsarmen des Jadseram, weit eher ein englisch-französischer Lake Chad/Lac Tchad.

Die Deutschen sitzen an wasserreichen Küstenflüssen, die Pinassen oder Kanus von der Mündung her ein paar Tagesreisen tragen. Doch dann blockieren große, den Absturz vom Hoch- zum Flachland ausgleichende Katarakte jede Weiterfahrt, was den Wasserweg für den Binnenhan­del wertlos macht. Dank ihrer natürlichen Verkehrsstraßen sind es dann Engländer, die Deutsch-Adamaua, das wirtschaftliche Kernland der Kolonie, über Niger und Benue mit Waren versorgen, führen Fran­zosen die Elfenbeinvorräte des Hinterlan­des über den Kongo aus...

Primärquellen: Graudenz/Schindler, Die deutschen Kolonien
Längin, Die deutschen Kolonien

Strafexpedition gegen die Abo

1891 wurde eine Expedition zur Fest­legung einer geeigneten Ostgrenze entsandt, die in der Wunschvorstellung an den schiffba­ren Flüsse Ubangi und Schari errichtet werden sollte. In weiser Voraussicht, dass sich die Kaiser­lichen dort mit den Franzosen anlegen müssen, ist das Reich erstmals bereit, dafür eine für die Zeit fast unvorstellbare Summe von 400.000 Mark auszugeben.


Hauptmann Karl Freiherr von Gravenreuth(2. von links), aus Augsburg stammend, führte eine erfolgreiche Strafexpedition gegen die Aboleute, die dem Deutschen Reich den Krieg erklärten...

Zum Leiter der Expedition wird der als tollkühn bekannte Karl Frhr. v. Gravenreuth (33) bestellt, dem der Spitzname Simbaja Mrima (Löwe von Afrika) wie eine Warnung vorangeht. Der Augsburger hat sich in Deutsch-Ost bewährt, dort Suda­nesen, Zulus und Somalis befehligt. Auf den Kamerunneger setzt er allerdings keine müde Mark, was ihn noch während der Anreise einem König Behanzin 370 Dohome-Sklaven und -Sklavinnen abkau­fen lässt.

Söldner und Träger, die seine Expedition begleiten sollen, bekam man tatsächlich zum Nulltarif, ist doch ausgemacht, dass die Dahome ihre Loskaufsumme von 400 Mark pro Kopf im Dienst der Kameruner Kolonialverwaltung abarbeiten sollten, wofür ein Zeitraum von fünf Jahren vorgesehen ist. Hinterher wurde aber er­zählt, dass die Dahome-Leute nur die Wahl gehabt hätten, mit Gravenreuth davonzu­ziehen oder während eines lokalen Fest­essens verspeist zu werden...

In Kamerun eingetroffen, scheint Graven­reuth seine eigentliche Aufgabe aus den Augen zu verlieren. »Ein Anhänger des Angriffs«, zieht er - vom Gouverneur da­rum gebeten, doch diesem nicht unterstellt - die Strafaktion gegen Afrodeutsche je­dem Wettlauf mit Franzosen vor. Entgegen kommt ihm, dass der am linken Munoufer, nördlich von Duala, lebende Bantustamm der Abo durch Besetzung und Befestigung des Ortes Miang dem Kaiser gerade den Krieg erklärt hat.

Zu dessen Disziplinierung bricht Simbaja Mrima mit »3 Neger-Kompanien zu 100 Köpfen und 50 Weibern zum Lastentra­gen« im Oktober 1891 auf. Der Löwe kämpft im Rudel, das Marinesoldaten der beiden Stazionäre Habicht und Hyäne unter Kapitänleutnant Krause stellt. Vom Gouvernement kommen weitere 25 Mann. In der sengenden Hitze vor Miang beweisen die Kaiserlichen Mut, Eifer und Entschlossenheit. »Bootsmannsmaat Lack wurde gleich mehrfach verwundet ..., Lt. z.S. Czech brach vom Sonnenstiche getroffen zusammen und musste besinnungslos zu dem Gouvernements-Dampfer Soden gebracht werden, wo Marineassistenzarzt Frentzel-Beyme alle Hände voll zu tun hatte«.

Steuermannsmaat Itgenhorf zeichnet sich durch Draufgängertum Obermatrose Werner als Krankenträger aus. Krause ist der erste, der über die Palisaden kommt, der größte Anteil am Sieg deutscher Waffen wird hinterher allerdings Lt. z.S. Krüger und dem von ihm bedienten Maximgeschütz zugeschrieben.


Konteradmiral Erich von Dresky

Im Bericht von KKpt.v. Dresky, dem dienstältesten Offizier der Kamerunstation, ist nachzulesen: »Der Verlust des Feindes konnte nicht festgestellt werden, da derselbe seine Toten und Verwundeten auf der Flucht mit sich nahm. Später nach Kamerun [Duala] gelangte Nachrichten bestätigten jedoch, dass der Verlust ein recht beträchtlicher gewesen sein muss, da alleine 4 Häuptlinge gefallen sind ... Außerdem wurde beobachtet, dass eine große Zahl flüchtender Neger viele Körper mit sich schleppte.«

Mit der Eroberung von Miang und der Zerstörung seiner Kulturanlagen gilt der Zweck des Strafzugs als erfüllt. Dem Palisadenspringer Krause wird durch den Kaiser, der solche Siege liebt, der Rote Adlerorden 4. Kl. mit Schwertern verliehen.

Primärquellen: Graudenz/Schindler, Die deutschen Kolonien
Längin, Die deutschen Kolonien

Wie eine bessere Ostgrenze Kameruns verhindert wurde


Am Nachmittag des 5. November 1891 kämpft Gravenreuth, der in Deutsch-Ost so manches Feuer überstanden hatte, in Deutsch-Kamerun sein letztes Gefecht. Die begleitenden Umstände sind alles andere als normal, das von der Truppe mitgeschleppte Maximgeschütz hat Ladehemmung, der Kamerad am Maschinengewehr ist verwundet, als Todesschütze Mondinde Mw Ekeke den Löwen trifft. Stetten fällt wegen einer Verwundung aus, mit Hptm. Hans v. Ramsay, ksl. Artillerie-Offizier aus dem westpreußischen Tinwaldein, übernimmt ein weiterer Ostafrikaner Gravenreuths Expedition. Kolonialpolitisches Ziel ist das Erreichen des Ubangi, von wo die Karawane zum Schari und an dessen Lauf entlang zum Tschadsee ziehen soll.


Togo und Kamerun auf einer deutschen Schulwandkarte

Um noch eine Erfolgsstory zu werden, ist es jetzt allerdings zu spät. Als Ramsay den Sammelpunkt Edea erreicht, sind die bewilligten 400.000 Mark beinahe aufgebraucht, hat der Tod unter den Dahome-Leuten gewütet. Während Lt. v. Brauchitsch an der Küste nach neuen Trägern sucht, vertreibt sich die Truppe die Zeit mit einer Vorexpedition. Ramsay marschiert den Sanaga hinauf und legt die Balinga-Station an, die er Lt. Richard v. Volckamer unterstellt. Für die Hauptexpedition zurück in Edea erfährt er, dass der ohne jeden kolonialen Ehrgeiz angetretene Bismarck-Nachfolger Caprivi das Unternehmen telegrafisch für beendet erklärte. Dem »Erzfeind« wird es so auch leicht gemacht, anstelle von Kaiser und Reich, erzielen vom Norden und Osten nach Mittelkamerun eindringende französische »Forscher« Übereinkommen mit eingeborenen Herrschern.


Hauptmann Hans von Ramsay neben dem Sohn des Sultans von Bali während der Erforschung und Kartierung des Reiches Bamum (1902)

Als Baron Edgar v. Üchtritz und Siegfried Passarge ein paar Monate später im Auftrag der DKG auf dem Niger-Benue-Weg zum Tschadsee vordringen, können sie noch Verträge mit den Noblen von Bubandjidda, Ngaundere und Marua abschließen, die dem Reich einen Großteil Nordkameruns sichern. Im Grenzbereich Bornus am oberen Schari sieht sich die Expedition jedoch zur Umkehr gezwungen, da sich Franzosen dort bereits festgesetzt haben.

Die Vorstellung einer geeigneten Ostgrenze ist verspielt, der Plan, von Kamerun aus tief ins Herz Afrikas vorzustoßen, um dort im großen Stil Fuß zu fassen, Makulatur. Üchtritz und Passarge haben trotzdem neue Verhältnisse geschaffen, die es zu konsolidieren gilt. Nach einer Expedition des wiederhergestellten Stetten von Kribi über Ngaundere nach Jola werden Vorstöße ins Landesinnere so auch eingestellt. Mit den äußeren Grenzen international erst einmal abgesteckt, scheint es ratsam, sich viel bewusster dem Naheliegenden zuzuwenden. Besonders dort, wo aus dem Deutschwerden einfach nichts werden will.

Die Niederlage am Kamerunberg, die erste als Kolonialmacht in Afrika, hatte ein Überdenken des Machtmittels Polizeisoldat erzwungen. Als sich 1893 die Dahome-Leute des Polizeidienstes gegen ihre Vorgesetzten erheben, erkennen auch Berlins Bürokraten, dass Kameruns Sicherheit und Stabilität nur mit einer stehenden kaiserlichen Schutztruppe zu festigen ist.


Leutnant Max von Stetten und Angehörige der Polizeitruppe Kamerun um 1894

In der Heimat König Behanzins Kochtopf entkommen zu sein, ist eine Sache, in Kamerun wegen der Freikaufsumme lediglich »ums Sattessen« zu dienen, eine völlig andere. Die Dahome haben auf einen Grund zur Meuterei so auch nur gewartet, Heinrich Leist, der als Kanzler den beurlaubten Gouverneur gerade vertritt, kommt ihnen entgegen. Der Jurist aus Meitzendorf, durch seine skandalöse Nähe zu Landestöchtern (hier: unzüchtiger Verkehr mit im Gefängnis einsitzenden Pfandweibern) bereits aufgefallen, ist absolut kein unbeschriebenes Blatt. Was die Dahome nicht weiter interessierte.


Deutsche Kolonialbeamte bei einer Gerichtssitzung in Kamerun (1911)

Kritisch wurde es erst, als Leist entgegen der Dienstanweisung, die die körperliche Züchtigung von Weibspersonen verbietet, auf der Auspeitschung von Polizistenfrauen besteht. Rund 50 Dahome greifen zur Waffe, ziehen damit zur Messe in Duala, in deren Speisezimmer sie Otto Riebow erschießen: Riebow, Gerichtsassessor aus Scharchow in Pommern! Ausgerechnet Riebow, der im Dienst des AA für den kolonialen Konflikt im Alltag und die Praxis kolonialer Rechtsprechung den ersten Band der Deutschen Kolonialgesetzgebung abgefasst hatte!


SMS Hyäne

Mit der öffentlichen Ordnung in höchster Gefahr sieht sich die Mannschaft von S.M. Kanonenboot Hyäne gefordert. Kplt. Reincke kann sein Landekommando durch Landsleute wie Lt. z.S. Deimling vom Vermessungsdetachment Kamerun, Steuermann Staack vom Gouvernementsdampfer Nachtigal und die Mannschaft des Cyklop-Hulks verstärken.

Der Dahome-Aufstand wird zwischen dem 15. und 23. Dezember 1891 niedergeschlagen. Reinckes Landekommando und engagierte Landsleute haben den Dahome gezeigt, wie ein deutscher Krieg funktioniert. »Vorwärts«, das Sprachrohr der Kolonialgegner, kann seine Kritik am Kochen halten: »Die deutsche Dahome-Schande ist durch die amtlichen Berichte in ihrer ganzen Ausdehnung festgestellt worden. Es ist kein Zweifel mehr: Beamte des Deutschen Reiches, angeblich Träger der Kultur, haben sich schlimmer benommen als die schlimmsten Barbaren.«

Primärquelle: Längin, Die deutschen Kolonien

Die Reorganisation der Schutztruppe

In Kamerun ist praktisch das ganze Jahr über Krieg, sollte gerade keiner sein, ruht er nur für ein paar Wochen. Die bewaffnete Macht ist überfordert, was 1894 die zeitnah notwendige Reorganisation erzwingt, aus der Kameruns kaiserliche Schutztruppe und die Landespolizei hervorgehen. Ausrüstung, Bewaffnung, Bekleidung und Ausbildung sind die gleichen, mit der Rekrutierung immer wieder einmal neu durchdacht, um die militärische Verwendbarkeit zu garantieren, übernimmt die Polizei ihre Offiziere und Unteroffiziere aus dem Schutztruppenkreis. Was den Schutztruppler vom Polizeisoldaten unterscheidet - auch Kameruner tragen jetzt des Kaisers Rock -, ist nur beim näheren Hinsehen auszumachen: Beim einen ist der Adler am Rollfes und auf Knöpfen gelb, beim anderen weiß. Die Schutztruppe ist Polizei, die Polizei ist Schutztruppe, »aufgrund ihrer Friedensarbeit die Vorhut der Zivilisation«. Die bewaffnete Macht hat - Kampf dem Kannibalismus, dem Menschenopfer, den Sklavenjägern und Geheimbünden - die Unterdrückten zu schützen, Unbotmäßigkeiten zu bestrafen und im schwarzweißen Dauerkonflikt »mit Nachdruck gegen Räubereien und andere Übergriffe« vorzugehen. Die unter Zivilverwaltung stehende, auf Bezirksämter und Stationen verteilte Polizei wird im Etappendienst und zur Bewachung von Örtlichkeiten eingesetzt, die Schutztruppe in Gebieten mit militärischer Administration.


Kameruns Schutztruppe bei der Ausbildung

Schutztruppler sind nicht nur Männer, die oft und gerne über Leichen gehen. Sie erforschen Land und Leute, errichten Stationen, bringen von ihren langen Märschen wertvolles topografisches Material und kartografische Aufnahmen mit, vermachen deutschen Museen Tuthörner aus Elfenbein, Duala-Sprechtrommeln, Negerklaviere und den Thronsessel, den König Akwa auf Kriegszügen mit sich führte. Sie legen kolonialbotanische und -ethnografische Sammlungen an, studieren Niederschlags¬mengen, Gewitterbildung und Wolkenformationen, präparieren zoologische Objekte und testen, ob sich Kraftwagen in tropischen Gebieten überhaupt verwenden lassen.

Stabsarzt Alfred Mansfeld aus dem österreichischen Tetschen entdeckt am Kreuzfluss den bis zu 50 m hoch wachsenden Mfo, dessen pflaumengroße Früchte gutes Speiseöl liefern. Oberstabsarzt Philalethes Kuhn kämpft in den weiten Überschwemmungsgebieten von Kadei und Ssanga, an den Likualaströmen und im Flussgebiet des Lobaie gegen die Geißel Schlafkrankheit. Beim Wege- und Brückenbau fließt der Schweiß von Schwarzen und Weißen. Lt. v. Estorff sollte den sammelnden, konservierenden, impfenden, schaffenden, immer auch kämpfenden Kameraden dafür schlicht »Mädchen für alles« nennen.

In Kamerun können es Farbige, »vom wilden Buschneger zum pflichttreuen deutschen Soldaten erzogen«, bis zum Unteroffizier bringen, allerdings ohne militärisch einem Deutschen vorgesetzt zu sein. Der weiße Schutztruppler ist OffzTUffz., steht- im Unterschied zu Deutsch-Südwest, das aus historischen Gründen keine Askaris kennt - nicht im Mannschaftsrang. Kommandiert wird auf Deutsch. Soldaten wie Ernst v. Raben aus Gmünd oder Erich v. Germar aus Neustadt-Magdeburg sind gerne dabei, der Andrang in der Heimat ist groß. Für Europa ausgebildet, kennen sie weder Land noch Gegner, sehen sich dann auch mit Situationen konfrontiert, die sie beim Einexerzieren und -marschieren nicht lernten.



Das einheimische Bier ist braun, trüb und säuerlich - schmeckt scheußlich - man nehme Mais und Hirse, seie das Gemisch nach mehrmaligem Kochen ab, setze nach dem Gären Honig hinzu und trinke das Ergebnis kalt. Doch um es als Soldat in Friedenszeiten zu etwas zu bringen, muss man in die Kolonien, wo dann auch so manche Karriere beginnt. Für Kamerun gilt, um den Lebensbedingungen Rechnung zu tragen, die Verpflichtung für zwei Jahre.

24 Monate, um den afrikanischen Soldatenalltag kennenzulernen: Wie bewegt man sich im dichten Busch? Major Karl Zimmermann: Im Küstenbusch und Urwald ist, wie die koloniale Erfahrung lehrt, auf das fehlende taktische Verständnis des Gegners zu setzen, wo immer möglich anzugreifen. Zur Entscheidung führen Gefechtsdisziplin, die bessere Bewaffnung und der überlegene Wille zum Sieg. Nachhaltigsten Eindruck auf die Neger macht die unerwartete Beschlagnahme ihres in den Schlupfwinkeln des Busches für unerreichbar gewähnten Hab und Gutes, was dann auch häufig zur schnellen Unterwerfung führt. Wie kämpft man in Adamaua, im nördlichen Teil Kameruns? Zimmermann: In den Fulbe-Sultanaten, in denen der Gegner mit modernen Mehrladern ausgerüstet, teilweise beritten, numerisch in der Regel weit überlegen ist, muss der Nahkampf vermieden werden, wird die Begegnung erst aus der Defensive geführt, dann durch ausreichendes Feuer des Maschinengewehrs entschieden. Hat sich der Angriff verblutet und wendet sich der Feind zur Flucht, dann wird verfolgt, solange der Atem hält.




Für Bewegungen jeder Art: Der schnelle und durchschlagende Erfolg ist die menschlichste, billigste und für die Wohlfahrt der Kolonie zuträglichste Lösung. Auftreten mit unzureichenden Mitteln und Überstürzen des Operationsbeginns sind besonders gefährlich, da selbst ein geringer Erfolg des Feindes seinen Kampfesmut ins Ungemessene zu steigern und schwankende Stämme mitzureißen pflegt.

An der Bewaffnung wird gearbeitet: Um den meist in Minderzahl fechtenden Kaiserlichen zur Vermeidung des gefährlichen Nahkampfes in dumpffeuchter Buschatmosphäre eine bessere Nutzung ihrer Feuerüberlegenheit zu ermöglichen, erhält die Jägerbüchse 71 einen Auswerfer und rauchfreie Munition. Die in Adamaua und den Tschadseeländern stehenden Kompanien beziehen für ihre Mehrlader anstelle der in ihrer Wirkung unzureichenden 98er die erheblich überlegene S-Munition.

Die Siege der kleinen Schutztruppe gegen große Völker hebt das Ansehen bei unbedeutenderen Stämmen: Oblt. Günther v. Hagen: »Fallen muss, was die Unterwerfung verweigert«, besetzt Ssenge und Bukum. Hptm. Bartsch bestraft die unverschämten Lakka: »von ihnen war eine aus 346 Reibuba-Bibene und Ngaundere-Leuten bestehende Trägerkolonne überfallen und zum größten Teil niedergemacht worden«. Hptm. Walther v. Unruh aus Klein-Münche bei Birnbaum an der Warthe steht am Kele-Fluss, »um die Eingeborenen dahin zu bringen, dem neu eingerichteten Posten Wum Folge zu leisten«. Oblt. Wanka und Lt. Trabert, während Erkundungsmärschen von Nangire-Schoa-Leuten angegriffen, stellen des Kaisers Ruf mit vollem Erfolg wieder her: »welch zähen Widerstand die Eingeborenen leisteten, geht aus der Verlustziffer hervor: Oberarzt Bergeat, vier Soldaten und drei Träger wurden schwer, zehn Soldaten und 13 Träger leicht verwundet«.


Angehörige der Schutztruppe Kamerun am Tschadsee im Mai 1902. Untere Reihe rechts Hauptmann Hans Glauning (1868-1908).

Über die militärische Sicherung werden Forschung und Erschließung nicht vergessen. Rudolf Plehn rackert sich vom Kongo-Ssanga her in den östlichen Süden vor, seine Arbeit setzen Frhr. v. Stein und Scheunemann fort. Oblt. Ernst v. Carnap-Quernheimp, Chef der Jaunde-Station, zieht den Ssanga abwärts zur Mündung des Dscha. Hptm. Hans Glauning führt die deutsch-englische Grenzexpedition zwischen Jola und dem Tschadsee, der Berliner Hans Ziemann studiert »die Bevölkerungs- und Viehfrage« in den Hochländern am Manenguba. 1906 sind die Fixpunkte dann nach astronomischen Längen- und Breitenbestimmungen festgelegt, Grenzziehungen allerdings weiterhin »unentwickelt«, woran sich bis Ausbruch des Weltkriegs wenig ändern würde.

Nach der Expedition ist vor der Expedition, geforscht wird bis zum Schluss: Frhr. v. Stein bereist das Gebiet zwischen Jabas-si und Bamum, arbeitet sich nach Bangsom-Fombong-Kargashi und in das Zusammenflussgebiet des Nun und Mbam vor. Fritz Jentsch und Moritz Büsgen, Professoren für Forstwirtschaft und Botanik, suchen nach einem Weg, um den Raubbau im Holzhandel zu stoppen. Die Botaniker Carl Ludwig Ledermann und der Zoologe Rippenbach führen eine botanisch-zoologische Expedition durch Mittelkamerun.

Die Deutsche Zentralafrika-Expedition unter Leitung des Herzogs zu Mecklenburg zieht vom Kongo zum Tschadsee, eine Teilexpedition durch Südkamerun zu den Guinea-Inseln. Das Ehepaar Marie Pauline und Franz Thorbecke und Leo Waibel forschen im Auftrag der DKG im Gebiet zwischen Dschang, Fumban, Tibat und Joko. Lt. Bock v. Wülfingen erkundet den Jarindo und Caragua im Süden, den AinaIvindo von Alati abwärts bis zur Aufnahme des Karagua bei Mwine und des Karagua aufwärts bis Ngarabinsam.

Primärquelle: Längin, Die deutschen Kolonien

Buea unter deutscher Kontrolle

Der Respekt vor den Bakwiri, die den Kaiserlichen bei den Buea-Siedlungen eine Lektion erteilten, hält rund drei Jahre an. Dann trifft sie die Strafe um so härter. Im Dezember 94 greift ein schwer bewaffne¬tes deutsches Allerlei aus Weißen und Schwarzen die Buea-Leute an. Die sich todesmutig wehrenden Buea-Leute haben keine Chance, sind, nachdem der letzte Schuss gefallen ist, dann auch »kaum noch mehr als dem Namen nach vorhanden« Das schreibt Hans Dominik, der sich vorgenommen hat, Bücher über sich und Kamerun zu schreiben.


Buea - das erste Gouverneurshaus

Der Sieg über die Bakwiri erlaubt es, sich endlich um die sterblichen Überreste Simbaja Mrimas zu kümmern, den man beim Missionshaus so begraben hatte, dass ihn die Gegner nicht finden. Gravenreuths Gebeine »lang ausgestreckt lag er da. Wenige Zeugfetzen fielen bei der ersten Berührung wie Zunder von den weißen Knochen, nur die Füße steckten noch in den wohlerhaltenen gelben, festen, nägelbeschlagenen Schnürschuhen«, werden nach Duala überführt, dort unter dem Standbild eines bronzenen, zu den gesunden Höhen Bueas hinüberblickenden Löwen bestattet.


Gravenreuths Grabmal

Den Sockel ziert das Bild des Bayern. Nach vollzogener Strafexpedition steht der friedlichen Pflanzungstätigkeit am Kamerunberg nichts mehr im Weg, kann auf der - tatsächlich nur 980 m hoch liegenden - Tausendmeter-Terrasse ein deutsches Buea entstehen. An den Südhängen, wo die wichtigsten Plantagen liegen, würde jetzt viel über Kautschuk, Ölpalme, Mangos, Breiäpfel oder Guaven gesprochen. Dazu über etwas, das die Deutschen mit »Arbeiterkalamität« kürzen, um nicht immer wieder sagen zu müssen: »Aus faulen Afrodeutschen tüchtige Tropenwirte zu machen, mag keine leichte Aufgabe sein, am Kamerunberg preußisch-diszipliniert zu schaffen, ist sicher nicht jedermanns Sache ... Erwartungen in Arbeitsleistungen sind so auch nicht hoch gesteckt, dafür hat man die Säfte der Pflanzenwelt und verdammt gute Böden. Doch die Suche nach Woermanns "brauchbarem Arbeitsmaterial für heiße Klimata" ist weiterhin unser größtes Problem.«

Kameruns wirtschaftliche Bedeutung beruht auf dem eingetrockneten Milchsaft der Kautschuk- oder Gummibäume und den Produkten der Ölpalme. Elfenbein spielt vorerst noch eine gewisse Rolle. Die Hauptfertigung von Kautschuk und das Sammeln von Ölfrüchten und Elfenbein liegen in Eingeborenenhand, Kameruns wichtigste Ausfuhrartikel beruhen somit auf Eingeborenenproduktion. Der Farbige kann als größtes wirtschaftliches Aktivum gelten, Inlanddeutschen allerdings nur, wenn er bereit ist, für sie als Arbeiter, Träger oder Ruderer, als Dienstbote oder Hausangestellter zu malochen.

Vorausgesetzt wird, was Max Möller in seinem Büchlein »Was uns die Kolonien bringen« (Charlottenburg 1910) so umschreibt: »Als unsere Kolonien vor Jahren/noch unentdeckt und schutzlos waren/schuf dort dem Volk an jedem Tage/die Langeweile große Plage/denn von Natur ist nichts wohl träger/als so ein faultierhafter Neger.« Vorausgesetzt wird so auch, dass Bafut, Bamilleke oder Bakundu regelmäßige Arbeit - »dieses Talent der Kulturmenschen« - im vorgeschriebenen Stundentakt nicht kennen können, Rohdiamanten wie Ngolo, Bamboko, Bassa oder Mabea erst geschliffen werden müssen. Im Reich werden dafür Abhandlungen wie »Die Erziehung des Negers zur Arbeit«, »Wie man den Neger am Besten zur Plantage-Arbeit erzieht« oder »Wie man den Neger Belehrungen zugänglich macht« aufgelegt. Drängt die Zeit doch nicht nur am Kamerunberg, da in der Erziehung zur europäischen Arbeitsauffassung neben der Arbeits- auch die Kaufkraft steckt, im Erwerbssinn der Käufer der Konsum.

Im Jahre 17 nach Nachtigals Coup zieht Gouverneur v. Puttkamer - »um meine Verwaltungsbeamten längere Zeit arbeitsfähig zu erhalten« - von Duala nach Buea um. »Hier oben in Buea herrscht ein gesundes Klima. Das Fieber der Tiefebene und des Urwaldes wagt sich nicht hinauf. Hier gedeihen Spargel, Gurken, Rettich, Radieschen und Erdbeeren; selbst Kartoffeln werden angebaut. In den Gärten von Buea blühen Rosen und Veilchen ...«

Primärquelle: Längin, Die deutschen Kolonien

Befriedung des Hinterlandes

Gurken, Rettich, Spargel und Radieschen ..., was heim Ostpreußen Semhritzki nach deutscher Normalität klingt, bewegt sich in Grenzen. Das Hinterland ist wie vernagelt, lässt sich nur militärisch erschließen. Die Niederwerfung der Bakwiri war lediglich ein Etappensieg, im Kampf um Köpfe und Herzen der Kameruner kommt man nicht weiter. Einer Expedition folgt die nächste, womit der Aufstieg des Hans Dominik beginnt.
Nachdem er zusammen mit Oblt. Morgen die Miangesen im Aboland zur Botmäßigkeit gebracht hat, marschiert Dominik mit dem Büchsenmacher Zimmermann und Polizeisoldaten gegen das Volk der Bakoko. Die mit Steinschlossflinten, Speeren und Keulen gerüsteten Bantuneger erweisen sich als Meister der Guerillataktik: »Kaum eine halbe Stunde verging, ohne dass wir Feuer bekamen. Die Bahohos (!) griffen uns immer wieder an, obwohl ich die gefangenen Frauen und Kinder zwischen die Soldaten und die Jaundes gestellt hatte.«

Zum Ende hin muss Dominik »wegen einer Ladung Topfscherben« in der Seite gegen den Feind getragen werden, fällt Zimmermann wegen Krankheit aus. Der Kulmer hat seinen Feldzug verloren, kommt ein paar Monate später jedoch mit der schlagkräftigen 1. Kompanie zurück. Und jetzt sollten sie ihn, dazu sein Motto »Nicht rechts geschaut, nicht links ge-schaut, vorwärts gradaus, auf Gott vertraut und durch« richtig kennen lernen. Vom Jagdfieber gepackt sind die kaiserliche Schutztruppe auf die Trophäen der Bakoko aus: »Mit drei Hieben meist ist der Schädel vom Rumpf getrennt: zwei dicht unter dem Kinn rechts und links, der dritte im Nacken.«


Kameruner Kolonialpolizisten treffen Dorfbewohner in der Region von Bamenda im Nordwesten von Kamerun. (1910)

Dominik hinterher: »Täglich wurden mehrere Patrouillen vorgetrieben, die die Dörfer verbrannten, die Felder verwüsteten ... Krachend stürzten die brennenden Häuser zusammen, Frauen und Kinder irrten ratlos umher, laut aufkreischend, wenn sie auf einen bekannten Gefallenen stießen, denn echt afrikanisch - mit dem Bajonette - hatten die Sudanesen gearbeitet. Zum ersten Male hatte ich die Bestie im Menschen entfesselt gesehen, und noch stand ich unter dem Eindruck all des Grausigen ... Ich ließ zum Sammeln blasen und schlug fern von dem blutbedeckten Kampfplatz mein Lager auf. Hoch oben kreisten, gierig krächzend, reicher Beute gewiss, die Aasgeier. Ich dachte an die Lieben daheim.«


Hptm. Oltwig v. Kamptz aus Torgau, Kompaniechef des II. Seebataillons, 1897-1901 Kommandeur der Schutztruppe in Kamerun.

Zwischen 1896-98 marschiert Oltwig v. Kamptz, kaiserlicher Major aus Torgau, zur Sicherung deutscher Besitzansprüche gegen Jaunde, Bane-Buli, Fang und Ikoi. Im Dezember 98' fühlen sich die Kaiserlichen dann wieder so stark, um weitere besitz-ergreifende Expeditionen zu starten. Während des Wute-Adamaua-Feldzugs nimmt Kamptz Ngila, die Residenzstadt des Wute-Oberhäuptlings, die später in Kaiser-Wilhelmsburg umbenannt wurde. Von dort stößt er bis zum Handelsknotenpunkt Joko, einem vorgeschobenen Fulbeposten des Emirats Tibati am Osthang des Dommegebirges, durch. Die Anlage einer Regierungsstation öffnet dem Handel das Hinterland bis nach Ngaundere, eine der bedeutendsten Städte im mittleren Kamerun.


Hauptmann von Schimmelpfennig bei der Jaunde-Jabassi-Expedition

Der Unterwerfung der Bule zwischen Njong und Kampo und der Bangwa im Manenguba-Hochland folgen Befriedungsaktionen Dominiks im Hinterland. Oblt. Radtke siegt bei Djidda im Fulbestaat Bubandjidda. Hptm. Cramer v. Clausbruch aus Czernowitz stürmt (»damit das Ansehen des Deutschen Reiches dort nicht verloren geht«) Ngaundere. Schimmelpfennig kämpft gegen die Wüte, Pavel hisst in Garua die deutschen Farben. Im Januar 1902 schlagen sich die getrennt aufmarschierten Dominik, Clausbruch und Bülow einen blutigen Montag lang bei Marua mit Suberu, dem Sultan von Jola. Held des Tages ist Oblt. Siegfried v. Bülow, der mit dem wirkungsvollen Dauerfeuer seines Maschinengewehrs den numerisch weit überlegenen Gegner in Schach halten kann. Nach dem »endgültigen Sieg« über die Fulbe, dem bisher größten Feuergefecht der bewaffneten Macht, wird das deutsche Tschadseegebiet dauerhaft besetzt.


Oberst Kurt (von) Pavel aus Tscheschen im Kreis Groß Wartenberg, 1901-03 Kommandeur der Schutztruppe, 1913 in den erblichen Adelsstand erhoben.


1903 löst Franz Müller aus Friedrichsthal/Bzk. Stendal Kurt v. Pavel aus Tscheschen/ Kreis Groß Wartenberg als Kommandeur der Schutztruppe ab. Müller hatte sich als Leutnant im Jägerbataillon Nr. 1 im deutsch-französischen Krieg das Eiserne Kreuz erkämpft. 1895 zur Truppe in Deutsch-Südwest versetzt, war er dort gegen Nordwestherero und Swartbooi-Topnaar-Hottentotten gezogen. 1903 Oberst in Kamerun, wird er zum Generalmajor befördert, was für deutsche Verhältnisse - für einen, der einfach nur Müller heißt - eine rasante Karriere ist. Siegmeldungen und Katastrophen lösen sich ab. 1904 lehnen sich die Anjang im Nordosten von Ossidinge auf, was sechs Weiße das Leben kostet. Die Anjang-Expedition führt Müller. Im Jahr darauf marschiert Oblt. Scheunemann gegen Ndsimu-Häuptlinge und stammverwandte Nachbarstämme im kautschukreichen Dschagebiet. Auf dem Manenguba-Plateau sieht sich erneut Müller zum Härtezeigen gezwungen.

Im Waldgebiet am oberen Njong und Dscha, wo es seit jenem Tag rumort, an dem Weiße (»die sich zugegeben nicht immer zweckentsprechend benahmen«) dort den Reichtum an Kautschukbäumen entdeckten, lässt der Versuch, lokale Eingeborene um ihre Ernten zu bringen, Njem, Ndsimu und Makä alte Rivalitäten vergessen. In einem Gebiet, »das dasjenige des Königreiches Sachsen übersteigt und ungefähr 10.000 waffenfähige Neger ausweist«, bricht der Aufstand aus. (»Dabei ist zu bedenken, dass diese von der Küste entfernteren Stämme noch der krassesten Menschenfresserei huldigen und dafür bestraft werden müssen, dass sie vor einigen Jahren einen Kaufmann und seine 52 Angestellten aufgefressen haben.«) Njem und Ndsimu werden 1907 »unter allergrößten Opfern« geschlagen, die Makä-Stämme des Dumebezirks kann Dominik endgültig erst 1910 besiegen. Dominik, Friedrich Wilhelm Hans: Die Niederwerfung der Makä sollte seine letzte Heldentat sein.

Die militärische Aufschließung des Südens ermöglicht das Vordringen des Kautschukhandels in die Gummidistrikte zwischen Küste und französischer Grenze, doch »teuer war der Erfolg erkauft, da sich der unermüdliche Führer von den überstandenen Anstrengungen nicht wieder erholte«. »Kameruns großer Soldat«, als koloniale Spitzenkraft beinahe heilig gesprochen, stirbt auf der Heimreise, um - wenn man so will - unsterblich zu werden: Ein bei dem in Überseekreisen hoch geschätzten Berliner Kolonialbildhauer Möbius in Auftrag gegebenes Standbild des Kolonialoffiziers trifft in Jaunde ein, die Errichtung verhindert der Kriegsausbruch. In einem Schuppen gelagert, kehrt die Kamerun-Ikone 1930 nach Deutschland zurück. Dort wird sie im Garten der Hamburger Universität aufgestellt... Passieren sollte eigentlich längst nichts mehr, hatte der Hererokrieg als Chiffre des deutschen Kolonialdebakels das Reich doch einiges Prestige gekostet, Berlin sensibilisiert. Für Kamerun gilt künftig der Schiesserlass: »Schüsse aus dem Busch auf die marschierende Truppe bedeuten durchaus nicht immer Feindseligkeiten. Eine gute Truppe muss es über sich bringen, auf sich schießen zu lassen, ohne das Feuern zu erwidern!« Das Leben und Sterben lassen geht trotzdem weiter, käme »jede Schonung dieser fanatisierten Horden«, wie im weit entfernten Berlin als Zeichen guten Willens ausgedacht, bei den Herbertfällen des Sanaga, den Tappenbeckschnellen des Njong oder vor Yambong doch einer Selbstvernichtung gleich.

Primärquelle: Längin, Die deutschen Kolonien

Neukamerun (1911)



Während des Marokkoschauspiels abschließendem Akt erhält das Reich als Kompensation für gewisse Ansprüche eine Landmasse von rund 250.000 qkm aus Frankreichs äquatorialem Besitz. Dazu kommt für den Fall, dass die Spanier eines Tages verkaufen wollen, das Vorkaufsrecht für Spanisch-Guinea (Muni). Neukamerun grenzt im Süden und Osten an Altkamerun, Deutschland schließt mit der Übernahme ein Ufergebiet des Kongo zwischen der Mündung des Ssanga und Likuala-Mossaka ein, erreicht den Ubangi nördlich der Mündung des Lobai. Durch den Gebietszuwachs, dem letzten Neuland für Deutschland, ist das Schutzgebiet anderthalbmal so groß wie das Reich und dessen drittgrößte Kolonie. Der Bevölkerungszuwachs wird auf eine halbe Million geschätzt.

Neukamerun ist weitgehend unerforscht, seine hochgrasige Busch- und Baumsteppe unerschlossenes Gebiet. Den dauernden Aufenthalt für Europäer vereiteln Klima und Krankheitserreger. Der Landgewinn macht so auch wenig Sinn, ist selbst von Kolonialfanatikern nur mit dem Zutritt zum Kongo zu erklären. Dem stehen zum Teil extreme Bedrohungslagen gegenüber, geht Völkern wie den räuberischen Jade oder kriegerischen Lakka doch jede Achtung vor den deutschen Waffen ab, haben schon die Franzosen ihre Probleme mit schwierigen Fang-Stämmen, den Sanga-Sanga-Leuten und einem Häuptling Gabola von Nguku gehabt. Entlang von Flüssen und in den Überschwemmungsgebieten ist die Tsetsefliege Glossina Palpalis als Trypanosomenträger ein noch gefährlicherer Gegner.


der in Stuttgart geborene Außenminister Alfred von Kiderlen-Waechter- nur ein Jahr nach diesem Vertrag verstarb er an einem Herzanfall, nachdem er 6 Cognac getrunken hatte.

Kolonialpolitiker wie Dernburg hätten es zweifellos vorgezogen, die bestehenden Kolonien besser zu entwickeln, anstatt ihnen Neuland aufzuzwingen. Der deutsche Außenminister Alfred von Kiderlen-Waechter hatte gegenüber dem französischen Botschafter Jules Cambon als Kompensation für deutsche Ansprüche auf Marokko zunächst den gesamten französischen Kongo, einschließlich Gabuns gefordert bzw. – wenn schon nicht den ganzen französischen Kongo – dann zumindest auch noch das Vorkaufsrecht für den belgischen Kongo, das Frankreich (1884, 1895 bzw.) 1908 zuerkannt worden war. Am Ende blieb davon nur ein Passus übrig: Kiderlen-Waechter konnte den Reichstag mit einem Zusatzartikel zum Kongo-Abkommen trösten, in welchem sich Frankreich verpflichtete, von seinem Vorkaufsrecht nicht ohne vorherige Verhandlungen mit Deutschland über die Neuaufteilung des gesamten Kongobeckens Gebrauch zu machen. In Frankreich galt dieser Vertrag ebenfalls als diplomatische Niederlage: Man hatte gegen vage formulierte deutsche Marokkorechte Land abgegeben, was man schon besaß.

Lindequist tritt darüber als Staatssekretär im RKA zurück. Kaiser und Reich sehen es anders, schüren Warnungen jetzt doch den Appetit, es dem 70/71 bei Orleans oder Metz humilierten Frankreich in Afrika noch einmal zu zeigen. »Was nun die neu erworbenen Gebiete betrifft, so hat sich deren Übernahme selbst, von einem Zusammenstoß abgesehen, den die mit der Besetzung des Wolö-Ntem-Bezirkes beauftragte 10. Kompanie bei ihrem Einmärsche zu bestehen hatte, ohne Widerstand seitens der Eingeborenen vollzogen. Doch lässt sich nicht leugnen, dass sowohl im Osten wie im Süden die bisher unter französischer Verwaltung stehenden Eingeborenen den deutschen Behörden vielfach mit Misstrauen entgegentreten. Als Ursache hierfür konnte des öfteren festgestellt werden, dass ganz unwahre, den Stempel böswilliger Erfindung an der Stirn tragende Angaben über Zweck und Art unserer Verwaltung verbreitet worden waren« (Offizieller Bericht nach Abschluss des Gebietserwerbs).


Deutscher Grenzvermesser in Kamerun

Der Gebietszuwachs ist insgesamt als Misserfolg der kaiserlichen Diplomatie zu werten, denn von dem was man gefordert hatte, bekam man am Ende nur einen Bruchteil und musste dafür sogar noch den sogenanten Entenschnabel in Nordkamerun abgeben. Die Region des späteren Entenschnabels wurde zu Beginn der Kolonialära vorwiegend von den Volksstämmen der Fulbe und Hausa bewohnt. Ende des 19. Jahrhunderts dehnte sich der deutsche Machtbereich von der Küste Kameruns zunehmend nach Norden und Osten aus. Bei der Ausweitung des deutschen Gebietsanspruchs durch Forscher und Militärs geriet auch die Region zwischen den Flüssen Logone und Schari unter deutschen Einfluss. Der Entenschnabel befand sich vor allem in der nach Süden geöffneten Flussgabelung und erstreckte sich etwa bis zum zehnten Grad nördlicher Breite. Ein Grenzvertrag mit Frankreich vom 15. März 1894 gab schließlich dem Nordosten Kameruns die Gestalt eines spitz zulaufenden Schnabels und begrenzte das weitere Vordringen nach Zentralafrika. 1904 legte der deutsche Kolonialoffizier Herbert Kund in Bongor einen Militärposten an.

Primärquelle: Längin, Die deutschen Kolonien
Wikipedia

Kamerun paradox

Kamerun ist eine vernachlässigte Kolonie geblieben, Schlusslicht unter den vier afrikanischen Schutzgebieten, Rätselland mit vielen kritischen Punkten im Hinterland. »Fast an keiner Stelle zeigt Afrika, die schwarze Schöne, ein so ernstes, finsteres Antlitz, drohend abzuschrecken von dem verwegenen Beginnen, in ihr Geheimnis einzudringen, ihre Schönheit hüllenlos schauen zu wollen. Fast an keiner Stelle ruft sie gegen den kühnen Eindringling auf der Schwelle bereits Natur und Menschen auf, Hemmnisse dem vorwärts strebenden Fuß zu bereiten, Schwierigkeiten aufzutürmen« (Hutter).



Kamerun hatte fraglos einen schlechten Start, die Verwaltung vor Ort auffallend wenig zustande gebracht. Das Schutzgebiet hatte Fehlbesetzungen wie Gouverneur v. Puttkamer, der weit weg von Berlin seine »Puttkamereien« pflegte. Wie Assessor Wehlan, der als besonders brutale Version des Kolonialbeamten mit Befehlen vor dem Feind wie »den Bakoko-Weibern die Hälse abzuschneiden« viel mehr als das militärisch Notwendige verlangte. Leicht haben es Land und Leute den Deutschen allerdings nie gemacht. Zu Beginn der schwer zu überwindende Sperrhandel der Küstenstämme, die koloniale Konkurrenz von Engländern und Franzosen und der Respekt vor dem mohammedanischen Norden.


Die Nordbahn im Bau



Die Befriedung, dann die Durchquerung des mehrere Tagesreisen breiten Urwaldgürtels zum Hochland hin, brauchten Zeit, viel zu langsam drang die Kolonisation ins Landesinnere vor. Möglichkeiten dann, die sich als unmöglich erwiesen. Während des Baus der Nordbahn ging das Geld aus, worauf der Schienenstrang einige Tagesmärsche vor der großen Ölpalmenregion stoppte. Die Mittellandbahn kam aufgrund des Terrains lediglich 20 bis 30 km pro Jahr voran.

Hochwertige Steinkohle, bei Mamfe entdeckt, ließ sich nicht abbauen, da sie bei Flut unter Wasser lag, zur Gewinnung von Glimmer fehlten die Arbeitskräfte. Umfangreiche Erdöl-Bohrungen der Kamerun-Bergwerks-AG führten zu keinem positiven Ergebnis, das Geschäft mit Kohle, Zinn oder Kupfer rechnete sich nicht. An Salzquellen im Bereich des Kreuzflusses zeigte sich die Kolonialverwaltung desinteressiert, das Überjagen der Herden ließ die Elfenbeinernte von Jahr zu Jahr schrumpfen. Bei der noch recht primitiven Ernte von Ölfrüchten ging viel Öl verloren, in den Waldgebieten wurde lediglich ein kleiner Teil des Bestandes genutzt. Adamaua hatte sich nicht wie erwartet als ein Dorado erwiesen, 1909 fielen die Kakaopreise.

Als der erste marktgerechte Tabak produziert wird, ist das Produkt von guter Qualität, was Raucher stört, die geringe Brennbarkeit. Produkte der Viehzucht und Reis können auf dem Weltmarkt nicht konkurrieren, Bananenmehl kommt im Reich nicht an. 1898 hatte der Kaufmann Fritz Borrmann im Halleschen Torbezirk Berlin die Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler (EDK) gegründet, aus der die Edeka wurde. Doch Bananenmehl oder Reis aus Kamerun verkaufte sich auch bei der Edeka nicht. An Nutz- und Edelhölzern wäre das Mutterland dagegen interessiert, hier fehlen, da sie wegen ihres Gewichts nicht geflößt werden können, den Kamerunern die Transportmöglichkeiten.

Der Kautschukexport hatte 1907 noch 7,5 Mio Mark erbracht. Unübersehbar selbst in so gummireichen Bezirken wie Ebolowa, Kribi, Lolodorf oder dem Haupthandelsplatz Jaunde schon jetzt die erschreckenden Zeichen des »abscheulichen Raubbaus« bei der Gummigewinnung. Schlagen die Eingeborenen die Stämme, dann auch die Ranken der Gummiliane doch einfach ab, anstatt sie einzukerben. Als sie mit Kautschuk noch einmal so richtig ins Geschäft kommen könnten, ruinieren Konkurrenten den Preis.


das deutsche Viktoria vom Meer aus

Kamerun führt mehr Werte ein als aus, ist wirtschaftlich gesehen auch als Absatzgebiet nur von bescheidenem Nutzen. Das Schutzgebiet ist eine Last und würde es vorerst auch bleiben, der Grund, warum sich Kaiser und Reich schon einmal fragen müssen, ob sie sich über den Besitz am Busen von Biafra nun freuen sollen oder nicht. »Von allen Kolonien wurde in Kamerun am wenigsten geleistet« (Rohrbach) ..., was nicht heißt, dass man überhaupt nichts geleistet hätte. Den Deutschen sind die Pioniere und Helden darüber nicht ausgegangen, Opfer an Blut und Gut haben sie erbracht.

Die Eigentümlichkeiten der gegnerischen Kampfesweise, des Klimas und der Kriegsschauplätze, deutsches Schicksal in der Ferne: Oblt. Joseph Graf Fugger v. Glött (34) aus Blumenthal in Bayern: 1903 von einem Fulbefanatiker in seinem Zelt in Marua »meuchlings mit vergiftetem Pfeil erschossen«. Hptm. Hans Glauning (40) aus Berlin, Chef der Station Bamenda: während einer Expedition gegen die Muntschi im Bali-Hochland gefallen. Hptm. Hans Adolf v. Schimmelpfennig von der Oye (38) aus dem schlesischen Hirschberg: in Duala gestorben. Forstassessor Rudolf Plehn (32) aus dem westpreußischen Lubochin, Gründer der Ngoko-Station: durch Pfeilschuss bei Dsgai im Dumebezirk tödlich verwundet. Eduard Graf v. Pückler, Bezirkschef von Ossidinge: von Bascho-Leuten ermordet, Theodor Christaller, Kameruns erster Reichsschullehrer: an Schwarzwasserfieber gestorben. Hptm. v. Thierry, Resident des Bezirks Garua: bei Mubi »durch den Pfeilschuss eines unbotmäßigen Heiden« getötet, Oblt. Schröder: »beim Sturm auf das Räubernest Ngute« gefallen. Lt. v. Volckamer und Uffz. Szadock: nach Verlassen der Baiinga-Station vermisst. Ufw. Sievertsen: während eines Gefechts bei Akoga im Muni-Dreieck tödlich verwundet (»indes haben die Eingeborenen derartige Verluste erlitten, dass sie sich nicht mehr zu stellen wagen«).


Der Kamerunberg von Viktoria aus

Im Schutzgebiet wurde nicht nur geschossen oder über die Ausbeutung von Land und Leuten nachgedacht. Duala hat durch die Befeuerung des Fahrwassers einen der sichersten Häfen Westafrikas, durch die vorgelagerte Sandbarre ist eine Fahrrinne ausgebaggert. Am Kamerunberg, um Johann-Albrechtshöhe und Edea kreuzen sie das einheimische buckellose Waldlandrind zur Höherzüchtung mit Allgäuer Bullen auf, in der Sennerei der Tausendmeter-Terrasse stehen 60 Allgäuer Kühe. Der nicht besonders hochwertige Wild- oder Sammelkautschuk von Gummibaum und -liane ist durch Pflanzungskautschuk supplementiert. Am Fuß der Kamerunberge zieht sich das größte Plantagengebiet an Afrikas Westküste hin.

Des Kaisers Veterinäre sorgen sich um die seuchenartig auftretende Rinder-Lecksucht, um Bandwurmfinnen bei Schweinen, Rachitis und Osteomalazie unter Pferden. Des Kaisers Botaniker kämpfen gegen Probleme wie Braunfäule oder Rindenwanze an, quälen sich mit der Frage, warum nun der im Victoriagebiet geerntete Kakao etwas bitter schmeckt, Kakao aus Deutsch-Samoa auf dem Weltmarkt soviel besser ankommt, als der von Deutsch-Kamerun, wo er einen Grundstock der Pflanzungen bildet.


Viktoria aus einer anderen Perspektive

Duala hat ein Gouvernemtskrankenhaus, Jaunde ein Krankenhaus für Europäer. Hospitäler sind praktisch auf jeder Station zu finden, der Pockenbekämpfung dienen sechs Stationen, die die zur Impfung erforderliche Lymphe selbst herstellen. Im Kampf gegen die Schlafkrankheit wurden ganze Ortschaften umgesiedelt, Infizierte in weitgehend stechfliegenfreien Isolierlagern zusammengefasst und behandelt. Die deutsche Fluchtburg Buea ist zu einem Kurort ersten Ranges aufgestiegen. Wer im Tiefland erkrankt, dazu weiß ist, kann sich im Sanatorium bei frischem Gemüse und frischer Milch erholen. Der Deutsche Frauenverein des Roten Kreuzes hat in die Seebrise einer Halbinsel das Erholungsheim Suellaba gestellt.

In den Regierungsschulen sitzen schwarze Knaben über »Beleedi ba gerama. o jokwa bwambo ba teuto«, der kleinen deutschen Grammatik, in den Elementarschulen der Missionen Knaben und Mädchen über »Beleedi ba bona Kristo«, der Christenlehre {»Knaben und Mädchen ... zeigt die Erfahrung doch, dass der Erfolg des Unterrichts bei älteren Negern in keinem Verhältnis zur aufgewandten Mühe steht«). Die Kaiserliche Versuchsanstalt für Landeskultur in Victoria unterhält einen Schulbetrieb, der Afrodeutsche zu Pflanzungsaufsehern ausbildet. Neben der Ackerbauschule Dschang und dem Pferdegestüt Golombe arbeiten Versuchsstationen in Nomajas (für Eingeborenen-), in Pittoa bei Garua (für Baumwollkultur), in Titog und Kuti (für Landwirtschaft). Handwerkerschulen machen Farbige zu Tischlern, Schreinern, Sattlern, Sägern, Ziegelbrennern oder Maurern.

Primärquelle: Längin, Die deutschen Kolonien

Kameruns missionarische und wirtschaftliche Erschließung



Der Klang der Glocke löst den Beat der Trommel, Animismus, Ahnenkult und Zauberglaube nur äußerst zögernd ab, doch wo sich die Missionen im Schulwesen und in der ärztlichen Versorgung engagieren, leisten sie gute Arbeit. Pallottiner unterhalten in den Kamerunbergen die Station Einsiedeln mit angehängtem Lehrerseminar, deutsche Baptisten ein Kolleg in Soppo, das Landeskinder zu Hilfspredigern erzieht. In Buea, Engelberg oder Mapanja wird »Fetischdienern« vom Licht der Zivilisation in der Dunkelheit des Schwarzen Kontinents erzählt, im Grasland haben die Basler eine Station mit Schulbetrieb eröffnet. Neukamerun wurde den Sittar-der Priestern vom Herzen Jesu als Missionsgebiet zugesprochen. Alt-Kamerun ist kartografisch aufgenommen, in Stuttgart das Neue Testament, in Basel die Biblische Geschichte in der Dualasprache gedruckt.

Der ksl. Major Wilhelm Langheld, zuletzt Resident in Adamaua, hat die Stammesorganisationen der Kamerunneger studiert, Max Dinklage, Angestellter Woermanns in Batanga, für den bescheidenen Nachruhm Moose gesammelt. Die Deutschen haben Kamerun die Katze gebracht und dafür gesorgt, »dass der Missbrauch, Mädchen schon im Kindesalter zur Ehe zu geben, bei den Duala fast gänzlich aufhörte«. Die Kolonialherren geben, sie nehmen: Kigelia africana, der mittelhohe Leberwurstbaum, liefert Heilmittel gegen Ruhr und gegen Syphilis. Das aus der Rinde des Yohimbe-Baums gewonnene Yohimbin hilft nicht nur deckfaulen Hengsten zum Sprung. Im Reich gegen erektile Dysfunktion eingesetzt, ist es ein absoluter Renner, der Yohimbe, den die Pangwe Schweinepenis nennen, ein regelrechter deutscher Liebesbaum.


Wilhelm Solf, Staatssekretär des Reichskolonialamts, und Karl Ebermaier, Gouverneur von Kamerun, sowie Vertreter der Haussa-Bevölkerung von Jaunde (1913)
BArch, Bild105-K0002 / Dobbertin, Walther

Die Märsche der Schutz- oder Polizeitruppe und die Routen der Forscher haben den einstmals weißen Kartenfleck zusammenschrumpfen lassen, in Buea oder Duala gehen sie davon aus, die kolonialen Lehrjahre hinter sich zu haben. So manches ist weit genug erkundet, dass es wirtschaftlich erschlossen werden könnte, Pläne für ein besseres Kamerun stehen zumindest auf dem Papier. Vordergründige Aufgaben würden die Erschließung Adamauas, die dem Binnenhandel den Durchbruch zur Küste ermöglicht, und die Verkehrsanbindung bis ins Kongo-Becken sein. Das Eisenbahnnetz soll durch die Weiterführung der Nordbahn zum Tschadsee, der Mittellandbahn über Jaunde nach Garua und durch den Bau der (noch nicht bewilligten) Südbahn von Kribi zum Ssanga erheblich erweitert werden.

Kamerun ist kein Einwanderungsland, kann jedoch Pflanzungs- oder Plantagenkolonie, eines Tages vielleicht auch Produktionsgebiet des Reiches werden. Kameruns Zukunft hängt vom Verhältnis zwischen Schwarzen und Weißen ab, Reizthema dazu ist die Eingeborenennutzung geblieben: »Einig sind wir uns alle darüber, auch die Missionen, dass die Negerseele nicht so ist, wie wir sie haben wollen und brauchen können« (Külz). »Alles leidet darunter, dass die Stämme wenig zur Arbeit taugen« (Rohrbach).

Kolonialminister Dernburg wiegelt zwar ab, dass Kamerun zur Zeit noch »eine moralisch sehr minderwertige Bevölkerung«, auf längere Sicht trotzdem das Menschenmaterial habe, »welches in den Vereinigten Staaten die Baumwollproduktion alleine besorgt«. Der ehemalige preußische Gerichtsassessor Karl Ebermaier (50) aus Elberfeld, der den ehemaligen preußischen Gerichtsassessor Otto Gleim (49) aus Berlin als Gouverneur ablöste, hat sich mit der Erhebung einer Kopfsteuer von 10 Mark für männliche Eingeborene etwas einfallen lassen. Kann der Betrag doch durch Steuerarbeit für öffentliche Zwecke zum Tagessatz von 0,20 Mark abgeleistet werden.


Blick über das Dorf Nyanga
Bundesarchiv, Bild 163-100 / CC-BY-SA 3.0

In Zukunft will man mehr Gewicht auf den (Groß-)Plantagenbau, den von Europäern geführten Pflanzungsbetrieb und die Viehzucht auf dem tsetsefreien Hochplateau legen. Anstrengungen würden gemacht, um das vorhandene Menschenmaterial durch den Ausbau kleinbäuerlicher Betriebe besser zu verwerten.

Was Deutsch-Kamerun dann nur noch brauchte, sind Deutsche aus dem Reich. 1908 hatte die DKG schon gejubelt: »Die weiße Bevölkerung hat sich wiederum nicht unbedeutend vermehrt, nämlich von 826 auf 896 Personen, darunter 102 weiblichen Geschlechts.« Weiße Frauen für Kamerun, was vom »Rassenstandpunkt« her gesehen zu begrüßen, vom Standpunkt der »Rassenhygiene« her unverzichtbar ist. Doch schon im Jahr darauf sollte die weiße Bevölkerung wieder um einen Kopf abnehmen, da der eine oder andere Pflanzer jetzt weiße Angestellte durch billigere schwarze ersetzt.

Der Landsmann kommt nicht; für den Fall, dass er eines Tages noch käme, wird vorausgesetzt, dass er hier nicht arbeiten kann. Europäer, die trotzdem bleiben wollen, müssten sich, um ganz sicher zu gehen, in mindestens 1.200 m Höhe ansiedeln ..., »ob sie sich aber im wirtschaftlichen Kampfe mit der eingeborenen Bevölkerung werden halten können, ist freilich eine andere Frage«.

Primärquelle: Längin, Die deutschen Kolonien

Perspektiven - Kamerun im Jahre 1913

Im Januar wird das deutsche Seekabel Emden - Teneriffa - Monrovia zwischen Lome und Duala in Betrieb genommen, im Februar die Postanstalt in Ngaundere eröffnet. Differenzen zwischen Kaufmannschaft und Gouvernement, das farbigen Schuldnern einen allgemeinen Zahlungsaufschub einräumt, dauern an. Im März wird Neukamerun in Verwaltungsbezirke eingeteilt. Ein Feuer, das Farbige während eines Sonntagappells der 6. Kompanie im Standort Mbaiki legen, zerstört die Station.


Kinder aus dem Dorfe Mbangi bei Mbaiki (1913) - Die Schrift “Prosit Neujahr 1914” wurde einretuschiert. Aus der Sammlung eines deutschen Kolonialsoldaten.


Auch bei der Nordbahn geht es weiter voran. Zum Fällen der großen Bäume im Urwald fehlten beim Bau der Nordbahn geeignete Gerätschaften. So wurden viele einfach mit Sprengstoff umgelegt. Später war Stammholz das wichtigste Transportgut. Über 8.100 Tonnen wurden 1913 befördert, das Holz für den Eigenbedarf der Bahngesellschaft noch nicht eingerechnet.

Im April übernimmt Deutschland den französischen Posten Carnot ..., arbeiten 17.827 Eingeborene in Plantagenbetrieben, über 10.000 beim Bau der Mittellandbahn. Im Mai werden Bezirksämter in Ebolowa, Dume und Jabassi eingerichtet. Im Juni ist der Gebietsaustausch mit Frankreich abgeschlossen ..., wird Regierungsarzt Houy während Hptm. Tollers Logone-Pama-Grenzexpedition von seinem Togodiener ermordet.


Wäre hier tatsächlich ohne Kriegsniederlage im 1. Weltkrieg ein Stützpunkt für ein Westafrika-Geschwader entstanden? Platz gab es jedenfalls in dieser geschützten Bucht bei Bimbia genug...


Kriegsschiffhafen in Kamerun

Im Juli kommt es zur Einteilung Adamauas in die Residenturen Garua und Ngaundere ..., wird Singa am Ubangi zur zollfreien Zone erklärt. In Südkamerun sieht sich die Administration {»da die bewohnenden Pangwe vor Angriffen auf Europäer nicht zurückschrecken, z.B. war der Gummiinspektor Treichel angegriffen und drei Tage in einer Eingeborenen-Blockhütte eingeschlossen worden«) zu Säuberungsaktionen gezwungen. Im August trifft Staatssekretär Solf in Kamerun ein ..., werden auf dem Weg von Victoria nach Kriegsschiffhafen die letzten morschen Holz- durch dauerhafte Zementbrücken ersetzt.


Der Hafen von Duala (1908)

Im September kommt es zur Erhöhung der Einfuhrzölle zugunsten des Baus von »Automobilstraßen«. Im Oktober werden Handelskontrollstellen für Kautschuk eingeführt. Unter dem 12., einem Sonntag, wird Bezirksrichter Dr. Seger beim Häuptlingsdorf Nguku überfallen und verwundet. Im November tagt der Gouvernementsrat ... kommen nach einem Regierungsbericht Hakenwurmkrankheiten und Ruhr im Jahresvergleich jetzt seltener vor.


Und der Kakao kam aus der eigenen Plantage: Die Firma Trumpf in Deutsch-Kamerun

Im Dezember ist die Mittellandbahn bis Bidjoka (km 153) verkehrsbereit..., erstürmt Hptm v. Puttkamer Nguku. Im Jahre 29 nach der Flaggenhissung wohnen Kameruns Weiße am dichtesten im Dualabezirk, in und um Buea, Victoria, Kribi, Edea und Jaunde. Den stärksten Einfluss üben sie im Küstenstrich aus, wo eine Reihe von Eingeborenen bereits der europäischen Kultur zuneigt. Im krassen Gegensatz dazu stehen die mohammedanischen Regionen des Nordens, die des Kaisers Schutzherrschaft kaum verändert hat.

In Adamaua ist der Alltag noch so wie in kaiserlosen Zeiten, um den Dschihad zu vermeiden, bleibt den christlichen Missionen der Zugung verwehrt. In alten, nach uralten Gesetzen regierten Gebieten liegt die Verwaltung bei eingeborenen Lamidos, die ein Resident als Auge und Ohr des Gouverneurs kontrolliert. Die mohammedanischen Vasallen haben sich den Deutschen unterworfen, die Heidenstämme den Vasallen. Ihren Tribut zahlen die Herrscher vorwiegend in Naturalien, mehr geht nicht, da die Deutschen weder das Militär noch die Polizisten haben, um eigene Verwalter an die Macht zu bringen bzw. sie dort zu halten.

Primärquelle: Längin, Die deutschen Kolonien
http://www.eisenbahn.tv/2017/06/02/kamer...rdbahn-kolonie/